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Kaum hatten die Physiker sich hier eingerichtet, als eine Fülle neuer Er- scheinungen auf sie einstürmte und eine Weiterführung des Baues erheischte. Das zweite Stockwerk des Gebäudes der Elektrizitäts- lehre, die Elektronentheorie, nimmt diese meist als elektromagnetische Strahlung sich kundgebenden Erscheinungen auf. Auf Maxwellschen Vorstellungen bauend, betrachtet die Elektronentheorie den Baum als ein physikalisches Kontinuum, welches die elektroma- gnetischen Wirkungen überträgt. Ausgangsstellen und Angriffsstellen dieser Wirkungen liegen in der Elektrizität. Diese soll aus unteilbaren Elementarquanten, „ Elektronen u genannt, zusammengesetzt sein. Jeder elektrische Strom wird als Konvektionsstrom bewegter Elek- tronen aufgefaßt. Die Kathodenstrahlen werden gedeutet als ein solcher Konvektionsstrom negativer Elektronen, die mit großer Ge- schwindigkeit einander parallel sich bewegen; dieser „Konvektions- strahlung" tritt die „Wellenstrahlung" gegenüber, die durch Schwingungen eben dieser Teilchen erregt sein soll. Der Theorie beider Arten elektromagnetischer Strahlung ist der vorliegende zweite Band der „Theorie der Elektrizität" gewidmet. Der erste Abschnitt beginnt mit der Darlegung der physikalischen und mathematischen Grundlagen der Elektronentheorie. Es werden die Tatsachen aufgeführt, welche die Annahme einer a touristischen Struktur der Elektrizität nahe legen. Aus den Grundgleichungen der Elektronentheorie wird der Begriff der „elektromagnetischen Be- wegungsgröße" abgeleitet, welcher für die elektromagnetische Mechanik VI Vorwort. überhaupt, sowohl für die Mechanik der Elektronen wie auch für die Theorie des Strahlungsdruckes von fundamentaler Bedeutung ist. Es werden ferner allgemeine Lösungen der Grundgleichungen gegeben, mit Hilfe der „elektromagnetischen Potentiale", die als Verall- gemeinerungen des skalaren Potentiales elektrostatischer Felder, bzw. des Vektorpotentiales stationärer magnetischer Felder anzusehen sind; jene Lösungen, auf welche wir weiterhin oft zurückgreifen, können auch durch einen einzigen Vektor zusammengefaßt werden, der von uns als „Hertzscher Vektor" bezeichnet wird. Sodann folgt im zweiten Kapitel die Theorie einer beliebig bewegten Punktladung. Das schwingende negative Elektron bildet das einfachste, durch das Zeemansche Phänomen in vielen Fällen als naturgetreu bestätigte Modell einer Lichtquelle; was die entsandte Wellenstrahlung anbelangt, kann das Elektron in den meisten Fällen durch eine Punktladung ersetzt werden. So sind denn die Ent- wickelungen dieses Kapitels auch für die Dynamik des Elektrons von Interesse, um so mehr, als sie unabhängig von jeder Hypothese über die Gestalt des Elektrons sind. Um die Mechanik des Elektrons vollständig zu entwickeln, be- darf es allerdings einer besonderen Annahme über dessen Form. Ich habe an der Annahme eines starren kugelförmigen Elektrons fest- gehalten, die ich der rein elektromagnetischen Theorie der Kathoden- und Eadiumstrahlen zugrunde gelegt hatte. Mir scheint nichts vor- zuliegen, was dazu nötigen könnte, diese Grundhypothese fallen zu lassen. Immerhin habe ich auch den abweichenden Auffassungen von H. A. Lorentz in diesem Buche Rechnung getragen. Die wertvollen, aus dem Bereiche der beobachtbaren quasistationären Bewegung herausfahrenden Untersuchungen von P. Hertz und A. Sommerfeld, welche gleichfalls auf der Voraussetzung des starren kugelförmigen Elektrons fußen, sind in die hier gegebene Darstellung der Dynamik des Elektrons eingearbeitet worden. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit den elektromagne- tischen Vorgängen in wägbaren Körpern. Die Hauptgleichungen der Elektrodynamik , welche die beobachtbaren elektromagnetischen Vektoren miteinander verknüpfen, ergeben sich nach H. A. Lorentz durch Mittelwertsbildung aus den für die Felder der einzelnen Elektronen Vorwort. VII geltenden Gleichungen. Für ruhende Körper erhält man auf diese Weise die Hauptgleichungen der Maxwellschen Theorie; für bewegte Körper aber folgen die Lorentzschen Gleichungen, welche von denen der Hertzschen Elektrodynamik bewegter Körper verschieden sind, und mit der Erfahrung in besserer Übereinstimmung sich befinden. Daß die elektromagnetischen und die optischen Eigenschaften die- lektrischer Körper durch die Anwesenheit von „Polarisations- elektronen" befriedigend erklärt werden, wird insbesondere für die magnetische Drehung der Polarisationsebene und die Dispersion der Körper gezeigt. Die metallische Leitung wird mit P. Drude auf frei bewegliche „Leitungselektronen" zurückgeführt, die in regel- loser Wärmebewegung begriffen sind. Im zweiten Abschnitt sind auch einige Probleme behandelt worden, welche mit der atomistischen Hypothese nur lose zusammenhängen. Man findet hier Sätze abgeleitet, welche die Strahlung bestimmen, die von hochfrequenten Strömen in linearen Leitern entsandt wird; insbesondere die Anwendung dieser Sätze auf Sendeantennen ist für die drahtlose Telegraphie von Interesse. Ich bin allerdings auf diese Probleme nicht so ausführlich eingegangen, wie ich ursprünglich beabsichtigte, sondern habe mich mit der Darlegung desjenigen begnügt, was zur Beurteilung der bei der drahtlosen Telegraphie stattfindenden Vorgänge unentbehrlich ist. Auf den Gesetzen der Lichtfortpflanzung im Räume und auf den fundamentalen Sätzen der elektromagnetischen Mechanik beruht die gegebene Lösung des Problems der Reflexion des Lichtes durch einen bewegten Spiegel. Diese Lösung ist aufs engste verknüpft mit dem thermodynamischen Gesetze der strahlenden Wärme, das von so hervorragender praktischer und theoretischer Bedeutung ge- worden ist. Aus der experimentellen Bestätigung dieses Gesetzes dürfen wir schließen, daß die Prinzipien der elektromagnetischen Mechanik, auf welche unser Beweis sich stützt, der Wirklichkeit entsprechen. Schwierigkeiten erwachsen der Elektronentheorie durch das negative Ergebnis aller bisherigen Versuche, die auf eine Entdeckung des Einflusses der Erdbewegung, auf das Licht irdischer Lichtquellen hinzielen. Zu diesen Fragen nehmen wir in den letzten Paragraphen Stellung. VIII Vorwort. Herrn Dr. P. Hertz bin ich für seine Mitarbeit an dem Register, welches beide Bände der „Theorie der Elektrizität 11 umfaßt, zu Dank verpflichtet und nicht minder Herrn Dr. G. Rümelin für seine Hilfe beim Lesen der Korrekturen des zweiten Bandes. Die Theorie der Elektrizität scheint jetzt in das Stadium einer ruhigeren Entwickelung eingetreten zu sein. Es scheint der Zeitpunkt gekommen, wo man Halt machen und auf das Erreichte zurückschauen darf. Einem solchen Rückblick ist das vorliegende Werk gewidmet. Es will über die Grundlagen der Theorie Klarheit verbreiten und so den weiteren Fortschritt vorbereiten. Mag es dies Ziel nicht verfehlen! Wiesbaden, im März 1905. H. Abraham. Vorwort zur zweiten Auflage, In den drei Jahren, die seit dem Erscheinen der ersten Auflage dieses Bandes verstrichen sind, ist durch die experimentelle Forschung unsere Kenntnis von den verschiedenen Arten elektromagnetischer Strahlung bereichert worden. Zwar scheint das einfache Bild, durch welches die Elektronentheorie in ihrer ursprünglichen Form die Ver- knüpfung von Materie und Elektrizität darstellt, die Mannigfaltigkeit der Erscheinungswelt nicht immer naturgetreu wiederzugeben; doch hat diese Theorie sich im großen und ganzen als zuverlässiger Führer erwiesen. So sind wesentliche Änderungen in der Auflage des Bandes nicht notwendig gewesen. Einen Fortschritt hat die Theorie der strahlenden Wärme zu verzeichnen; es ist das Problem der Dynamik des Hohlraumes, welches von F. Hasenöhrl aufgeworfen worden war, durch den zu früh verstorbenen K. v. Mosengeil auf Grund der Gesetze der Licht- flexion am bewegten Spiegel gelöst worden. Hierauf sowie auf die anschließenden Untersuchungen von. M. Planck über die Thermo- dynamik eines bewegten, strahlungserfullten Hohlraumes gehen wir im § 44 ein. Vorwort. IX Die bereits in der ersten Auflage angedeuteten Schwierigkeiten, das Fehlen eines Einflusses der Erdbewegung auf irdische Vorgänge vom Standpunkte der Elektrodynamik aus zu deuten, sind in den letzten Jahren zum Gegenstande zahlreicher theoretischer Abhandlungen gemacht worden. Obwohl die Lorentzschen Feldgleichungen die absolute Geschwindigkeit der Elektronen enthalten, hat man versucht, sie mit dem „Postulat der [Relativität", welches einen Einfluß einer gleichförmigen Translationsbewegung auf die Vorgänge in einem ab- geschlossenen Systeme ausschließt, zu vereinbaren, wobei von der Freiheit der Hypothesen- und Definitions-Bildung oft ein recht weit- gehender Gebrauch gemacht wurde. Diesem Seitensproß der Theorie von H. A. Lorentz sind die letzten sechs Paragraphen des Bandes ge- widmet. Es ergibt sich, daß die Einführung des Relativitätspostulats — wenigstens in der Dynamik des Elektrons — zu u ngelöste n Wider- sprüchen führt, wofern man an der elektromagnetischen Deutung, die doch allen diesen Entwickelungen zugrunde liegt, festhält (§ 49). Auf dem Gebiete der elektromagnetischen Vorgänge in wägbaren Körpern dagegen, dem ja die zu deutenden negativen Versuchsergebnisse an- gehören, wird durch die Grundgleichungen von H. Minkowski (§§ 38, 50) dem Relativitätspostulate genügt; hier mündet die Elektronen- theorie in eine mehr phänomenologische Darstellungsweise aus, welche mit der schon früher von E. Cohn gegebenen in mancher Hinsicht verwandt ist. In der neuen Auflage sind die Zitate meist durch Ziffern ersetzt, welche auf das am Schlüsse beigefügte Literaturregister verweisen. Herrn Dr. C. H. Müller bin ich für seine freundliche Unter- stützung bei der Korrektur zu Dank verpflichtet. Grindelwald, im Juli 1908. M. Abraham. Inhaltsverzeichnis. Erster Abschnitt. Das Feld und die Bewegung der einzelnen Elektronen. Erstes Kapitel. Die physikalischen nnd mathematischen Grundlagen der Elektronentheorie« Seite § 1. Das elektrische Elementarquantum 1 § 2. Die Kathodenstrahlen 5 § 3. Klassifikation der Strahlungen 11 § 4. Die Grundgleichungen der Elektronentheorie 16 § 5. Die elektromagnetische Bewegungsgröße 23 § 6. Die elektromagnetischen Potentiale 35 § 7. Integration einer Hilfsgleichung 40 § 8. Die Fortpflanzung elektromagnetischer Störungen 46 Zweites Kapitel. Die Welienstrahlung einer bewegten Punktladung. § 9. Elektromagnetisches Modell einer Lichtquelle 58 § 10. Der Zeeman-Effekt 71 §11. Die elektromagnetischen Potentiale einer bewegten Punkt- ladung 79 § 12. Das Feld einer gleichförmig bewegten Punktladung .... 86 § 13. Das Feld einer ungleichförmig bewegten Punktladung ... 90 § 14. Theorie des bewegten leuchtenden Punktes . . . . v . . . 100 §15. Die Rückwirkung der Strahlung auf ein bewegtes Elektron . 117 Inhaltsverzeichnis. XI Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen« Seite §16. Die Grundhypothesen der Dynamik des Elektrons und das elektromagnetische Weltbild 125 §17. Die Bewegungsgleichungen des Elektrons 136 §18. Gleichförmige Translation elektrischer Ladungen 147 §19. Bewegungsgröße und Energie des gleichförmig bewegten Elektrons 158 § 20. Die elektromagnetische Masse 169 §21. Die Ablenkbarkeit der Kathodenstrahlen und der ß- Strahlen 182 § 22. Das Lorentzsche und das Bucherersche Elektron 188 § 23. Der Bereich der quasistationären Bewegung 198 § 24. Das Feld eines beliebig bewegten Elektrons 204 § 25. Unstetige Bewegung des Elektrons 212 § 26. Die innere Kraft eines beliebig bewegten Elektrons .... 225 § 27. Gleichförmige Bewegung mit Überlichtgeschwindigkeit . . . 234 Zweiter Abschnitt. Elektromagnetische Vorgänge in wägbaren Körpern. Erstes Kapitel. Buhende Körper. § 28. Ableitung der Hauptgleichungen aus der Elektronentheorie . 238 §29. Dispersion der elektromagnetischen Wellen 254 § 30. Magnetische Drehung der Polarisationsebene 263 § 31. Magnetisierung 269 § 32. Elektrische Leitung 270 § 33. Das elektromagnetische Feld hochfrequenter Ströme in linearen Leitern 273 § 34. Die Strahlung von Sendedrähten 283 Zweites Kapitel. Bewegte Körper. § 35. Die erste Hauptgleichung 294 § 36. Die zweite Hauptgleichung 299 § 37. Der Versuch von H. A. Wilson 302 § 38. Die allgemeinen Feldgleichungen für bewegte Körper . . . 306 § 39. Der Versuch von Fizeau 310 § 40. Der Druck der Strahlung auf bewegte Körper 313 § 41. Der relative Strahl 320 Xu Inhaltsverzeichnis. Seite § 42. Die Reflexion des Lichtes durch einen bewegten Spiegel . . 327 § 43. Die Temperatur der Strahlung 336 § 44. Dynamik des bewegten Hohlraumes 346 § 45. Der Lichtweg in einem gleichförmig bewegten System . . . 356 § 46. Die Ortszeit 364 § 47. Die Lorentzsche Transformation 369 § 48. Das Theorem der Relativität 376 § 49. Anwendung des Relativitätstheorems auf die Dynamik des Elektrons 382 § 50. Die allgemeinen Feldgleichungen für rasch bewegte Körper. 389 Formelzusammenstellung 397 Literaturregister 401 Sachregister 403 Erster Abschnitt. Das Feld und die Bewegung der einzelnen Elektronen. Erstes Kapitel Die physikalischen und mathematischen Grundlagen der Elektronentheorie. § 1. Das elektrisohe Elementarquantum. Wir erwähnten bereits im ersten Bande dieses Werkes (S. 195), daß die bei der Elektrolyse stattfindenden Vorgänge die Einführung atomistischer Vorstellungen in die Elektrizitäts- lehre nahelegen. Den von Faraday entdeckten Gesetzen ge- mäß scheidet ein gegebener Strom in verschiedenen Elektro- lyten chemisch äquivalente und der Stromstärke proportionale Mengen wägbarer Materie an den Elektroden ab. Schreibt man der Materie eine atomistische Konstitution zu, so liegt es nahe, auch die Elektrizität aus unteilbaren positiven und negativen Elementarquanten zusammengesetzt zu denken. An jeder Valenz eines elektrolytischen Ions würde ein solches Elementarquantum haften. Die sogenannte Faradaysche Kon- stante — die von einem Gramm Wasserstoff transportierte Elektrizitätsmenge — gibt nach dieser Auffassung den Quoti- enten aus Ladung e und Masse m n eines Wasserstoffions an, Messen Wir e in absoluten elektrostatischen Einheiten, so er- halten wir (1) ±- » 9660 • 3 • 10 10 - 2,90 • 10 w . Diese Beziehung verknüpft das elektrische Elementar- quantum e mit dem Atomgewichte m E des Wasserstoffes. Abraham, Theorie der Elektrizität. IL 2. Aufl. 1 2 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 1. Die Annahme von Atomen der Elektrizität wird notwendig, sobald man die wägbare Materie als atomistisch konstituiert betrachtet. Wenn nun auch die Atomistik in der Physik der Materie als wertvolle Arbeitshypothese sich erwiesen hat, so steht doch mancher Forscher auch heute noch auf dem Stand- punkte, daß für die Materie die Atom- und Molekularhypothese nicht sicher genug begründet sei, um das Lehrgebäude der Chemie und Physik auf ihr aufzubauen. Ein solcher Forscher wird sich durch die Tatsachen der Elektrizitätsleitung in Elektro- lyten nicht gezwungen finden, die reale Existenz eines elek- trischen Elementarquantums zuzugeben. Nun hat aber im letzten Jahrzehnt die atomistische Hypo- these auf dem Gebiete der Elektrizitätslehre eine neue Stütze erhalten durch die Forschungen, die über die Elektrizitäts- leitung der Gase angestellt worden sind. Während die Gase, im Gegensatz zu den Metallen und den Elektrolyten, in ihrem normalen Zustande Nichtleiter oder wenigstens sehr schlechte Leiter sind, kann ihnen durch äußere Einwirkungen — z. B. durch Kathodenstrahlen, durch Röntgenstrahlen oder durch die Strahlung der radioaktiven Körper — eine abnorm große Leitfähigkeit gegeben werden. Diese Leitfähigkeit führt man darauf zurück, daß durch Einwirkung jener Strahlungen im Gase elektrisch geladene Teilchen entstehen, welche nun im elektrischen Felde wandern. Diese positiven und negativen Teilchen bezeichnet man, unter Beibehaltung des in der Elektro- lyse gebräuchlichen Wortes, als Ionen. Indessen hat man es bei diesen Gasionen nicht, wie etwa bei einwertigen elektro- ly tischen Ionen, mit Verbindungen des elektrischen Elementar- quantums mit Bestandteilen nur eines Moleküles zu tun; es scheinen sich vielmehr in einem Gase dem elektrischen Kerne neutrale Moleküle in wechselnder, von Temperatur und Druck des Gases abhängiger Anzahl anzulagern. Der Mechanismus dieser Anlagerung wird verständlich, wenn man auf Grund der Vorstellungen der kinetischen Gas- theorie die Wechselwirkungen der elektrischen Kerne mit den neutralen Gasmolekülen betrachtet und das unter dem Ein- § 1. Eistes Kapitel. Grandlagen der Elektronentheorie. ' 3 fluß dieser Wechsel Wirkungen sich herstellende dynamische Gleich- gewicht untersucht. Da ein ausführliches Eingehen auf diese Dinge uns von dem eigentlichen Gegenstande dieses Werkes zu weit abfuhren würde, so sei der Leser auf die sehr lehr- reiche Abhandlung von P. Langevin 24 ^ hingewiesen; dieselbe enthält auch eine Übersicht über die Eigenschaften ionisierter Gase, deren Kenntnis man hauptsächlich den Forschungen der Cambridger Schule verdankt. Die Existenz diskreter elektrischer Teilchen in einem Gase, welches der Durchstrahlung mit Röntgenstrahlen, mit Kathodenstrahlen oder Radiumstrahlen ausgesetzt war, wird nun durch eine bemerkenswerte Eigenschaft eines solchen Gases bewiesen: Wird es mit Wasserdampf gemischt und der letztere, etwa durch plötzliche Expansion, in den Zustand der Übersättigung gebracht, so findet eine Kondensation des Wasserdampfes statt, es bildet sich eine aus kleinen Tröpfchen bestehende Wolke; und zwar findet dieses bei einem Grade der Übersättigung statt, bei dem ohne vorherige Durchstrahlung des Gases eine Kondensation des Wasserdampfes nicht erfolgt wäre. Da die Eigenschaft, den Wasserdampf zu kondensieren, der durch die Durchstrahlung dem Gase erteilten Leitfähigkeit parallel geht, so liegt es nahe, den Gasionen die Rolle von Kondensationskernen zuzuschreiben Trifft das zu, so macht die Bildung von Wassertröpfchen um die Gasionen als Kerne die Gasionen der unmittelbaren Beobachtung und der Abzahlung zugänglich. Auf der Beobachtung derartiger Wolken von Wasser- tröpfchen fußen die Bestimmungen der Ladung eines Gasions, die von J.S.Townsend 62 ), J.J.Thomson 69 ) und H.A. Wilson 69 ) ausgeführt worden sind. Die Masse des einzelnen Tröpfchens kann aus der Fallgeschwindigkeit der Wolke berechnet werden. Nach G. G. Stokes ist die Geschwindigkeit, mit der eine kleine Kugel vom Radius a unter dem Einfluß der Schwerkraft fällt, durch die Formel gegeben 2 a* 4 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 1. wo g die Beschleunigung der Schwere, £ den Reibungs- koeffizienten des Gases vorstellt. Aus dieser Gleichung ist der Radius und somit die Masse m der Tröpfchen zu bestimmen. Die Geschwindigkeit, eines jeden Tröpfchens ist proportional der auf dasselbe wirkenden Kraft; wirkt nur die Schwere, so beträgt die Kraft mg. Wird aber ein elektrisches Feld <£ erregt, so ist der Schwerkraft mg die Kraft e(S hinzuzufügen, die das Feld auf das geladene Tröpfchen ausübt. Diese Kraft wirkt, wenn » - e (q> - tp ). Hier steht links der Zuwachs der lebendigen Kraft des Elektrons, rechte die Arbeit, die das elektrostatische Feld in dem betreffenden Zeitintervalle an dem Elektron geleistet hat; letztere ist proportional dem Anstiege des elektrostatischen Potentiales. Bewegt sich etwa das Elektron von der auf dem Potential qp gehaltenen Kathode bis zu einem Punkte, dessen Potential be- kannt ist, so bestimmt (5 a) die Geschwindigkeit |ö|, wenn die Geschwindigkeit |H | gegeben ist, mit der das Elektron die Kathode verlaßt. Diese Anfangsgeschwindigkeit ist freilich u nbekann t. Man nimmt indessen mit gu tem Grund e an, daß sie klein, ist gegen die Geschwindigkeiten, die es beim Durch- laufen des starken in der Entladungsröhre herrschenden elek- trischen Feldes erhält. Man setzt daher Ö = und findet (6) |»| - ]/^ (9> - o> Wir wollen nun den Fall behandeln, wo das Elektron mit der so erhaltenen Geschwindigkeit (6) in einen Raum eintritt, in welchem ein konstantes elektrostatisches Potential herrscht. Ist kein magnetisches Feld vorhanden, so wird es sich gerad- linig mit konstanter Geschwindigkeit weiter bewegen. Treten indessen magnetische Kräfte hinzu, so wird die Bahn sich krümmen. Wir wollen annehmen, daß das magnetische Feld homogen ist, [und daß das Elektron in dieses Feld mit einer zu den Kraftlinien senkrechten Geschwindigkeit hineinfliegt. Der Beschleanigungsvektor ist dann nach (4b) (6a) g. i[tft]. Das Elektron bewegt sich, wie die Zerlegung des Be- schleunigungsvektors in eine zu H parallele und eine zu H senkrechte Komponente (Bd. I § 5, Gl. 14a, S. 14) ergibt, in einer zu £ senkrechten Ebene mit konstanter Geschwindigkeit. 10 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 2. Es beschreibt eine Kreisbahn, deren Radius B durch die Gleichung bestimmt ist ;g--fl'|»H©l- Die Bahnkrümmung ist demnach um so größer, je stärker das magnetische Feld und je kleiner die Geschwindigkeit des Elektrons ist. Ist das homogene magnetische Feld nicht senkrecht zu der ursprünglichen Bewegung des Elektrons gerichtet, so zer- legen wir zweckmäßigerweise den Geschwindigkeitsvektor H in zwei Vektoren, t^ und t) 2 , von denen der erste zu § parallel, der zweite zu £ senkrecht ist. Der erste liefert keinen Beitrag zu dem Vektorprodukte aus t) und §. Projizieren wir die Bewegung einerseits auf eine zu £ parallele Gerade, andererseits auf eine zu £ senkrechte Ebene, so zerfällt (6 a) in die beiden Gleichungen ( 7a ) § = °> T& — Ift«. Die zu £ parallele Komponente der Geschwindigkeit bleibt konstant. Auf eine zu £ senkrechte Ebene projiziert, stellt sich die Bewegung als Kreisbahn dar, mit dem reziproken Radius (7b) i— i- 1 * 1 In einem homogenen magnetischen Felde beschreibt das Elektron demnach eine Schraubenlinie. In dem speziellen Falle, wo die Bewegung anfangs senkrecht zu den magnetischen Kraftlinien erfolgte, artet die Bahn in eine Kreisbahn aus. Wir betrachten wieder den letztgenannten Spezialfall und drücken die Geschwindigkeit 1 1) | auf Grund von (6) durch die durchlaufene Potentialdifferenz (

der Elektronen ist es, welche in den Ausdruck (10) für die Dichte des Konvektions- stromes eingeht. Neben dem kinematischen Vektor to enthält das System der Feldgleichungen (I) bis (IV) nur zwei Vektoren, Abraham, Theorie der Elektrizität. II. 2. Aufl. 2 18 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 4. den elektrischen Vektor (g und den magnetischen Yektor $. Es ist die einfachste Erweiterung des für den Äther geltenden Systems von Feldgleichungen, welche die eingelagerten Elek- tronen und ihre Bewegung berücksichtigt. Zu diesen Feldgleichungen tritt endlich eine Aussage über die an den Volumelementen der Elektronen angreifende Kraft. Es wird, in Übereinstimmung mit Bd. I, § 96, GL 246 a, S. 426, für die auf die Einheit der Ladung wirkende Kraft der Ansatz gemacht: Der Vektor 5> die „elektromagnetische Kraft pro Einheit der Ladung" ist durch die Grundgleichung (V) auf die drei in den Feldgleichungen auftretenden Vektoren zurück- geführt. Wir können diesen Ausdruck für die elektromagnetische Kraft um so eher akzeptieren, als wir ja im § 2 dieses Bandes uns davon überzeugt haben, daß er die Kraft, die in einem gegebenen äußeren Felde auf die Kathodenstrahlteilchen wirkt, in befriedigender Weise darstellt. Wir wollen uns davon überzeugen, daß der zugrunde gelegte Ansatz für die elektromagnetische Kraft mit dem Energieprinzipe im Einklang ist. Wir denken uns zu diesem Zwecke einen Bereich t?, der von der ruhenden Fläche f be- grenzt ist. Auf die im Volumenelemente dv enthaltene Elek- trizität übt das elektromagnetische Feld die Kraft %qüv aus. Diese leistet pro Sekunde die Arbeit Hier ist der vom magnetischen Felde herrührende Anteil der Kraft, der stets senkrecht zur Bewegungsrichtung der Elektrizität weist und daher zur Arbeit nichts beiträgt, fortgefallen. Durch Integration über den Bereich v erhalten wir mithin für die Arbeitsleistung der elektromagnetischen Kraft ■fo»«) ^= l(f>»®)dv. § 4. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 19 Da nun, nach (10), der Vektor pt) die Dichte des Kon- vektionsstromes bestimmt, so folgt aus der ersten Grund- gleichung ^ dA dt = cf(W)dv = ±fäv ( t,~ mfti {»+ ••} -f*f&[-l Dieses ist nichts anderes als die Energiegleichung. Setzen wir, in Übereinstimmung mit der Maxwellschen Theorie, (12) ^=/£(« 8 + ^l für die elektromagnetische Energie des Raumes und (i3) «-£[••] für den elektromagnetischen Energiestrom, so können wir (11) schreiben dW "i +./w dt Die Arbeit der elektromagnetischen Kräfte, die in dem Bereiche v wirken, vermehrt um den elektromagnetischen Energiestrom, der durch die Begrfenzungsfläche f hinausströmt, ist der Abnahme der elektromagnetischen Energie des Bereiches gleich; Arbeitsleistung der elektromagnetischen Kräfte und 2* 20 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 4. Strahlung erfolgen beide auf Kosten der elektromagnetischen Energie W] dabei sind für Energiedichte und Energiestrom die aus der Maxwellschen Theorie bekannten Ausdrücke bei- zubehalten. Gleichung (11) spricht das Energieprinzip für das elektromagnetische Feld bewegter Elektronen aus. Wie unser Beweis zeigt, folgt dasselbe aus den Grundgleichungen (I) bis (V); es stellt keineswegs eine neue, von den Grund- gleichungen unabhängige Aussage dar. In den allgemeinen Grundgleichungen (I) bis (V) der Elektronentheorie ist die Idee der atomisti sehen Konstitution der Elektrizität noch nicht zur Formulierung gelangt; diese Grundgleichungen würden es noch zulassen, daß die Elektrizität kontinuierlich den Raum erfüllte. Die atomistische Hypothese nimmt indessen an, daß die Elektrizität, die positive und die negative, aus Elementarquanten ± e besteht, die durch den Äther voneinander getrennt sind. Dabei genügt es bisweilen, die Ladungen als Punktladungen aufzufassen, insbesondere dann, wenn es sich um die vom Elektron entsandte Wellenstrahlung handelt. Doch bringt die Annahme punktförmiger Elektronen gewisse Schwierigkeiten mit sich. Es besitzt nämlich das Feld, welches eine ruhende Ladung von endlichem Betrage umgibt, eine elektrostatische Energie, die unendlich wird, wenn die Ladung sich auf einen Punkt zusammendrängt. Schon diese Erwägung deutet an, und die eingehende Untersuchung bestätigt es, daß die Elektronen, streng genommen, nicht als elektrische Punkte zu betrachten sind, da ja ihre Ladung und ihre Energie endlich sein sollen. Wir werden uns daher genötigt sehen, der Dynamik der Elektronen neben den allgemeinen Grund- gleichungen (I) bis (V) noch besondere Voraussetzungen über die Form und Bewegungsfreiheit dieser Teilchen zugrunde zu legen. Doch werden wir hierauf erst im dritten Kapitel dieses Abschnittes eingehen. Wir haben die Grundgleichungen (I) bis (V) erhalten, indem wir von den allgemeinen Gleichungen der Maxwellschen Theorie ausgingen und diese in gewisser Weise vereinfachten. Es braucht kaum ausdrücklich bemerkt zu werden, daß dieses § 4. Erstes Kapitel. Grundlagen der 'Elektronentheorie. 21 Verfahren nur ein he^uristischeaiist- und keine Beweiskraft be- sitzt. Müssen wir doch jedesmal, wenn wir eine auf einem gewissen Gebiete als richtig erkannte Theorie auf ein neues Erscheinungsgebiet anwenden wollen, mit der Möglichkeit rechnen , daß sie diesen neuen Tatsachen gegenüber versagt. Die vorgenommene Übertragung der Maxwellschen Glei- chungen auf die Felder der Elektronen ist insbesondere auch aus dem Grunde hypothetisch, weil diese Felder niemals einer direkten experimentellen Prüfung zugänglich werden können. Denn die Methode der Untersuchung des Feldes durch einen Probekörper ist wohl auf die Felder anzuwenden, von denen der erste Band dieses Werkes handelte, aber nicht auf die Felder der Elektronen selbst. Der kleinste denkbare Probe- körper ist nämlich, wenn anders die atomistische Vorstellung zutrifft, das Elektron selbst. Das Feld nun, welches das ein- zelne Elektron umgibt, wechselt natürlich nach Richtung und Stärke beträchtlich in Bereichen von der Größenordnung des Elektrons, . Zu seiner Ausmessung würde ein Probekörper not- wendig sein, dessen Dimensionen klein gegen diejenigen des Elektrons sind. Es ist also aus prinzipiellen Gründen, von experimentellen Schwierigkeiten ganz abgesehen, das Feld, auf das unsere Grundgleichungen sich beziehen, der direkten Messung unzugänglich^ Die Bestätigung der Grundgleichungen muß in dem Zutreffen ziemlich entfernter Folgerungen gesucht werden. Zunächst ist die Übertragung der Grundgleichungen von den der Beobachtung zugänglichen Feldern auf die Felder der Elektrizitätsatome eine durchauß hypothetische. Eine jede atomistische Theorie muß" indessen in ent- sprechender Weise verfahren. So kann die kinetische Gas- theorie nicht umhin, die Bewegung und den Stoß der Gas- moleküle nach Gesetzen zu behandeln, welche der Mechanik der greifbaren Körper entnommen sind. Es kann niemals direkt experimentell nachgewiesen werden, daß die Bewegungen der Moleküle wirklich diesen Gesetzen gehorchen. Die Be- rechtigung der gemachten Voraussetzungen kann erst nach- träglich dadurch geführt werden, daß man ihre Konsequenzen 22 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 4. verfolgt und als zutreffend nachweist. Dabei liegt die Sache sogar in der Elektronentheorie günstiger als in der Mole- kulartheorie der Materie, indem die Eigenschaften der freien Elektronen selbst in den Kathodenstrahlen und verwandten Strahlungen dem Experimente zugänglich werden, während die regellosen Bewegungen der unelektrischen Atome und Moleküle der direkten Beobachtung unzugänglich und nur in ihren über meßbare Bereiche erstreckten Mittelwerten zu den mechanischen und thermischen Eigenschaften der Materie in Beziehung zu setzen sind. Die Elektronentheorie beansprucht, die elektrischen, ma- gnetischen und optischen Eigenschaften der Materie in ihrer Gesamtheit darzustellen. Sie geht dabei von gewissen Voraus- setzungen über die Eigenschaften der Elektronen in leitenden, dielektrischen und magnetisierbaren Körpern aus und gelangt durch Mittelwertsbildung über Bereiche, die eine sehr große Zahl von Elektronen enthalten, zu den Hauptgleichungen der Maxweüschen Theorie für ruhende Körper; dabei werden die Beziehungen der elektrischen Verschiebung und der Leitungs- stromdichte zur elektrischen Feldstärke, sowie die Beziehung der magnetischen Feldstärke zur magnetischen Induktion, an- schaulicher gedeutet und in mancher Hinsicht der Erfahrung besser angepaßt, als in der rein phänomenologischen Maxwell- Hertzschen Darstellungsweise. Der erste, der die Grundgedanken der Elektronentheorie klar formuliert und in umfassender und folgerichtiger Weise insbesondere auf optische .Fragen angewandt hat, ist H. A. Lorentz gewesen. Er hat die elektromagnetische Theorie der Farbenzerstreuung 89 ) und die Optik bewegter Körper 80 ) von diesem Standpunkte aus entwickelt. Auch die Entdeckung Zeemanns ist auf seine Anregung zurückzuführen. Wenn über- haupt die Elektronentheorie, an deren Erfolgen so viele experimentelle und theoretische Physiker Anteil haben, mit dem Namen eines einzelnen Forschers in Verbindung gebracht werden soll, so kann wohl nur der Name von H. A. Lorentz in Frage kommen. § 5. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 23 § 5. Die elektromagnetische Bewegungsgröfie. Wie wir bereits im ersten Bande dieses Werkes (§ 98) erwähnten, besteht hinsichtlich der Beziehung zum dritten Axiome der Newtonschen Mechanik ein gewisser Gegensatz zwischen der Maxwell - Hertzschen Theorie einerseits und der Lorentzschen Theorie andererseits. Jene nimmt an, daß die auf einen Körper wirkenden elektromagnetischen Kräfte stets aus gewissen, über seine Oberfläche verteilten Druck- und Zug- kräften resultieren, wobei zwar das Gesetz von Wirkung und Gegenwirkung erfüllt ist, aber zuweilen Kräfte auf die Volum- elemente des Äthers auftreten. Der Lorentzschen Theorie sind solche Kräfte auf die von Elektrizität leeren Volumelemente des Raumes fremd. Sie läßt elektromagnetische Kräfte nur auf die Elektrizität wirken; die auf die Volumeinheit berechnete elektromagnetische Kraft (V) der Lorentzschen Theorie (14) f*-*{« + 7[»§]} verschwindet mit der elektrischen Dichte o. Wir wollen nunmehr die Konsequenzen verfolgen, die sich aus dieser Auffassung hinsichtlich der Stellung der Elektronen- theorie zum dritten Axiome Newtons ergeben. Wir ziehen, ebenso wie in Bd. I, S. 428, die folgenden Identitäten heran (14a) « x div « - [« curl «L - ^ j (®* ~ «' ~ «) (14b) §.diT§-»cnrlftL-^J(«-«-«) Mit Rücksicht auf die Grundgleichungen (I) und (III) geht über in (14c) *»-^{«diT«-[*,eori*-f 8 »]}. 24 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 5. Andererseits folgt durch Addition von (14a) und (14b), auf Grund von (II) und (IV) (14d) «.diT @ + ![«*•]_[$ curl §\ [dX BX dX ) wobei unter Verwendung einer in der Elastizitätstheorie ge- bräuchlichen Schreibweise gesetzt ist (15) 1 4.x, -«.«, + &$„ 4*X,-C.e, + 0,0,. Durch Kombination von (14c) und (14d) erhalten wir «•* + hi< l-ä»Sl- ** IS + ";■ + £} oder nach Einführung des Poyntingschen Strahlvektors dx x dx y dx z i d® x ( 16 ) <>& - -g^ + ~ d y + -äf-^ V" Entsprechende Gleichungen: ## dy ' ds c* dt ' _ dz x dz y dz 9 i d® 9 gelten für die beiden anderen Komponenten der elektromagne- tischen Kraft. Wir überzeugen uns unschwer davon, daß die drei ersten Glieder der rechten Seiten die von den Maxweüschen Span- nungen auf die Raumeinheit ausgeübte Kraft darstellen. In der Tat, setzen wir in den Gleichungen (248) und (249) in § 5. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 25 § 97 des ersten Bandes, welche bzw. die elektrische und mag- netische Flächenkraft darstellen, £ = /t = l, so wird (17) X = %• + Z m = ^(2@e R + 2££ n - n(G*+ §*)}; dabei stellt n einen Einheitsvektor vor, der in Richtung der äußeren Normalen n der Fläche weist, über welche die Flächen- kraft % verteilt ist. Die parallel der #-Achse genommene Komponente dieser von den Maxwellschen Spannungen auf die Flächeneinheit einer beliebig gestellten Fläche ausgeübten Kraft ist demnach (17a) Z m - ^ (2«,« n + 2ft,ft, - cos(«*)(e* + **))• Legt man nun die Normale n des betrachteten Flächen- elementes der Reihe nach parallel der x -Achse, der y -Achse und der #-Achse, so erhält man für % x die durch (15) ein- geführten Ausdrücke X x , X y} X g . Diese stellen demnach die parallel der #-Achse genommenen Komponenten der Flächen- kraft X vor, die auf die Flächeneinheit dreier den Koordinaten- ebenen paralleler Flächenelemente wirkt; diese drei Größen und die durch zyklische Vertauschung der Koordinaten ent- stehenden Größen sind mit dem Spannungssysteme identisch, welches Maxwell im elektromagnetischen Felde wirkend an- nahm; dasselbe ist durch 6 Komponenten X x , Y y , Z g , X y = T xf X z — Z xJ Y z = Z y gekennzeichnet. Den Lehren der Elastizitätstheorie gemäß besitzt die von diesen Spannungen auf die Volumeinheit aus- geübte Kraft die Komponenten dX x dX v dX g -~ — h o + -ö— parallel der x- Achse, dx ' oy dz r ' dY x dY v dY g -~ h -*— + -ö— parallel der y-Achse, dZ x dZ v dZ z -5 h -ft^- + -~— parallel der #-Achse. ex cy dz r Nach Maxwell und Hertz sind dieses die auf die Volumeinheit des Äthers berechneten Komponenten 26 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 5. der elektromagnetischen Kraft. Nach Lorentz 80 ) ist noch die Kraft < 17b ) -?§F proVolumeinheithinzuzufügen,um diegesamte elektro- magnetische Kraft pfj der Elektronentheorie zu er- halten. Diese Zusatzkraft hebt für die Volumelemente des von Elektrizität leeren Raumes gerade die von den Maxwell- schen Spannungen ausgeübte Kraft auf. Wir können dieses Zusatzglied der Anschauung näher bringen, indem wir eine „elektromagnetische Bewegungs- größe" über das Feld mit der Dichte ( 18 ) i-?«-iis[«»] verteilt denken. Dieselbe ist durch die Vektoren 6 und $ be- stimmt, für einen jeden Punkt des Feldes. Einer zeitlichen Änderung des Poyntingschen Vektors @ entspricht eine Ände- rung der elektromagnetischen Bewegungsgröße, welche die Trägheitskraft (17 b) bedingt. Durch diese Trägheitskraft, im Verein mit der über die Oberfläche des betreffenden Bereiches verteilten Flächenkraft X (öl. 17) ist die durch die Grund- gleichung (V) definierte elektromagnetische Kraft vollständig zu ersetzen. In der Tat, da aus (15) und (17a) folgt: X x cos rix + X y cos ny + X z cos nz = % x} so erhalten wir, indem wir (16) über einen von der Fläche f begrenzten Bereich v integrieren, als ^-Komponente der resul- tierenden elektromagnetischen Kraft: K=fdvQ% x =fdfZ x - ifdvt,. Gehen wir zur Vektorgleichung über, so erhalten wir (19) ft -fdvQ* -fdf* - % § 5. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 27 wobei dv (20) <& = fdvt = fc die gesamte, in dem Bereiche v enthaltene elektromagnetische Bewegungsgröße ist. Die Kraft, welche das elektromagnetische Feld auf einen beliebigen Körper ausübt, ist nach der Lorentzschen Theorie gleich der resultierenden Kraft St auf die im Innern des Körpers befindlichen Elektronen. Es besagt daher Gleichung (19): Die resultierende elektromagnetische Kraft auf einen beliebigen Körper ist gleich dem über seine Ober- fläche erstreckten Integral der Plächenkraft 3J, ver- mindert um die zeitliche Zunahme der gesamten im Innern des Körpers befindlichen elektromagnetischen Bewegungsgröße. Wir können, wofern die Grundgleichungen der Elektronen- theorie zutreffen, die Gleichung (19) auch auf ein System von Körpern anwenden, welche in den Äther eingelagert sind. Wir haben dann im Äther eine Fläche zu konstruieren, welche das ganze System einschließt. An dieser Fläche haben wir uns die Flächenkraft % angreifend zu denken; auch haben wir die elektromagnetische Bewegungsgröße sowohl im Innern d&* Körper als auch in dem Räume zwischen den Körpern in Rechnung zu ziehen. Eine besonders einfache Form nimmt der Ausdruck (19) der elektromagnetischen Gesamtkraft an, falls wir die Fläche /, die das Körpersystem umschließt, uns so weit entfernt denken, daß sie in dem ganzen Zeitintervalle, in dem der zu betrach- tende Vorgang sich abspielt, nicht von dem elektromagne- tischen Felde erreicht wird. Dann verschwindet nämlich auf der Fläche f der Vektor %, der ja durch die daselbst herrschen- den Feldstärken bestimmt ist. Es fällt demnach das erste Glied im Ausdruck (19) fort, und die elektromagnetische Ge- samtkraft wird (21) «--IT 28 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 5. Die Gesamtkraft, welche das elektromagnetische Feld auf ein Körpersystem ausübt, ist gleich der zeit- lichen Abnahme der elektromagnetischen Bewegungs- größe des gesamten Feldes. Das System, welches aus den Körpern und dem gesamten elektromagnetischen Felde gebildet ist, können wir als ein in elektromagnetischer Hinsicht abgeschlossenes System bezeichnen. Für ein solches nimmt auch die Energiegleichung (11) eine vereinfachte Form an, da eine Ausstrahlung durch die Be- grenzungsfläche f hindurch nicht in Betracht zu ziehen ist. Es wird die gesamte Arbeit der elektromagnetischen Kräfte / 99 \ dA dW Diese Relation ist es, welche die Bezeichnung des durch (12) definierten Skalars W als „elektromagnetische Energie" rechtfertigt. In entsprechender Weise rechtfertigt die Relation (21) die Bezeichnung des durch (20) definierten Vektors ® als „elektromagnetische Bewegungsgröße" oder „elektro- magnetischer Impuls" des Feldes. Ist E die gesamte Energie der wägbaren Körper des ab- geschlossenen Systemes, so ist der Zuwachs von E der Arbeit der elektromagnetischen Kräfte gleich; es folgt demnach aus (22) (22 a) E + W = Constans . Die Summe aus der Energie der wägbaren Körper und der elektromagnetischen Energie des Feldes ist für ein abgeschlossenes System konstant. Dieser allgemeinen Fassung des Energieprinzipes können wir eine allgemeine Fassung des Impulssatzes gegenüberstellen. Nach den Lehren der Mechanik ist die zeitliche Zunahme des Gesamtimpulses SB der wägbaren Massen der Resultierenden der äußeren Kräfte gleich. Da die mechanischen Wechselwirkungen dem Prinzipe von Wirkung und Gegenwirkung Genüge leisten, so liefern sie zu der resultierenden Kraft keinen Beitrag. Es besagt daher der Impulssatz: Die zeitliche Änderung des mecha- § 5. Erstes KapiteL Grundlagen der Elektronentheorie. 29 irischen Impulses 8$ ist gleich der resultierenden elektro- magnetischen Kraft St: dt St Setzen wir hier für St den in (21) erhaltenen Ausdruck ein und bringen ® auf die andere Seite, so erhalten wir (23) » + ® = Constans. Die Summe aus dem mechanischen Impulse der wägbaren Körper und dem elektromagnetischen Im- pulse des Feldes ist für ein abgeschlossenes System konstant. Der so verallgemeinerte Impulssatz ist für das Folgende von fundamentaler Bedeutung. Der gegebene Beweis zeigt, daß die Einführung des elektromagnetischen Impulses ebenso- wenig eine neue Hypothese darstellt wie die Einführung einer elektromagnetischen Energie. Es handelt sich hier wie dort nur um einen zweckmäßigen Ausdruck gewisser Folgerungen, die aus dem Ausdrucke der elektromagnetischen Kraft (V) im Verein mit den Feldgleichungen (I) bis (IV) der Elektronen- theorie fließen. Wenn nun auch diese Ausdrucksweise der in der Mechanik gebräuchlichen nachgebildet ist, so führt doch, wie schon am Schlüsse des ersten Bandes hervorgehoben wurde, die Elektronentheorie zu Folgerungen, welche den Axiomen der Newtonschen Mechanik widersprechen. Die an den wägbaren Körpern angreifenden elektromagnetischen Kräfte der Lorentzschen Theorie befolgen nicht das dritte Axiom der Newtonschen Mechanik. Wenn z. B. ein Körper Licht in einer bestimmten Rich- tung, etwa vermittelst eines Hohlspiegels, auszusenden beginnt, so erfährt die elektromagnetische Bewegungsgröße des Raumes einen Zuwachs. Der Gleichung (21) gemäß wird das Licht auf den emittierenden Körper eine Kraft ausüben. Diese Wirkung wird erst dann durch eine Gegenwirkung kompensiert werden, wenn das entsandte Licht von anderen Körpern ab- 30 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 5. sorbiert wird, und das findet wegen der endlichen Fort- pflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes erst nach einer end- lichen Zeit statt. Bis dahin bleibt die Bewegungsgröße der Körper ebenso wie die Energie gewissermaßen latent, sie ist in elektromagnetische Bewegungsgröße verwandelt worden. Daß der Satz von actio und reactio, in dem Sinne der Newtonschen Mechanik gefaßt, von den elektromagnetischen Kräften der Lorentzschen Theorie verletzt wird, ist von H. Poincare als Einwand gegen diese Theorie geltend gemacht worden 46 ). Indessen wird man diesen Einwand nur dann als stichhaltig ansehen, wenn man die Axiome der alten Mechanik als a priori gültig betrachtet. Sieht man hingegen die Physik als eine Wissenschaft an, deren Prinzipien der fort- schreitenden Erfahrung anzupassen sind, so wird man sich durch jenen Einwand nicht beirren lassen. Man wird vielmehr die Mechanik des elektromagnetischen Feldes auf den erwei- terten' Impulssatz (23) begründen und wird untersuchen, ob dieser Satz Folgerungen ergibt, die mit der Erfahrung über- einstimmen; ist dies der Fall, so sind nicht die Grundlagen der Elektronentheorie, sondern die Axiome der alten Mechanik zu revidieren. Das ist der Weg, der in den folgenden Abschnitten be- schritten werden soll; wir werden zeigen, daß sowohl für die Theorie der Konvektionsstrahlung wie für diejenige der Wellen- strahlung die Einführung der durch den Strahlvektor bestimmten elektromagnetischen Bewegungsgröße fruchtbar ist, und werden in der Bestätigung der so gewonnenen Ergebnisse durch das Experiment eine Rechtfertigung der Grundhypothesen der Elektronentheorie erblicken dürfen. Nach (18) ist die Dichte g der elektromagnetischen Be- wegungsgröße dem durch das Quadrat der Lichtgeschwindig- keit dividierten Strahlvektor © gleich zu setzen. Für eine ebene Lichtwelle weist also der Vektor g in Richtung der Wellennormalen; da der Betrag S des Strahlvektors der Energie gleich ist, die in der Sekunde auf die Flächenein- heit einer senkrecht zum Strahle gestellten Fläche fällt, und § 5. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 31 da diese Energie einen Zylinder von der Höhe c erfüllt,, so ist c* c der Betrag der in der Sekunde auf eine ruhende Fläche fallen- den Bewegungsgröße. Die pro Sekunde auffallende Be- wegungsgröße einer ebenen Lichtwelle ist also gleich der pro Sekunde auffallenden Energie, dividiert durch die Lichtgeschwindigkeit, oder gleich der Energie- dichte. Fällt nun die Welle auf eine ruhende schwarze Fläche, welche die elektromagnetische Energie der Welle in Wärme verwandelt, so wird auch die elektromagnetische Bewegungs- größe vernichtet und in mechanische Bewegungsgröße ver- wandelt. Mit anderen Worten, das Licht übt auf die absor- bierende Fläche einen Druck aus. Der Lichtdruck beträgt für eine senkrecht zur Fortpflanzungsrichtung ge- stellte schwarze Fläche — ; er ist der Energiedichte der Welle gleich. Er wirkt auf die absorbierende schwarze Fläche in Richtung des auffallenden Strahles. Eine entsprechende, der Strahlrichtung entgegenweisende Druckkraft muß wirksam werden, wenn das Licht von der Lichtquelle in den Raum hinausgesandt und dadurch elektro- magnetische Bewegungsgröße erzeugt wird. Wir haben hier die Ableitung des Lichtdruckes an den zweiten Term im Ausdrucke (19) der resultierenden elektro- magnetischen Kraft angeknüpft, welcher die Bewegungsgröße enthält. Den ersten Term beseitigten wir, indem wir die Be- wegungsfläche f des Feldes beliebig weit fortrücken ließen. Wir können nun auch anders verfahren. Wir können die Fläche so legen, daß sie sich unmittelbar an den Körper an- schmiegt, auf den die gesuchte elektromagnetische Kraft wirkt. Dann sind im allgemeinen beide Glieder zu berücksichtigen, sowohl die von den Maxwellschen Spannungen ausgeübte Kraft als auch die Rückwirkung der elektromagnetischen Bewegungs- 32 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 5. große, die ins Innere des Körpers tritt. In manchen Fällen indessen fällt das zweite Glied fort. Haben wir es beispiels- weise mit einem Körper zu tun, der mit einer schwarzen, das Licht vollkommen absorbierenden Hülle bedeckt ist, so tritt von außen her kein Licht und keine elektromagnetische Be- wegungsgröße in den Körper. Es wird die Energie des Lichtes bereits an der Oberfläche in Wärme verwandelt. Hier erhält man den vollständigen Wert der vom Lichte ausgeübten Kraft, indem man ausschließlich die Oberflächenkraft % der Maxwell- schen Spannungen in Rechnung zieht. In einer ebenen Lichtwelle steht der elektrische Vektor senkrecht auf dem magnetischen; die elektrische Energiedichte ist der magnetischen gleich. Der Faraday-Maxwellsche Längs- zug der elektrischen Kraftlinien hebt den ihm parallelen mag- netischen Querdruck, der Längszug der magnetischen Kraft- linien den entsprechenden elektrischen Querdruck auf; denn diese Druck- bzw. Zugspannungen sind (vgl. I, §. 97) der elek- trischen bzw. der magnetischen Energiedichte gleich. Parallel der Strahlrichtung hingegen, die sowohl auf (S wie auf § senkrecht steht, verstärken sich die beiden Querdrucke und er- geben einen Druck auf eine senkrecht gestellte schwarze Fläche, der gleich der elektromagnetischen Energiedichte ist. Das Resultat dieser Betrachtung führt zu demselben Werte des Lichtdruckes, wie die obige Ableitung aus der elektroma- gnetischen Bewegungsgröße. Maxwell selbst war es, der aus seinem Spannungssysteme zuerst den Lichtdruck ableitete. In den letzten Jahren ist es den Bemühungen geschickter Experimentatoren, nämlich P. Lebedew 26 ) sowie E. F. Nichols und G. F. Hüll 41 ) ge- lungen, experimentell den Lichtdruck als vorhanden nach- zuweisen. Auf die Beziehungen des Strahlungsdruckes zur Theorie der Wärmestrahlung kommen wir weiter unten zurück. Wir wollen schließlich noch zeigen, daß der zweite Impuls- satz (vgl. I, § 12) sich in entsprechender Weise verallgemeinern läßt wie der erste. Wir berechnen das resultierende Mo- § 5. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 33 ment der elektromagnetischen Kräfte, die auf einen ge- gebenen Bereich v wirken: (24) *-fdv\t,m Wir verstehen unter t den Radiusvektor, der von einem im Räume festen Punkte aus zu konstruieren ist. Auf diesen festen Momentenpunkt ist das Moment der elektromagnetischen Kräfte bezogen. Durch Einführung der Ausdrücke (16) ergibt sich bei- spielsweise für die a>Komponente des Vektors « r J | ( dz dz u dz\ /dY dT v ar\i -/*{'$-$) Das von den Maxwellschen Spannungen herrührende Volum- integral formen wir auf Grund des Gaußschen Satzes um, wo- bei wir die aus (15) folgende Beziehung beachten und erhalten das über die Begrenzungsfläche f erstreckte Integral fdf [*%,-,%,), wobei % y , Z g Komponenten des durch (17) bestimmten Vektors % sind. Dieser erste Term im Ausdruck von 9L stellt die #-Kom- ponente des statischen Momentes der an der Begrenzungsfläche angreifenden Flächenkraft % dar. Das zweite Integral im Ausdruck von 9t x hingegen hängt mit der ^-Komponente des statischen Momentes der über das Feld mit der Dichte g verteilten elektromagnetischen Bewegungs- größe zusammen. Dieses Moment ist (25) $ -fdv[t%l Abraham, Theorie der Elektrizität. II. 2. Aufl. 3 •J dv {y d -Tt- gd k) 34 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 6. Wir können es, nach Analogie des Impulsmomentes tt wäg- barer Massen (vgl. I, S. 34), als „elektromagnetisches Im- pulsmoment" bezeichnen; wir beziehen es, ebenso wie das Kraftmoment jR, auf einen festen Bezugspunkt, so daß r von der Zeit unabhängig wird. Alsdann gilt dt Wir erhalten daher schließlich (26) * - fdfltX] - Diese Relation entspricht vollkommen der Rela- tion (19). Sie stellt das resultierende Kraftmoment 9t dar als Vektorsumme zweier Glieder: des resultie- renden Momentes der an der Oberfläche des Bereiches angreifenden Flächenkraft % der Maxwellschen Span- nungen und der zeitlichen Abnahme des elektro- magnetischen Impulsmomentes. Rücken wir wieder die Begrenzungsfläche f des Feldes so weit ab, daß auf ihr die Feldstärken gleich Null sind, so wird d$ dt (26a) « - - d$ . .dt Das resultierende Kräftepaar, welches das elektro- magnetische Feld auf ein Körpersystem ausübt, ist gleich der zeitlichen Abnahme des elektromagneti- schen Impulsmomentes des gesamten Feldes. Da die Kräftepaare, welche die Körper infolge ihrer mechanischen Wechselwirkung aufeinander ausüben, dem Prin- zipe von Wirkung und Gegenwirkung Genüge leisten, so ist die zeitliche Änderung des gesamten Impulsmomentes tt der wägbaren Massen dem resultierenden Momente der elektro- magnetischen Kräfte gleich zu setzen. Aus folgt aber nach (26 a) sofort (27) tt + f| — Constans. § 6. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 35 Die Summe aus dem mechanischen Impulsmomente der wägbaren Körper und dem elektromagnetischen Impulsmomente des Feldes ist für ein abgeschlossenes System konstant. Damit haben wir auch den verallgemeinerten zweiten Impulssatz aus den Grundgleichungen der Elektronentheorie hergeleitet. Aus ihm folgt für die Kräftepaare dasselbe, was aus (23) für die elektromagnetischen Wechselwirkungen der Körper bezüglich der Kräfte folgte: Die Kräftepaare, welche die Körper infolge ihrer elektromagnetischen Wechsel- wirkung aufeinander ausüben, widersprechen im all- gemeinen dem Prinzipe von Wirkung und Gegen- wirkung. Die verallgemeinerten Impulssätze (23) und (27) und die verallgemeinerte Energiegleichung (22 a) sind die Grundlagen, auf denen die Mechanik des elektromagnetischen Feldes sich aufbaut. § 6. Die elektromagnetischen Potentiale. Das Grundproblem der Elektronentheorie können wir folgendermaßen formulieren: Gegeben sei der Anfangs- zustand des Feldes zur Zeit £ = und außerdem, für £>0, die Lage und die Bewegung der Elektrizität. Welches ist das elektromagnetische Feld? Es handelt sich also um die Integration der Feldgleichungen (I) bis (IV), bei gegebener anfänglicher Verteilung der Felder , wenn q und t für t > als Funktionen von Ort und Zeit ge- geben sind. Ist das elektromagnetische Feld bekannt, so ist durch (V) die elektromagnetische Kraft bestimmt, welche das Feld auf die Elektronen ausübt. Für stationäre Zustände, wo die Differentialquotienten von <$ und £> nach der Zeit in (I) und (II) fortfallen, vereinfacht sich die Bestimmung des Feldes. Es wird das elektrische Feld von dem magnetischen unabhängig; das wirbelfreie elek- trische Feld ist durch die Quellenverteilung p, das quellenfreie magnetische Feld durch die Wirbelverteilung I bestimmt. Die A 36 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 6. Integration der Gleichungen, die einerseits d mit q, andererseits £> mit t yerknüpfen^ läßt sich in diesem Falle auf Grund der allgemeinen Theorie der Vektorfelder lösen, die im ersten Ab- schnitte des ersten Bandes dargelegt wurde. Das konstante elektrische Feld wird aus dem elektrostatischen Potentiale, das magnetische Feld des stationären elektrischen Stromes aus dem Vektorpotentiale abgeleitet. Durch Einführung dieser Hilfs- größen läßt sich die Integration der Feldgleichungen in über- sichtlicher Weise durchfuhren, wie wir im ersten Bande ge- sehen haben. Es liegt der Versuch nahe, das allgemeine Integrations- problem, das jetzt vorliegt, durch Einführung ähnlicher Hilfs- größen zu vereinfachen. Die vierte Grundgleichung lehrt, daß £> stets quellenfrei ist; wir genügen ihr, indem wir (28) g =« curl « setzen. Von diesem allgemeineren Vektorpotential dürfen wir freilich nicht verlangen, daß seine Diverg enz wie diejenige des Vektorpotentiales des stationären Feldes (I, § 28) allgemein gleich Null ist. Die Einführung von (28) in die zweite Grundgleichung ergibt 1 7) Sä. Es muß demnach Ob -\ wr- als negativer Gradient eines Skalars ä> sich darstellen lassen; daraus folgt für d der Ausdruck (29) «__ V #-i|5. Für konstante Felder fällt der Differentialquotient von & nach der Zeit fort und 3> reduziert sich auf das elektrostatische Potential. Den Grundgleichungen (H) und (IV) nahen wir genügt, indem wir g> und und Ä unabhängig voneinander; 3> geht in das skalare Potential des elektro- statischen Feldes, V in das Vektorpotential des magnetischen Feldes über. Die allgemeinen, durch die Differentialgleichungen (30, 30a, 30b) definierten Potentiale bezeichnen wir als „elektromagnetische Potentiale", und zwar nennen wir ä> das „skalare elektromagnetische Potential", & das „elektromagnetische Vektorpotential". Durch diese Be- nennung bringen wir zum Ausdruck, daß die allgemeineren Potentiale dann zur Verwendung gelangen, wenn es sich um einen zeitlich veränderlichen elektromagnetischen Vorgang handelt, bei welchem elektrisches und magnetischfifl-Efild durch die Grundgleichungen miteinande r ve rkettet sind. \ 38 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 6. Wir werden uns zunächst mit der Integration der Diffe- rentialgleichungen (30a, b) beschäftigen, in denen <5 und & getrennt auftreten. Wir werden uns dann davon überzeugen, daß die erhaltene Lösung von (30a, b) auch (30) befriedigt. Wir sehen jetzt schon ohne weiteres ein, daß die rechten Seiten von (30a, b) nicht unabhängig voneinander sind; in der J * Tat, aus (I) und (III) folgt •* ( 30c ) ! i|| + divi-o- + Diese Gleichung sagt aus, daß die pro Zeiteinheit in ein Volumelement eintretende Menge von Elektrizität dem Zuwachs der elektrischen Dichte entspricht, d. h. daß Elektrizität nicht neugeschaffen oder vernichtet werden kann. Diese „Kon- tinuitätsbedingung der Elektrizität" ist es, die q und I miteinander verknüpft. Die Abhängigkeit der rechten Seiten von (30a) und (30b) bringt es, wie wir weiter, unten sehen werden, mit sich, daß die elektromagnetischen Potentiale der einschränkenden Bedingung (30) Genüge leisten. Wir gehen jetzt dazu über, die Differentialgleichung des skalaren elektromagnetischen Potentiales zu integrieren. Es ist zweckmäßig, eine neue Variable l = ct einzuführen; diese ist nichts anderes, als der in der Zeit t von einer Lichtwelle zurückgelegte Weg. Dann schreibt sich (30 a) (31) ^-V*-4*p. Wir denken uns, zur Zeit t — 0, d> und -wj als Funktionen des Ortes gegeben, also etwa (31 a) $ = f(x, y, i)flrl- 0. (31b) y(-9(*>9,») f ür 1-0. Außerdem ist natürlich, für l > 0, q als Funktion von Zeit und Ort gegeben. § 6. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 39 Es ist unser Ziel, für positive Zeiten als Funktion von Ort und Zeit zu ermitteln; dieses Ziel haben wir erreicht, wenn es uns gelingt, für einen b eliebigen A nfpiiTikt $ als \ Funktion von l zu berechnen. Wir greifen einen Aufpunkt P heraus und konstruieren um P als Mittelpunkt eine Schar von Kugeln mit dem veränderlichen Radius r. Wir verstehen unter do den körperlichen Winkel, unter dem das Flächenelement r*d(o einer solchen Kugel vom Mittelpunkte P aus gesehen wird. Die Funktion #, welche der partiellen Differential- gleichung (31) genügen soll, ist eine Funktion von vier Vari- abein: r, l und zwei Winkeln; die letzteren beiden Variabein gehen in den Ausdruck von do ein. Die nunmehr einzuführende Hüfsfunktion (32) £1 = {- f. Wir wollen die Gleichung (31) in eine partielle Differentialgleichung für Sl umformen. Wir wenden zu diesem Zwecke den Ga ußschen Sat z auf eine jener Kugeln an. Das über ihr Inneres erstreckte Integral von V 2 3> = divV# ist diesem Satze zufolge gleich dem über die Oberfläche erstreckten Integral der Normalkomponente -x— des Vektors V0>; demnach gut r Jdrt*jW 9 dm = r s f || dm = r*^ ( ®dm . Durch Differentiation nach r folgt r 1 jv*$d0 gegeben. Ist es gelungen, die Hilfsgleichung (33) zu lösen, so ist der gesuchte Wert von im Mittelpunkte P der Kugelschar unschwer zu ermitteln. Er ist nach (32) (34) tf(0,0»lim(£). Das Problem, ä> für einen beliebigen Aufpunkt zu be- rechnen, ist somit auf die Aufgabe zurückgeführt, die Hilfs- gleichung (33) unter den angegebenen Bedingungen zu inte- grieren. § 7. Integration einer Hilfsgleichung. Die Funktionen #(r, V), F(r) und G(r) sind durch (33 a, b, c) zwar für positive Werte von r definiert, aber nicht für negative; für r =-= verschwinden sie. Es steht uns somit frei, die De- finition dieser Funktionen folgendermaßen auf negative Werte von r auszudehnen: § 7. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 41 (35) z( _ r> j)__ z ( +r ,j), (35a) F(r-r) - - F(+ r), (35b) G(-r) --0(+r). Auf Grand dieser Daten soll nun die Aufgabe behandelt werden, die Differentialgleichung ( 36 ) W"äH = ^( r ' Z ) zu integrieren, d. h. «ö(r, J) für Z > und für beliebige positive und negative Werte von r zu berechnen, wenn (36a) Ü-F(r)\ /aßU da rf A für Z = (36 b) _«ö(r)j gegeben sind. Wir erledigen die gestellte Aufgabe, indem wir das Riemannsche Integrationsverfahren auf die nichthomogene partielle Differentialgleichung (36) anwenden.*) Wir denken uns die unabhängigen Veränderlichen r und l als Abszisse und Ordinate aufgetragen. Die Anwendung des Stokesschen Satzes auf ein beliebiges Flächenstück der (r, l)- Ebene ergibt //HS -$}-/**. Dabei stellt Q einen zunächst beliebigen Vektor dar. Das Integral zur Linken ist über das betreffende Flächenstück, das Integral zur Rechten über die Begrenzungskurve zu erstrecken, derart, daß der Umlaufssinn einer positiven Drehung um die dritte, der r- und ?-Achse sich zuordnende Achse eines rechts- händigen Koordinatensystemes entsprechen würde. Wir setzen nun «_?£«_?* ® r ~~ dl > öl ~~ dr *) Vgl. hierzu Riemann- Weber, Die partiellen Differentialgleichungen der mathematischen Physik. Braunschweig 1901. Bd. II, § 90, S. 224 ff. A. Sommerfeld, Enzyklopädie der mathem. Wissensch. IIA. Art. 7c. Nr. 13. 42 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 7. und erhalten Wir wenden diese Formel auf ein gleich- schenkliges Dreieck ABC an, dessen Grundlinie AB auf der r- Achse liegt, während die Spitze C auf der Seite der po- sitiven l gelegen ist (vgl. Abb. 1). Es seien a, b die Abszissen der Punkte A, B. Die Winkel der Schenkel AC, BC mit der Grundlinie seien gleich einem halben Rechten, so daß r — l = a die Gleichung der Geraden AC, * •« «« «• JJ \J ist. Alsdann ist längs AC hingegen längs BC dr d~s dl ds dr ds di ds Auf AB aber ist ds ~~ ' ds da 1, und, nach (36b), -.r'-ß(r). Es ist daher B I ds \ A C /', fdßdr dß#r dSldJ dl ds ' ^r ds b )= J0{r)dr, a r dSlM 8 dr ds V B ß. C> aß a* SIa — &»c- § 7. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 43 Folglich wird die rechte Seite von (37) b fG(r)dr + & A + & B — 2£l c . a Verstehen wir jetzt unter r, l die Koordinaten des Punktes C, 80 i8t ßc-Ä(r,J) die gesuchte Punktion. Der Punkt A hat nach (37 a) die Koordinaten a — r — - Z, 0, der Punkt JB hingegen die Koordinaten 6 — r + 1,0. Aus (36 a) folgt daher Ä^ - Ä(r - l, 0) - JF(r - 0, ß* - ß (r + J, 0) — F(r + I), und es ist die rechte Seite von (37) zu schreiben fG(r)dr + F(r-I) + F(r + 1)- 2ß(r, J) . r-l Die linke Seite aber wandelt sich, durch Einführung der partiellen Differentialgleichung (36), in das über das Dreieck ABC erstreckte Flächenintegral der Funktion — #(r, V) um. Es wird also schließlich r + l (38) 2ß(r, T)-F(r-I) + F(r + 1) +fG(r)dr +ffz(r, l)drdl r-l ABC Damit ist die Integration der Hilfsgleichung (36) in all- gemeinster Weise durchgeführt. Die Funktionen F(r), G(r), %(r,l) waren zunächst nur für positive Werte von r gegeben. Auf negative Werte dieser Variabein wurde ihre Definition durch die Gleichungen (35, 35 a, b) ausgedehnt. Wir können daher schreiben F(r-l)--F(l — r) f r + l r + l l-r l + r fG(r)dr -fG(r)dr —fa(r)dr =fG(r)dr. r-l l-r 44 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 7. Was aber das über das Dreieck ABC der Abb. 1 erstreckte Flächenintegral anbelangt, so ist dasselbe nach (35) ff X {r,V)drdl -ffz(r, T)drdl -ffz(r, l)drdl . ABC OBCD OED Dabei ist OED das Dreieck, welches dem auf der Seite der negativen r gelegenen Teile OAD des Dreieckes ABC spiegelbildlich (in bezug auf die Z-Achse) entspricht. Es bleibt also schließlich nur das über den Streifen BCDE erstreckte Integral von %{r, T) übrig: ff x (r,T)drdl=ff x (r,l)drdl. ABC BCDE Demnach erhalten wir l + r (38a) ^ = F « + *-/«-* + ±.fG(r)dr l-r 1 + iiffz(r,t)drdl. BCDE Der Limes, dem dieser Ausdruck mit verschwindendem r zustrebt, bestimmt nach (34) den gesuchten Wert des skalaren Potentiales im Aufpunkte. Der Grenzwert der beiden ersten Glieder läßt sich sofort angeben; es ist (38b) lto[ F * + \ T F «-* )-F®, r = l + r (38c) lim ^- . fa(r)dr - Q(t) . r — ^ r *J J— r Was aber das dritte Glied anbelangt; so ist zu beachten, daß r die Abszisse des Punktes C in Abb. 1 ist. Dem Grenz- übergang zu verschwindendem r entspricht ein Hereinrücken des Punktes C in die l -Achse, wobei OB =>l wird. Ist X die Abszisse eines Punktes der Geraden CB } so ist in der Grenz- lage seine Ordinate gleich (l — A). Folglich gilt in der Grenz- lage des Dreieckes für die Punkte der Geraden CB %(r,T) = %(k,l-k), wo 0£X£l. § 7. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 45 Zu einem dieser Geraden anliegenden schmalen Streifen von der Breite CD = r • "j/2 wird mit verschwindendem r das Gebiet BCDE, über welches das Flächenintegral in (38a) zu erstrecken war. Wir erhalten demnach B ^o TrJJ^ l)drdl ~ 1/2 J X{1 ' l ~ X)dS ' BCDE r C dabei stellt ds ein Element der Geraden OB vor, die unter 45° gegen die Abszissenachse geneigt ist; die Variable k aber war die Abszisse der Punkte von OB. Demnach ist ds=*dXY2, und es wird i (38d) lim ± -fflir, T)drdl =fdX x {X, l-X). r=0 - - BCDE Die Grenzwerte (38b, c, d) der drei Glieder in (38a) zu- sammenfassend, erhalten wir Km{^}=F'(l) + G(T)+fdX X (X,l-X). Der Wert der gesuchten Funktion O in dem Aufpunkte P wird daher, mit Rücksicht auf (33 a) und (34), i (39) »(0, l) = F'(l) + G(T) +fkdkfd<0Q (A, l-X). o Nunmehr haben wir die Integration der für das skalare elektromagnetische Potential geltenden partiellen Differential- gleichung (31) durchgeführt.*) Die Funktionen F und G be- stimmen sich, gemäß (33b, c), aus den gegebenen Anfangs- werten (31 a, b) von O und ^ • Die beiden ersten Glieder von (39) *) Die gegebene Ableitung schließt sich an die von H. Weber för den Fall q — angewandte Methode an. Vgl. Riemann -Weber 1. c. Bd. II, § 120, S. 302 ff. und M. Abraham. Acc. dei Lincei (6) 14 1 , S. 7, 1905. 46 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 8. formulieren demnach den Einfluß des Anfangszustandes, während das dritte Glied ausgewertet werden kann, wenn die Elektrizitäts- verteilung in ihrer Abhängigkeit von Zeit und Ort gegeben ist. § 8. Die Fortpflanzung elektromagnetischer Störungen. Die Formel (39) löst die partielle Differentialgleichung (30a); sie bestimmt das skalare elektromagnetische Potential $, wenn die Anfangswerte von Ö> und -~- bekannt sind, und wenn weiterhin die Dichte q der Elektrizität als Punktion der Zeit gegeben ist. Die Differentialgleichung (30 b) für das elektromagnetische Vektorpotential & stimmt mit (30 a) formal überein. Wir könnten sie mithin in ganz entsprechender Weise lösen, wenn die Anfangswerte von & und ■>-- bekannt wären, und wenn weiterhin die Verteilung des Konvektionsstromes I als Funktion der Zeit gegeben wäre. Es bliebe, um die so erhaltene Lösung für das im Eingange des § 6 aufgestellte Problem nutzbar zu machen, nur noch übrig, anzugeben, wie der Anfangszustand des Feldes mit den Anfangswerten der elektromagnetischen Potentiale und ihrer zeitlichen Änderungen verknüpft ist. Wir wollen indessen, um uns nicht in Allgemeinheiten zu verlieren, über den Anfangszustand des Feldes eine ganz bestimmte Voraussetzung machen. Wir wollen annehmen, zur ^^ v> Zeit £ = sei im ganzen Baume das Feld ein elektrostatisches gewesen. Das elektrostatische Feld ist durch die Verteilung der ruhenden Elektrizität bestimmt. Es kann daher die zu lösende Aufgabe jetzt folgendermaßen ausgesprochen werden: Gegeben sei die anfängliche Verteilung der ruhenden Elektrizität, und weiterhin die Verteilung der Elek- trizität und des Konvektionsstromes. Welches ist der Verlauf der elektromagnetischen Störung? Für das anfangs herrschende elektrostatische Feld geht das skalare elektromagnetische Potential O in das elektro- statische Potential q> über. Wir wollen sehen, was die Formel (39) >/v § 8. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 47 für den Fall ergibt, daß das zur Zeit t = bestehende elektro- statische Feld auch weiterhin bestehen bleibt. Alsdann ist c$ dg> ^ dl ~~ edi ' und es ist, nach (31b) und (33 c), die Funktion 6r(r) identisch gleich Null. Die Funktion F(r) aber wird, nach (31a) und (33 b), in diesem Falle gleich dem über die Kugel mit dem Radius r erstreckten Integrale demnach wird F'(r)=±- f d ™dm. v ' ±n J er Endlich ist die elektrische Dichte q von der Zeit un- abhängig, und daher ist q (l, l — X) = q (A, 0) zu setzen. Die Formel (39) zeigt nun, wie man den Wert des skalaren Potentiales, zur Zeit t } in irgendeinem Aufpunkte P zu be- rechnen hat: man konstruiere um P eine Kugel mit dem Radius l = ct. Man setze in -F'( r ) und G(r) an Stelle von r jetzt lj d. h. man berechne den Wert dieser Integrale für die Kugel vom Radius l. Endlich füge man das über das Innere der Kugel zu erstreckende Integral hinzu, zu dem die mit Elektrizität erfüllten Volumelemente Beiträge liefern. Für das elektrostatische Potential ergibt sich auf diese Weise i (40)

sein soll, daß für ol w '-<>. 17 = ° ist. Der Anfangswert von -wr aber ist so zu wählen, daß zur Zeit t = die Relation (30) erfüllt ist. Dies ergibt, für * = — -0 1 v > dt ~~ u - Auf Grund der Anfangsbedingungen (41) #- (0, = ± fda, f^f) rmmi +ßdxß m9 (X, l - X) als Wert des skalaren elektromagnetischen Potentiales. Das erste, vom Anfangszustand allein abhängige Glied ist identisch mit dem im Ausdrucke (40) des elektrostatischen Potentiales auftretenden; das erklärt sich daraus, daß die An- fangsbedingungen (41) mit denen des elektrostatischen Feldes übereinstimmen. Der Unterschied gegen (40) liegt in dem von der Elektrizitätsverteilung abhängigen Volumintegral. Dort war auf der Oberfläche einer Kugel vom Radius X die durch q (X, 0) gekennzeichnete anfängliche Dichte der Elektrizitäts- verteilung in Rechnung zu ziehen, die ja weiterhin nicht ab- geändert wurde. Wir könnten dort, im Ausdrucke (40) des elektrostatischen Potentiales, mit demselben Rechte an Stelle von q (A, 0) die gleichzeitige, zur Zeit t im Abstände X vom Aufpunkt herrschende räumliche Dichte q{X, l) verstehen, oder Abraham, Theorie der Elektrizität. H. 2. Aufl. 4 50 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 8. auch die raumliche Dichte in irgendeinem, dem Zeitintervalle von t — bis t — — angehörenden Zeitpunkte; denn in diesem Zeitintervalle sollte die anfängliche Dichte q (A, 0) bestehen bleiben. Hier, im Ausdrucke (42) des elektromagnetischen Potentiales, hingegen handelt es sich um eine zeitlich ver- änderliche Elektrizität s Verteilung; es ist, auf der Oberfläche der Kugel vom Radius l, die durch q(X } l — A) gekennzeichnete Dichte in Rechnung zu ziehen, d. h. diejenige, welche zur Zeit ~~ =t auf jener Kugelfläche herrschte. Es kommt für c c das Feld, welches im Aufpunkte P zur Zeit t erregt wird, nicht die gleichzeitige Elektrizitätsverteilung im ganzen Räume in Betracht, sondern für jede der Kugeln diejenige elektrische Dichte, die daselbst zu einer um (42a) * = ± zurückliegenden Zeit bestanden hat. Der zur Zeit t — x ent- sandte Beitrag trifft zur Zeit t im Aufpunkte ein. Wir können r als „Latenszeit", A als „Latensweg" bezeichnen. Es folgt das wichtige Ergebnis: Die durch Abänderung der elek- trischen Dichte erregte elektromagnetische Störung pflanzt sich nach allen Seiten mit der Geschwindig- keit c im Räume fort. Wir erhalten das skalare elektromagnetische Potential des durch Abänderung der Elektrizitätsverteilung erregten Feldes, indem wir das elektrostatische Potential (40) des anfänglichen Feldes von dem skalaren Potentiale (42) des abgeänderten Feldes subtrahieren: (43) & (0J)-undÄist,gemäß(28)und(29), das elektromagnetische Feld zu berechnen, welches durch die Abänderung der Elektrizitätsverteilung und durch den diese Abänderung begleitenden Konvektions- strom erregt wird. Um den Beweis, daß die erhaltenen Lösungen der par- tiellen Differentialgleichangen (30 a, b) Integrale der Feld- gleichungen I bis IV ergeben, zu Ende zu führen, bedarf es nur noch des Nachweises, daß die Gleichung (30), die O und 91 miteinander verknüpft, wirklich besteht. Das ist in der Tat der Fall, falls stets und überall die Kontinuitätsbedingung der Elektrizität (30 c): (45) !! + divl = erfüllt ist Um dies zu zeigen, differentiieren wir zunächst (43) nach i; da g)(0, l), der Wert des elektrostatischen Potentiales in einem festen Aufpunkt, von der Zeit unabhängig ist, so gilt dl "~ • Die rechte Seite von (43) hängt in zwiefacher Weise von l ab; erstens insofern, als l die obere Grenze- des nach A ge- 4* 52 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 8. nommenen Integrales ist, zweitens dadurch, daß, für einen bestimmten Punkt des Raumes, q von l abhängt. Die Differen- tiation nach der oberen Grenze ergibt: lfda>{Q(l,0)-Q(l,0)}=0. Es bleibt also nur der durch Differentiation des q entstehende Ausdruck übrig (46.) S-/»«HlHv-.- [& Bei der Differentiation nach l war der Aufpunkt P fest- zuhalten. Bei der Differentiation nach den Koordinaten ist der Aufpunkt, und mit ihm das ganze Kugelsystem, zu verschieben. Bei Berechnung des Beitrages, den ein in dem Kugelsystem fest zu denkendes Volumelement zum Werte von % x im Auf- punkte liefert, ist der Wert von t x in Rechnung zu ziehen, der in dem Mittelpunkte des jeweils gedeckten Volumelementes des Raumes zur Zeit herrschte. Wird nun P um dx c parallel der #-Achse verschoben, so ist zugleich das ganze Kugelsystem zu verschieben. Das im Kugelsystem feste Volum- element deckt jetzt ein anderes Volumelement des Raumes, und es ist der Wert von t x in dessen Mittelpunkte zur Zeit 1 «l o« in Rechnung zu ziehen, d. h. ein um -^- dx größerer Wert als vorhin. So ergibt sich i (45b) diy% =fldkfd(Q {äivt} x ,i-x. o Addieren wir die durch (45 a, b) gegebenen Werte von -fiY und divÄ im Aufpunkte P, so erhalten wir i (45c) £ + div» -fxdxfd.[% + dir!)^. Die Relation (46) ^. + div* = § 8. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronentheorie. 53 erweist sich demnach zur Zeit t als erfüllt, % falls die bewegte Elektrizität bis zur Zeit t überall der Kon- tinuitätsbedingung (45) Genüge geleistet hat. Aus den Entwickelungen des § 6 folgt nun ohne weiteres, daß die aus den elektromagnetischen Potentialen O y % gemäß (28) und (29) abzuleitenden Vektoren , Ä übergeordnetes Potential dar. Die Beziehungen (48a,b) lassen sofort erkennen, daß die Relation (46) allgemein erfüllt ist. Wir wollen 3 den „Hertzschen Vektor" nennen; wie wir im nächsten Paragraphen sehen werden, erhalten wir näm- lich durch Spezialisierung des durch (48) definierten Vektors die sogenannte „Hertzsche Punktion", durch deren Ableitungen zweiter Ordnung nach der Zeit und nach den Koordinaten das elektromagnetische Feld eines Dipols sich darstellen läßt. Aus (48a,b) in Verbindung mit (28) und (29) ergeben sich zwischen den elektromagnetischen Vektoren und dem Hertzschen Vektor die Beziehungen: (48 c) G-curl??, (48 d) (0,T) =fxdxfda>Q(X,0), was wieder nur eine andere Form des in Bd. I, § 23 für das / elektrostatische Potential erhaltenen Ausdrucks (83) (49b) 9 -f± ist. Soll das Feld zur Zeit t = wirklich durchweg ein elektro- statischer sein, so darf vor diesem Zeitpunkte die Elektrizität sich nicht bewegt haben. Es ist dann zu setzen p(r,J)-e(r,0) ffir l<0 und daher q(X, l - X) — q(X, 0) für X > l. Es kann demnach in (43) ohne weiteres als obere Grenze X = oo statt l gesetzt werden, ohne den Wert der rechten Seite zu 56 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 8. ändern. Demnach folgt, mit Rücksicht auf (49 a) als Wert des skalaren elektromagnetischen Potentiales: (50) =fkdXJd(QQ (A, l — A). Andererseits ist, da zu negativen Zeiten die Elektrizität sich nicht bewegt hat, l(r,.0-0 für Z<0 und daher ! (A, J - A) = für k>l Es kann somit auch in (44) die Integration ohne weiteres bis zur oberen Grenze A = oo ausgedehnt werden; man erhält dem- nach als Ausdruck des elektromagnetisches Vektor- potentiales: 00 (50a) % =fkdkfdcot(k, l - A). o Diese Formeln für die elektromagnetischen Potentiale ent- halten keine Beziehung zur anfänglichen Verteilung der Elek- trizität. Sie gestatten folgende anschauliche Deutung: Man denke sich um den Aufpunkt eine Kugel mit dem veränderlichen Radius k geschlagen. Diese Kugel soll sich mit Lichtgeschwindigkeit kontrahieren, derart, daß sie zur Zeit t im Aufpunkte eintrifft Zur Zeit # — t ist ihr Radius ex = A. Diese Kugel fegt nun gewissermaßen das Feld ab. Wo sie Elektrizität und Konvektionsstrom antrifft, da fängt sie die Beiträge ab (51) d$ - kdkßa>Q(k,l - A), (51a) d% = kdkfdG>t(k,l - A), welche nach Durchlaufung des Latensweges k im Aufpunkte eintreffen. Es ist demnach für jedes Volumelgment des Raumes die jenig e Dichte der Elektrizität und des Konvektionsstromes in Rechnung zu setze n, welche die Kugel auf ihrem Wege an- trifft; die Division durch 3en Kugelradius ergibt den Beitrag zum skalaren und zum Yektorpotentiale. Diese Beiträge eilen § 8. Erstes Kapitel. Grundlagen der Elektronen theorie. 57 mit Lichtgeschwindigkeit fort. Die Zusammensetzung aller Beiträge, d. h. die Integration nach A, ergibt die Werte der elektromagnetischen Potentiale im Aufpunkte, gemäß den. Formeln (50, 50a). Wir können diese Formeln auch schreiben (51b) •-/¥['} t _±> (51C) «-/TW r' Dabei sind die Integrationen über den gesamten Raum auszudehnen, ebenso wie in der Formel (49 b) für das elektro- statische Potential. Der Unterschied liegt nur darin, daß nicht die jeweilige Dichte der Elektrizität und des Konvektions- stromes in Rechnung zu setzen ist, sondern, wie der Index t anzeigt, diejenige Dichte, welche zu einem um die f Latenszeit r = — früheren Zeitpunkte in dem betreffenden Volumelemente herrschte. Die Potentiale (51b, c) sind von H. Poincare, E. Beltrami, V. Volterra, H. A. Lorentz, T. Levi-Civita und anderen Forschern angewandt worden. Meist werden sie dem elektrostatischen Potentiale (49b) als „retardierte Potentiale", d. h. ver- spätete oder verzögerte Potentiale gegenübergestellt. Die in (50, 50a) gegebene Darstellung der elektro- magnetischen Potentiale durch einfache Integrale über den Latensweg, auf die wir hier unmittelbar geführt wurden, wird sich für die Ermittelung des Feldes bewegter Elektronen als besonders geeignet erweisen. Die Formel (48) für den Hertzschen Vektor können wir gleichfalls, wenn der Anfangszustand h inreichend wei t zurück liegt, auf dieTTorm bringen OD $=j\dJLfd(Dn(k,l- A) 58 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 9« und können sie, ähnlich wie (50) und (50 a), durch Betrachtung der auf den Aufpunkt hin mit Lichtgeschwindigkeit sich kon- trahierenden Eugel anschaulich deuten. Wir können sie auch auf die zu (51b, c) analoge Form bringen (51d) 8 _J£{,|^. Zweites Kapitel. Die Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. § 9. Elektromagnetisches Modell einer Lichtquelle. Die Entwickelungen des letzten Paragraphen haben uns gezeigt, daß der Raum die elektromagnetischen Wellen zwar fortpflanzt, daß aber in dem leeren Räume elektrische Störungen nicht entstehen können. Die Quellen der elektromagnetischen Störungen liegen in der bewegten Elektrizität. Da wir nun das Licht als elektromagnetische Wellenstrahlung zu betrachten gelernt haben, so werden wir zu dem Schlüsse geführt, daß im Innern der lichtemittierenden Moleküle die Elektrizität in Bewegung begriffen ist. Das einfachste denkbare elektromagne- tische Modell einer Lichtquelle erhalten wir, wenn wir ein einziges Elektron um seine Gleichgewichtslage schwingend an- nehmen. Auf Grund der allgemeinen Ansätze des vorigen Para- graphen können wir das elektromagnetische Feld eines beliebig bewegten Elektrons bestimmen. Wir wollen indessen das vor- liegende Problem zunächst unter gewissen Einschränkungen behandeln, Einschränkungen, die wir dann in den folgenden Paragraphen wieder beseitigen werden. Wir wollen in Betracht ziehen, daß die Bej££gung des lichtaussendenden Elektrons nur auf molekulare Bereiche sich er streck t, daß also seine Ent- fernung aus der Gleichgewichtslage klein ist gegen diejenigen Entfernungen, in denen man das entsandte Licht wahrnimmt. Ferner soll die Geschwindigkeit des Elektrons als klein gegen § 9. Zweites Kapitel. Wollenstrahlung einer bewegten Punktladung. 59 die Lichtgeschwindigkeit angenommen werden. Die Glei- chung (51 d) des yorigen Abschnittes führt uns in diesem Falle ohne weiteres zum Ausdrucke des Hertzschen Vektors. Es kommt auf den Wert des, gemäß (47) und (10) bestimmten Vektors t t q = cjtdt = JQtodt zur Zeit t an: da diese Zeit, wie auch der Abstand r vom Aufpunkte, unter den gemachten Einschränkungen für alle Punkte des Elektrons den gleichen Wert hat, so wird, wenn wir uns das Elektron als Ganzes verschoben denken, die Elongation t It..*..- /* r jtodt zur Zeit t o für alle Punkte des Elektrons merklich die gleiche sein. Setzen wir nun abkürzungsweise für das Produkt aus Ladung und Elongation den Vektor p: t (52) efidt = p(l), o indem wir, statt der Zeit t, den Lichtweg et als Unabhängige einführen, so ergibt die Integration über das Volumen des Elek- trons, gemäß (51 d), als Ausdruck des Hertzschen Vektors: (52a) . 8-*^- -- * — f ^t " Wir wollen voraussetzen, daß zur Zeit t = das Elektron in seiner Gleichgewichtslage sich befindet, und daß dann das Molekül kein elektrostatisches Feld erregt. Alsdann ist in (48 b) das anfängliche elektrostatische Potential

X T! §y = + 9 Z ' f 8 + j>. r X Dabei sind es die Werte von p„ ,, ? und -j^ für den Argumentwert (l — r), die für das Feld im Aufpunkte in Be- tracht kommen. Dieses Argument braucht jetzt, als selbst- verständlich, nicht mehr in den Formeln zum Ausdruck ge- bracht zu werden. Führt das Elektron in der Lichtquelle einfach harmonische Schwingungen aus, so daß etwa in (53 c, d) p $ = b sin -y U — r\ 62 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 9. zu setzen ist, so verhalten sich die Amplituden der drei Glieder z. B. im Ausdrucke der Komponenten von <£ wie 2itr /2itr\* 1 2nr /2itr\< 1 : 'T : \ X~) Es ist demnach, wenn die Entfernung vom lichtaussendenden Molekül klein gegen die Wellenlänge des entsandten Lichtes ist, nur das erste Glied zu berücksichtigen. Dort, wo man die Lichtstrahlung beobachtet, ist im Gegenteil 2itr groß gegen A; hier hängt <§ — und dasselbe gilt von dem magnetischen Vektor £> — nur von p ab; die Feldstärken nehmen hier, wenn die Welle sich immer weiter ausbreitet, umgekehrt pro- portional der Entfernung vom Wellenzentrum ab. Das Gebiet, in dem dieses stattfindet, wird die „Wellen zone" genannt. Wir wollen die Ausdrücke der Feldstärken in der Wellen- zone sogleich in vektorieller Schreibweise angeben. Wir über- sehen leicht, daß wir die zu $ proportionalen Glieder in (53c, d) und die aus ihnen durch zyklische Vertauschung von x y y, z entstehenden, welche Schwingungen parallel der x- bzw. der y- Achse entsprechen, folgendermaßen in Vektorgleichungen zusammenfassen können: e= 2(*i#)-7#-7kkfl], (54) { r\/r rt j • --y[ti*]- Dabei ist nach (52) der Beschleunigung des Elektrons proportional. Denken wir uns nun die vom schwingenden Elektron ent- sandten Wellen von einem beliebigen Aufpunkte aus beobachtet, so hängen die Feldstärken nur von dem Vektor ab. Es kommt für den Beobachter allein die Pro- jektion der Schwingung auf eine zur Blickrichtung § 9. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 6$ senkrechte Ebene in Betracht. Das äußere Produkt au» dem Einheitsvektor V t und jj liegt in dieser Ebene; es ist dem Betrage nach gleich, der Richtung nach senkrecht zu der Projektion von $; ihm parallel ist nach (54) der magnetische Vektor der entsandten Wellen, der die Polarisationsebene des Lichtes bestimmt. Der Beobachter wird demnach geradlinig polarisiertes Licht wahrnehmen, wenn die Projektion der Elek- tronenbewegung auf die zur Blickrichtung senkrechte Ebene eine geradlinige Schwingung ist, und zwar wird die Schwingungs- richtung in jener Ebene senkrecht auf der Polarisationsebene des entsandten Lichtes sein. Ist hingegen die Projektion der Bewegung des Elektrons auf jene Ebene eine Kreisschwingung,, so wird der Beobachter zirkulär polarisiertes Licht wahrnehmen,, und zwar rechts- oder linkszirkulares, je nachdem die Kreis- schwingung rechts herum oder links herum (im Sinne des Uhr- zeigers oder im entgegengesetzten) um die Blickrichtung statt- findet; denn bei einer Kreisbewegung rotieren Fahrstrahl, Ge- schwindigkeits- und Beschleunigungsvektor in dem gleichen Sinne. Nach (54) bilden 2 - 2* /d# sin 3 » - { jP -fdu (1 - u*) - 1 c)\ o —1 Der Radius der Kugel ist hier herausgefallen; es tritt also durch alle von der Welle durchsetzten konzentrischen Kugeln der Wellenzone die gleiche Energiemenge hindurch. Diese Energie hat sich von dem schwingenden Elektron losgelöst und durcheilt in Form von Wellenstrahlung den Raum, wo sie je nach der Frequenz der Schwingungen als ultraviolettes, sichtbares oder ultrarotes Licht wahrgenommen wird. Diese in Wellenstrahlung verwandelte Energiemenge wird der Lichtquelle entzogen; die in der Sekunde entzogene Energie ist nach (54a) /rr n dW 2 .. 2 2 e* /do\2 Ist die Schwingung eine einfach harmonische, und ist k ihre Wellenlänge im Räume, so ist § 9. Zweites Kapitel. Wellenetrahlung einer bewegten Punktladung. 65 daher wird der Energieverlast durch Strahlung dW 32ä 4 c ( 55a ) ' - ~dt - -Jv ' » ' Die pro Zeiteinheit durch Strahlung verlorene Energie ist um so größer, je kleiner bei gegebener Schwingungsamplitude die Wellenlänge ist. Sie steigt bei abnehmender Wellenlänge umgekehrt proportional der vierten Potenz der Wellenlänge an. Die Schwin- gungen erfahren mithin eine Dämpfung durch Strahlung. Eine solche Dämpfung ist zuerst von H. Hertz in der oben erwähnten Arbeit theoretisch abgeleitet worden. Wir wollen jetzt die Frage erörtern, inwieweit dieses ein- fachste elektromagnetische Modell einer Lichtquelle geeignet ist, von dem Vorgange der Lichtemission ein naturgetreues Bild zu geben. Wir wollen zunächst, das Resultat der Unter- suchungen Zeemans (vgl. § 10) vorwegnehmend, voraussetzen, daß das negative Elektron es ist, welches in der Lichtquelle schwingt, und wollen dem negativen Elektron diejenigen Eigen- schaften zuschreiben, die wir in § 2 bei Besprechung der Kathoden strahlen kennen gelernt haben. Wir haben der mathe- matischen Behandlung den Fall zugrunde gelegt, daß vor Be- ginn des Schwingungsvorganges das Molekül nach außen hin nnelektrisch ist. Die einfachste dementsprechende Hypothese würde die sein, daß das Molekül aus einem positiven und einem negativen Elektron besteht, deren Mittelpunkte anfangs zu- sammenfallen. Wird nun das negative Elektron verschoben, während das positive in Ruhe bleibt, so entsteht ein elek- trischer Dipol. Unter dem Momente eines solchen Dipols wird man entsprechend dem Momente einer Doppelquelle (Bd. I, § 22) einen Vektor zu verstehen haben, der von der negativen Ladung zur positiven weist, und dessen Betrag gleich dem Produkte aus dem Abstand der Mittelpunkte beider Elek- tronen und der Ladung des positiven ist. Das ist aber nichts anderes, als der durch (52) definierte Vektor p, d. h. der von der ruhenden positiven zur bewegten negativen Ladung weisende Abraham, Theorie der Elektrizität. IL 2. Aufl. 5 66 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 9. Fahrstrahl, multipliziert mit der negativen Ladung des bewegten Elektrons. Das Feld eines der z- Achse parallelen Dipols bringen die Formeln (53 c, d) zur Darstellung. Wollen wir nun erklären, wieso etwa das Licht des Queck- silberdampfes aus einzelnen feinen Spektrallinien besteht, so müssen wir den in den Molekülen bewegten Elektronen gewisse Eigenschwingungen zuschreiben. Um die Existenz dieser Eigen- schwingungen zu verstehen, nimmt die Elektronentheorie an, daß auf die Elektronen gewisse quasielastische Kräfte wirken, d. h. Kräfte, welche der jeweiligen Entfernung aus der Gleichgewichtslage proportional sind. Da die Elektronen Träg- heit besitzen, so würde hierdurch die Möglichkeit von Eigen- schwingungen bestimmter Frequenz gegeben sein. Freilich ist so nur ein Rätsel auf ein anderes zurückgeführt. Denn es ent- steht nun die Frage, welcher Art jene quasielastische Kraft ist, ob sie ihrerseits elektrischen Ursprunges ist, etwa von der positiven Elektrizität herrührend, oder ob sie von der wägbaren Materie auf die Elektronen ausgeübt wird. Auch die große Zahl der Spektrallinien jedes einzelnen chemischen Elementes bereitet der Erklärung Schwierigkeiten. Soll man annehmen, daß jedes Molekül des Quecksilberdampfes alle die Spektral- linien aussendet, oder strahlt das eine Molekül diese, das andere jene Linie aus? Im ersteren Falle wäre dem Molekül eine große Zahl elektrischer Eigenschwingungen zuzuschreiben, und das einfache Modell des elektrischen Dipols würde dann nicht zur Darstellung des Feldes ausreichen. Im zweiten Fall jedoch würde die Existenz der merkwürdigen Gesetzmäßigkeiten, welche die Spektrallinien mancher Körper aufweisen, schwer verständ- lich sein. Die Fragen der molekularen Struktur, die mit dem Probleme der Spektrallinien zusammenhängen, sind leider noch wenig aufgeklärt. Wir müssen uns damit begnügen, an unserem einfachsten elektromagnetischen Modell festhaltend, jede Spek- trallinie einem anderen Dipol zuzuschreiben und die Eigen- schwingungen formal durch Einführung quasielastischer Kräfte zur Darstellung zu bringen. Wir gelangen so zu einem Ansatz, der als Arbeitshypothese gute Dienste leistet. § 9. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 67 Wir setzen die Schwingungsgleichung des elektrischen Dipols in der Form an: (56) g + V, = 0; nach (52) können wir schreiben (56a) -X-H "»'»-iTt^- Hier steht rechts die quasielastische Kraft, welche das mit der trägen Masse m behaftete Elektron in die Gleichgewichts- lage zurückzieht. Der Verlauf des Schwingungsvorgangs wird von den Anfangsbedingungen abhängen; wir können uns etwa vorstellen, daß durch den Zusammenstoß mit einem anderen Molekül die Schwingungen des Elektrons angeregt werden. Wie dem auch sei, jedenfalls wird während der Schwingung das Zeitmittel der kinetischen Energie dem Zeitmittel der potentiellen gleich sein. Die gesamte Energie des schwingenden Dipols ist, wenn wir zunächst von der Dämpfung absehen, konstant; sie beträgt (56 b) Tr-mli"- \dt) s e y wobei die horizontalen Striche die Bildung des zeitlichen Mittel- wertes andeuten. Wir haben jedoch oben gesehen, daß der schwingende Dipol fortgesetzt Energie ausstrahlt. Diese Ausstrahlung wird nun zu einer Dämpfung der Schwingungen Veranlassung geben müssen. Wir wollen den Betrag dieser Dämpfung berechnen. Aus (55) folgt (56c) -*-]f-lV für die Abnahme der Schwingungsenergie, berechnet auf den Lichtweg l =- 1 cm, d. h. die Abnahme während der Zeit <-§->- 10 sec. Während dieser Zeit hat das Elektron eine große Zahl von Schwingungen ausgeführt — 2 • 10 4 für X — 5 • 10" B cm — , 6* 68 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 9. so daß die Mittelwertsbildung über sehr viele Schwingungen gerechtfertigt ist. Andererseits können wir (56 b) nach Ein- führung der spezifischen Ladung des Elektrons (GL 9) schreiben: (56d) W "^J'- Da die Punkte in p, jj Differentiation nach l andeuten, Wir erhalten daher dlnW 2rie/2n\* ~~ ~s c \T) dl Es nimmt somit die Schwingungsenergie nach dem Gesetze ab: (66 e) W = W e-r>, wo der Abklingungskoeffizient /K«-\ 87T* r\e (56f) v = -y -JjJ zu setzen ist. Dasselbe Exponentialgesetz gilt für die Ab- nahme der Intensität der entsandten Strahlung; dem Licht- wege 1 cm entspricht ein Herabsinken der Lichtintensität auf den Bruchteil er*. Nun läßt sich aus Interferenzversuchen eine obere Grenze für die Abnahme der Strahlungsintensität gewinnen. Für manche Spektrallinien, z. B. für die grüne Quecksilberlinie, haben sich nämlich Interferenzen bei sehr hohen Gangunter- schieden herstellen lassen. Die Verfeinerung der Technik solcher Interferenzversuche, um die sich A. Michelson, 0. Lummer und andere Experimentatoren verdient gemacht haben, hat zu sicht- baren Interferenzen noch bei Gangunterschieden von 50 cm geführt. Wäre nun die Abklingungskonstante y so groß, daß sich auf einem Lichtwege von 40 cm ein Herabsinken der Intensität des Lichtes auf ein Hundertstel ihres Wertes oder einen noch geringeren Bruchteil ergäbe, so könnte die Theorie von diesen Interferenzversuchen nicht Rechenschaft geben. Wir wollen sehen, welcher Wert von y sich aus (56 f) ergibt. § 9. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Funktladung. 69 Wir setzen für e und 17 die in (2) und (9) angegebenen Werte ein, nehmen k -» 5 « 10" 6 an und finden 8«« 1,865 ■ 10 7 . 3 ■ 10 ~ " 10 _ 8 '~~ 3 3.10 10 26.10- 10 *' ±v * Daraus ergibt sich für einen Lichtweg von 50 cm ein Herabsinken der Lichtintensität auf den Bruchteil e-rw^e-oA «0,9; es würde hiernach bei einem Gfangunterschied von 50 cm noch sehr wohl eine Interferenz bemerkbar sein. Man könnte sich eher darüber wundern, daß nicht bei noch höheren Gangunter- schieden Interferenzen sich herstellen lassen. Allein außer der Dämpfung durch Strahlung dürften noch andere Ursachen mit- spielen, die den regelmäßigen Verlauf des Schwingungsvorganges beeinträchtigen. So dürfte z. B. beim Stoße zweier Moleküle des Dampfes der ursprüngliche Schwingungsvorgang gestört und eine neue, mit einer andern Phase einsetzende Schwingung eingeleitet werden. In der Schwingungsgleichung (56) bzw. (56 a) ist der Dämpfung durch Strahlung nicht Rechnung getragen worden. Wir wollen jetzt nachträglich die Schwingungsgleichung so modifizieren, daß der durch (55) in allgemeinster Weise an- gegebene Energieverlust zum Ausdrucke gelangt. Wir führen in (56a) eine „dissipative Kraft ft*" ein, indem wir schreiben (57) «g._5j. # + Ä .. Diese dissipative Kraft Sf stellt die Rückwirkung der Strahlung auf das bewegte Elektron dar. Ihre Arbeits- leistung muß mit dem Energieverluste (55) durch die Relation verknüpft sein: (57a) f*)*—T$f (%)'*'; dabei bezeichnen t ly £ a zwei, etwa durch eine ganze Schwingung getrennte Zeitpunkte, zu denen die Beschleunigung des Elek- 70 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 9. trons gleich Null ist. Während des Zeitintervalles von t t bis t a wird eine bestimmte Energiemenge entsandt; dieser muß die gesamte, in der gleichen Zeit von der rückwirkenden Kraft ft* geleistete Arbeit entgegengesetzt gleich sein. Würde etwa zur Zeit t x die ungleichförmige Bewegung des Elektrons beginnen und zur Zeit t 2 endigen, so würde die gesamte Arbeit von ft* und die gesamte Energie der entsandten Wellenstrahlung durch den Ausdruck (57 a) gegeben sein. Wir können nun die rechte Seite von (57 a) durch partielle Integration umformen; da die Beschleunigung an den Grenzen des Integrationsintervalles verschwindet, so wird Wir erfüllen also die Energiegleichung, indem wir setzen d. h. indem wir die Reaktionskraft der Strahlung dem zweiten Differentialquotienten des Geschwindigkeits- vektors nach der Zeit proportional annehmen. Durch Einführung des Ausdruckes (58) von Ä* in (57) erhalten wir (58.) .g.-S^+IJ«, diese allgemeine Schwingungsgleiehung tritt nunmehr an Stelle von (56 a). Gemäß (52) kann hierfür geschrieben werden Die Schwingungsgleichung des elektrischen Di- poles wird also bei Berücksichtigung der Strahlungs- dämpfung eine Differentialgleichung dritter Ord- nung 42 ). Man könnte nun gegen die obige Ableitung des Ausdrucks (58) einwenden, daß durch die Energiegleichung allein die § 10. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 71 Reaktionskraft St' nicht eindeutig bestimmt ist, und könnte versuchen, dieselbe durch den allgemeinen Ansatz darzustellen ft* * , d * i d ** , , «*"• . Ä* - a^ + « 2 ^ + a 9 gjy + • • • + «, +1 — v + • • •; dabei müßten, bei den hier betrachteten kleinen Schwingungen die Koeffizienten a Konstanten sein, die von der Licht- geschwindigkeit c und von der Elektronenladung e abhängen; und zwar müßten sie proportional 6* sein, da es sich um eine vom Elektron auf sich selbst ausgeübte Kraft handelt. Setzt man dementsprechend a v+1 = e*c*a y+1 , wo a v+i eine reine Zahl ist, so gibt eine Dimensionsbetrachtung sofort über die zu- lässigen Werte von k und v Auskunft. Die Dimension des Quadrates der elektrostatisch gemessenen Ladung e ist, zufolge der TabeUe Bd. I, S. 260, gleich JfZ, 3 ! 7 -*; es gut,, da der Kraft &* die Dimension MLT~* zukommt, die Dimensionsgleichung L- 2 =[iT- 1 ]*.iT-( v + 1 ). Hieraus folgen für k und v eindeutig die Werte k = — 3, i/ = ~Ä-l=2. Man sieht also, daß nur ein Ausdruck von der Form (58) zulässig ist; der Zahlwert a s bestimmt sich durch die Energie- gleichung. Die mit der Strahlung zusammenhängende dissipative Kraft wirkt nach einem anderen Gesetze als die Reibungskraft der gewöhnlichen Mechanik. Während man jene der Geschwindig- keit proportional setzt, ist diese, für kleine Geschwindigkeiten, der zweiten Ableitung der Geschwindigkeit nach der Zeit proportional. § 10. Der Zeeman-Effekt. Daß das elektromagnetische Modell eines lichtemittierenden Moleküles, welches wir soeben kennen lernten, in manchen Fällen der Wirklichkeit entspricht, dafür ist der experimentelle Beweis durch die Entdeckung P. Zeemanns 71 ) erbracht worden. Dieser Forscher hat gezeigt, daß die Spektrallinien in starken magnetischen Feldern gewisse Veränderungen erfahren; diese 72 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 10. Veränderungen haben sich in vielen Fällen ohne weiteres auf Grund der Lorentzschen Theorie deuten lassen. Wir dürfen nicht versäumen, den Zeeman-Effekt aus der im vorigen Para- graphen entwickelten Theorie abzuleiten. Führen wir, der Grundgleichung (V) gemäß, die von dem äußeren Magnetfelde auf das Elektron ausgeübte Kraft in die Bewegungsgleichung (56 a) ein, so lautet diese m dt -!»*+?[*]> oder, wenn wir überall, nach (52), die Geschwindigkeit to des Elektrons durch das elektrische Moment p des Dipols ersetzen lel lel und die spezifische Ladung rj = — - = — — - des negativen Elektrons einführen: (69) g + *,--,|3S»]- Dabei haben wir das Dämpfungsglied wiederum fort- gelassen, weü der äußerst geringe Betrag der Dämpfung für die Frequenzen der Eigenschwingungen nicht wesentlich in Betracht kommt. Wir legen der Integration der Schwingungsgleichung (59) sofort ein geeignetes Koordinatensystem zugrunde. Die #-Achse mag in Richtung der magnetischen Kraftlinien weisen, während die (#y)-Ebene auf diesen senkrecht steht; dann ergibt die Komponentenzerlegung d*K dp it (59a) . ^• + ^._,| # j^, d*K dfc, (59b) _* + », f _ + ,!!!.£, (59c) *£ + t »^_o. Die Schwingungskomponente parallel den magnetischen Kraftlinien wird demnach von dem magnetischen Felde nicht beeinflußt. Setzen wir §10. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 73 so ist die Frequenz v = k dieser Komponente die gleiche, welche allen drei Schwingungskomponenten außerhalb des magnetischen Feldes zukommt. Was aber die Schwingungen in der (xy) -Ebene anbelangt, so sind die Komponenten $ x , p y durch das magnetische Feld miteinander verkoppelt, wie die Gleichungen (59 a, b) anzeigen. Das läßt vermuten, daß wir hier zwei voneinander und von der ursprünglichen Frequenz k abweichende Frequenzen v' und v" erhalten werden. Wir versuchen die Differentialgleichungen (59a, b) durch den Ansatz (60) ft,-a'", » f -W* zu befriedigen, wo a und b zwei komplexe, für Amplitude und Phase der beiden Komponenten maßgebende Konstanten sind. Wir finden i a (W-it)--f l \§\biv, b(k*—v*) — + fj\§\aiv. Durch Elimination von a und b wird für v* die quadra- tische Gleichung erhalten Bezeichnen wir mit v' die kleinere, mit v" die größere der beiden Frequenzen, so erhalten wir o/ 2 _ ff = _ ^ |§| v', oder, weil nur positive Werte v', v" zulässig sind: (60a) (60b) (60 c) »'---i-ii#i+>/*»+i-ijw, Es werden also von den zu den Magnetkraftlinien senkrechten Schwingungskomponenten desDipols zwei Spektrallinien entsandt, deren Frequenzen voneinander und von der ursprünglichen Frequenz Je abweichen. 74 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 10. Der Abstand der beiden Spektrallinien, in der Skala der Frequenzen gemessen, beträgt (60d) v" — v' = ij|#|, er ist gleich dem Produkte aus der spezifischen Ladung der schwingenden Elektronen und der magnetischen Feldstärke. Die ursprüngliche Frequenz Je entspricht nach (60 c) nicht genau der Mitte der beiden abgeänderten Frequenzen v', v". Doch ergibt sich das Produkt ij|$| für alle herstellbaren Felder so gering — nur mit intensiven Feldern gelingt über- haupt die Trennung der Linien — , daß das Quadrat dieses Produktes in (60c) zu vernachlässigen ist, und daß mit ge- nügender Annäherung gesetzt werden darf: (60e) ^±JL = *. Um nun den Charakter der stattfindenden Schwingungen zu erkennen, müssen wir das Verhältnis der Eonstanten a, b aus einer der Gleichungen (60 a) ermitteln. Für die langsamere der beiden Schwingungen, von der Frequenz v', folgt aus (60a, b) (60 f) -, = ^£ = + *', für die schnellere der beiden Schwingungen, von der Frequenz v", Es sind also, sowohl für die langsamere wie für die schnellere Schwingung, die Amplituden der beiden Kompo- nenten p x , ^ y die gleichen; die Phasen jedoch * weichen um — voneinander ab. Beides sind demnach zirkuläre Schwingungen. Bei der langsamen Schwingung ist, nach (60f), die y-Kompo- nente der x- Komponente um — an Phase voran, d. h. die Kreis- bewegung führt, nach einer Viertelschwingung, von der y-Achse zur #-Achse, sie stellt also eine negative Drehung um die mit der £ -Achse zusammenfallende Richtung des magnetischen Feldes dar. Einem auf der Seite der positiven z -Achse befindlichen § 10. Zweites Kapitel. Wellenstrahhing einer bewegten Punktladung. 75 Beobachter erscheint die Kreisschwingung als Drehung im Sinne des Uhrzeigers oder als rechtszirkulare Schwingung. Bei der schnelleren Schwingung hingegen ist nach (60 g) die #- Komponente der y- Komponente um — an Phase voran, diese Bewegung entspricht einer positiven Umkreisung der z -Achse und erscheint einem auf der Seite der positiven #-Achse be- findlichen Beobachter als linkszirkulare, dem Uhrzeigersinne entgegengesetzte Schwingung. Wir denken uns jetzt die Flamme zwischen den Polen des Magneten; auf derjenigen Seite, nach der das magnetische Feld gerichtet ist, mag der Magnet durchbohrt sein. Was wird ein durch die Oflnung hindurchblickender Beobachter wahr- nehmen ? Für diesen Beobachter kommen nur die Schwingungen in der (xy)- Ebene in Betracht; denn wir haben im vorigen Para- graphen gesehen, daß nur die zur Blickrichtung senkrechten Komponenten der Elektronenbewegung für die ausgestrahlten Wellen maßgebend sind. Die der #-Achse parallele Kompo- nente sendet daher den Magnetkraftlinien parallel kein Licht aus. Der Beobachter wird also bei spektraler Zerlegung des Lichtes die ursprünglich einfache Spektrallinie verdoppelt finden. Dieses Duplet von Linien ist zirkularpolari- siert, und zwar erscheint dem Beobachter, welcher den Kraftlinien des magnetischen Feldes entgegen- blickt, die im Spektrum auf der roten Seite liegende Linie rechtszirkular, die auf der violetten Seite liegende linkszirkular polarisiert. Die Beobachtung des „longitudinalen Zeemann- Effektes" hat in der Tat ein derartiges Duplet ergeben, wenigstens für die Mehrzahl der untersuchten Spektrallinien. Hieraus ist zu schließen, daß das negative Elektron es ist, welches die Spektral- linien ausstrahlt. In der Tat haben wir, bei der Aufstellung der Grundgleichung (59), die negative Ladung des Elektrons bereits berücksichtigend e — e v = — ^ cm cm 76 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 10. gesetzt. Für die positiven Elektronen wäre in (59) das Vor- zeichen von rj umzukehren, mithin auch in (60a); so würde sich für die beiden Kreisschwingungen das entgegengesetzte Verhalten ergeben, indem die rechtszirkulare die schnellere, die linkszirkulare die langsamere sein müßte. Der Zeemann- Effekt zeigt also, daß die im vorigen Paragraphen gegebene Spezialisierung des elektromagnetischen Modelles einer Licht- quelle, welche den periodischen Wechsel des Dipols auf die Schwingungen des negativen Elektrons zurückführt, für die betreffenden Spektrallinien zutreffende Folgerungen ergibt. Die Messung des Abstandes der beiden Linien des Duplets gestattet es, wenn die magnetische Feldstärke bekannt ist, auf Grund von (60 d) die spezifische Ladung rj zu bestimmen. Auf diesem Wege findet A. Stettenheimer 57 ) den Wert (61) rj = 1,79 • 10 7 ; derselbe stimmt mit dem bei Kathodenstrahlen erhaltenen (vgl. § 2, Gl. 9) so gut überein, als es bei der Schwierigkeit dieser Messungen zu erwarten ist. Übrigens hat sich auch die Forderung der Theorie, daß der Abstand der Komponenten des Duplets, in der Skala der Frequenzen gemessen, für alle Linien bei gegebenem magne- tischem Felde der gleiche, und der magnetischen Feldstärke proportional ist, in den Fällen bestätigt, wo überhaupt die ein- fache Zerlegung in ein Duplet gefunden wurde. Was wird nun ein Beobachter wahrnehmen, der das senk- recht zu den Magnetkraftlinien ausgestrahlte Licht spektral zerlegt? Er wird nach § 9 die Projektion der Schwingung auf eine zur Blickrichtung senkrechte, also den magnetischen Kraftlinien des Feldes parallele Ebene beobachten. In der Projektion ergeben aber die beiden zirkulären Schwingungen geradlinige Schwingungen von den Frequenzen v' und v", senkrecht zu den Kraftlinien. Hierzu tritt nun noch die Schwingung p 9 parallel den Kraftlinien, deren Frequenz die- jenige der ursprünglichen Spektrallinie ist. Der Beobachter wird also ein Triplet von Linien wahrnehmen; in den beiden §10. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktiadung. 77 äußeren Linien finden die elektrischen Schwingungen senkrecht zu den magnetischen Kraftlinien des äußeren Feldes statt; diese sind also geradlinig parallel den Kraftlinien polarisiert. Die innere Linie hingegen ist senkrecht zu den magnetischen Kraftlinien polarisiert; in ihr finden die Schwin- gungen des elektrischen Vektors parallel den Kraft- linien des Magnetfeldes statt, in dem sich die Flamme be- findet. Auch diese Beschreibung des „transversalen Zeeman- Effektes" entspricht, bei den meisten Spektrallinien, der Be- obachtung. Diese einfache Form weist die Veränderung der Spektral- linien im magnetischen Felde jedoch keineswegs in allen Fällen auf. Manche Spektrallinien, z. B. die gelben Natriumlinien D x und D 2 , teilen sich, anstatt in drei, in vier oder in sechs Linien; gewisse Linien des Quecksilberspektrums weisen, bei Beobachtung senkrecht zu den magnetischen Kraftlinien, sogar eine Teilung in neun Linien auf. Wie die sorgfältigen Unter- suchungen von C. Runge und F. Paschen 50 ) ergeben haben, sind es gerade die Serienlinien, die solche anomalen Zeeman- Effekte zeigen.. Diese Untersuchungen haben sehr bemerkens- werte Gesetzmäßigkeiten festgestellt. Alle Linien einer und derselben Serie weisen die gleiche Zerlegung im magnetischen Felde auf, sowohl was die Zahl, als auch was den in der Skala der Frequenzen gemessenen Abstand der getrennten Linien an- belangt. Ja sogar die Linien verschiedener Elemente, die einer und derselben Gruppe des Mendelejeffschen Systemes angehören, besitzen meist den gleichen Zeeman- Effekt, wenn sie ent- sprechenden Serien angehören. Der Zeeman - Effekt ist ein charakteristisches Merkmal für die betreffende Serie; er hat es in einigen Fällen ermöglicht, bis dahin noch nicht in Serien eingeordneten Linien ihren richtigen Platz anzuweisen. Das in den beiden letzten Paragraphen entwickelte ein- fache Modell eines leuchtenden Moleküles erweist sich, wie wir sehen, gerade für die Serienlinien als unzulänglich, da diese Linien meist anomale Zeeman-Effekte zeigen. In der Tat konnten wir das Bild eines einzelnen, unter dem Einflüsse einer quasi- 78 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 10. elastischen Kraft um eine stabile Gleichgewichtslage schwingen- den Elektrons nur als eine provisorische Arbeitshypothese be- trachten. Es ist merkwürdig genug, daß dieses Bild wenigstens für die isolierten Linien von der Beobachtung bestätigt wird. Es ist bisher noch nicht gelungen, die anomalen Zeeman-Effekte vom Standpunkte der Elektronentheorie aus in befriedigender Weise zu deuten. Die von C. Runge und F. Paschen entdeckten Gesetzmäßigkeiten lassen vermuten, daß eine befriedigende Er- klärung nur in Verbindung mit der Theorie der Spektralserien möglich sein wird. Jenes einfache elektrische Modell eines Moleküles oder Atomes wird dabei zweifellos durch ein kompli- zierteres zu ersetzen sein. Da unsere Kenntnisse der elektrischen Struktur der Atome und Moleküle der Materie nur gering sind, so ist dabei der Hypothesenbildung ziemlich freies Spiel gelassen. Andererseits sind die von Balmer, Kayser und Runge, Rydberg und Ritz für die Wellenlängen der Spektralserien aufgestellten Formeln so genau gültig, daß sie ein recht scharfes Kriterium für die Zulässigkeit einer derartigen Hypothese bilden. Die Deutung jener Spektralformeln, welche gleichzeitig die Theorie der anomalen Zeeruan-EfFekte der Serienlinien ergeben müßte, ist wohl die wichtigste und die schwierigste Aufgabe der elektro- magnetischen Lichttheorie. Daß die Elektronentheorie nicht ganz auf der falschen Fährte ist, zeigt der Umstand, daß hinsichtlich der Polarisation die anomalen Zeeman-Effekte den normalen ähnlich sind. So weisen z. B. von den neun Linien, in welche gewisse Linien des Quecksilbers im magnetischen Felde sich spalten, die drei inneren dieselbe Polarisation auf wie die innere Linie des einfachen Triplets, während die äußeren Linien eben- so polarisiert sind wie die äußeren Linien des Triplets bzw. Duplets, nämlich bei Strahlung senkrecht zum magnetischen Felde geradlinig parallel den Kraftlinien, bei Strahlung parallel dem magnetischen Felde zirkulär. Auch sind die Größenordnung der Linienabstände und der Sinn der Zirkularpolarisation die- selben wie bei dem einfachen Duplet und Triplet. Das läßt vermuten, daß auch hier die negative Elektronen in Bewegung begriffen sind, freilich unter weniger einfachen Bedingungen. § 11. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 79 Bei der Strahlung der Banden Spektren ist es bisher nicht gelungen, einen Zeeman-Effekt des magnetischen Feldes nach- zuweisen. Man kann im Zweifel sein, ob dieses Licht von Elektronen ausgesandt wird, die mit Atomen der wägbaren Materie verkoppelt sind, oder ob es den Schwingungen der positiven Elektronen seinen Ursprung verdankt. Es ist viel- leicht nicht ganz ausgeschlossen, daß es mit Hilfe einer ver- feinerten optischen Technik einst gelingen wird, über diese Frage Auskunft zu erhalten. ' §11. Die elektromagnetischen Potentiale einer bewegten. Punktladung. In § 9 haben wir bei der Berechnung des Hertzschen Vektors für eine schwingende Punktladung uns gewisse Ver- nachlässigungen gestattet. Wir haben angenommen, daß die Bewegung der Ladung auf einen Bereich sich erstreckt, dessen Abmessungen klein gegen die Entferung der Punktladung vom Aufpunkte sind. Sodann haben wir die Geschwindigkeit der bewegten Ladung als klein gegen die Lichtgeschwindigkeit an- gesehen. Diese Voraussetzungen wollen wir jetzt fallen lassen. Wir betrachten ein Elektron, welches sich beliebig im Räume bewegen kann; seine Geschwindigkeit soll zunächst beliebig groß angenommen werden. Wir lassen indessen auch jetzt noch die Größe und Gestalt de& Elektrons unberücksichtigt, indem wir dasselbe wie eine Punkt- ladung behandeln. Wie wir bereits früher erwähnten, ist es vom Standpunkte der Nahewirkungstheorie aus undenkbar, daß eine endliche Elektrizitätsmenge auf einen mathematischen Punkt zusammengedrängt wird, da dieses einen unendlichen Wert der Feldenergie ergeben würde. Wir werden diese Bemerkung" später bestätigt finden und werden der Dynamik des Elektrons bestimmte Annahmen über seine Form und Bewegungsfreiheit zugrunde legen. Immerhin werden sich die Abmessungen des Elektrons so gering — von der Ordnung 10~ 18 cm — ergeben, daß es für manche Zwecke ausreichend ist, das Elektron als Punktladung zu betrachten. Das wird selbstverständlich nur 80 Erster Abschnitt. Feld nnd Bewegung einzelner Elektronen. § 11. für solche Aufpunkte erlaubt sein, deren Abstand vom Elektron groß gegen dessen Abmessungen ist. Dieser Bedingung ge- nügen jedenfalls die in der Wellenzone gelegenen Aufpunkte. Daher werden wir die Formeln dieses Paragraphen insbesondere zur Ermittelung der von einem rasch bewegten Elektron ent- sandten Wellenstrahlung verwerten können. Wir werden so der in § 9 entwickelten Theorie der ruhenden Lichtquelle eine Theorie der bewegten Lichtquelle an die Seite stellen und werden andererseits gewisse Konsequenzen der Stokes- Wiechertschen Hypothese entwickeln, welche die Röntgen- strahlen als die beim Aufprall der Kathodenstrahlen auf die Antikathode entsandte Wellenstrahlung anspricht. Die Polge- rungen sind gerade dadurch bemerkenswert, daß sie sich auf den Grenzfall eines Elektrons von verschwindenden Abmessungen beziehen. Welche Voraussetzungen man auch über die Gestalt des Elektrons machen möge, beim Grenzübergang zu ver- schwindend kleinen Abmessungen muß sich stets dasselbe Re- sultat ergeben. Freilich ist dieser Grenzübergang, wie wir sehen werden, nicht immer erlaubt. In allen Fällen jedoch, in denen er erlaubt ist, sind die Ergebnisse als Folgerungen derjenigen Grundhypothesen der Elektronentheorie allein anzusehen, die in den Grundgleichungen (I) bis (V) formuliert sind. Wir bestimmen die elektromagnetischen Potentiale der Punktladung auf Grund der allgemeinen Formeln (50, 50 a). Wir denken uns eine Elektrizitätsmenge e 7 die einen gewissen end- lichen Bereich erfüllt. Die Entfernung des Aufpunktes P soll groß sein gegen die Abmessungen jenes Bereiches. Wir erinnern uns der Deutung mit Hilfe der auf den Aufpunkt hin sich mit Lichtgeschwindigkeit kontrahierenden Kugel, durch die wir die Formeln (51) und (51a) erläuterten. Für unseren Aufpunkt P ist der Radius X der Kugel groß gegen die Ab- messungen der Flächenstücke f, in denen sie das bewegte Elektron schneidet; es sind mithin diese Flächenstücke mit genügender Annäherung als eben zu betrachten; durch diese Ebenen wird das Elektron in dünne Scheiben von der Höhe dh zerschnitten; die einzelne Scheibe enthält die Elektrizitätsmenge fgdh = de. §11. Zweites Kapitel. Wellenetrahlung einer bewegten Pnnktladnng. 81 Nun bezieht sich die Integration in (50) nicht auf die Volumelemente des bewegten Elektrons, sondern auf die jeweils von Elektrizität erfüllten Volumelemente des Baumes. Will man den Beitrag kdkdwQ — dfQ-r- berechnen, den die Elektrizitätsmenge de der einzelnen Scheibe zu dem Werte von <5 im Aufpunkte beisteuert, so muß man den Abstand dX der beiden Lagen der sich kontrahierenden Kugel berechnen, wo diese in die elektrizitätserfüllte Scheibe eintritt bzw. aus dieser austritt; dieser Abstand ist im Räume, nicht im bewegten Elektron gemessen zu denken. Es ist aber nicht schwer, dk zu berechnen. Setzen wir dl «— cdx , so ist dx die Zeit, während deren die mit der Geschwindig- keit e durch den Baum eilende Flache über die Scheibe von der Höhe dh hinwegstreicht. Diese Zeit berechnet sich als Quotient aus der Höhe dh und der dieser Höhe parallelen Komponenten der Belatiygeschwindigkeit der bewegten Fläche und der bewegten Scheibe. Die Kugel bewegt sich mit Licht- geschwindigkeit senkrecht zu der Grundfläche der Scheibe, während die Geschwindigkeit der Scheibe durch die Geschwin- digkeit H des Elektrons sich bestimmt; und zwar ist die Komponente von H in Richtung nach dem Mittelpunkte der Kugel, d. h. in Richtung des vom Elektron nach dem Aufpunkte hin gezogenen Radiusvektor t zu nehmen. Folglich ist die entsprechende Komponente der Relativgeschwindigkeit von Kugel und Scheibe gleich c — H r . Es ist also die Zeit dt, während deren die Kugel die Scheibe überstreicht: dt — r- , c — ti 7 r und daher (62) dk - cdx dh * 1 r - c Abraham, Theorie der Elektrizität. II. 2. Aufl. 6 y 82 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 11. Wir haben soeben stillschweigend angenommen, daß c>H r ist. d. h. daß das Elektron von der sich kontrahierenden Kugel überholt wird. Bewegt sich hingegen das Elektron mit Über- lichtgeschwindigkeit, so kann der Fall eintreten, daß es, die kontrahierende Kugel überholend, von außen nach innen durch dieselbe hindurchtritt. In diesem Falle ist die Relativgeschwin- digkeit to r — c, und es ist (62a) dl - j^— _t_ l c zu setzen. Allgemein ist zu schreiben (62b) dl - dh C Doch wollen wir zunächst [ Ö < c annehmen und an (62) die weitere Betrachtung anknüpfen. Wir erhalten als Beitrag unserer Scheibe zum skalaren elektromagnetischen Potential im Aufpunkte ,/. dX dfQdh 1 de (62c) d "-T-—x ('-*) <-9 Es bleibt nur die Integration über die einzelnen Scheiben übrig. Da der Abstand r des Aufpunktes als groß gegen die Abmessungen des Elektrons angesehen wurde, so ist er bei der Integration konstant zu halten. Die Integration ist daher ohne weiteres auszuführen, falls es auch erlaubt ist, b als konstant anzusehen für diejenige Zeit, während deren die Kugel über das Elektron hinwegstreicht. Sie ergibt in diesem Falle (63) 0> = als Wert des skalaren elektromagnetischen Potentiales für Bewegung mit Unterlichtgeschwindigkeit. In dem Grenzfalle einer Punktladung ist es natürlich ohne weiteres gestattet, M -), ebenso wie r, bei der Inte- V § 11. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 83 gration über das Elektron als konstant anzusehen. Da wir indessen diesen Grenzfall nicht als streng verwirklicht be- trachten, so bedeutet die Konstantsetzung dieser Größen eine gewisse Einschränkung des Gültigkeitsbereiches der Formel (63). Erstens ist diese Formel, wie schon erwähnt, nur auf solche Aufpunkte anzuwenden, deren Abstand vom Elektron groß gegen die Abmessungen des Elektrons ist. Schließen wir das Elektron in eine Eugel vom Radius a ein, so muß (63 a) r groß gegen a sein. Zweitens aber muß, damit die Veränderung von — in c der Zeit _ , während deren die Kugel über das Elektron hinwegstreicht, für keinen der Aufpunkte in Betracht kommt, (63b) i(i-TFl) klein gegen * sein (6 stellt den Beschleunigungsvektor dar). Nur dann, wenn die Abmessungen des Elektrons so klein, die Beschleunigung so gering und die Ge- schwindigkeit von der Lichtgeschwindigkeit so ent- fernt ist, daß die Bedingungen (63a) und (63b) erfüllt sind, ist es gestattet, das Elektron durch eine Punkt- ladung zu ersetzen. Sind diese Bedingungen erfüllt, so läßt sich die Berech- nung des Vektorpotentiales nach der Formel (50 a) in ent- sprechender Weise durchführen. Es tritt nur an die Stelle ii des Skalars q der durch (10) bestimmte Vektor q— Schließen wir Rotationen des Elektrons aus, so ist der Beitrag jeder einzelnen Scheibe zum Vektorpotential de — c (-*) Ist nun die Bedingung (63b) erfüllt, so ist auch die Änderung, welche — beim Hinwegstreichen der mit Licht- geschwindigkeit bewegten Kugel über das Elektron erfährt, 6* 84 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 11. zu vernachlässigen, und es führt die Integration über die einzelnen Scheiben ohne weiteres zum Ausdruck (64) « - ei K'-t') des elektromagnetischen Vektorpotentiales. Die Formeln (63) und (64) für die elektromagnetischen Potentiale einer bewegten Punktladung sind von A. Lienard 88 ) und E. Wiechert 67 ) abgeleitet worden. Infolge der geringen Abmessungen des Elektrons erweisen sie sich auch für ziemlich beträchtliche Beschleunigungen und bis unmittelbar an die Lichtgeschwindigkeit heran als gültig. Der Fall unstetiger Bewegung des Elektrons hingegen sowie der Fall einer be- schleunigten Bewegung mit Lichtgeschwindigkeit liegen nicht in ihrem Gültigkeitsbereiche, weil hier die Bedingung (63b) nicht mehr erfüllt ist. Auch ungleichförmige Bewegungen mit Überlichtgeschwindigkeit dürfen nicht auf Grund dieser Formeln behandelt werden, weil es bei solchen Bewegungen immer Auf- punkte gibt, wo e — to r = c | H | cos (to, r) gleich Null wird; auf solche Aufpunkte hin eilt die kontrahierende Kugel mit derselben Geschwindigkeit wie das Elektron, so daß H bei der Integration über das Elektron nicht als konstant angesehen werden darf. Auch die Anwendung auf gleichförmige Be- wegung mit Überlichtgeschwindigkeit gibt sich dadurch als unzulässig kund, daß es Aufpunkte gibt, für welche der Nenner in (63) bzw. (64) verschwindet. In solchen Aufpunkten drängen sich, da die kontrahierende Kugel stets die mit Überlicht- geschwindigkeit bewegte Punktladung durchschneidet, die zu allen vorangegangenen Zeiten entsandten Beiträge zusammen; daher rührt das Unendlich werden der Ausdrücke (63) und (64). Dasselbe fällt fort, wenn man die Elektrizität des Elektrons auf ein Volum von endlichen, wenn auch geringen, Abmessungen verteilt annimmt. Es ist demnach für den Fall der Licht- geschwindigkeit und der Überlichtgeschwindigkeit der Grenzübergang zur Punktladung unzulässig. Die Anwendung der Formeln (63) und (64) zur Ermittelung des §11. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 85 Feldes eines bewegten Elektrons ist auf somit Bewegungen mit Unterlichtgeschwindigkeit einzuschränken. Aus der Ableitung dieser Formeln geht hervor, daß i bzw. H Radiusvektor vom Elektron nach dem Aufpunkt und Geschwindigkeit des Elektrons zu der Zeit f bedeuten, als die mit Lichtgeschwindigkeit c sich kontrahierende Eugel über das Elektron fortstrich. Diese Zeit (64a) f-t- c bestimmt sich für einen jeden Aufpunkt, wenn die Bewegung des Elektrons gegeben ist; denn r ist dadurch als Funktion von t' gegeben. Falls, wie weiterhin angenommen wird, die Geschwindigkeit des Elektrons kleiner als c ist, so kann die Eugel das Elektron immer nur ein einziges Mal schneiden. Es ordnet sich mithin für einen gegebenen Aufpunkt P der Zeit t des Eintreffens der Störung die Zeit t' des Entsendens in eindeutiger Weise zu. Da offenbar (64b) % K ist, so folgt aus (64 a) dt' dt' c oder i-- Man kann daher die Formeln (63) und (64) auch fol- gendermaßen schreiben: , e dt' CD = v r dt - e (66 c) « e t* als die elektromagnetischen Potentiale der gleich- förmig bewegten Punktladung. Wie man sieht, hängt ihr Wert zur Zeit t nur ab von der Lage des Aufpunktes, bezogen auf die gleichzeitige Lage des Elektrons und auf die Bewegungsrichtung. Führen wir Koordinaten X, Y, Z ein, mit E als Koordinatenursprung und der Bewegungsrichtung als X-Achse, so gilt (67) 0-1 «,-■£ * y = «, = 0, wenn (67 a) s =RVl- ß*sm*rl> =yx* + {\ - ß*)(Y* + Z*) gesetzt wird. Bezogen auf ein mit dem Elektron mitbewegtes Bezugs- system, sind die elektromagnetischen Potentiale, und mithin die Felder des elektrischen und des magnetischen Vektors, von der Zeit unabhängig. Indem wir das mit dem Elektron translatorisch bewegte Bezugssystem zugrunde legen, können wir das elektromagnetische Feld aus (28), (29) ohne weiteres ableiten. Wir haben nur zu beachten, daß die vom bewegten Bezugssystem aus beurteilte zeitliche Änderung des Vektors Ä (vgl. Bd. I, Gl. 116, S. 116) it-tS- + 0*>«-° ist. Daraus folgt 1 £«* J%* . x f\ c dt ~ p "dX " 88 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 12. Es ergibt daher (29) (67 b) dx az 5 nach Ausführung der Differentiationen folgt (67c) « x = (l-^) e -|, ^ = (1_^)^ e, = (l-^)^; 8' S J oder, in vektorieller Schreibweise (67 d) « = (!-/*')£ Der elektrische Vektor weist parallel dem von der jeweiligen Lage des Elektrons aus konstruierten Radiusvektor K. Andererseits ergibt sich aus (28) für die Komponenten des magnetischen Vektors: (67 e) er« y dZ dz oder, vektoriell geschrieben (61t) 0_i[ g «]-äz£V[ gR ]. Der magnetische Vektor steht senkrecht auf der Bewegungsrichtung des Elektrons und auf dem Radius- vektor ». Das durch (67 d, f) bestimmte Feld führt die Punkt- ladung bei ihrer Bewegung mit. Das elektromagnetische Feld einer gleichförmig bewegten Punktladung ist zuerst von 0. Heaviside 15 ) angegeben worden. Es entspricht dem Felde eines gleichförmig bewegten Elektrons in Entfernungen, die groß gegen die Abmessungen des Elek- trons sind. § 12. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladtmg. 89 Wir berechnen noch den durch die Grundgleichung (V) bestimmten Vektor §-« + ![*$]; derselbe gibt die elektromagnetische Kraft an, welche auf die Einheit der mitbewegten Ladung wirkt. Es ist nach (67 b, e) ».-«. =-(W)f*-, *,-«,-/»*.--(i-/* , )f-J, *.-«. + M f — (i -/»■)§-?, oder, vektoriell geschrieben (68) $ = _V 5H-*-7<»') + 7)?i- Der Gradient von s hingegen ist Vs = Vr — -V(ur\ c v ' Wie bei der Berechnung des Gradienten von r, so ist auch bei der Berechnung des Gradienten des skalaren Produktes (**) — «*„ + ?*, + **. zu beachten, daß nicht nur der Aufpunkt verschoben wird, sondern daß dem verschobenen Aufpunkte sich, gemäß (70), 94 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 13. ein anderer Ort der Punktladung zuordnet. Die ^-Komponente des bei festgehaltener Punktladung genommenen Gradienten von (tot) ist 3(M) _ Es ist demnach der erste Bestandteil des Gradienten gleich U. Der zweite, infolge der Verrückung der Punktladung hinzu- tretende Bestandteil ist Es wird demnach, gemäß (70b)£j V(»r)-»-J{(!r)-*}|J. Mit Rücksicht auf (70 c) folgt endlich als Gradient von s: (7ia) Vs = ri {i+^(»r)-;;;}^ n f i dt' ^ c Was die partiellen Differentialquotienten von ö nach t, x } y, js anbelangt, so gilt, da t) nur von t' abhängt, nach (69 d) In entsprechender Weise gilt z. B. dy * dy J dz v dz Daher ist die ^-Komponente von curlH Entsprechende Ausdrücke gelten für die übrigen Komponenten; wir fassen sie, Gleichung (70b) berücksichtigend, zu der Vektor- gleichung zusammen: (71c) onrU-ltirJ^. Wir haben jetzt die Mittel gewonnen, um auf Grund der Formeln (28, 29): §13. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 95 ™ v ^ c dt> g — curl «, aus (69) das elektromagnetische Feld abzuleiten. Wir erhalten ^ — s 2 V5 w ,r ~0t~ h « i c i 0i' Nach (71a) ist hier zu setzen *'+55?->i»+j •— i6S) , +?N-4i-{'-"+>))e9'« dabei ist, abkürzungsweise, (72a) ^ = 5 gesetzt worden. Der magnetische Vektor hingegen wird, nach Regel (%) in Bd. I, S. 453. Hierin sind die Ausdrücke (71c) und (71a) einzutragen, und es ist wieder, nach (70a), s durch r und (-^2) auszudrücken. Dann folgt, als Ausdruck des magnetischen Vektors, (73) • = £ [»tj ($• + £ [.«j j 1 - ? + $ d») } (£)'• Die Formeln (72) und (73) stellen das elektro- magnetische Feld einer beliebig bewegten Punkt- 96 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 18. ladung dar. Die elektrische Feldstärke setzt sieh aus zwei Vektoren zusammen. Der erste Vektor ist der Beschleunigung der Punktladung zur Zeit t' entgegengerichtet. Der zweite Vektor ist parallel zu (73a) H_ r j ri _!} =r _»^. Um diesen Vektor geometrisch zu interpretieren, gehen wir auf die Abbildung 2 des vorletzten Paragraphen zurück. Wir. haben es hier allerdings nicht wie dort mit gleich- formiger, sondern mit ungleichförmiger Bewegung r zu tun. Betrachten wir indessen, statt der wirklichen Bewegung, eine solche, die gleichförmig mit der Geschwindigkeit H erfolgt, welche die Punktladung gerade zur Zeit t' des Entsendens (im Punkte E') besaß, so wird sie während der Latenszeit — c T die Strecke E'E = t) • — beschreiben. 8t wird dann der Vektor c EP der Figur 2, der von dem gleichzeitigen Orte des Elektrons nach dem Aufpunkte hin gezogen ist. Diesem Radiusvektor parallel weist der zweite Bestandteil des elektrischen Vektors. Bei einer wirklich gleichförmigen Bewegung geht er in (67 d) über. Den magnetischen Vektor können wir in der Form schreiben: (73b) $-[*i«]; derselbe steht mithin senkrecht auf dem vom Orte des Ent- sendens E' nach dem Aufpunkte hin gezogenen Radiusvektor, und auf dem elektrischen Vektor. Wir sind nunmehr in der Lage, den allgemeinen Aus- druck der elektromagnetischen Kraft anzugeben, welche die Punktladung e auf eine zweite, zur Zeit t den Aufpunkt P mit der Geschwindigkeit ö' passierende Punktladung e ausübt. Diese Kraft ist, der Grundgleichung (V) gemäß, Durch Einführung von (73b) erhalten wir e'&-«'{« + ![>'r»i«]]} § 13. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladrtng. 97 und erkennen, daß die Kraft in der Ebene der Vektoren t t und d liegt. Nach Regel (d) in Bd. I, S. 452 können wir auch schreiben (73c) c'5 = e' {«(l - ^) + ^ (»'«)}• Wir können diese Kraft mit K. Schwarzschild 51 ) als „ele- mentare elektrodynamische Kraft" bezeichnen. Dieselbe hängt ab von Geschwindigkeit und Beschleunigung der Ladung e zur Zeit des Entsendens und von der Geschwindigkeit der Ladung e\ auf welche die Kraft wirkt, zur Zeit des Eintreffens der Erregung. In der Fernwirkungstheorie der Elektrodynamik stellte man ein Elementargesetz für die Wechselwirkung zweier elek- trischer Ladungen an die Spitze und suchte auf dieses die ganze Theorie zu begründen. Wir haben, den Vorstellungen der Maxwellschen Theorie gemäß, die einfache und exakte Grund- lage der Elektrodynamik in den Differentialgleichungen des elektromagnetischen Feldes gesehen. Als entfernte Folgerung jener Grundgleichungen hat sich nunmehr ein Elementargesetz für die Wechselwirkung zweier Elektronen ergeben; dasselbe ist indessen weder einfach noch in Strenge gültig. Wissen wir doch, daß das wirkende Elektron nur dann als Punkt- ladung betrachtet werden darf, wenn die Bedingungen (63 a) und (63 b) erfüllt sind. Nur in dem durch diese Bedingungen eingeschränkten Gültigkeitsbereiche wird man mit dem Ele- mentargesetze (73 c) operieren dürfen. Innerhalb dieses Be- reiches kann man, wenn die Bewegung des ersten Elektrons vorgegeben ist, aus Gleichung (70) für jeden Ort des zweiten Elektrons die zugehörige Zeit t' des Entsendens, und aus (73 c) die zur Zeit t auf das zweite Elektron ausgeübte Kraft er- mitteln. Um aber die Rückwirkung auf das erste Elektron berechnen zu können, muß man die Beschleunigung kennen, welche diese Kraft dem zweiten Elektron erteilt; hierfür reichen jedoch die bisherigen Entwickelungen keineswegs aus. Viel- mehr werden wir zur Berechnung der Bewegung eines Elek- trons bei gegebener Kraft erst im nächsten Kapitel die Hilfs- Abraham, Theorie der Elektrizität. IL 2. Aufl. 7 98 -Erster Abschnitt. Feld xmd Bewegung einzelner Elektronen. § 18. mittel 'gewinnen. Bort werden wir auf die Orundgleiehungen (I) bis (V) zurückgehen, und in einfachen Fällen näherangeweiee gültige Lösungen derselben ermitteln. Solange uns die Lösung des „Einelektronproblemes" noch unbekannt ist, kann uns «das Gesetz der elementaren elektrodynamischen Kraft; nur von ge- ringem Nutzen sein. Es bestimmt zwar die Kraft, aber nicht die Bewegung-, weiche sich die beiden Elektronen gegenseitig mitteilen; es führt nicht einmal zur Aufstellung der Differeniäal- gleichungen des ^weielektronenproblemefi^. Wir kehren zurück zu den Formeln für das elektro- magnetische Feld. Nach (73 b) ist »* j — [*i [*i «]] = «- ti («i «) . Da nun nach (72) sich ergibt so folgt, mit Rücksicht auf (70a): fc«)_£(i_0«)(!gY und somit (73 d) «»[^l + ^Cl-^g^) 2 , >eine Formel, die der Formel (73 b) als Gegenstück gegenübertritt.- in der Wellenzone, wo die Feldstärken umgekehrt pro- portional der Entfernung r abnehmen, vereinfachen «ich die Ausdrücke (72,73) der Vektoren «, #. Es wird Berücksichtigen wir, daß nach (70 a) c c und daß daher (r„.,-|)-l-^ = l:Q § 13. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung «ner bewegten PunktladuBg. -99 ißt, so erkalten wir e /dt'\* '-MWU''-'^-^»''-') oder, nach Regel (d) in Bd. I, S. 452 (74) •-£69' '■['.-!.'] Dabei ist (74 a) 1 /» wo K den durch (73 a) definierten und oben geometrisch ge- deuteten Vektor vorstellt. In der Wellenzone steht, nach (74), der elektrische Vektor senkrecht auf dem Radius- vektor t, der von dem Orte des Ents,endens aus kon- struiert ist. Er liegt in der Ebene der Vektoren ft und i. Die Formel (73 d) geht in der Wellenzone über in (74b) «-»*i]; da andererseits allgemein (73b) gilt, so folgt: in der Wellen- zone stellen indem wir mit ß das Verhältnis der Geschwindigkeit |t)| des leuchtenden Punktes zur Lichtgeschwindigkeit bezeichnen und mit (p den Winkel, den zur Zeit (f) des Entsendens der Ge- schwindigkeitsvektor t) mit dem nach dem Aufpunkte hin gezogenen Radiusvektor r einschloß. Das in dem Zeit- elemente dtf von dem bewegten leuchtenden Punkte entsandte Licht passiert den ruhenden Punkt P in dem durch (75) bestimmten Zeitelement dt. Die Gleichung (75) stellt die allgemeine Passung des so- genannten „Dopplerschen Prinzipes" für eine bewegte Lichtquelle dar. Wir gelangen zu der gewöhnlichen Fassung dieses Prinzipes, indem wi* die Gleichung auf deti Fall perio- discher Schwingungen des lichtentsendenden Dipols anwenden; wir bezeichnen mit r', v Schwingungsdauer und Frequenz der Schwingungen des Dipols, mit t, v hingegen diejenige Schwin- gungsdauer und Frequenz, welche der ruhende Beobachter in P wahrnimmt. Erfolgt die translatorische Bewegung des leuchtenden Punktes während einer Schwingung merklich gleichförmig und geradlinig, so gilt die Beziehung (75), welche die Zeitelemente des Entsendens mit denen des Auf- fangens verknüpft, auch für die gesamte Dauer der in der Lichtquelle bzw. in dein ruhenden Aufpunkte P stattfindenden Schwingungen; es wird (75a) *' = *= — * , v y x v 1 — p cos qp 7 §14. Zweites KapiteL Weflenstrahhmg einer bewegten Punktladung. 103 und das ist eben die gewöhnliche Fassung des Dopplerschen Prinzipes: Die Schwingungsdauer r der wahrgenom- menen Schwingungen wird verkleinert, wenn der leuchtende Punkt dem Beobachter sich nähert (qp ein spitzer Winkel), sie wird vergrößert, wenn der leuch- tende Punkt sich vom Beobachter entfernt (qp ein stumpfer Winkel). Bei Annäherung der bewegten Lichtquelle werden demnach alle Spektrallinien nach der violetten, bei Entfernung nach der roten Seite des Spektrums verschoben. Das gilt, wenn der Beobachter ruht. Bewegt er sich dagegen mit der Geschwindigkeit **, so braucht die Welle, die in der Zeit dt den rahenden Punkt P passiert, die Zeit (75b) dt* = ^ = r _-^, um über den bewegten Punkt hinwegzustreichen. Es gilt folglich ,„k s dt* 1 — ßcOBlp t' ÖC J W~ l-ß*COB -"-£/*•*«•£• In (76) und (77) ist unter ist dabei die konstante Geschwindigkeit des leuchtenden Punktes zu verstehen, unter i die Beschleunigung des schwingenden negativen Elektrons. Es ist zu betonen, daß die obigen Einschränkungen sich nur auf die Anwendung beziehen, die wir von unseren Formeln machen. Handelt es sich um die Energie und Bewegungsgröße, die von einem einzelnen beschleunigten Elektron ausgesandt werden, so sind unsere Formeln in dem Bereiche gültig, den wir bereits in § 11 umgrenzten; D und 6 stellen dann die Geschwindigkeit und die Beschleunigung dar, welche dem Elektron zur Zeit t' des Ent- sendens erteilt wurden. Nur die Anwendung auf die Theorie des bewegten schwingenden Dipols gründet sich auf die er- wähnte vereinfachende Annahme, daß der periodische Teil von D klein ist gegen den konstanten, die Translationsgeschwindigkeit des Dipols darstellenden Teil. Nach Regel (d) in Bd. I, S. 452 ist [ri[ti-7,*]]-{t 1 --J}(iO-*(l-/»coB 9 ). Berücksichtigt man nun, daß (77c) ( ri _i) , _!£_i + 0i_2/Jooe 9 >, so erhält man ( 77d ) 6 '-rV(i4^l i,(I -f co.*)«-(»0»(l -ß>) + 4(ft»)(*«,)(l-0ooB,p)}, wobei übrigens, nach (74 c), durch 1 "57 ~"4^c*J (1— jJcosy)* für die ausgestrahlte Bewegungsgröße. II. Transversal schwingender Dipol. Hier gilt (Di) = und (6 t x ) 2 — Ä 2 sin 2 y cos 2 g, wenn £ den Winkel der Ebenen der Vektoren (U, A) :und (p, * t ) anzeigt,

+ 1 +i ^- e ' dt' *" 2c 8 \J(l+ßuY 2 J (1 + ßu) 6 (79f)-$-»|* -1 + 1 +1 l> / 'du(— u) __ 1-ß* rdu(—u)(l—u*) (1+ßu)* 2 J (1 + ßu) 6 l-i -l Zur Auswertung der Integrale schreitend, setzen' wir ab- kürzungsweise (80) x' - 1 - ß\ 112 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 14. Es gilt +1 /du __ 2 -1 daher + i +i fQt\a\ Cdu(-u) __ ^ f du _ 20 ' -i -i l i Ferner findet man leicht + i < 80b ) Jörfcp~*' - 1 und folglich + i +i C duu % Ji_&_ C äu 2(1 + 5(3') J {l+ßu)>- Z-±dß\J (1 + ßu)*- 3x 8 ' -l da außerdem /< ist, so wird schließlich + i du 2(1 -f/3 8 ) (l+/5w) Ä — x 8 + 1 /aorA fdu{\-u*) _ 4 -1 Andererseits ergibt sich aus (80 a): . + i +i / duu* £ d_ rdu(—u) 2(1 + 3(3») (1 + 0*)*- 3 dft/ (1 + 0t*) 8 ~ 3x 8 ' -1 -l und mit Rücksicht auf die leicht abzuleitende Beziehung: (l + /3w)* == 8x 6 ' /dtt _2(3 + j? 8 ) ( -l + 1 / 'du (1 — tp 4_ (l + 0t*) 4 ~3x< -l § 14. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 113 woraus endlich folgt: + 1 +i (80 d) Cdu(—u){l — u i )_ 1 d C dujl — u*) 4/3 -l -l Nach (79c,d) und (80c,d) wird die von longitudi- nalen Schwingungen des Dipols ausgestrahlte Energie und Bewegungsgröße: (81) - dWl - ***** a«e; dt' 3c 8 x ( 81a ) -;j*'=»w>- Aus (79e,f) hingegen, in Verbindung mit (80a bis d), folgt die von transversalen Schwingungen des Dipols aus- gestrahlte Energie und Bewegungsgröße: , ft1 ,v dW % 2eV d% 9 ^ 2 c 2 i 2 (81c) d*' v 3 c*x 4 Es ergibt sich also, bemerkenswerterweise, die Strahlung bei transversalen Schwingungen im Ver- hältnis K 2 = 1 — ß* kleiner als bei longitudinalen Schwingungen. Bei langsamer Bewegung, wenn /3 2 gegen 1 zu vernachlässigen ist, kommt natürlich dieser Unterschied nicht in Betracht. Alsdann gehen die Formeln (81) und (81b) in die Hertzsche Formel (55) für die Strahlung eines ruhenden Dipols über. Die Formeln (81a,c) zeigen an, daß der bewegte leuchtende Punkt fortgesetzt elektromagnetische Bewegungsgröße in den Baum hinaussendet, und zwar überwiegt die der Bewegungs- richtung parallele Komponente. Da nun die Summe der im ganzen Räume enthaltenen Bewegungsgröße, elektromagnetische und mechanische zusammen, den Ergebnissen des § 5 zufolge konstant sein muß, falls eine äußere Kraft an der Lichtquelle nicht angreift, so nimmt die Bewegungsgröße der Lichtquelle Abraham, Theorie der Elektrizität. IE. 2. Aufl. 8 114 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 14. selbst pro Sekunde um den entsprechenden Betrag ab, d. h. es übt die ausgesandte Strahlung eine Reaktionskraft auf den leuchtenden Punkt aus, welche der Bewegung ent- gegenwirkt. Dieselbe beträgt: s 2 e*6* (81d) Ä x = — H^--g— e für longitudinale Schwingungen, O #v (81e) Ä 2 = — &0--5-4 fifr transversale Schwingungen. ö O j» Dabei sind natürlich Mittelwerte über eine Schwingung zu nehmen. Wir kommen in § 49 auf die Bedeutung dieses Er- gebnisses zurück. Wir gehen jetzt zu dem allgemeinen Falle über, wo das negative Elektron in der Lichtquelle ganz beliebige Schwin- gungen ausführt, so daß i mit D einen ganz beliebigen, und auch im Verlaufe der Schwingungen periodisch wechselnden Winkel einschließt. Wir können dann setzen ö = 61 + 6 2 ^ wo Ö 1 zu t> parallel, Ö 2 zu Ö senkrecht ist. Führt man dieses in (77d) ein, so treten erstens Glieder auf, die zu i\ bzw. zu 6| proportional sind; diese führen zu den soeben berechneten Werten der von der longitudinalen Komponente bzw. von der transversalen Komponente ausgesandten Strahlung. Zweitens aber treten noch Glieder auf, die dem Produkte | A ^ | - 1 ö 8 1 pro- portional sind, nämlich -2(d 1 t 1 )(d 2 t 1 )(l-/3 2 ) = -2 cos

4 und &i I • ! *s I dm sin qp cos £ , a N üs^J (1 _ ß L 9) i(fi - c ° 8 y) 4jrc 4 ,/ (1 -— ßcos) 6 vr r; Setzt man hier wieder w — — cos qp, da> — = dud% y so ver- schwindet der erste Ausdruck ohne weiteres bei der Integration nach £. Die Komponenten des im zweiten GUiede angegebenen Vektors sind gesondert zu behandeln. Es sind die Kompo- nenten von t t : parallel zu t> gleich cos qp, parallel zu Ö 2 gleich sin

und i, so wird, nach (81) und (81b), die pro Sekunde ausgestrahlte Energie: wofür man, mit Rücksicht auf die Bedeutung (80) von k 2 , auch schreiben kann: 8* 116 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 14. ^82a) __=--,-„)l-^ sm ^)=- ? - 5 {tt»-- 1 [t,»]«), oder auch Ebenso kann, nach (81a,c), für die ausgestrahlte Be- wegungsgröße geschrieben werden: ( 83 ) "dF^i^R + ^r Diese vom Verfasser 1 ) 2 ) und unabhängig von 0. Heaviside 16 ) gefundenen Formeln bestimmen die Energie und den Impuls, die von einem beliebig bewegten Elektron ausgestrahlt werden, in allen denjenigen Fällen, in denen es als Punktladung be- trachtet werden darf. Bezüglich ihrer mechanischen Bückwirkung auf die be- wegte Lichtquelle kann die Strahlung durch die Kraft ersetzt werden <»■> "— is-{P+i welche im Mittel dieselbe Abnahme der Bewegungsgröße der Lichtquelle bedingt. Auf den Widerspruch gegen das erste Axiom der Newtonschen Mechanik, der hier hervortritt, kommen wir am Schlüsse dieses Buches zurück. Nach der in § 3 erwähnten Hypothese sind die Röntgen- strahlen nichts anderes als die Wellenstrahlung, welche beim Auftreffen der Kathodenstrahlen auf die Antikathode entsteht. Ist das Elektron bei seiner Hemmung oder Reflexion an der Antikathode immerhin so wenig beschleunigt, daß die Be- dingung (63 b) erfüllt ist, so kann die Energie der entsandten Röntgenstrahlen aus unserer Formel (82) berechnet werden. Falls die Deutung zutrifft, die von Haga und Wind 22 ) sowie von Sommerfeld 55 ) den in § 3 erwähnten Beugungsversuchen gegeben worden ist, ist die Impulsbreite der Röntgenstrahlen von der Ordnung 10 ~ 8 cm. Hiernach würde der Bereich, in § 15. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 117 welchem das Elektron eine Geschwindigkeitsänderung erfährt, von der Größenordnung des Radius der molekularen Wirkungs- sphäre sein. Nehmen wir nun an, das Elektron habe die Ge- schwindigkeit | li | = — c, und es werde auf einem Wege von 10" 8 cm, d. h. in der Zeit — • 10 " 8 Sekunde, seine Bewegungs- richtung umgekehrt, so ist die mittlere Beschleunigung gleich 2 2 — c 2 • 10 8 . Der Nenner in (63b) ist c(c — ■ | ti|) =» — c*, und a, der Radius des Elektrons, wird sich unten von der Größen- ordnung 10~ 18 ergeben. Der Bruch, der klein gegen 1 sein soll, ist hiernach auf 2 • 10 ~ 6 zu schätzen. Hieraus folgt, daß bei der Emission von Röntgenstrahlen der Impulsbreite 10 " 8 cm das Elektron noch als Punktladung betrachtet werden darf, und daß (82) die Energie der vom einzelnen Elektron ent- sandten Röntgenstrahlung bestimmt. Ist aber die Impulsbreite der Röntgenstrahlen wesentlich geringer, so nähert man sich dem von J. J. Thomson 61 ) an- genommenen Falle einer plötzlichen Hemmung des im Kathoden- strahle bewegten Elektrons. Wir kommen auf die Theorie dieses Falles, die aus dem Rahmen der auf der Annahme einer Punktladung beruhenden Entwickelungen dieses Kapitels heraus- fällt, weiter unten zurück (vgl. § 25). Den y-Strahlen des Radiums, deren Eigenschaften denjenigen besonders stark durchdringender Röntgenstrahlen ähnlich sind, kommt wohl eine noch geringere Impulsbreite zu als den Röntgenstrahlen; die Geschwindigkeitsänderungen der Elektronen, denen die y-Strahlen ihren Ursprung verdanken, erfolgen dann noch plötzlicher als diejenigen, die bei der Emission der Röntgenstrahlen stattfinden. § 15. Die Bückwirkung der Strahlung auf ein bewegtes Elektron. Wir stellen uns in diesem Paragraphen die Aufgabe, die Rückwirkung, welche die entsandte Wellenstrahlung auf das entsendende Elektron ausübt, in allgemeiner Weise zu ermitteln. 118 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. §15. Wir betrachten dabei eine Bewegung des Elektrons, deren Ge- schwindigkeit bis zur Zeit t[ gleichförmig und geradlinig war, sodann im Zeitintervalle von t[ bis ti nach Betrag und Richtung in beliebiger, aber stets in den Gültigkeitsbereich der Be- dingung (63 b) fallender Weise abgeändert wurde, und sodann von t% an wieder gleichförmig und geradlinig ist. In dem Zeitintervalle t[ < t' < ti wird das Elektron eine gewisse Energie und Bewegungsgröße in den Raum hinausgesandt haben. Die entsandte Energie ist, nach (82b) w h w . dt ' _ * il f dt * | i s . (? iL' } W »~ J df at - 8 c»J at \x* + c'x« J ' 1 1 und die entsandte Bewegungsgröße, nach (83) i i Dies ist die zeitliche Abnahme der Energie und Bewegungs- größe, welche das Elektron selbst, bzw. das von ihm mit- geführte elektromagnetische Feld, infolge der Strahlung er- fahren hat; die verlorene Energie und Bewegungsgröße findet sich in den entsandten Wellen wieder. Will man nun die Rückwirkung der Strahlung auf das Elektron durch eine Kraft Ä* zum Ausdruck bringen, so muß man diese Kraft so bestimmen, daß l 8 (84) fft»d*'=- ® 12 und i 2 L i ist, d. h. daß ihr Zeitintegral der ausgestrahlten Bewegungs- größe, ihr Wegintegral der ausgestrahlten Energie entgegen- gesetzt gleich ist. Die Reaktionskraft der Strahlung hat demnach die Gleichungen zu erfüllen § 16. Zweites Kapitel. Wellenetrahlung einer bewegten Punktladung. 119 l 2 8 (86) / ( ,«.)*. = -f£/V(> + ä£). 1 1 Das muß selbstverständlich auch dann gelten, wenn irgend- welche äußeren Kräfte die Bewegung des Elektrons beeinflussen; auch dann muß der Impuls der Kraft Ä* der gesamten Be- wegungsgröße, die Arbeit dieser Kraft der gesamten Energie der entsandten Wellen entgegengesetzt gleich sein. Es wird dann die Änderung der Bewegungsgröße und Energie des Elektrons durch die Reaktionskraft; der Strahlung, im Verein mit den sonst noch vorhandenen Kräften, bestimmt. In welcher Weise, das wird das nächste Kapitel lehren (vgl. § 23). Es kann auf den ersten Blick zweifelhaft erscheinen, ob es überhaupt möglich ist, beiden Gleichungen (85) und (86) durch einen und denselben Ausdruck der Reaktionskraft Ä* zu genügen. Um diesen Zweifel zu beseitigen, geben wir sofort einen Ausdruck an, von dem wir zeigen, daß er, unter den zugrunde gelegten Annahmen, den Gleichungen (85) und (86) Genüge leistet. Wir setzen ( 87 ) *'=j-:^+ c -^Kt»«)+^(«»ö)+Ä(«»ö) 8 )- Berücksichtigen wir, daß, nach (80), gilt ( 87a ) ir — -w 12 --; ?(*■)> so ergibt die partielle Integration der beiden ersten Glieder: 2 2 M-if.}:-/'<*^> i 2 [ *&?%{%%) = f *(**) }* C, , I tti» &(**) 4n(»ii) 8 | ,/ c 8 x 4 \ c*x 4 Ji J lc*x 4 c*x 4 *" c 4 x 6 I' 120 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 15. Berücksichtigen wir, daß bis zur Zeit t[ und von der Zeit ti an der Beschleunigungsvektor i gleich Null sein soll, so erhalten wir 1 1 Integriert man nun den Ausdruck (87) von ft* nach der Zeit, wie es (85) verlangt, und formt die ersten beiden Glieder in dieser Weise um, so ergibt die Vereinigung mit den letzten beiden Gliedern nichts anderes als die rechte Seite von (85). Es ist also diese Gleichung in der Tat erfüllt. Für die sekundliche Arbeit der Kraft Ä* folgt aus (87) (870 (•«•)-!f:#+ 5 ^}- Da nun die partielle Integration liefert 1 1 und da i an den Grenzen des Integrationsintervalles ver- schwindet, so ergibt das Zeitingral der Arbeit in der Tat den in (86) rechts stehenden Ausdruck. Die in (87) angegebene Kraft Ä* erfüllt alle Bedingungen, welche der Reak- tionskraft der Strahlung vorgeschrieben sind. Es fragt sich indessen, ob durch die angegebenen Be- dingungen (85) und (86) die Reaktionskraft der Strahlung über- haupt eindeutig bestimmt ist. Wir wollen auf den Nachweis der Eindeutigkeit nicht eingehen, sondern weiter unten in § 49 eine andere Ableitung des Ausdruckes (87) für die Rückwirkung der Strahlung geben. Wir betrachten einige spezielle Fälle. a) Gleichförmige Bewegung längs eines Kreises. Es ist (ti6) = 0; der Beschleunigungs vektor hat den Betrag n-in-i 1 , § 15. Zweites Kapitel. Wellenstrahlung einer bewegten Punktladung. 121 wenn R der Radius des Kreises ist. Seine Richtung dreht sich wie diejenige des Geschwindigkeitsvektors mit der Winkel- geschwindigkeit -^ • Man sieht ohne weiteres ein, daß $ ein zu i senkrechter Vektor vom Betrage ••i i*i ti , . .. B ' ' i B* ist; er weist in die entgegengesetzte Richtung wie ti, so daß man hat: ■--»'3F- Demnach ergibt (87) (88) *=-*.§£-4-, *>=1-^. Die Reaktionskraft ist der Bewegung entgegen- gerichtet; sie ist dem Quadrate des Kreisradius um- gekehrt proportional und steigt mit wachsender Ge- schwindigkeit an wie r tt-PV" Für die Arbeit der Reaktionskraft erhält man a s a iii was selbstverständlich mit (86) übereinstimmt. Die Überein- stimmung mit (85) ist nicht ohne weiteres ersichtlich. Sie wurde ja auch nur postuliert für eine Bewegung, die mit dem Werte Null von 6 beginnt und endigt, während dazwischen sich i stetig ändert. Es ist also, bevor das Elektron die Kreis- bewegung beginnt, und nachdem es dieselbe beendigt hat, je ein Intervall anzunehmen, in welchem 6 von Null in stetiger Weise zu seinem, der Kreisbewegung entsprechenden Werte übergeht und wieder zum Werte Null zurückkehrt. Für den Kreisbogen, zusammen mit diesen beiden Intervallen, ist, wie aus dem gegebenen Beweise folgt, das Zeitintegral der Reak- tionskraft durch (85) bestimmt. 122 -Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 15. Betrachten wir übrigens zwei Bewegungen, die um einen ganzen Umlauf voneinander verschieden sind, bei denen aber die Überführung in die Kreisbahn und die Zurückführung in die gleichförmige Bewegung längs genau derselben Bahn geschah, so folgt aus der Gültigkeit von (85) und (86) für die beiden betrachteten Bahnen: Für einen ganzen Umlauf müssen die Relationen (85) und (86) erfüllt sein. Das gilt übrigens ganz allgemein für periodische Bewegungen. Denkt man den oben gegebenen Beweis noch einmal durch, so sieht man ein, daß die von den Integrationsgrenzen herrührenden Terme sich auch dann fortheben, wenn zu den Zeiten t[ und t% die Vektoren t> und b die gleichen sind. Ist der Bewegungs- zustand an den Grenzen des Integrationsintervalles derselbe wie z. B. bei einer periodischen Bewegung zu zwei durch eine Periode getrennten Zeiten, so gelten die Relationen (85) und (86) ohne weiteres für die durch (87) gegebene Kraft. Bei der soeben behandelten Kreis- bewegung z. B. ergibt das Zeitintegral von (88) für einen ganzen Umlauf den Wert Null, was mit (85) übereinstimmt. b) Gleichförmige Bewegung längs einer Kreisschraube. Wir setzen 11 = 11! + U 2 , indem wir unter U x den konstanten Vektor verstehen, welcher die Projektion von Ö auf die Achse der Schraube darstellt, unter D 2 hingegen die Projektion von 1) auf eine zur Schrauben- achse senkrechte Ebene. Der Beschleunigungsvektor Ö liegt in dieser Ebene; er ist senkrecht zu toj und D 3 , mithin auch zu D gerichtet, so daß (H 6) auch hier gleich Null ist. Ferner gilt •• •• IIa Ö=-Ö 2 **B~*' wo iJg der Radius der durch D 8 dargestellten Kreisbewegung ist. Wir erhalten aus (85) Ä Ä ~ 3 * [** * ;■ v + * • ?^vl §15. Zweites Kapitel. WeUenatraMun geiner bewegten Punktladung. 123 oder, indem wir ö = ö 1 + Ö 2 einführen und ß* = *L ^2= ■«- ri c s ; r2 c * > daher ßi + ßi = ß* setzen: (89) V ._-_.| l | 1 ._ :s . j . + ^.-_ r __-| . Die Reaktionskraft der Strahlung ist die Resul- tante zweier Kräfte, von denen die erste der Be- wegung längs der Schraubenachse, die zweite der Kreisbewegung in der zur Achse senkrechten Ebene entgegen wirkt. Sind die Abmessungen der Schraube solche, daß H x und Ö 2 von derselben Größenordnung werden, so über- wiegt bei langsamer Bewegung die zweite, der Kreisbewegung entgegen wirkende Komponente. Bei raschen Bewegungen von der Ordnung der Lichtgeschwindigkeit jedoch kommt auch die erste Komponente in Betracht; es wird daher ein im homogenen magnetischen Felde sich sehr rasch bewegendes Elektron nicht nur in der Kreisbewegung um die magnetischen Kraftlinien, sondern auch in der translatorischen Bewegung längs der Kraftlinien gehemmt werden, falls die Rückwirkung der Strah- lung in Betracht kommt. Nach der Formel (7 b) des § 2 ist bei der Schrauben- bewegung im homogenen magnetischen Felde wo rj die spezifische Ladung des Elektrons ist (^ nimmt, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, mit wachsendem ß ab). Es wird demnach (89) (89a) *__*£?!•! {» lÄ t +it (l_ A «)}, was bei Kreisbewegung senkrecht zu den magnetischen Kraft- linien übergeht in 124 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 15. Übrigens ist anzumerken, daß bei der Anwendung dieser Formeln auf die Kathodenstrahlen Vorsicht geboten ist. Es handelt sich bei den Eathodenstrahlen nicht um ein einzelnes Elektron, sondern um eine ganze Schar von Elektronen, die parallele Bahnen beschreiben. Da die ausgestrahlte Energie und Bewegungsgröße durch den Poyntingschen Vektor bestimmt wird und dieser das äußere Produkt der beiden Feldstärken ist, so superponieren sich im allgemeinen zwar die Felder der einzelnen Elektronen, aber nicht die ausgestrahlten Beträge der Energie und der Bewegungsgröße. Denkt man sich z. B. eine Anzahl von Elektronen auf einem Kreise in gleichen Abständen angeordnet und mit der gleichen Geschwindigkeit längs des Kreises bewegt, so wird die Ausstrahlung um so geringer, je größer die Zahl der Elektronen ist. Im Grenz- falle sehr vieler Elektronen strahlt diese Elektrizitätsbewegung wie ein stationärer Strom, d. h. sie strahlt überhaupt nicht. Hieraus folgt, daß auch die Rückwirkung der Strahlung auf das einzelne Elektron eine andere ist, wenn noch andere in der gleichen Weise bewegte Elektronen zugegen sind. Man muß dann bei der Behandlung der Strahlung und der Strah- lungskräfte den Elektronenschwarm als Ganzes behandeln. Anders liegen die Verhältnisse bei der Lichtemission. Nehmen wir an, daß in jedem lichtentsendenden Molekül nur ein einziges Elektron schwingt, so sind die Schwingungen der einzelnen Elektronen unabhängig voneinander. Die Phasen- differenz zweier Elektronenschwingungen ist eine ganz beliebige, und daher tritt bei der Superposition der entsandten Wellen ebenso oft eine Schwächung wie eine Verstärkung der Strah- lung durch Interferenz ein. Bei der Mittelwertsbildung über eine große Zahl von Molekülen und über eine große Zahl von Schwingungen ergibt sich eine Strahlung, die gleich der Summe der Strahlungen der einzelnen* Moleküle ist. Hier ist also das Ergebnis dasselbe, als wenn jedes Molekül für sich allein die Schwingungen ausgeführt und die Strahlung ent- sandt hätte; man kann in diesem Falle auch die Rückwirkung der Strahlung auf die Schwingung angeben, ohne auf die § 16. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 125 Wechselwirkungen der Moleküle Rücksicht zu nehmen. Hat man es mit kleinen Schwingungen zu tun, deren Geschwindig- keit klein ist gegen die Lichtgeschwindigkeit, so ergibt (87) 3 c 3 als Reaktionskraft der Strahlung. Das war der Ausdruck, den wir in § 9 (Gl. 58) abgeleitet hatten. Übrigens liegt den Entwickelungen dieses Paragraphen wie denen der vorangehenden die Annahme einer Punktladung zugrunde. Dadurch ist die Lichtgeschwindigkeit und deren Nachbarschaft sowie selbstverständlich die Überlichtgeschwin- digkeit ausgeschlossen. Es wäre durchaus unzulässig, wenn wir etwa aus dem Unendlichwerden der Reaktionskraft für ß = 1 schließen würden, daß eine Strahlung aussendendes Elektron nicht mit Lichtgeschwindigkeit bewegt werden kann. Auf eine beschleunigte Bewegung mit Lichtgeschwindigkeit sind unsere Formeln nicht mehr anzuwenden ; denn das Elektron ist nicht als Punktladung anzusehen, sondern es besitzt, wie wir im nächsten Kapitel zeigen werden, endliche Abmessungen. In der unmittelbaren Nähe der Lichtgeschwindigkeit versagen demnach unsere durch die Bedingung (63 b) in ihrer Gültigkeit eingeschränkten Formeln. Die Frage nach der Erreichung und Überschreitung der Lichtgeschwindigkeit kann nur auf Grund bestimmter Voraussetzungen über die Form und die Ladungs- verteilung des Elektrons in Angriff genommen werden. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. § 16. Die Grundhypothesen der Dynamik des Elektrons und das elektromagnetische Weltbild. Im vorigen Kapitel, wo wir die von einem beschleunigten Elektron entsandte Wellenstrahlung behandelten, kam nur das Feld in großen Entfernungen vom Elektron in Betracht. Nun 126 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung -einzelner Elektronen. §16. ist aber für die Rückwirkung auf das bewegte Elektron haupt- sächlich die Energie und die Bewegungsgröße des Feldes, welches das Elektron unmittelbar umgibt, von Bedeutung Man gewinnt eine Vorstellung von der Art des Einflusses, welchen das mitgeführte Feld auf die Bewegung des Elektrons ausübt, indem man an die Analogie des elektrischen Leitungs- stromes anknüpft. Ein Leitungsstrom ist von einem magnetischen Felde umgeben, dessen Energie dem Quadrate der Stromstärke pro- portional ist. So erklärt es sich, daß dem Anwachsen der Stromstärke eine „elektromotorische Kraft der Selbstinduktion" entgegen wirkt, welche der zeitlichen Änderung der Strom- stärke proportional ist. Der Konvektionsstrom, den das be- wegte Elektron darstellt, wird gleichfalls von magnetischen Kraftlinien umschlungen; die magnetische Energie ist, bei langsamer Bewegung wenigstens, auch hier dem Quadrate der Stromstärke proportional. Da nun die Stromstärke in diesem Falle der Geschwindigkeit des Elektrons proportional ist, so wird der elektromotorischen Kraft der Selbstinduktion hier eine Kraft entsprechen, welche der Beschleunigung des Elektrons proportional und ihr entgegen gerichtet ist. Der Gedanke Maxwells, welcher die „elektrokinetische" Energie des elek- trischen Stromes mit der kinetischen Energie bewegter träger Massen verglich (Bd. I, § 70), nimmt hier eine noch greif- barere Form an als beim Leitungsstrome. Jene vom magne- tischen Felde herrührende, einer Beschleunigung des Elektrons entgegen wirkende Kraft entspricht in der Tat durchaus der Trägheitskraft der gewöhnlichen Mechanik; es wird mithin ein bewegtes elektrisches Teilchen infolge des mitgeführten elektro- magnetischen Feldes eine träge Masse besitzen, welche man, zum Unterschiede von der trägen Masse wägbarer Teilchen, als „scheinbare" oder besser als „elektromagnetische" Masse bezeichnen kann. Bei den unmittelbar an Maxwell anknüpfenden englischen Forschern J. J. Thomson 58 ) und 0. Heaviside 14 ) findet sich zuerst die Vorstellung einer solchen „scheinbaren Masse" der konvektiv bewegten Elektrizität. §16. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 127 Der Begriff der elektromagnetischen Trägheit gewann eine aktuelle Bedeutung, als man in den Kathodenstrahlen (vgl. § 2) rasch bewegte elektrische Teilchen kennen lernte. Wenn anders der Konvektionsstrom überhaupt eine magne- tisches Feld erregt — und die Versuche von H. A. Rowland (vgl Bd. I, § 99) konnten hieran kaum zweifeln lassen — , so mußten die im Kathodenstrahle bewegten Elektronen eine elektromagnetische Masse besitzen. Die allgemeinste zulässige Annahme war die, daß diese negativen Elektronen sowohl elektromagnetische Masse als auch „materielle" Masse besitzen. Dabei ist unter „materieller Masse" diejenige zu verstehen, welche der wägbaren Materie zukommt, und welche z. B. den elektrochemischen Ionen anhaftet. Wir haben indessen bereits in § 2 auf die Schwierigkeiten hingewiesen, welche vom atomistischen Standpunkte aus der Auffassung der Masse des negativen Elektrons als einer materiellen Masse entgegenstehen. Man wäre vor die Alternative gestellt, entweder den Kathoden- strahlteilchen an Stelle eines einzigen 2000 elektrische Elementar- quanten zuzuschreiben, oder aber die Atome der wägbaren Materie nicht als unteilbar zu betrachten. Diese Schwierig- keiten werden keineswegs gehoben, wenn man die Trägheit der Elektronen zum Teil als materielle, zum Teil als elektro- magnetische betrachtet. Sie verschwinden jedoch sofort, wenn man die Masse des negativen Elektrons als rein elektro- magnetische Masse betrachtet. Auf die Möglichkeit einer solchen, alle überlieferten Anschauungen umwälzenden Lösung wurde von verschiedenen Seiten hingewiesen, und es^ wurde bemerkt, daß die Entscheidung der Frage von den Trägheits- erscheinungen abhängt, welche die Elektronen zeigen, wenn sie mit noch größeren Geschwindigkeiten als in den Kathoden- strahlen sich bewegen. In der Tat, die materielle Masse wäg- barer Teilchen muß, wenn anders die Axiome der gewöhn- lichen Mechanik richtig sind, eine Konstante sein; sie muß unabhängig von der Geschwindigkeit sein, mit der die Bewegung erfolgt. Die elektromagnetische Masse hingegen, die von dem elektromagnetischen Felde herrührt, wird wie das Feld selbst 128 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 16. von der Geschwindigkeit abhängen, mit welcher das Elektron den Äther durchfliegt. Gerade als die Erörterung der Frage bis zu diesem Punkte gelangt war, lernte man in den /3-Strahlen des Radiums nega- tive Elektronen kennen, die noch rascher als die Kathoden- strahlteilchen sich bewegen. Es zeigte nämlich W. Kaufmann 23 ), daß die Geschwindigkeit für verschiedene Teilchen eine ver- schiedene ist, und daß das „Spektrum" von der halben Licht- geschwindigkeit bis dicht an die Lichtgeschwindigkeit heran sich erstreckt. Auch stellten bereits die ersten Versuche Kauf- manns es außer Zweifel, daß die Trägheit dieser Teilchen mit wachsender Geschwindigkeit ansteigt. Hieran anknüpfend hat der Verfasser dieses Werkes es unternommen 1 ), eine Dynamik des Elektrons auszuarbeiten, welche geeignet war, die Versuche Kaufmanns auf rein elektromagnetischer Grundlage zu deuten. Die erhaltenen Ergebnisse wurden durch W. Kaufmanns weitere Untersuchungen bestätigt, so daß bereits auf der Karlsbader Naturforscherversammlung (1902) ausgesprochen werden konnte: Die Masse des Elektrons ist rein elektromagneti- scher Art. In diesem Paragraphen sollen die Grundhypothesen dar- gelegt werden, auf denen diese Dynamik des Elektrons beruht. Zu diesen Grundhypothesen gehören selbstverständlich die in § 4 entwickelten allgemeinen Feldgleichungen der Elektronen- theorie (I bis IV) sowie der Lorentzsche Ansatz (V) für die elektromagnetische Kraft. Zu ihnen tritt die für die atomi- stische Theorie der Elektrizität fundamentale Vorstellung, daß die Gesamtladung e, die wir als elektrisches Elementarquantum bezeichnet haben (§ 1), über einen gewissen Bereich verteilt ist. Diesen Bereich nebst seiner Ladung nennen wir das „Elektron". Er kann als Ganzes im Räume bewegt, aber nicht geteilt werden. An der Elektrizität, die mit der Dichte q über das Volumen des Elektrons verteilt ist, greift nun die durch die Grundgleichung (V) definierte elektromagnetische Kraft an. Dieselbe setzt sich aus zwei Teilen zusammen, erstens der elektromagnetischen Kraft des fremden Feldes, die §16. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 129 wir ff a schreiben, und zweitens der vom Elektron auf sich selbst ausgeübten „inneren" elektromagnetischen Kraft. Es ist für das Folgende bequem, diese letztere einfach ff zu schreiben. Daß man die „innere" und die „äußere" Kraft trennen kann, rührt von dem in der linearen Form der Feldgleichungen analytisch zum Ausdruck gebrachten Superpositionsprinzipe her; diesem Prinzipe zufolge überlagern sich die Felder £], Da wir nun die Dynamik des Elektrons rein elektro- magnetisch zu begründen beabsichtigen, so dürfen wir andere als elektromagnetische Kräfte überhaupt nicht einführen. Wir postulieren vielmehr: Es soll die resultierende Kraft und das resultierende Kraftmoment der an den Volum- elementen des Elektrons angreifenden elektromagne- tischen Kräfte verschwinden: (vi) JdM&+§ a } = o, (Via) fdvQ\t,$ + %<]-0. Diese zu den allgemeinen Grundgleichungen (I bis V) der Elektronentheorie tretenden besonderen Grundgleichungen der Dynamik des Elektrons habe ich als die „dynamischen Grundgleichungen" bezeichnet. Sie sagen aus, daß die inneren und die äußeren elektromagnetischen Kräfte sich an dem Elektron im Sinne der Mechanik starrer Körper das Gleichgewicht halten. Auf ihnen muß eine jede elektromagne- tische Begründung der Dynamik des Elektrons fußen. Sobald man zuläßt, daß neben den elektromagnetischen Kräften noch Abraham, Theorie der Elektrizität. IL 2. Aufl. 9 130 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 16. andere vorhanden sind, die eine Translation oder Rotation hervorzurufen streben, kann von einer elektromagnetischen Be- gründung überhaupt keine Rede mehr sein. Wir müssen dem Elektron eine endliche Ausdehnung des- halb zuschreiben, weil für eine Punktladung die Feldstärken des von der Ladung selbst erregten Feldes und daher auch die innere elektromagnetische Kraft am Orte der Punktladung selbst dem Betrage nach unendlich und der Richtung nach unbestimmt wird. Dieser Umstand verbietet uns, in den dynamischen Grundgleichungen zur Grenze der Punktladung überzugehen. In der Tat wird, wie wir sehen werden, bei diesem Grenzübergang die elektromagnetische Energie sowohl wie die elektromagnetische Bew^gungsgröße unendlich. Schreiben wir nun dem Elektron eine zwar kleine, aber doch endliche Ausdehnung zu, so können wir nicht umhin, das Elektron als einer Rotation fähig zu betrachten. Ein Gegenstück des aus- dehnungslosen „materiellen Punktes" der analytischen Mechanik existiert in der elektromagnetischen Mechanik nicht. Die ein- fachste Annahme, die man über die Bewegungsfreiheit des Elektrons machen kann, ist die folgende: Das Elektron ist einer Translation und einer Rotation fähig. Die allgemeinste Bewegung des Elektrons wird dieser Annahme gemäß durch die „kinematische Grundgleichung" (VIT) » = t> + [«*] dargestellt, welche der in der Kinematik des starren Körpers (Bd. I, § 9) gültigen Gleichung (Gl. 35, S. 27) vollkommen entspricht. Diese unsere kinematische Grundgleichung sagt aus, daß die Elektrizität an den Volumelementen des Elektrons haftet wie die wägbare Materie an den Volumelementen des starren Körpers. Es stellt in (VII) t) die Geschwindigkeit eines im Tunern des Elektrons ge- wählten Bezugspunktes dar, r den von ihm aus konstruierten Radiusvektor und tt die Drehgeschwindigkeit des Elektrons um den Bezugspunkt. Den sechs durch die kinematische Grund- gleichung zugelassenen Freiheitsgraden stehen sechs aus den § 16. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 131 dynamischen Grundgleichungen fließende Beziehungen gegen- über, ganz wie in der Mechanik starrer Körper. Wenn wir die Kinematik des Elektrons der Kinematik des starren Körpers nachbilden, erreichen wir für die Dynamik des Elektrons ähnliche Vorteile, wie sie die analytische Mecha- nik durch Annahme starrer Verbindungen erzielt. Indem näm- lich die analytische Mechanik der Kinematik der Massensysteme solche Bedingungsgleichungen zugrunde legt, zu deren Aufrecht- erhaltung keine Arbeitsleistung (weder eine positive noch eine negative) erforderlich ist, braucht sie Kräfte, welche die ver- koppelten Massen aufeinander ausüben, nicht einzuführen. Sie kann diese Kräfte als Folge der angenommenen Bedingungs- gleichungen auffassen; es ist aber überflüssig, von diesen Kräften zu reden, da dieselben niemals Arbeit leisten, weder bei der wirklichen Bewegung noch bei virtuellen Bewegungen. Daher kann die analytische Mechanik bei der Behandlung starrer Massensysteme davon absehen, eine innere „potentielle Energie" der Körper heranzuziehen. Aus den Bedingungsgleichungen der bewegten Massen und ihrer kinetischen Energie ergeben sich ohne weiteres die Bewegungsgleichungen des Systemes. Dieser Grundgedanke der analytischen Mechanik Lagranges ist bekanntlich von Heinrich Hertz in seiner Darstellung der Prinzipien der Mechanik am konsequentesten durchgeführt worden. H. Hertz wünscht den Begriff der potentiellen Energie aus den Grundlagen der Mechanik zu verbannen. Er postuliert die Zurückführung der potentiellen Energie auf die lebendige Kraft verborgener Systeme träger Massen; diese Massen sollen durch „starre" Verbindungen miteinander verkoppelt sein; alle Kräfte, auch anscheinende „Fernkräfte", sollen in Wirklichkeit durch Mechanismen verborgener Massen übertragen sein, welche auch die anscheinend getrennten materiellen Körper mit- einander verkoppeln. Nun sind jedoch die Verbindungen, welchen wir in der wirklichen Körperwelt begegnen, keineswegs „starr". Auch die festen Körper besitzen die Eigenschaft der Elasti- zität, Reibung usf. Daher reichen för eine erschöpfende Dar- stellung der Bewegungsvorgänge die Ansätze der analytischen 132 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 16. Mechanik nicht aus; man muß vielmehr die thermischen Vor- gänge berücksichtigen, welche die Bewegungen begleiten. Dieser Einsicht verschließt sich Hertz keineswegs. Da er aber alle physikalischen Vorgänge, auch die thermischen, als Bewegungsvorgänge aufzufassen wünscht, so kann er nicht umhin anzunehmen, daß in der Welt der Atome die starren Verbindungen seiner Mechanik verwirklicht sind. In der Tat, wäre die Bewegung der Atome mit Reibungs- und Form- änderungsarbeit verbunden, so wäre es logisch unmöglich, die Wärme der Körper als eine Art von Bewegung aufzufassen. Will man das mechanische Weltbild in folgerichtiger Weise zeichnen und dabei die potentielle Energie aus den Grundlagen der Mechanik verbannen, so muß man fordern, daß die kine- matischen Zusammenhänge der kleinsten Teilchen „starr" im Sinne der Hertzschen Mechanik sind. Wir haben die Bedeutung dieses mechanischen Weltbildes für die Elektrodynamik im ersten Bande dieses Werkes (§ 70) erörtert, als wir die Maxwellsche Ableitung der Induktions- gesetze aus den Lagrangeschen Gleichungen vortrugen. Wir erwähnten dort bereits, daß diese Maxwellsche Analogie der Selbstinduktion zur Massenträgheit nicht unbedingt zugunsten des mechanischen Weltbildes gedeutet zu werden braucht, sondern daß man mit demselben Rechte umgekehrt versuchen kann, die Massenträgheit aus den Gesetzen der Elektrodynamik abzuleiten und so die Mechanik elektromagnetisch zu begreifen. Wir sind jetzt zu dem Punkte gekommen, wo das „elektro- magnetische Weltbild" auf seine Richtigkeit zu prüfen ist. Die elektromagnetische Masse des Elektrons ist nichts anderes als die Selbstinduktion des Konvektionsstromes. Ist die Dynamik des Elektrons rein elektromagnetisch begründet und die Träg- heit der Elektronen auf ihre Selbstinduktion, d. h. auf die Rückwirkung ihres Feldes, zurückgeführt, so haben wir den Stützpunkt gewonnen, von dem aus wir die mechanische Natur- anschauung in ihren Grundlagen erschüttern können. Wir können dann wagen, die kinetische und die potentielle Energie der Mechanik und alle Energieformen überhaupt als magne- § 16. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 133 tische und elektrische Energie zu deuten und so ein elektro- magnetisches Weltbild an die Stelle des mechanischen zu setzen. Obwohl wir eine Tendenz verfolgen, welche derjenigen der Hertzschen Mechanik diametral entgegengesetzt ist, soll uns doch hinsichtlich der Folgerichtigkeit der Durchführung dieser Tendenz die Hertzsche Mechanik vorbildlich sein. Wollen wir an Stelle der kinetischen und der potentiellen Energie der Mechanik die elektromagnetische Energie setzen, so müssen wir der Dynamik der elektrischen Atome kinematische Ver- bindungen zugrunde legen, deren Aufrechterhaltung weder einen Energieverlust noch einen Energiegewinn mit sich bringt; sonst ist die gesamte elektromagnetische Energie des Feldes nicht konstant, und es wird die Einführung einer nicht elektro- magnetischen Energieform doch wieder notwendig. Das elektro- magnetische Weltbild kann nicht umhin, der Kine- matik der Elektronen Bedingungsgleichungen zu- grunde zu legen, welche den „starren" Verbindungen der Hertzschen Mechanik entsprechen. Nur auf solchen kinematischen Grundgleichungen fußend, ist die Dynamik des Elektrons ohne logische Widersprüche elektromagnetisch zu begründen. Nur die Übereinstimmung der Ergebnisse einer so begründeten Dynamik des Elektrons mit dem Experimente kann zur weiteren Verfolgung des elektromagnetischen Welt- bildes ermutigen. Die einfachste aller in den Rahmen der analytischen Mechanik fallenden Bedingungsgleichungen war es, die wir als kinematische Gxundhypothese wählten. Auch über die Form des Elektrons werden wir meist die einfachste denkbare Annahme machen. Wir werden das Elektron als Kugel betrachten, mit einer in konzentrischen Schichten homogenen Verteilung der Ladung; insbesondere werden wir zwei Grenzfälle, nämlich die homogene Volumladung und die homogene Flächenladung, bevorzugen. Beide führen hinsichtlich der elektromagnetischen Masse zu demselben, mit den Versuchen Kaufmanns übereinstimmenden Ergebnisse. Erst dann, wenn künftige Experimente mit diesen speziellen An- nahmen sich als unverträglich erweisen sollten, würde man zu 134 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 16. komplizierteren Annahmen über die Form und die Ladungs- verteilung des Elektrons überzugehen geneigt sein. Man würde auch daran denken, dem Elektron mehr als sechs Grade der Freiheit zu geben; aber stets wären die kinematischen Ver- bindungen so zu wählen, daß sie als „starre" Verbindungen im Sinne der Hertzschen Mechanik zu bezeichnen wären. Vor- läufig allerdings erscheint der Übergang zu komplizierteren kinematischen Grundgleichungen unzweckmäßig. Halten wir an der kinematischen Grundgleichung (VII) fest, so brauchen wir von „Kräften", welche die Volumelemente des Elektrons aufeinander ausüben, überhaupt nicht zu reden. Die einzigen „Kräfte" die in Frage kommen, sind die elektro- magnetischen Kräfte, welche durch die Vektoren $ und fj a bestimmt sind; diese Vektoren sind nur Hilfsgrößen, die defi- niert sind durch die elektromagnetischen Grundvektoren (S, £ und durch den Geschwindigkeitsvektor to. Die resultierenden Kräfte und Kraftmomente des äußeren und inneren Feldes allein sind es, die in die dynamischen Grundgleichungen (VI und Via) eingehen. Von ,,Kräffcen u aber, welche das Elektron zu deformieren bestrebt sind, spricht unsere Dynamik des Elektrons überhaupt nicht. Die kinematische Grundgleichung bedingt es, daß solche Kräfte niemals Arbeit leisten können; von unserem Standpunkte aus ist die Einführung solcher Kräfte überflüssig. Anders liegt hingegen die Sache, wenn man die kine- matische Grundgleichung (VII) fallen läßt und eine Form- änderung des Elektrons als möglich ansieht. Dann müssen nicht nur die resultierenden Kräfte und Kraftmomente am Elektron im ganzen sich das Gleichgewicht halten, sondern es muß an jedem Volumelemente des Elektrons Gleichgewicht bestehen, da ja eine am Volumelemente haftende „materielle" Masse nicht angenommen werden soll. Dann muß man schon für das ruhende Elektron annehmen, daß neben den elek- trischen noch innere elastische Kräfte wirken, welche es ver- hindern, daß die Volumelemente ihrer gegenseitigen Abstoßung Folge leisten. Diese Kräfte müssen ganz enorme sein; denn § 16. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 135 die elektrischen Kräfte, welche an der Oberfläche des Elektrons angreifen, übertreffen, weil die Abmessungen des Elektrons so außerordentlich klein sind, die experimentell herstellbaren elek- trischen Kräfte um das Billionenfache. Bewegt sich nun das Elektron als Ganzes translatorisch oder rotatorisch, so werden die elektromagnetischen Kräfte abgeändert werden und mit ihnen die elastischen, derart, daß an jedem Volumelemente die elektrischen und die elastischen Kräfte sich das Gleichgewicht halten. Die Abänderung der elastischen Kräfte wird von einer Formänderung begleitet sein. Der Translationsbewegung und der Rotationsbewegung wird sich demnach eine innere Form- änderungsbewegung überlagern, die ihrerseits das innere Feld beeinflußt. Man hat, präzis gesprochen, neben den Gleich- gewichtsbedingungen für die Volumelemente noch die Feld- gleichungen (I bis IV) zu erfüllen und hat zu zeigen, daß die hinsichtlich der elastischen Kräfte gemachten Annahmen zu keinen Widersprüchen führen. Eine solche, nachgewiesener- maßen widerspruchsfreie Theorie eines deformierbaren Elektrons existiert bisher nicht. Sollte sie sich durchführen lassen und dem Experimente gegenüber sich gleichfalls bewähren, so wäre sie unserer Theorie gegenüber noch insofern im Nachteile, als sie gezwungen wäre, außer der elektromagnetischen Energie noch eine innere potentielle Energie von der Art der inneren Energie elastischer Körper einzuführen, deren Abnahme die von den elastischen Kräften geleistete Arbeit kompensiert. Man würde dann die Trägheitskräfte verbannt, aber dafür die weniger gut verstandenen elastischen Kräfte aus der Mechanik übernommen haben. Man würde die kinetische Energie der Elektronen auf die elektromagnetische Feldenergie und eine innere potentielle Energie zurückgeführt haben. Die Überein- stimmung einer solchen Dynamik des Elektrons mit dem Ex- perimente wäre gewiß nicht als eine Bestätigung des elektro- magnetichen Weltbildes aufzufassen. Wir werden also in diesem Werke an der Hypothese des „starren" Elektrons festhalten; auf Grund dieser Hypothese werden wir die Frage zur Entscheidung zu bringen suchen, 136 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 17. ob die Dynamik des Elektrons rein elektromagnetisch be- gründet und so die Konvektionsstrahlung freier Elektronen als rein elektrischer Vorgang aufgefaßt werden kann. Ein weiterer Schritt auf dem Wege der elektromagnetischen Weltanschauung wäre die Deutung der Kräfte, welche die Materie auf die Elektronen ausübt, z. B. der quasielastischen Kräfte (vgl. § 9), auf rein elektromagnetischer Basis. Der letzte Schritt endlich , wäre die Auffassung der wägbaren Atome und Moleküle als Aggregate von Elektronen, eine Auffassung, welche die Träg- heit der Materie ohne weiteres erklären würde, von der man aber auch fordern müßte, daß sie von den Molekularkräften und von den Gravitationskräften in befriedigender Weise Rechenschaft gäbe. Die Welt würde dann allein aus den positiven und negativen Elektronen und aus dem von ihnen im Räume erzeugten elektromagnetischen Felde bestehen, und alle Naturvorgänge wären als Konvektionsstrahlung der Elek- tronen oder als von ihnen entsandte Wellenstrahlung zu be- trachten. Dieses elektromagnetische Weltbild ist bisher nur ein Programm; hoffen wir, daß die Arbeit der im Dienste dieses Programines tätigen Forscher von weiteren Erfolgen gekrönt werden möge. § 17. Die Bewegungsgleichungen des Elektrons. Ist das „äußere Feld" gegeben und die jeweilige Lage, Geschwindigkeit und Drehgeschwindigkeit des Elektrons, so sind die resultierende äußere Kraft (90) $t a =fdvQ%« =fdvQ {«* + i [*$•]}, und die resultierende äußere Drehkraft (90a) 9t«=fdv 9 \t% a } =fdv(>[x,& + ±[t>§*]] gleichfalls bestimmt. Für das kugelförmige Elektron wird man als Momentenpunkt den Mittelpunkt desselben wählen, und von diesem aus den Radiusvektor t konstruieren. In der kine- matischen Grundgleichung gibt dann t) die Geschwindigkeit §17. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 137 dieses Mittelpunktes, u die Drehgeschwindigkeit des Elektrons um seinen Mittelpunkt an. Nimmt man die Ladungsverteilung im Elektron nicht als allseitig symmetrisch an, so wird man als Momentenpunkt den durch die Gleichung (90b) fdvQt — definierten Punkt wählen, der dem „Massenmittelpunkte" der Mechanik entspricht, und der in diesem Falle schlechtweg als „Mittelpunkt des Elektrons" bezeichnet werden mag. Bei reiner Translationsbewegung (tt = 0) ist die äußere Kraft (91) «- -fdv Q & + i [» ,fdv Q Q°] ■ Ist das äußere Feld innerhalb des vom Elektron ein- genommenen Bereiches merklich homogen, so reduziert sich der Translationsbestandteil der äußeren Kraft auf (91a) «?-«{«• + iM*]}- Die experimentell herstellbaren konstanten elektrischen und magnetischen Felder sind stets als homogen anzusehen auf Strecken von der Größenordnung eines Elektrondurchmessers; die von ihnen ausgeübte Kraft wird daher stets mit genügender Annäherung durch (91a) angegeben. Die äußere Drehkraft ist bei reiner Translation (91b) t- =fdvQ [*«-] + ±fdi> 9 [rCMH] • Dieser Ausdruck verschwindet für ein homogenes äußeres Feld, da hier sowohl (S a wie [to # a ] vor das Integralzeichen zu ziehen sind, gemäß (90b). Im homogenen Felde ist der Translationsbestandteil der äußeren Drehkraft gleich Null. Dreht sich indessen das Elektron um seinen Mittelpunkt, so kommt im magnetischen Felde der Rotationsbestandteil der äußeren Kraft hinzu: * a i = - c fdv Q [[nt],$*], 138 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 17. welcher gemäß den Regeln (ß) und (d) in Bd. I, S. 452 zu schreiben ist (91c) «« = \Jdv Q { - «(r$-) + r («frO } • Der Rotationsbestandteil der äußeren Kraft ver- schwindet gleichfalls im homogenen magnetischen Felde. Der Rotationsbestandteil der äußeren Drehkraft jedoch (91d) *i-jfdv 9 [*t\(tV)-±[u,fdi> 9 t(tVJ] ist auch im homogenen magnetischen Felde im all- gemeinen von Null verschieden. Bei um den Mittelpunkt symmetrischer Verteilung der Elektrizität ist er dem äußeren Produkte aus der Dreh- geschwindigkeit tt und der Feldstärke § a proportional: (Öle) «? = &[»$*]. Der Koeffizient g findet sich nach einer einfachen Rechnung (91*) ea % £ = -=— für Volumladung, % « -j- für Flächenladung, wenn a der Radius des kugelförmigen Elektrons ist. Führen wir die nunmehr als bekannt anzusehenden Vektoren Ä a und 9l a in die dynamischen Grundgleichungen (VI, Via) ein, so lauten diese: (92) #+fdvrt = 0, (92a) 9l a +fdvQ\y%\ — 0. Es handelt sich nun darum, den Vektor fj, d. h. die elektromagnetische Kraft des vom Elektron selbst erregten Feldes, zu ermitteln. Wir haben bereits im ersten Kapitel (§ 8) in allgemeinster Weise die Fortpflanzung einer elektromagnetischen Störung be- § 17. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 139 handelt. Wir haben gesehen, daß das Feld, welches zur Zeit t in irgendeinem Aufpunkte herrscht, sich zusammensetzt aus Beiträgen, welche eine mit Lichtgeschwindigkeit sich kontra- hierende Kugel dem Aufpunkte zuführt. Und zwar hängen die elektromagnetischen Potentiale von der elektrischen Dichte und von der Dichte des Konvektionsstromes ab, welche die Kugel antrifft; die Feldstärken werden mithin von der Dichte, Geschwindigkeit und Beschleunigung der Elektrizität abhängen, über welche die Kugel hinweggestrichen ist. Das vom Elektron erregte Feld wird sich demnach durch *in Zeitintegral über die Latenszeit r oder den Latensweg A darstellen lassen. Auf diese allgemeine Darstellung des Feldes kommen wir weiter unten (§ 24) zurück. In die Ausdrücke der inneren Kraft und Drehkraft gehen nun die Feldstärken ein, welche in dem gerade vom Elektron eingenommenen Bereiche herrschen, und die vom Elektron selbst erregt sind. Um sie direkt zu bestimmen, müßte man für jeden Punkt des Elektrons das Feld ermitteln und sodann die elektromagnetischen Kräfte, welche auf die einzelnen Volum- elemente wirken, nach den Regeln der Mechanik starrer Körper zusammensetzen. Hat sich nun das Elektron vorher mit Unter- lichtgeschwindigkeit bewegt, so wird für jeden zur Zeit t in sein Inneres fallenden Aufpunkt das Feld abhängen von der Bewegung, welche das Elektron in einem endlichen, der Zeit t vorangegangenen Zeitintervalle ausgeführt hat, nämlich in dem Zeitintervalle, während dessen die mit Lichtgeschwindigkeit sich kontrahierende Kugel über das Elektron hinweggestrichen ist. Auch bei Bewegung mit Überlichtgeschwindigkeit wird das gleiche gelten; die Abweichung liegt darin, daß hier das Elektron von außen in die sich kontrahierende Kugel hinein-* tritt. Nur wenn die Geschwindigkeit des Elektrons der Licht- geschwindigkeit gleich ist oder um diese oszilliert, liegt ein Ausnahmefall vor. Im allgemeinen wird die elektromagnetische Kraft im Innern des Elektrons abhängen von der Geschwindig- keit und Beschleunigung, die das Elektron in einem endlichen, vorangegangenen Zeitintervalle erfahren hat. Das gleiche wird 1 40 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 17. von der resultierenden inneren Kraft und Drehkraft gelten. Wir kommen hierauf weiter unten (§ 26) zurück. Aus diesen allgemeinen Überlegungen gewinnen wir eine Einsicht in den Sinn unserer dynamischen Grundgleichungen. Wir erkennen, daß diese Gleichungen im Grunde etwas ganz anderes aussagen, als die Prinzipien der gewöhnlichen Mechanik. Während die Mechanik starrer materieller Körper die zeitliche Änderung der jeweiligen Geschwindigkeit und Drehgeschwindig- keit durch die äußere Kraft und Drehkraft bestimmt, wenn die Gestalt und die Massenverteilung des Körpers gegeben ist, ist die Aussage der Grundgleichungen der Dynamik des Elektrons eine weit verwickeitere. Dieselben sind, streng ge- nommen, Integralgleichungen, welche die Lage sowie die Ge- schwindigkeit und Beschleunigung der Translation und Rota- tion, die in einem ganzen Zeitintervalle herrschen, zueinander in eine äußerst verwickelte Beziehung setzen. Man darf daher nicht hoffen, Bewegungsgleichungen zu erhalten, welche gleich- zeitig in Strenge gültig sind, und ähnlich wie die Bewegungs- gleichungen des starren Körpers die Beschleunigung der Trans- lation und Rotation allein durch die jeweils herrschenden äußeren Kräfte bestimmen. Nur indem man spezielle Fälle herausgreift und sie passend idealisiert, kann man erwarten, zu übersichtlichen, für die Darstellung der beobachtbaren Be- wegungen geeigneten Ergebnissen zu gelangen. Dieses war das Ziel, welches ich bei meinen Unter- suchungen über die Dynamik des Elektrons verfolgt habe. Ich habe nachgewiesen, daß die in den Kathodenstrahlen und den Becquerelstrahlen stattfindenden Elektronenbewegungen so wenig beschleunigt sind, daß sie als „quasistationär" gelten können, d. h. daß das Feld des Elektrons merklich dem bei gleich- förmiger Bewegung mitgeführten Feld entspricht (vgl. § 23). Für solche quasistationäre Translationsbewegungen bin ich zu Bewegungsgleichungen gelangt, welche von den in der Mecha- nik geltenden nicht so sehr verschieden sind. Hier läßt sich das Verhalten des Elektrons auch bei Geschwindigkeiten, die von der Ordnung der Lichtgeschwindigkeit, aber immerhin § 17. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 141 kleiner als diese selbst sind, durch eine von der jeweiligen Ge- schwindigkeit abhängige „elektromagnetische Masse" charakterisieren. Dabei ist jedoch eine andere trage Masse in Rechnung zu setzen, wenn es sich um Beschleunigung parallel der Bewegungsrichtung oder senkrecht zu ihr handelt. Beide Massen, die „longitudinale" sowohl als auch die „trans- versale", lassen sich mit Hilfe des elektromagnetischen Im- pulses (§ 5) in übersichtlicher Weise darstellen. In ent- sprechender Weise läßt sich aus dem elektromagnetischen Impulsmomente für quasistationäre Drehbewegungen ein „elektromagnetisches Trägheitsmoment" ableiten. Wir gewinnen die Grundlage für die Theorie der quasi- stationären Bewegungen des Elektrons, indem wir die elektro- magnetische Bewegungsgröße des vom Elektron erregten Feldes einführen. Deren Dichte ist nach Gleiehung (18): (93) I " ? • - 455 [•» Der gesamte Impuls des Feldes beträgt (93a) <&=fdvi, und der Drehimpuls (93b) •-/*>[*§]• Die Umformungen, die zu den Ausdrücken (21) und (26 a) für die resultierende Kraft und die resultierende Drehkraft eines beliebigen elektromagnetischen Feldes führten, gelten natürlich auch für das Feld eines einzelnen Elektrons; denn dieses Feld erfüllt eben die Grundgleichungen (I bis IV), auf denen jene Umformungen beruhten. Wir erhalten demnach als resultierende innere Kraft dt (93c) St = fdvQ% = - Bei der Berechnung des resultierenden Momentes des vom Elektron erregten Feldes ist zu beachten, daß als Momenten- punkt nicht wie in § 5 ein im Baume fester Punkt, sondern 142 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 17. der mit der Geschwindigkeit to bewegte Mittelpunkt des Elek- trons gewählt wurde. Auf diesen Momentenpunkt soll auch das elektromagnetische Impulsmoment ?) bezogen werden. Wir können, da das Integral in (93 b) über den ganzen Baum zu erstrecken ist, unter r den Radiusvektor verstehen, der vom Mittelpunkt des Elektrons aus nach einem im Baume festen Punkte gezogen ist; dann gilt: dt h Hieraus folgt als zeitliche Änderung des Impulsmomentes S-s/^m— ["".•! +>[*!!]• Das zweite Glied der rechten Seite war es, auf welches sich die Umformungen des § 5 bezogen, die zu den Gleichungen (26) und (26a) führten; denn dieses Glied stellt die zeitliche Änderung des auf einen im Baume festen Momentenpunkt be- zogenen Impulsmomentes dar. Wir haben daher hier zu schreiben «--M'59- Zwischen dem auf den bewegten Mittelpunkt des Elektrons bezogenen elektromagnetischen Impuls- momente $ und dem resultierenden Momente der inneren elektromagnetischen Kräfte besteht demnach die Beziehung (93 d) K =fdv Q [t$] = - [ö ®] - %. Führen wir die Ausdrücke (93c, d) in die dynamischen Grundgleichungen (92, 92 a) ein, so nehmen diese die Form an ( 94 ) 7F - *> (94a) 3- + [* ®] - »«. dt Diese Form der dynamischen Grundgleichungen entspricht durchaus den Bewegungsgleichungen eines starren Körpers, § 17. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 143 wenn Kraft und Impulsmoment auf einen mit der Geschwindig- keit H bewegten Momentenpunkt bezogen sind. Sie sind in der Tat formal identisch mit den Bewegungsgleichungen (46) und (48) des starren Körpers, die wir im ersten Bande (§ 12) kennen lernten. Sie beruhen ja auf den Impulssätzen, die für die Bewegungsgröße des elektromagnetischen Feldes ebenso gelten, wie für die an den wägbaren Körpern haftende Be- wegungsgröße. Freilich läßt sich für die wägbaren Körper ohne weiteres der Impuls als Funktion der Geschwindigkeit und der Drehimpuls als Funktion der Drehgeschwindigkeit an- geben. In der Dynamik des Elektrons hingegen gewinnt man die Beziehungen, welche den Impuls und das Impulsmoment mit der Geschwindigkeit und der Drehgeschwindigkeit ver- knüpfen, erst durch Integration der Feldgleichungen; erst nach- dem das Feld der betreffenden Bewegung ermittelt ist, lassen sich die durch (93, 93 a, b) definierten Integrale über den ganzen Baum auswerten, wodurch dann die Bewegungsglei- chungen eine explizite, zur Bestimmung des Verlaufes der Be- wegung geeignete Form annehmen. Neben den Impulsgleichungen ist die Energiegleichung für die Dynamik des Elektrons von Bedeutung. Wir hatten dieselbe bereits in § 4 in allgemeiner Weise aus den Grund- gleichungen der Elektronentheorie hergeleitet. W, die ge- samte Energie des vom Elektron erregten Feldes, ist stets eine endliche, wenn wir bei der Verfolgung der Bewegung von einem anfangs ruhenden Elektron ausgehen und immer nur endliche äußere Kräfte auf das Elektron wirken lassen. Sie berechnet sich in diesem Falle aus den Feldstärken des vom Elektron erregten Feldes durch die Integration über den unendlichen Raum: (95) W -Ju{*+V Infolge der über den Anfangszustand gemachten Annahme können wir in der Energiegleichung, ebenso wie wir es bereits in § 5 in den Impulsgleichungen taten, die Oberflächeninte- grale streichen. Bücken wir nämlich die Begrenzungsfläche 144 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 17. so weit fort, daß sie während des ganzen betrachteten Vor- ganges nicht von dem Felde erreicht wird, so findet eine Strah- lung durch die Begrenzungsfläche hindurch nicht statt, und es wird (vgl. § 4) /HR \ dW dA ( 95a > -5T---5»- Hier bezeichnet -tt- die Arbeitsleistung der „inneren" elek- tromagnetischen Kräfte %, die vom Felde des Elektrons selbst herrühren; es gilt dA dt =jdv q(*%)= (**,fdv q%) + (*,fdv q [r$]), wie aus der kinematischen Grundgleichung (VII) im Verein mit der Regel (y) der Formelzusammenstellung in Bd. I, S. 452, folgt. Mit Rücksicht auf die dynamischen Grundgleichungen (92 a, b) ergibt dieses ( 95b) *£__ ÄÄ .) _(,*). Es ist demnach die Arbeit der inneren elektro- magnetischen Kräfte entgegengesetzt gleich der Arbeit der äußeren elektromagnetischen Kräfte. Diese aus den Grundgleichungen unserer Dynamik des Elektrons folgende Beziehung würde nicht mehr erfüllt sein, wenn noch andere innere Kräfte, außer den elektromagnetischen, mitwirkten. Durch die Wahl der Grundhypothesen haben wir eben aus- geschlossen, daß solche Kräfte jemals Arbeit leisten. Die Relation (95 b) und die aus ihr und (95 a) sofort sich er- gebende Energiegleichung ( 96 ) l£ -(».*") + (•*% sind für unsere rein elektromagnetisch begründete Dynamik des Elektrons wesentlich. Kombinieren wir nun die Energiegleichung (96) mit den Impulsgleichungen (94) und (94 a), indem wir die aus den % 17. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 145 letzteren sich ergebenden Werte der äußeren Kraft und Dreh- kraft in die erstere einführen, so erhalten wir Diese aus der Energiegleichung und den Impuls- gleichungen abgeleitete Beziehung ist von großer Wichtigkeit für die Dynamik des starren Elektrons; denn sie verknüpft in einer allgemeinen, von den Werten der äußeren Kräfte unabhängigen Weise den Impuls, den Drehimpuls und die Energie des Elek- trons. Wir wollen, ehe wir zur Behandlung spezieller Bewegungen übergehen, noch eine andere, allgemeine Beziehung ableiten, welche sich gleichfalls weiterhin als wertvoll erweisen wird. Dieselbe bezieht sich auf die Differenz der magnetischen Energie T und der elektrischen Energie U des Feldes. Diese Differenz soll die „Lagrangesche Funktion" genannt werden: (98) L-T-U. Wir wollen bei der Berechnung der beiden Energiearten die Relationen (28) und (29) heranziehen, welche die elektro- magnetischen Vektoren durch die elektromagnetischen Potentiale ausdrücken. Dann wird (98b) „_/£*-_/•£(* V# + I£). Die erhaltenen Ausdrücke sollen durch partielle Integra- tion umgeformt werden, wobei die über die Begrenzungsfläche erstreckten Integrale ein für allemal gestrichen werden sollen. Es liegt diesem Verfahren immer die stillschweigende Voraus- setzung zugrunde, . daß die Grenzfläche nicht von der Störung erreicht worden ist; auf dieser Fläche herrscht dann noch der elektrostatische Anfangszustand, der zu einer früheren Zeit einmal im ganzen Räume geherrscht hat; dieses elektrostatische Feld liefert keine Beiträge zu den Oberflächenintegralen. Abraham, Theorie der Elektrizität II. 8. Aufl. 10 146 Erster Abschnitt. Seid und Beiregung einzelner Elektronen. §17. Aus Regel (v) der Formelzusammenstellung in Bd. I, S. 453 folgt r I-Jg« curl^), und, nach Einführung der Peldgleichung (I), (98c) T-±f *,•). Andererseits ergibt die Regel (i) in Bd. I, S, 453 div#« — §18. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen* 149 so wird dt dx d*, dt = -cß dx und es nehmen die Differentialgleichungen (30 a, b) der elek- magnetischen Potentiale die Form an: (101) (1 «■*. d**. d**. (101a) (1 - f)jf + -^ + -rf 4«tf. Die zur Bewegungsrichtung senkrechten Komponenten des elektromagnetischen Vektorpotentiales sind nach (50 a) gleich Null, weil war; da aber l 1,-1,-0 *i = 9ß ist, so wird im Einklang mit (101, 101a): (101b) «,-/3*, * y -*,= 0. Hieraus ergeben sich ftir die Komponenten der Feldstärken Beziehungen, die den in § 12 (öl. 67 b, e) für eine gleichför- mig bewegte Punktladung abgeleiteten vollkommen entsprechen. Es wird ] dx> (101 c) (101 d) *~ dy' >~ dz' (101 e) *.- o, (101 f) *»" dz - ßjj-~ß*.> l*.- d y =-ß dv °* + ß*,- Auch folgt für den Vektor fj, welcher die elektromagne- tische Kraft auf die mitbewegte Einheit der Ladung bestimmt, die der Gleichung (68) entsprechende Beziehung (102) g = _V«p-, ?F=(1-/S 2 ))}. 152 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 18» Für die wirkliche Berechnung eignet sich allerdings besser die Formel (104), welche die Kräftefunktion durch ein über die elektrischen Ladungen erstrecktes Integral darstellt; dieses Integral läßt sich auswerten, sobald das Konvektionspotential *P bekannt ist. Wir gehen jetzt dazu über, durch Integration der partiellen Differentialgleichung (102 a) das Konvektionspotential zu bestimmen. Man sieht sofort ein, daß diese Differentialgleichung in die Poissonsche Gleichung übergeht, wenn man durch die Sub- stitution (105) x = x x, y = y , *=**<> neue unabhängige Variable einführt. Wir wollen gleichzeitig setzen (105a) «, = *• Dann ist die Differentialgleichung des Konvektionspoten* tiales zu schreiben (105 b) V »?F--4a:p x. Wir wollen unser gleichförmig bewegtes System 27 ver- gleichen mit einem ruhenden Systeme 2^ von elektrischen Ladungen. Es sollen x , y , # 0f q Baumkoordinaten und elek- trische Dichte in 27 sein, d. h. es soll 2^ aus 2 durch eine Dilatation parallel der Bewegungsrichtung hervorgehen, durch welche alle der #-Achse parallelen Strecken im Verhältnis *-i-(l-j8>)-7 verlängert werden; die Dichte der Elektrizität soll gemäß (105a) im Verhältnis x bei dieser Dehnung verkleinert werden, so daß entsprechende Volumelemente in 27 und 2^ dieselbe Ladung enthalten. Das elektrostatische Potential

o> welche durch (105d) ^-fiSA-f!± § \S. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 153 allgemein integriert wird. Vergleichen wir nun (105 b) und (105 c) und bemerken, daß die Ladungen entsprechender Volum- elemente in H und £ die gleichen sind, so erhalten wir (106) V-n^-nfä-uj*!!, WO (106») r,-|/(^- U) % + (%-%)'+ (*•- So)* »l/^i^ + fr -*?)'+ (*-£)» die Entfernung der Punkte (# o y o o ) und (6 ifo&>) ^j welche in dem ruhenden Systeme 2J dem Aufpunkte (xyz) und dem Quellpunkte (|i?£) des bewegten Systemes 27 entsprechen. Hierdurch ist allgemein die Bestimmung des Kon- vektionspotentiales in H zurückgeführt auf die Be- stimmung des elektrostatischen Potentiales in 2? . Das Konvektionspotential einer im Koordinatenanfange befindlichen Punktladung e wird hiernach (106 b) ^ = X*6 y* 8 +* 8 (y 8 +s , ) , was vollkommen mit den Gleichungen (68) und (67 a) des § 12 übereinstimmt. In Entfernungen von dem bewegten Ladungs- systeme, in welchen dasselbe wie eine Punktladung wirkt, ist die Formel (106b) fQr das Konvektionspotential zu verwenden; hier sind die Flächen konstanten Konvektionspotentiales in £ Heaviside-Ellipsoide, welche aus den kugelförmigen Äqui- potentialflächen einer ruhenden Punktladung in U durch die Transformation (105) entstehen. Vergleichen wir die Komponenten der elektrostatischen Kraft ^— — VoVo in £q mit denen der elektromagnetischen Kraft ^«-V^ in 2, 154 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung- einzelner Elektronen. § 18. so erhalten wir gemäß (105) und (106) (106c) 9 * dx dx ™ 0x ' *y dy *dy XV *°y> W dz *dz *^°,- Es wirken demnach auf zwei einander ent- sprechenden Ladungen des bewegten Systemes E und des ruhenden Systemes 2J Kräfte, die bezüglich der Komponenten parallel der Bewegungsrichtung einander gleich sind, während die zur Bewegungs- richtung senkrechten Komponenten in 27 im Ver- hältnis x =■ yi — ß* kleiner sind als in 27 . Hat man für ein ruhendes System 2J Q das elektrostatische Problem gelöst, d. h. die Gleichgewichtsverteilung der Elek- trizität auf einem Leitersystem ermittelt, so kann sofort aus dieser Lösung die Gleichgewichtsverteilung der Elektrizität in dem gleichförmig bewegten Systeme 2J angegeben werden, welches aus 2J durch eine Kontraktion parallel der Bewegungs- richtung im Verhältnis % entsteht. Im Innern der Leiter in 27 ist das elektrostatische Potential konstant, die Feldstärke x

Qo % **' \ - 8 V DJ ^M 1 - V+~»~ Ü f +i~< s +i)' Die Integrationen über das Volumen des EUipsoides lassen sich leicht ausführen. Man findet CO Wir woUen die elektrostatische Energie (107 d) des gleich- förmig über sein Volumen geladenen EUipsoides vergleichen mit derjenigen des flachenhaft geladenen (107 b). Wir können die letztere aufTassen als Punktion der Größen a 2 , 6 *, c$ } und zwar als homogene Funktion vom Grade {— -]. In der Tat, erinnern wir uns der Bedeutung der Größe D, die in (107 a) angegeben war, und setzen statt a * f 6 2 , c * die a- fachen Werte, so geht durch die Substitution s = s'a die rechte Seite von (107 b) über in ein ganz gleiches, nach s' genommenes Integral *) Riemann -Weber, Die partiellen Differentialgleichungen d. math. Phyßik. I t § 107, 8. 256. 158 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 19. zwischen denselben Grenzen, multipliziert mit a~ T. Nach einem Satze von Euler über homogene Punktionen ist demnach (107e) Vf§ + V J§ + V ff. = - i Di- Was nun die elektrostatische Energie der Volumladung (107 d) betrifft, so können wir schreiben was nach (107 e) ergibt (107f) D^-füi. Von der elektrostatischen Energie in 2J auf Grund von (106 d) sogleich zur Kräftefunktion in 2J übergehend, erhalten wir (108) F* - | V. Es verhalten sich die Kräftefunktionen zweier Ellipsoide derselben Form, Ladung, Bewegungs- richtung und Geschwindigkeit, von denen das erste über sein Volumen gleichförmig geladen ist, während im zweiten die Ladungsverteilung der Flächenladung des leitenden Ellipsoides entspricht (d. h. als Grenzfall einer gleichförmigen räumlichen Verteilung in einer, von zwei ähnlichen und ähnlich liegenden Eüipsoiden begrenzten Schicht anzusehen ist) wie 6:5. Dieser Satz führt den Fall der Volumladung auf denjenigen der Flächenladung zurück, so daß wir uns weiterhin nur mit dem letzteren zu beschäftigen brauchen. § 19. Bewegungsgröße und Energie des gleichförmig bewegten Elektrons. Wir betrachten ein ellipsoidisches Elektron in gleich- förmiger geradliniger Bewegung; ist genügend lange Zeit seit dem Eintritt dieser Bewegung verflossen, und ist die Ge- schwindigkeit der Translation kleiner als die Lichtgeschwindig- keit, so wird die gesamte Energie und Bewegungsgröße des § 19. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 159 Feldes konstant sein. Sie wird sich zusammensetzen aus der Energie und Bewegungsgröße, der vor Eintritt der gleich- förmigen Bewegung entsandten Wellen und der vom Elektron mitgeführten Energie und Bewegungsgröße. Die weitere Be- wegung des Elektrons ist ausschließlich durch die mitgeführte Bewegungsgröße und Energie bestimmt. Da der gesamte elektromagnetische Impuls und der auf den Mittelpunkt des Elektrons bezogene Drehimpuls des mit- geführten Feldes konstant sind, so ergeben die Impulssätze (94, 94a): (109) St a - 0, (109a) »* = [* ®]. Es bedarf demnach keiner äußeren Kraft, um die gleichförmige Bewegung des ellipsoidischen Elektrons aufrechtzuerhalten, wohl aber im allgemeinen einer äußeren Drehkraft Eine äußere Drehkraft ist stets erforderlich, wenn der Impulsvektor ® nicht der Be- wegungsrichtung parallel weist. Man überzeugt sich leicht davon, daß dieses eine Eonsequenz der allgemeinen Im- pulsätze des § 5 ist. Es war ja die elektromagnetische Be- wegungsgröße über den Äther verteilt zu denken und dem- entsprechend das Impulsmoment auf einen im Baume festen Punkt zu beziehen. Eine äußere Drehkraft ist dann erforder- lich, wenn das auf den ruhenden Momentenpunkt bezogene Moment der elektromagnetischen Bewegungsgröße sich ändert; das ist aber hier der Fall; denn es führt das gleichförmig bewegte Elektron sein Feld und die über dieses Feld verteilte Bewegungsgröße einfach mit sich, es ändert sich also der von dem ruhenden Bezugspunkte aus gezogene Hebelarm, an dem das betreffende Quantum von Bewegungsgröße anzubringen ist, und zwar für das ganze Feld mit derselben Geschwindigkeit tt = tt . Die zeitliche Änderung des gesamten auf den ruhenden Momentenpunkt bezogenen Impulsmomentes ist demnach gleich dem äußeren Produkte aus tt und dem gesamten Impulse des mitgefuhrten Feldes, wie Gleichung (109a) behauptet. Was 160 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 19. aber die Bewegungsgröße der entsandten Wellen anbelangt, so ist diese, wie wir gezeigt haben, der Strahlrichtung, d. h. dem vom Orte des Entsendens aus gezogenen Radiusvektor parallel. Ihr Moment in bezug auf diesen im Baume festen Punkt ist dauernd gleich Null, so daß die Bewegungsgröße der Wellen in (109 a) nicht eingeht. Es ist aus Symmetriegründen ersichtlich und wird durch genauere Überlegung bestätigt, daß der Impuls ® des mit- geführten Feldes parallel der Bewegungsrichtung weist, wenn ein ellipsoidisches Elektron einer der drei Hauptachsen parallel bewegt wird. Geschieht hingegen die Bewegung des Ellipsoides in einer anderen Richtung, so bedarf es einer äußeren Dreh- kraft, um die gleichförmige, rotationslose Bewegung aufrecht- zuerhalten. Eine Translation des ellipsoidischen Elek- trons in einer zu den Hauptachsen schiefen Richtung -erfüllt also nicht das erste Axiom der Newtonschen Mechanik; sie kann nicht ohne Einwirkung äußerer Kräfte vor sich gehen. Was aber die Bewegung parallel den Hauptachsen anbelangt, so sind stabile und labile Be- wegungen zu unterscheiden. Eine translatorische Bewegung wird als stabil zu bezeichnen sein, wenn beim Herausdrehen -der Hauptachse aus der Bewegungsrichtung eine innere Dreh- kraft erweckt wird, welche die Hauptachse wieder in die Be- wegungsrichtung einzustellen strebt, d. h. wenn die durch {109 a) angegebene äußere Drehkraft 9l a , welche jener inneren Drehkraft das Gleichgewicht hält, das Ellipsoid aus der Be- wegungsrichtung herauszudrehen sucht. Ist hingegen eine äußere Drehkraft erforderlich, welche die betreffende Haupt- Achse in die Bewegungsrichtung einzustellen sucht, d. h. streben die durch eine kleine Drehung erweckten inneren Drehkräfte den Winkel zwischen der Achse und der Bewegungsrichtung zu vergrößern, so wird die betreffende Bewegung eine labile zu nennen sein. Wie wir im vorigen Paragraphen gesehen haben, gibt die Kräftefunktion V des Elektrons durch ihre Abnahme die bei konstant gehaltener Geschwindigkeit bei jeiner Konfigurationsänderung zu gewinnende Arbeit an. Dem- § 19. Drittes KapiteL Die Mechanik der Elektronen. 161 entsprechend werden sich die stabilen und labilen TranaLations- bewegungen dadurch unterscheiden lassen, daß erster« einem Minimum, letztere einem Maximum der Kraftefunktion V bei gegebener Geschwindigkeit entsprechen, gerade so, wie in der Mechanik die stabilen und labilen Oleichgewichte durch ein Minimum bzw. ein Maximum der potentiellen Energie sich auszeichnen (vgl. Bd. I, § 11). Die genauere Untersuchung 1 ) hat dieses bestätigt; sie hat ferner ergeben, daß die Bewegung des Ellipsoides parallel der größten der drei Achsen einem Minimum der Kräftefunktion V (oder nach (104b) einem Maximum der Lagrangeschen Funktion) entspricht und dem- nach stabil ist. Die Bewegung parallel der kleinsten der drei Achsen hingegen, welche einem Maximum von V entspricht, ist instabil. Wir können also Dicht annehmen, daß die in den Kathodenstrahlen und in den Radiumstrahlen bewegten Elektronen etwa abgeplattete Rotationsellipsoide sind, welche sich parallel der Rotationsachse bewegen, wenigstens dann nicht, wenn wir die Ladung starr an dem Volumen oder an der Oberfläche des Ellipsoides haften lassen; der kleinste Anstoß würde genügen, um ein solches EUipsoid zum Um- schlagen zu bringen. Was schließlich die Bewegung parallel der mittleren Achse des dreiachsigen Ellipsoides anbelangt, so ist dieselbe offenbar stabil gegenüber solchen Drehungen, welche die kleinste Hauptachse, aber labil gegenüber solchen, welche die größte Hauptachse der Bewegungsrichtung parallel zu stellen suchen. Auch eine Bewegung parallel dieser mitt- leren Achse wird labil zu nennen sein. Wenn man unsere einfachste Voraussetzung, nämlich die eines kugelförmigen Elektrons, aufzugeben und zu der komplizierteren Annahme einer ellipsoidischen Form überzugehen wünscht, so wird man in den Kathodenstrahlen und in den Radiumstrahlen diese ellipsoidischen Elektronen nur ihrer größten Achse parallel bewegt annehmen dürfen, wofern man an den Grundhypothesen (VI, Via und VH) festhält. Unser kugelförmiges Elektron ist offenbar bezüglich einer Drehung in indifferentem Gleichgewicht. Der Impuls weist Abraham, Theorie der Elektrizität. II. 2. Aufl. 11 162 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 19. stets parallel der Bewegungsrichtung, und es ist keine äußere Drehkraft erforderlich; um die gleichförmige Translation aufrecht- zuerhalten. Die gleichförmige Translationsbewegung unseres kugelförmigen Elektrons mit Unterlicht- geschwindigkeit ist demnach eine kräftefreie Be- wegung. Es gilt für ein solches Elektron, sei es, daß die Ladung gleichförmig über die Oberfläche oder gleichförmig über das Volumen verteilt ist, das erste Axiom der Newtonschen Mechanik. Wir gehen nunmehr zur Berechnung der elektromagne- tischen Bewegungsgröße und Energie über, welche das Elek- tron bei seiner gleichförmigen Translation mit sich führt. Die Bestimmung der Kräftefanktion V bzw. der Lagrangeschen Funktion L ist ja durch (106 d) zurückgeführt auf die Be- stimmung der elektrostatischen Energie U des im Verhältnis tt 1 seiner Bewegungsrichtung parallel gestreckten Elektrons: (110) V L = xU . Aus der Lagrangeschen Funktion leiten wir nun sowohl die Bewegungsgröße wie die Energie unseres kugelförmigen Elektrons ab. Wir gehen dabei aus von der Formel (104c): (110a) L = - f£ j «I + (1 - ß*)((S$ + «?)}• Dieselbe nach ß differentiierend, erhalten wir (iwk) i£ - ßj% ( e; + m ) Wir betrachten zuerst das zweite der hier auftretenden Integrale; die partielle Differentiation nach ß bezieht sich auf das Feld, welches in einem gegebenen Punkte des stationären vom Elektron mitgeführten Feldes herrscht, d. h. es sind die Koordinaten (x, y, z) im bewegten Systeme bei der Differen- tiation nach ß konstant zu halten. Nach (101 c, d) und (102) können wir das Integral schreiben § 19. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 163 Nach der Regel (i) der Formelzusammenstellung in Bd. I, S. 453 ist Der Satz von Gauß ergibt demgemäß wenn man beachtet, daß das Oberflächenintegral von ^jte über die Begrenzungsfläche des stationären Feldes zu vernach- lässigen ist, da W mit der (— l)*" 1 , ß mit der (— 2) ten Potenz der Entfernung vom Elektron abnehmen; hat, wie wir voraus- setzen, das stationäre Feld sich bis zu Entfernungen ausgedehnt, die groß sind gegen den Radius des Elektrons, so ist dieses Oberflächenintegral in der Tat zu streichen; das geschieht mit demselben Rechte, mit dem wir die Energie und die Be- wegungsgröße des mitgeführten Feldes so berechnen, als ob im ganzen Räume das stationäre Feld herrschte. Die partielle Differentiation nach ß bezieht sich auf einen Punkt, der eine feste Lage in einem mit dem Elektron be- wegten Bezugssysteme hat. Haftet nun, wie angenommen wurde, die Elektrizität starr an den Volumelementen des Elek- trons, so ist die Ladungsverteilung von der Geschwindigkeit unabhängig, und es wird ^ = und daher auch Wir erhalten demnach aus (110b) mit Rücksicht auf (101 f) ("Od) 7§-/^Kft"«.«r)-/*l--«.- Es wird die der Bewegungsrichtung parallele Impulskomponente erhalten, indem man die La- grangesche Funktion nach dem Betrage \t\±*cß der Geschwindigkeit differentiiert. Speziell für unser kugel- ll* 164 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 19. förmiges Elektron, dessen Impuls stets seiner Bewegungs- richtung parallel ist, wird (in) l«l-af- Die Gültigkeit dieser bedeutungsvollen Beziehung fußt wesentlich auf der kinematischen Grundhypo- these (VII), welche aussagt, daß die Elektrizität an den Volumelementen des starren Elektrons haftet. Würden wir hingegen eine Formänderung des Elektrons zu- lassen und annehmen, daß mit wachsender Geschwindigkeit die Form des Elektrons, d. h. die Ladungsverteilung im be- wegten Systeme sich änderte, so wäre q als Funktion von ß anzusehen; alsdann würde die Relation (110c) nicht mehr gelten, es würde das zweite Glied auf der rechten Seite von (110 b) nicht mehr fortfallen. Es beruht mithin die Gleichung (llOd) auf unserer kinematischen Grundhypothese (VII); diese Gleichung geht in (111) über, wenn der Impuls der Bewegungs- richtung parallel weist, d. h. wenn keine äußere Drehkraffc zur Aufrechterhaltung der gleichförmigen Translation erforderlich ist. Für unser kugelförmiges Elektron ist diese Bedingung, wie wir gesehen haben, erfüllt. Die Lagrangesche Funktion ist definiert als Differenz der magnetischen Energie T und der elektrischen Energie U. Es ist mithin die gesamte elektromagnetische Energie des Elektrons W=2T-L. Führen wir hier für 2T den allgemeinen, im vorigen Paragraphen erhaltenen Ausdruck (103) ein, so erhalten wir oder mit Rücksicht auf (llOd) (lila) TT- I » I ITF - £■ Es drückt sich demnach auch die Energie eines der kinematischen Grundgleichung (VII) gehorchenden Elektrons allgemein durch die Lagrangesche Funk- § 19. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 165 tion ans. Wir merken noch die ans (111) nnd (lila) fol- gende Beziehung an miM d\9\ l dW _ d*L v 111D J dim inidi m diu 1 * deren Bedeutung wir im nächsten Paragraphen erläutert werden. Die Entwickelungen des vorigen Paragraphen gestatten es nun ohne weiteres, das Feld und die Lagrangesche Funktion eines kugelförmigen Elektrons zu ermitteln, sowohl für den Fall der gleichförmigen Flächenladung als auch für den Fall der gleichförmigen Volumladung. Durch die Transformation (105) wird die bewegte Kugel vom Radius a abgebildet auf ein ruhendes Ellipsoid von den Halbachsen (112) a o=J> & - <*>-«; dies ist ein gestrecktes Rotationsellipsoid, dessen Rotationsachse der Bewegungsrichtung des Elektrons entspricht. Das elektro- statische Potential dieses Ellipsoides würde sich für den Fall der Flächenladung aus (107), für den Fall der Volumladung aus (107 c) durch Einführung der Halbachsen (112) auswerten lassen. Durch (106) wäre dann das Konvektionspotential des bewegten Elektrons bestimmt als (112a) ^=*g? , und durch (102) bzw. (101b) die elektromagnetischen Potentiale (112b) Q^K-tiP^it- 1 ^ und (112c) «_i.o In a?0 "" a x+ r8 im äußeren Felde das elektrostatische Potential des gestreckten Rotationsellipsoides. Zum bewegten Elektron zurückkehrend, erhalten wir aus (112b, c) die elektromagnetischen Poten- tiale des mitgeführten äußeren Feldes (112.) #.£„£±31»), (UM) «-.-"jh^i+Ä), wobei nach (105) (H2g) 2/Jac~~ [x — aß + *r t =y(x + aßy+x*(y*+z*) xr 2 - V(rc - aß)* + x* (y* + #) zu setzen ist. Aus diesen Werten der elektromagnetischen Potentiale ist das äußere Feld des Elektrons nach den Formeln § 19. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 167 (101c,d,e,f) abzuleiten. Das Konvektionspotential, dessen negativer Gradient die auf die Einheit der mitbewegten Ladung ausgeübte Kraft bestimmt, ist außerhalb des Elektrons, nach (112 a, d) (112h) y-"l fr ( « + «; + »M Die Äquipotentialflächen des ruhenden, gestreckten Rota- tionsellipsoides sind konfokale Ellipsoide, die sich mit wachsen- der Entfernung mehr und mehr der Kugelgestalt nähern. Im äußeren Felde des bewegten Elektrons sind die Flächen kon- stanten Konvektionspotentiales eine Schar von Eüipsoiden, welche aus jenen durch eine Kontraktion parallel der #-Achse entstehen; mit wachsender Entfernung vom Elektron nähern sie sich asymptotisch Heaviside-Ellipsoiden. Wie die Oberfläche des leitenden Rotationsellipsoides eine Äquipotentialfläche ist, so ist die Oberfläche des Elektrons eine Fläche konstanten Konvektionspotentiales. Nach Bd. I, Gl. 132 b, S. 141 ist das elektrostatische Potential des leitenden Ellipsoides (U2i) y - , e ln ( a '+^ a ' + V ). Nach (112, 112a) wird demnach der an der Oberfläche des Elektrons herrschende Wert des Konvektions- potentiales pi») *-£m(i±£)-ii=£in(i±D, Im Innern des flächenhaft geladenen Elektrons sind sowohl das Konvektionspotential wie die elektromagnetischen Potentiale konstant; demgemäß besteht im Innern des gleichförmig be- wegten Elektrons, in dem hier behandelten Falle der Flächen- ladung, überhaupt kein elektromagnetisches Feld. Aus (104) bzw. (104 b) folgt jetzt ohne weiteres der Wert der Kräftefunktion bzw. der Lagrangeschen Funktion des Elektrons (IM) F— L-i^-ili^lng^) für den Fall der Flächenladung. 168 Erster Abechnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 19. Aus (111) folgt als Betrag des Impulses > ~dt d\*\ dt ' so wird (114d) ® = ^^ J + |i«IIH- Diese Formel gilt für jeden Vektor, dessen Richtung zu b parallel, und dessen Betrag durch den Betrag von b bestimmt ist. Speziell für die zeitliche Änderung von b selbst geht sie über in die Gleichung (114 a). Andererseits lautet die Bewegungsgleichung (114) (114e) 9-^K+tttK, hier sind unter Ä? und Ä? die Komponenten der äußeren Kraft zu verstehen, welche parallel bzw. senkrecht zur Bewegungs- richtung wirken; die Ebene der Geschwindigkeit b und der äußeren Kraft St a bestimmt die Oskulationsebene der Bahn wie in der Mechanik des materiellen Punktes. Wir schreiben jetzt (114d) und (114 a) 6 = tlO, + »l*r, und erhalten (H4g) (114h) «f *. d\9 i. i, d \*\ ' K *, B r B r Die Quotienten aus longitudinaler Kraftkompo- nente und longitudinaler Beschleunigungskomponente 174 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 20. sowie aus transversaler Kraftkomponente und Be- schleunigungskomponente sind für quasistationäre Bewegungen beide nur Funktionen der Geschwindig- keit. In diesem Sinne erweist sich das zweite Axiom Newtons in der Dynamik des Elektrons als gültig. Wir erhalten jetzt für die „longitudinale elektromagnetische Masse" d.h. für den Quotienten der parallel der Bewegungsrichtung ge- nommenen Komponenten von äußerer Kraft und Beschleuni- gung: (115) m '-?\i\ m Für die „transversale elektromagnetische Masse" hingegen, d. h. für den Quotienten der zur Bewegungsrichtung senkrechten Komponenten von äußerer Kraft und Beschleuni- gung folgt (115a) m r ,# 1*1 Im allgemeinen ist die longitudinale Masse von der transversalen verschieden. Nur im Grenzfalle lang- samer Bewegung; wo der Impuls des Elektrons seiner Ge- schwindigkeit proportional ist, stimmen die rechten Seiten von (115) und (115a) überein; wir wollen diesen gemeinsamen Grenzwert der longitudinalen und der transversalen Masse mit m bezeichnen; für langsame Kathodenstrahlen ist es erlaubt, mit ihm so zu rechnen, wie es in § 2 geschah. Diese Formeln, welche die Masse des Elektrons mit seiner Bewegungsgröße verknüpfen, und die vom Verfasser dieses Werkes zuerst angegeben wurden, sind unabhängig von jeder Annahme über die Form und die Ladungsverteilung des Elek- trons. Sie gelten immer dann, wenn der Impulsvektor der Bewegungsrichtung parallel weist und sein Betrag eine be- liebige Funktion des Betrages der Geschwindigkeit ist. Wünscht man die Dynamik des Elektrons rein elektromagnetisch zu begründen, so hat man für |®| den Betrag der elektromagne- tischen Bewegungsgröße einzusetzen. § 20. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 175 Man kann die elektromagnetische Masse auch mit der elektromagnetischen Energie des Elektrons in Verbindung bringen; die Energiegleichnng (96) ergibt für rein trans- latorische Bewegungen Für quasistationäre Bewegungen wird die Energie des Elektrons als Funktion des Betrages der Geschwindigkeit be- trachtet; es wird daher d. h. mit | H | , während P x die äußere, der Bewegungs- richtung parallele Kraftkomponente St? ist. Da nun in dem vorliegenden Falle die Lagrangesche Funktion von dem durch- laufenen Wege s unabhängig ist, so geht in der Tat die Lagrangesohe Gleichung (116 a) in (116) über. Abraham, Theorie der Elektrizität. II. S. Aufl. 12 178 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 20. Wählen wir andererseits für p x einen Parameter, welcher die Konfiguration eines gleichförmig bewegten Systemes elek- trischer Ladungen bestimmt, so ergibt (116 a) (116b) ,^ + p^.o. Auch diese Beziehung stimmt mit unserer Theorie überein. Denn wir hatten in § 18 gezeigt, daß die inneren Kräfte, die in einem gleichförmig bewegten Systeme von Ladungen wirken, sich aus einer Kräftefunktion V ableiten lassen; diese Kräfte- funktion, deren Abnahme der Arbeit der inneren Kräfte gleich ist, war, nach (104 b), entgegengesetzt gleich der Lagrangeschen Funktion L. Es stellt also auch in unserer Theorie (116 b) die Bedingung des Oleichgewichtes der inneren und der äußeren Kräfte in einem gleichförmig bewegten Systeme elektrischer Ladungen dar. Sucht man, mit Maxwell und Hertz, die Gesetze der Elektrodynamik aus den Prinzipien der Mechanik abzuleiten, so muß man im elektromagnetischen Felde verborgene Be- wegungen träger Massen annehmen. Identifiziert man die magnetische Energie mit der kinetischen, die elektrische mit der potentiellen Energie dieser Massen, so gelangt man auf Grund der Lagrangeschen Gleichungen in der Tat zu Ergeb- nissen, welche der Form nach mit denen unserer Theorie durchaus übereinstimmen. Es ist indessen zu bemerken, daß in der analytischen Mechanik die kinetische Energie T als Funktion zweiten Grades der Geschwindigkeiten der Antriebs- punkte angenommen, die potentielle Energie U als unabhängig von der Geschwindigkeit betrachtet wird. In dem vorliegenden Falle hingegen sind T und TJ Funktionen der Geschwindigkeit des Elektrons, T aber keineswegs eine Funktion zweiten Grades. Wir befinden uns demnach keineswegs auf dem Boden der Annahmen, von denen die analytische Mechanik ausgeht. Den- noch haben wir, von den Grundgleichungen (I bis VII) der Mechanik der Elektronen ausgehend, wenigstens für stationäre und quasistationäre Bewegungen, die Lagrangeschen Gleichungen als gültig erwiesen. Wir haben gezeigt, daß in unserer § 20. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 179 rein elektromagnetischen Dynamik des Elektrons die Lagrangeschen Gleichungen gelten. Dadurch haben wir den Gültigkeitsbereich der Lagrangeschen Mechanik wesentlich erweitert, indem wir ihn von langsamen Bewegungen, bei denen T eine quadratische Funktion der Geschwindigkeit ist, auf be- liebig rasche Bewegungen (mit Unterlichtgeschwindigkeit) aus- gedehnt haben. Wir haben ferner in der Dynamik des einzelnen Elektrons den Grundgedanken des elektromagnetischen Welt- bildes (§ 16) zur Durchfuhrung gebracht, welcher fordert, nicht die elektrische und magnetische Energie auf die potentielle und kinetische Energie der Mechanik, sondern umgekehrt die kine- tische und die potentielle Energie auf die magnetische und elektrische Energie zurückzuführen. Wir kehren nunmehr zum speziellen Falle des kugel- förmigen Elektrons zurück. Wir setzen für den Betrag des Impulses den in (113 a) erhaltenen Wert ein und berechnen auf Grund der Formeln (115) und (115 a) die longitudinale und transversale Masse. Wir finden (117) m ._^,.J,(_Jl I1 (l±«) +T -i ?I ), ("") %-£-*{( i #K-3)- 1 )- Für Geschwindigkeiten, die so klein sind gegen die Licht- geschwindigkeit, daß ß* gegen 1 zu vernachlässigen ist, ergibt sich als gemeinsamer Grenzwert der longitudinalen und der transversalen Masse (117b) *»o = !^- Die Formeln (117, 117a, b) gelten im Falle der Flächenladung. Im Falle der Volumladung, wo die Bewegungsgröße im Verhältnis 6 : 5 vermehrt ist, sind alle drei Ausdrücke mit diesem Faktor zu multiplizieren. Es wird z. B. e« (ll ? c) *-f=i 5 ac* 12 180 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 80. Wir fassen beide Fälle, den der Flächenladung nnd den der Volumladung des kugelförmigen Elek- trons, zusammen, indem wir schreiben (117d) *»,— "V j-zO*)» (117 e) Für fn ist hier im Falle der Flachenladung der Wert (117 b), im Falle der Volumladung der Wert (117 c) zu setzen. Für die spezifische Ladung langsamer Kathodenstrahlen folgt im ersteren Falle e % ac woraus sich für den Radius des Elektrons ergibt 2 e Wir fuhren hier den in Gleichung (2) angegebenen Wert des elektrischen Elementarquantums und den aus den Kauf- männischen Messungen an Becquerelstrahlen durch Extrapolation abgeleiteten Wert der spezifischen Ladung (GL 123 in § 21) ein: 1 = 10-», , = 1,82- W. Wir erhalten dann (118) a — 1,21 • 10" 18 cm (Flachenladung). Im Falle der Volumladung ist dieser Wert mit 6 : 5 zu multiplizieren; er wird (118a) a - 1,46 - 10" 18 cm (Volumladung). Diese Zahlen sind natürlich mit denselben Fehlern be- haftet wie die Bestimmungen von e und rj . Immerhin kann man wohl behaupten: Der Radius des Elektrons ist § 20. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 181 wean man die Masse als rein elektromagnetisch an- nimmt, in die Grenzen 10" 18 (118c) ^-„.[l + ^f + £? + £?+...). Für Unterlichtgeschwindigkeit — und nur hier gelten die Formeln (117d, e) überhaupt — sind diese Reihen kon- vergent. Man siebt, daß bei rascher Bewegung die longitudinale Masse stets größer ist als die transversale. Wirkt eine Kraft schief zur Bewegungsrichtung, so ist die Be- schleunigung keineswegs der Kraft parallel; der Be- schleunigungsvektor schließt vielmehr, da die longitudinale Trägheit die transversale überwiegt, mit der Bahntangente im allgemeinen einen größeren Winkel ein als der Kraftvektor. Nur wenn die Kraft parallel oder . senkrecht zur Bewegungs- richtung wirkt, stimmen Kraft und Beschleunigung der Rich- tung nach überein. Die Masse ist eben in der Dynamik des Elektrons kein Skalar wie in der gewöhnlichen Mechanik. Die Kraft ist hier eine lineare Vektorfunktion (Bd. I, § 14) der Beschleunigung von allgemeinerer Art. Die „elektromagne- tische Masse" ist das Koeffizientensystem der Gleichungen, welche die Kraftkomponenten durch die Beschleunigungs- komponente ausdrücken. Das System der elektromagne- tischen Massen ist ein Tensortripel von rotatorischer Symmetrie um die Bewegungsrichtung des Elektrons; es ist etwa zu vergleichen dem Systeme der Trägheitsmomente eines Rotationskörpers, welches gleichfalls durch zwei Größen, das Moment um die Rotationsachse und um eine zu ihr senk- rechte Achse, erst bestimmt wird; es ist in entsprechender Weise geometrisch darzustellen. 182 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 21. § 21. Die Ablenkbarkeit der Kathodenstrahlen und der ß-Strahlen. Bei schnellen Kathodenstrahlen und hei den sogenannten ß-Strahlen radioaktiver Körper hat man es mit negativen Elektronen zu tun, deren Geschwindigkeit keineswegs klein gegen die Lichtgeschwindigkeit ist; hier kommt die Unter- scheidung der longitudinalen und der transversalen Masse in Betracht. Für die Ablenkbarkeit der Strahlen ist selbstverständ- lich die transversale Masse m r und die entsprechende „trans- versale spezifische Ladung" (119) Vr = — r maßgebend. Dabei ist e der elektrostatisch gemessene Betrag der Ladung. Werden die j3-Strahlen durch ein zur ursprünglichen Strahl- richtung senkrechtes magnetisches Feld abgelenkt, so ist die Bahnkrümmung gemäß Gleichung (7) (119a) i-V 1 *" Die Geschwindigkeit bleibt bei der Bewegung im magne- tischen Felde konstant, da die im magnetischen Felde auf die Elektronen wirkende Kraft stets senkrecht zur Bewegungs- richtung gerichtet ist; der einzige Unterschied gegenüber lang- samen Kathodenstrahlen liegt hier darin, daß tj r eine Funktion der Geschwindigkeit ist. Es ist nach (117e) ( 119b ) ^r-Vo'^wy Bei der Bewegung im elektrischen Felde liegt die Sache komplizierter. Zunächst ist der Zuwachs der Energie auf einem gewissen Wege der Arbeit der elektrischen Kraft gleich. Die Geschwindigkeitsänderung des negativen Elektrons auf einem gewissen Wege ist dementsprechend im elektrostatischen Felde bestimmt durch (120) W-W = e{y-

) *(/*)-- je Vo %(f - t ), indem man ß als konstant ansieht. Ist etwa die x- Achse der ursprünglichen Bewegungsrichtung parallel, so gilt in diesem Grenzfalle unendlich geringer Ablenkung ferner x - x - (t - * ) | H | und, wenn <8 a parallel der negativen y-Achse weist, g(fl) = k 2 y } t Die Konstanten fc 1? ^ hängen noch von den Abmessungen der Apparate, den Feldstärken, ferner von ^ und c ab. Die Prüfang der Theorie an der Hand der Beobachtungs- ergebnisse wurde so durchgeführt, daß zunächst versucht wurde, die gemessenen reduzierten Ablenkungen durch die Formel (117 e) darzustellen, wobei die Kurvenkonstanten h t und Jc^ §21. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 187 nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnet wurden. Die Resultate sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt. Die ersten beiden Zeilen enthalten die gemessenen redu- zierten Ablenkungen z' und y'. Die dritte Zeile gibt die auf Grund der Formeln (122 b, c) berechneten Werte von y an. Die Abweichung d der beobachteten und der berechneten Werte von y' in Mikron sind in der vierten Zeile aufgeführt; sie ge- statten ein Urteil über die Genauigkeit, mit welcher die theo- retische Formel (H7e) für die transversale Masse gültig ist. Der mittlere Fehler der Kurvenpunkte betragt nur 5 Mikron. Die fünfte Zeile endlich enthält die Geschwindigkeitswerte ß, bezogen auf Lichtgeschwindigkeit, welche sich den Ablenkungen auf Grund unserer Theorie zuordnen. e y' beob. y' ber. 8 i 1 ß t 0,1350 0,0246 0,0251 - 5 0,974 0,1919 0,0376 0,0377 - 1 0,922 0,2400 0,0502 0,0502 0,867 0,2890 0,0645 0,0649 - 4 0,807 0,3359 0,0811 0,0811 0,752 0,3832 0,1001 0,0995 + 6 0,697 0,4305 0,1205 0,1201 + 4 0,649 0,4735 0,1405 0,1408 - 3 0,610 0,5252 0,1667 0,1682 -15 0,566 Ob die Theorie den Zusammenhang der Kurvenkonstanten £j und 1% mit den Feldstärken richtig wiedergibt, versuchte Kaufmann durch Messung der Feldstarken festzustellen. Für den Quotienten aus elektrischer und magnetischer Feldstärke ergab sich eine Abweichung von nur 3,5% zwischen dem aus den Kurvenkonstanten berechneten und dem gemessenen Werte. Man kann ferner die Theorie prüfen, indem man den aus den Kurven extrapolierten Wert der spezifischen Ladung rj langsamer Elektronen mit dem für Kathodenstrahlen (§ 2) er- 188 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 22. haltenen vergleicht. Den ersteren Wert findet Kaufmann nach unserer Theorie gleich (123) % = 1,823- 10 7 . Der für Kathodenstrahlen angegebene Wert (9) ist kon- sequenter Weise ebenfalls, entsprechend den Andeutungen im Eingange dieses Paragraphen, zu korrigieren, da die Geschwin- digkeit der Elektronen auch hier nicht als klein gegen die Lichtgeschwindigkeit zu betrachten ist. Dann erhält man (123a) ri - 1,878 . 101 Die Übereinstimmung ist nicht unbefriedigend. Dem aus dem Zeeman-Effekt (§ 10) ermittelten Wert des % (GL 61), nämlich (123b) Vo - 1,79 - 10 7 . liegt der von Kaufmann auf Grund der Theorie des starren Elektrons aus der Ablenkung der ß- Strahlen des Radiums be- rechnete Wert näher als der aus der Ablenkung der Kathoden- strahlen gefundene. Bei seinen letzten Untersuchungen (1906) hat W. Kaufmann auch auf die Theorien von H. A. Lorentz 82 ) und A. Bucherer 7 ) Bezug genommen, von denen im nächsten Paragraphen die Bede sein wird. Es wäre von Interesse, das Intervall zwischen den Kathoden- strahlen und den langsamsten Radiumstrahlen auszufüllen und auch in diesem Gebiete die Theorie zu prüfen-, doch ist die künstliche Beschleunigung der Kathodenstrahlteilchen bis zur halben Lichtgeschwindigkeit mit großen experimentellen Schwie- rigkeiten verknüpft. § 22. Das Lorentzsche und das Bucherersche Elektron. Gewisse später zu erörternde Fragen der Optik bewegter Körper haben H. A. Lorentz 32 ) veranlaßt, der auf der kine- matischen Grundhypothese (VII) fußenden Dynamik des Elek* trons eine andere gegenüber zu stellen, welche diese Grund- hypothese aufgibt. H. A. Lorentz behält nicht nur die allgemeinen Grundgleichungen (I bis V) bei, sondern auch die dynamische § 22. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 189 Grundgleichung (VI), welche verlangt, daß die resultierenden elektromagnetischen Kräfte des äußeren und des vom Elektron selbst erregten Feldes einander im Sinne der Mechanik starrer Körper das Gleichgewicht halten. Er nimmt indessen das Elektron nicht als „starr" an, sondern läßt eine Formänderung desselben zu. Im Ruhezustande soll das Elektron eine Kugel vom Radius a sein; bei der Bewegung aber soll es sich parallel der Bewegungsrichtung im Verhältnis kontrahieren. Das gleichförmig translatorisch bewegte Elektron soll demnach ein Heaviside-Ellipsoid sein. Wir wollen die Lagrangesche Funktion sowie die elektro- magnetische Energie und Bewegungsgröße eines solchen Lorentz- schen Elektrons berechnen. Das elektromagnetische Feld be- stimmt sich aus den Ansätzen des § 18; die Anwendung der dort gegebenen Transformation (105) gestaltet sich hier be- sonders einfach. Das bewegte System 27 ist ein Heaviside- Ellipsoid; geht man durch Streckung parallel der Bewegungs- richtung im Verhältnis x' 1 zum ruhenden System Z über, so erhält man eine Kugel vom Radius a. Die Energie dieser Kugel ist, im Falle der Flächenladung, (124) Do-JUej-il. Die Lagrangesche Funktion, welche nach (104b) im Falle gleichförmiger Bewegung der Kräftefunktion entgegengesetzt gleich ist, wird, gemäß (106 d), (124a) L — «Ut — x£.> Femer folgt aus (102) und (106) (124b) - i ,p„ und daher aus (lOld) und (105) < 124c ) i - a# i a 9o i dz % dz % °** 1 190 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. §22. Hieraus und aus (lOlf) bestimmt sich die ^-Komponente des Vektors g, welcher die Dichte der elektromagnetischen Bewegungsgröße anzeigt: Durch Integration über das Feld des Systemes 27, dessen Volumelemente denen des ruhenden Systemes 2 durch (105) zugeordnet und daher im Verhältnis dv : dv = x verkleinert sind, folgt (124d) 0, -fdv %.-<£; fao { «J, + «& } • Beachtet man ferner, daß in 2? das Feld dasjenige einer ruhenden Eugel ist, daß mithin aus Symmetriegründen fd%*\* -f**.K -fi*n. gilt, so erhält man Der Betrag des der Bewegungsrichtung des Heaviside- Ellipsoides parallelen Vektors ® wird demnach (124e) l®i = ^. = I^> { — T^?}' Aus der so bestimmten elektromagnetischen Bewegnngs- größe folgt, auf Grund der allgemeinen Beziehung (103), die doppelte magnetische Energie (124f) 2T= 2eT 3 a% Hieraus und aus (124a) erhält man, für die gesamte elektromagnetische Energie des Heaviside-Ellipsoides, den Ausdruck (124g) nr-2r-2i- i ^(l + 4). § 22. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 191 H. A. Lorentz nimmt nun an, daß die träge Masse des Elektrons rein elektromagnetischer Art ist; demgemäß zieht er, neben der elektromagnetischen Bewegungsgröße (124e), eine materielle Bewegungsgröße nicht in Rechnung. Er erhält auf Grund der Formeln (115) und (115a) ; für die longitudinale und transversale Masse (125) m s = m - x~ 8 = m . (1 - /J 8 )"~* , (125a) m r *= m • x _1 — m • (1 — /}*) 2 ; m Q stellt dabei den gemeinsamen Grenzwert beider Massen bei langsamer Bewegung vor, der im Falle der Flächenladung durch (117b), im Falle der Volumladung durch (117c) ge- geben wird. Nach dem in § 18 bewiesenen Satze geht der Wert von U Q im Falle der Volumladung aus dem im Falle der Flächenladung gültigen Werte durch Multiplikation mit % hervor; mit demselben Faktor sind demnach die Ausdrücke der Lagrangeschen Funktion (124a), der Bewegungsgröße (124e) und der elektromagnetischen Energie (124 g) beim Übergang zur Volumladung zu multiplizieren. Versucht man, die longitudinale elektromagnetische Masse des Lorentzschen Elektrons auf Grund der Formeln (115 b) und (124g) zu berechnen, indem man annimmt, daß die Energie des Elektrons rein elektromagnetischer Natur ist, so gelangt man zu einem Ergebnis, welches zu (125) in Widerspruch steht. Das kann nicht wundernehmen; haben wir doch in § 19 gesehen, daß die Relation (111b), welche die Identität der aus der elektromagnetischen Energie und aus der elektro- magnetischen Bewegungsgröße abgeleiteten Werte der Masse ausspricht, auf der Annahme einer unveränderlichen Ladungs- verteilung beruht. Für das Lorentzsche Elektron, welches der Grundhypothese (VII) nicht gehorcht, gilt diese Relation ebenso- wenig wie die Gleichungen (111) und (lila), welche Impuls und Energie mit der Lagrangeschen Funktion verknüpfen. In der Tat, nach (124 a) ist n9ß x dL^ e^ §_ j^_ \%\ £ |*| 192 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 22. wahrend nach (124e) und (125a) ist. I u % r \ Während für das „starre" Elektron die Differenz dieser beiden Größen verschwindet, hat sie für das deformierbare Elektron den von Null verschiedenen Wert (126a) ^-|« H -I Wo .iJl=.-I Wr Da nun allgemein gilt: TT= 2T— i — |ti| - 1®| — i, so folgt + I5i{l«l-aHi] n l_dTF Ä d|€H , 1 f Iirt#l dL Hieraus ersieht man, daß (115) und (115b) nicht zu dem- selben Werte der longitudinalen Masse führen können. Be- stimmt man die Masse durch die elektromagnetische Bewegungs- größe, so ist, für das Lorentzsche Elektron, (115 b) zu ersetzen durch ( 126b ) iiiS = m ' + T w r. Da die longitudinale Masse des Lorentzschen Elektrons sich nicht aus der elektromagnetischen Energie allein ableiten läßt, so müssen wir, um das Energieprinzip aufrechtzuerhalten, diesem Elektron eine innere Energie E nicht elektromagnetischer Art zuschreiben. In der Tat, es soll sich ja das Elektron bei einer Zunahme der Geschwindigkeit abplatten; dabei wird gegen die elektrodynamischen Kräfte, mit denen sich die Volum- elemente abstoßen, Arbeit geleistet. Während für das starre Elektron die Zunahme der elektromagnetischen Energie gleich der von der äußeren Kraft $t a geleisteten Arbeit ist, findet das hier nicht mehr statt. Die Zunahme der elektromagnetischen Energie bei einer Beschleunigung ist, für das Lorentzsche Elektron, größer als die Arbeit der äußeren Kräfte. § 22. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 193 Die innere Energie E, durch deren Annahme man das Energieprinzip aufrechterhalten kann, darf nicht als kinetische Energie im Sinne der gewöhnlichen Mechanik betrachtet werden; denn in diesem Falle würde jede Berechtigung dafür wegfallen, daß Bewegungsgröße im Sinne der gewöhnlichen Mechanik nicht angenommen wird. Immerhin kann E von der Geschwindigkeit abhängen, da ja diese die Form des Elektrons bestimmt. Die Energiegleichung verlangt (127) *JW±*1_ („*»), und der Impulssatz (127a) ^-«-. . Durch Kombination dieser beiden Sätze erhält man d{W+E) / d®\ dt — V 1 dt) 9 oder (127b) (#«)_*( (i «)-Tr-*}. Für gleichförmige Bewegung ist nun Für quasistationäre Bewegungen wird diese Beziehung als gültig angesehen, und es wird L wie E als Funktion der jeweiligen Geschwindigkeit betrachtet. Es wird mithin d{L — E) d{L — E) d\W ( 127C ) dt - d\*\ dt Da ferner, bei stationärer und quasistationärer Bewegung, für das Lorentzsche Elektron aus Symmetriegründen der Impuls parallel der Bewegungsrichtung ist, so gilt (md) (•<■)_ im^y. Nach (127 b) sollen nun die Ausdrücke (127 c) und (127 d) einander gleich sein, und zwar für beliebige Werte der Be- schleunigung; hieraus folgt die Relation (128) |®|_*^L Abraham, Theorie der Elektrizität. IL 2. Aufl. 13 194 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 22. Dieselbe ist als Verallgemeinerung der Relation (111) an- zusehen; sie geht in jene über, wenn man eine Energie E nicht elektromagnetischer Art ausschließt. Hier tritt der bereits in § 16 erörterte Zusammenhang der kinematischen Grundgleichung (VII) mit dem Gedanken der rein elektromagnetischen Begründung der Dynamik des Elektrons deutlich hervor. Für das starre Elektron gilt (111) allgemein, es folgt daher aus (128) d. h. eine etwa angenommene Energie nicht elektromagnetischer Art würde bei einer Änderung der Geschwindigkeit sich nicht ändern. Etwa angenommene innere Kräfte nicht elektro- magnetischer Natur würden dabei keine Arbeit leisten. Unsere auf der Grundgleichung (VII) fußende Dynamik des Elektrons braucht daher solche Kräfte und eine solche Energie nicht einzuführen, eine „potentielle" Energie ebensowenig wie eine kinetische. Die Lorentzsche Dynamik des Elektrons sieht gleichfalls die träge Masse als rein elektromagnetisch an und schließt daher eine kinetische Energie im Sinne der gewöhn- lichen Mechanik aus. Sie muß indessen eine „potentielle" innere Energie des Elektrons einführen. Aus (128) ; im Verein mit (126a) und (126), folgt: /ioq ^ dE 1 |0| 1 dL (128a) -7TZT «= r^ft- — = — -r- -5-^-7. und, durch Integration, (128b) E = E 9 -\(L-L,)- hier sind E , L die Werte, welche E und L für das ruhende Elektron besitzen. Aijs (124a) folgt e* (128c) jB_j^_A.(i_ Ä ). Diese Formel gibt an, wie die „potentielle" Energie des Lorentzschen Elektrons mit wachsender Geschwindigkeit ab- nimmt. Für Lichtgeschwindigkeit, wo das Elektron in eine Kreis- § 22. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 195 Scheibe übergeht, wird x gleich Null, mithin die potentielle Energie (128d) E^E,-^- Wir können daher (128 c) auch schreiben (129) E = E t + £. Diese potentielle Energie nicht elektromagne- tischer Art muß man dem Lorentzschen Elektron zu- schreiben, wenn man das Energieprinzip aufrecht- zuerhalten wünscht. Bei diesem Ergebnis wird man sich kaum beruhigen; man wird vielmehr weiter fragen, nach welchem Gesetz die Kräfte wirken sollen, die sich aus einer solchen potentiellen Energie herleiten. Nur indem man hierüber bestimmte An- nahmen macht, wird man über das Verhalten des Lorentzschen Elektrons bei allgemeineren Bewegungen (nicht quasistationären oder nicht rein translatorischen) etwas Bestimmtes aussagen können. Man kann daran denken, elastische Kräfte zwischen den benachbarten Volumelementen des Elektrons anzunehmen, und eine Theorie des deformierbaren Elektrons von der in § 16 angedeuteten Art zu entwickeln. Eine solche Theorie würde die Trägheit des Elektrons erklären, aber nicht rein elektromagnetisch; sie würde die kinetische Energie zurück- führen auf die weniger gut verstandene potentielle Energie und auf die elektromagnetische Energie. Auf einer solchen Dynamik des Elektrons läßt sich kein elektromagnetisches System der Physik aufbauen. Wenn man in die Dynamik des Elektrons elastische Kräfte einführt, so ist es logisch un- möglich, die Elastizität der Materie durch Zurückführung auf die Mechanik der Elektronen rein elektromagnetisch zu deuten. Was den Vergleich der Lorentzschen Formel (125 a) für die transversale Masse mit den Beobachtungen an Becquerel- strahlen anbelangt, so findet Kaufmann 88 ) bei seinen letzten Untersuchungen (1906), daß seine Kurven sich auch durch diese Formel darstellen lassen, mit einem mittleren Fehler von 13* 196 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen, § 22. nur 5 Mikron; doch weichen die gemessenen Feldstärken von den aus den Kuryenkonstanten berechneten um 10,4 % &b ; und es betragt der nach Lorentz extrapolierte Wert der spezifischen Ladung langsamer Elektronen rj - 1,660 • 10 7 ; derselbe ist wesentlich kleiner als der bei Kathodenstrahlen (123 a) gefundene und der aus dem Zeeman-Effekt ermittelte (123 b). So gelangt Kaufmann zu dem Ergebnisse, daß sich die Lorentzsche Dynamik des bei der Bewegung sich abplatten- den Elektrons nicht mit dem experimentellen Befunde verein- baren läßt. Das Lorentzsche Elektron ist ein spezielles Heaviside- Ellipsoid, mit den Halbachsen ax, a, a wo a von ß unabhängig ist. Es liegt nahe, ein allgemeineres Heaviside-Eüipsoid zu betrachten, indem man a als Funktion von ß auffaßt; auch für ein solches sind durch (124a, e, g) Lagrangesche Punktion, Impuls und Energie gegeben: T e 1 ' 3 ac* x 7 2a* \ 3 r / Man kann nun folgende Frage aufwerfen: Ist es möglich, a als Funktion der Geschwindigkeit so zu bestimmen, daß die Beziehung gut dL daß mithin aus Impuls und Energie der gleiche Wert der longitudinalen Masse folgt: d\9\ _ 1 dW m ' Ä |d|>|> ohne daß man wie beim Lorentzschen Elektron eine Energie- form nicht elektromagnetischer Art heranzuziehen hat? Indem wir den Betrag des elektromagnetischen Impulses dem Differentialquotienten der Lagrangeschen Funktion noch der Geschwindigkeit gleichsetzen, erhalten wir <§ 22. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 197 _L?**_ _LJL Li? mithin (130) a~a x~-$, wo a den Radius des Elektrons im Falle der Buhe darstellt. Bei Bewegung sind die Halbachsen des Heaviside-Ellipsoides: J. _i l* Es bleibt das Volumen des Ellipsoides konstant. Wir sehen also: Das Heaviside-Ellipsoid von konstantem Volumen ist das einzige, bei dem die Arbeit der äußeren trans- latorischen Kräfte dem Zuwachs der elektromagne- tischen Energie gleich ist. Man kann diese Folgerung prüfen, indem man sich davon überzeugt, daß aus Impuls und Energie: (130a) |®| = [|i^. 1H . x -i, (130b) W = £-(l+±ß*).*-$ der gleiche Wert der longitudinalen Masse folgt: (130c) „i,-^-^^-^ s (l~y^)- Für die transversale Masse erhält man (130d) m r = m Q x" » = w (l — /3*)~ s . Ein solches Heaviside-EUipsoid konstanten Volumens ist von A. Bucherer 7 ) zuerst behandelt worden. Die Formel (130 d) hat Kaufmann 28 ) bei seinen letzten Untersuchungen (1906) ebenfalls geprüft und gefunden, daß sie die Ablenkbarkeit der 0-Strahlen des Radiums ebensogut darstellt wie unsere Formel (117 a). Die beiden Formeln stimmen überhaupt in dem hier in Frage kommenden Geschwindigkeitsintervall bis auf 2% überein. Versucht man, sich die Bedingung konstanten Volumens kinematisch verständlich zu machen, so findet man Schwierig- 198 Erster Abschnitt. Feld und: Bewegung einzelner Elektronen. § 23. keiten. Am nächsten liegt es wohl, Volumladung anzunehmen und die Kinematik der dieses Volumen erfüllenden Elektri- zität derjenigen inkompressibler Flüssigkeiten nachzubilden. Doch zeigt es sich, daß dann bei Bewegung im magnetischen Felde Wirbel entstehen, die bei fehlender materieller Masse ins Un- endliche wachsen könnten. Auch dürfte es kaum gelingen zu beweisen, daß unter diesen Annahmen bei veränderlicher Ge- schwindigkeit das Elektron jeweils die Gestalt des Heaviside- Ellipsoides annimmt. Es sind das Schwierigkeiten, welche das starre Elektron vermeidet. Was die Beziehung zum Relativitätspostulat anbelangt, von der weiter unten die Bede sein wird, so befinden sich sowohl das starre kugelförmige Elektron wie das Heaviside-Ellipsoid konstanten Volumens im Widerspruche mit diesem Prinzipe, dem nur das Lorentzsche Elektron genügt. § 23. Der Bereich der quasistationären Bewegung. Im ersten Bande dieses Werkes wurde gegen die Theorie des quasistationären Stromes der Einwand gemacht, daß diese Theorie von dem Energieverlust durch Strahlung keine Rechen- schaft gibt. Derselbe Einwand ist gegen die in den voran- gegangenen Paragraphen dargelegte Theorie der quasistationären Elektronenbewegung zu erheben. Diese Theorie bestimmt die Energie und den Impuls des vom Elektron erregten Feldes so, als ob sie der jeweiligen Geschwindigkeit des Elektrons ent- sprächen. Bei periodischen Bewegungen führt diese Be- handlungsweise zu der Konsequenz, daß nach dem Ablauf einer Periode die Energie und die Bewegungsgröße des Feldes zu den Anfangswerten zurückgekehrt seien, daß also das Weg- integral und das Zeitintegral der äußeren Kraft für eine ganze Schwingung gleich Null sei. Das ist nun, wie im zweiten Kapitel dieses Bandes dargelegt wurde, keineswegs der Fall; auch bei periodischen Bewegungen ist das Wegintegral und im allgemeinen auch das Zeitintegral der äußeren Kraft von Null verschieden. Die Arbeitsleistung und der Impuls der äußeren Kraft findet sich in der Energie und der Bewegungs- § 23. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 199 große der entsandten Wellen wieder. Die entsandte Wellen- strahlung ist es eben, die man vernachlässigt, wenn man die beschleunigte Bewegung des Elektrons als quasistationär betrachtet. Die Entwickelungen des vorigen Kapitels gestatten es uns, diese Lücke unserer Theorie sogleich auszufüllen. Haben wir doch in Gleichung (87) des § 15 den allgemeinen Ausdruck für die Rückwirkung der Strahlung angegeben. Wir setzen jetzt für die gesamte vom Elektron auf sich selbst ausgeübte Kraft (131) •-«'+•", indem wir unter (131a) *'--*-£ die nach den Ansätzen der vorigen Paragraphen berechnete Kraft verstehen, unter (131b) aber die in (87) angegebene Reaktionskraft der Strahlung. Dabei ist zu bemerken, daß ®, der Impuls des vom Elektron mitgeführten Feldes, von den über die Form des Elektrons gemachten Annahmen abhängt, während die- Rückwirkung der Strahlung sich ohne solche Annahmen angeben ließ, wenigstens dann, wenn es gestattet war, das Elektron hinsichtlich der entsandten Wellenstrahlung als einer Punktladung äquivalent zu betrachten. Alsdann erfüllt der Ansatz (131) für die innere Kraft allgemein die Energiegleichung und die Impulsgleichung; denn die Arbeitsleistung der Zusatzkraft ft* ist, wie aus den Entwickelungen des § 15 hervorgeht, für ein Intervall beschleunigter Bewegung entgegengesetzt gleich der in diesem Intervalle ausgestrahlten Energie, das Zeit- integral von Ä* entgegengesetzt gleich der ausgestrahlten Be- wegungsgröße. Bestimmen wir die Bewegung des Elektrons aus der korrigierten Bewegungsgleichung (i3ic) *„«_*•_*, 200 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 23« so sind wir von vornherein sicher, in keinen Widerspruch mit dem Energieprinzip oder dem Impulssatze zu geraten. Wir fassen eine Bewegung ins Auge, die zuerst gleichförmig mit der Geschwindigkeit to t verläuft, dann in beliebiger Weise be- schleunigt wird und weiterhin wieder stationär mit der Ge- schwindigkeit H 8 vor sich geht. Wir warten so lange, bis die entsandten Wellen sich hinreichend weit von dem (mit Unter- lichtgeschwindigkeit bewegten) Elektron entfernt haben. Inner- halb des von der Wellenzone eingerahmten Raumes besteht dann das Feld, welches der Geschwindigkeit H 8 entspricht, und dessen Energie und Impuls W 2 bzw. ® 2 sind. Die Energie und die Bewegungsgröße des außerhalb der Wellenzone liegen- den Feldes kommen nicht in Betracht. Werden für die Energie W 12 und den Impuls ® 12 der Wellenzone die im vorigen Kapitel gefundenen Werte eingesetzt, so gilt allgemein 2 (131 d) fffdt - ® 2 - ® x + ® 12 , i 2 (131 e) f(* «•) dt - TT, - W x + W at 1 wenigstens für das starre kugelförmige sowie auch für das Bucherersche Elektron. Beim Lorentzschen Elektron ist, wie wir soeben gesehen haben, noch die Änderung der „inneren potentiellen Energie" in Rechnung zu setzen. Wir sind jetzt in der Lage, den Gültigkeitsbereich der quasistationären Bewegung anzugeben: Wir dürfen die Be- wegung als quasistationäre behandeln, wenn gegen die so berechnete innere Kraft Ä' die Reaktions- kraft Ä" der Strahlung verschwindet. Betrachten wir etwa eine Kreisbewegung, wie sie die Elektronen der Radium-Strahlung in einem zur ursprünglichen Strahlrichtung senkrechten magnetischen Felde ausführen. Hier ist der Betrag der Trägheitskraft der quasistationären Bewegung für das starre kugelförmige Elektron nach (117e) (132) | ft ' Hw , r M = Wo £M^). § 23. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 201 Die Reaktionskraft der Strahlung aber ist nach Glei- chung (88) so daß man erhält (132a) ifl-15^, *-l-f. Setzt man für m den im Falle der Flächenladung gültigen Wert (117 b), so folgt (132b) l«"!: 10 ' 1 - 4 a ß 3 B x>(|3) Für Bewegungen, die der Lichtgeschwindigkeit nicht gar zu nahe kommen, ist die eingehende Funktion von ß keine große Zahl. Hier verschwindet der Betrag von Ä" gegen den von Ä', falls der Krümmungsradius R der Bahn groß gegen den Radius des Elektrons ist; diese Bedingung ist praktisch stets erfüllt. Wir sehen also: Die Ablenkbarkeit der in den Kathodenstrahlen und in den ß- Strahlen des Radiums bewegten Elektronen darf in allen prak- tischen Fällen auf Grund der Ansätze der Theorie der quasistationären Bewegung berechnet werden. Um zu zeigen, daß dieses auch für die raschesten der Elektronen gilt, deren Ablenkung man hat beobachten können, nehmen wir eine Geschwindigkeit an, die nur um 1 % kleiner ist, als die Lichtgeschwindigkeit: = 0,99; 1-/3 = 0,01; wir erhalten dann ** - (1 _ 2 ) 8 - 4 • 10- 4 , 1>(ß) - 4,3 . Man sieht, daß die Funktion von ß, welche das Ansteigen des Quotienten |Ä"| : |Ä'| bei Annäherung an die Licht- geschwindigkeit bedingt, hier bereits von Bedeutung wird; ihr Wert ist hier A _ JL . = 7 7 . io* 202 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 23. Dafür ist aber der Radius des Elektrons sehr klein gegen den Krümmungsradius der Bahn. Letzterer berechnet sich aus der reduzierten magnetischen Ablenkung *'= 0,1495 und der von Kaufmann angegebenen Beziehung*) ,'- t£p. zu B = 28cm. Setzt man endlich für a den unter Annahme von Flächen- ladung berechneten Wert (Gl. 118) ein, so findet sich |tH;[r|- T ' T - 10 '-y- 10 " M -8.10-». Die magnetische Feldstärke war hier gleich 200 absoluten Einheiten. Nimmt man nun auch ein 300 mal stärkeres magne- tisches Feld an, so beträgt der bei Annahme quasistationärer Bewegung begangene relative Fehler immer noch weniger als 10 " 9 . Auch die Bewegung der raschesten beobachtbaren ß- Strahlteilchen in experimentell herstellbaren magnetischen Feldern ist demnach als quasistationär zu betrachten. übrigens ist der Ausdruck für die Reaktionskraft der Strahlung, welcher in § 15 angegeben wurde, nicht streng gültig; er gilt nur angenähert, und zwar dann, wenn es ge- stattet ist, das Elektron bei der Berechnung der entsandten Wellen einer Punktladung äquivalent zu setzen. Die Bedingung (63 b), unter der dieses gestattet war, lautet |iJ2a , , . i c'(i-fl) klem 8 e 8 en L Für rein transversale Beschleunigung ergibt dies (132c) Tg i-lfl klein gegen 1. Unter Berücksichtigung der obigen Zahlwerte erhalten wir für diesen Bruch den Wert 2.1,2.10"» 12 28.10-» *) W. Kaufinann, 1. c. Gott. Nachr. 1903, Gl. 6, S. 95. § 23. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 203 Einen so geringen Fehler begeht man, wenn man für die raschesten der von Kaufmann beobachteten Elektronen die infolge der transversalen Beschleunigung stattfindende Strahlung und deren Rückwirkung aus den Ansätzen des vorigen Kapitels berechnet; diese Rückwirkung verschwindet wiederum gegen die Trägheitskraft des mitgeführten Feldes. Je mehr man sich indessen der Lichtgeschwindigkeit nähert, desto größer werden die Zahl werte der Brüche (132 b, c); denn dieselben enthalten im Nenner (1 — ß)* bzw. (1 — /3). Aller- dings wird, wenn man durch eine gegebene äußere Kraft ab- lenkt, die Bahnkrümmung 1 : R umgekehrt proportional zu i>(ß>) bei Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit abnehmen; aber ty(ß) wird für /3= 1 nur logarithmisch unendlich, so daß dieser Umstand nicht so wesentlich ist. Man wird also bei weiterer Annäherung an die Lichtgeschwindigkeit zu einem Punkte kommen, wo die Reaktionskraft der Strahlung nicht mehr gegen die Trägheitskraft des mitgeführten Feldes verschwindet, lind wo es auch nicht mehr gestattet ist, die Reaktionskraft so zu berechnen, als ob das Elektron punktförmig wäre. Jene beiden Kräfte sind im Grunde nichts anderes als die beiden ersten Tenne einer Reihenentwickelung (133) «-«'+«"+«'"+..., die nach aufsteigenden Potenzen des Radius a des Elektrons fortschreitet. Der erste Term, die elektromagnetische Trägheits- kraft, enthält a im Nenner; der zweite enthält a überhaupt nicht, wie er ja von den speziellen, über Form und Ladungs- verteilung gemachten Annahmen unabhängig ist. Der dritte Term wird wieder von der Form und Ladungsverteilung ab- hängen und für unser kugelförmiges Elektron a im Zähler enthalten. Da die innere Kraft St durch die Geschwindigkeit und durch die Beschleunigung bestimmt ist, welche in einem endlichen, dem betreffenden Zeitpunkte vorangegangenen Inter- valle geherrscht haben (vgl. § 17), so ist eine solche Reihen- entwickelung immer dann möglich, wenn die Bewegung stetig und ihre Geschwindigkeit kleiner als die Lichtgeschwindig- 204 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 24 keit ist. Je weiter man die Reihenentwickelung führt, desto höhere Differentialquotienten von o und desto höhere Potenzen dieser Differentialquotienten werden zu berücksichtigen sein. Die Reihe wird um so schlechter konvergieren, je mehr sich die Bewegung einer unstetigen und die Geschwindigkeit der Lichtgeschwindigkeit nähert. Im Falle des oben durchgerech- neten Beispieles konvergiert die Reihe noch außerordentlich gut. Für unstetige Bewegungen und für Bewegungen mit Lichtgeschwindigkeit oder gar Überlichtgeschwindigkeit versagt sie völlig. Hier müssen zur Berechnung der inneren Kraft die in den folgenden Paragraphen darzulegenden Methoden heran- gezogen werden. Die in den Differentialquotienten von o linearen Glieder der Reihenentwickelung (133) sind für den Fall der Volum- ladung von G. Herglotz 17 ) allgemein berechnet worden. Es ergibt sich die Möglichkeit kleiner, gedämpfter Eigenschwin- gungen des Elektrons auch bei Abwesenheit quasielastischer Kräfte. Die Wellenlänge der langsamsten Eigenschwingung ist von der Größenordnung des Durchmessers des Elektrons, so daß eine elektromagnetische Erklärung der Spektrallinien hieraus nicht zu gewinnen ist. § 24. Das Feld eines beliebig bewegten Elektrons. Während wir bisher bei der Integration der Feldgleichungen uns auf gewisse Spezialfälle beschränkt hatten, nämlich auf den Fall der gleichförmigen Bewegung beliebiger Ladungen und auf den Fall beliebiger Bewegung einer Punktladung, wollen wir jetzt dazu übergehen, das Feld eines beliebig be- wegten Elektrons unter Berücksichtigung der räumlichen Aus- dehnung des Elektrons zu bestimmen. Die allgemeinen Formeln, durch die wir in § 8 die elektromagnetischen Potentiale dar- stellten, werden uns zur Lösung dieser Aufgabe führen. Die Formeln (51) und (51a) daselbst lauten (134) d$ _ ldxfd^ • [litt]. Ist g der Winkel, den der nach dem betreffenden Punkte des Segmentes von P aus gezogene Fahrstrahl mit PM ein- schließt, so ist (f»)-JB(JB — ioosg), daher fda> (rtt) - 2*P./sm £<*£(!* — Acos Q o = 2*2* ji*(l-cosi?)--y(l-cos*i7) j . Mit Rücksicht auf den oben gegebenen Wert von cos 17: #i + it _ a * C0Br i *m — > § 24. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 211 wird Nach einigen Umformungen ergiebt dies TtB X /> dm(t«) = ^-Q t wobei abkürzungsweise gesetzt ist Nunmehr ist der Beitrag zum Rotationsbestandteil des Vektorpotentiales zu schreiben (138b) «*«. -£§«.[««]. c) Punkt außerhalb des Elektrons. Dreiecks- bildung aus R, X, a unmöglich. B + a £ X. In diesem Falle schneidet die um den Aufpunkt mit dem Radius X geschlagene Kugel das Elektron nicht, sondern sie schließt es ein. Ein Beitrag zu den Potentialen im Aufpunkt wird nicht beigesteuert. Es sind demnach bei der Berechnung der elektromagne- tischen Potentiale nur die Fälle (a) und (b) heranzuziehen. Die Integration nach X ist auszufahren, wenn die Bewegung des Elektrons bekannt ist, somit ft und to , und — was aller- dings nur für den Rotationsbestandteil des Vektorpotentiales in Betracht kommt — tt als Funktion von X gegeben sind. Die in diesem Paragraphen abgeleiteten Formeln für das Feld eines beliebig bewegten Elektrons sind in allgemeiner Weise zuerst von A. Sommerfeld 66 ) aufgestellt worden. Die auf die Translationsbewegung bezüglichen Formeln sind unab- hängig von P. Hertz 19 ) gefunden worden, auf einem Wege, der im wesentlichen dem hier eingeschlagenen entspricht. 14* 212 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 25. § 25. Unstetige Bewegung des Elektrons. Wir gehen jetzt zur Behandlung des Problems über, welches den Gegenstand der Dissertation von P. Hertz bildet: Ein Elektron bewege sich bis zur Zeit t « gleichförmig mit der Geschwindigkeit H 1 ; zu dieser Zeit soll seine Geschwindig- keit plötzlich auf U s springen und weiterhin wieder nach Rich- tung und Betrag konstant bleiben. Welches ist das Feld des Elektrons und insbesondere die entsandte Wellenstrahlung? Diese Frage läßt sich vollständig beantworten, wenn man U s parallel H 1 und beide Geschwindigkeiten kleiner als c annimmt. Wir legen den Anfangspunkt des Koordinatensystemes in den Punkt des Raumes, der sich zur Zeit tf = mit dem Mittelpunkte des Elektrons deckt; die Geschwindigkeiten H t und t> 2 sollen beide der x- Achse parallel sein. Die im vorigen Paragraphen eingeführte Größe (139) R - y(*-!)* + y 2 + ** ist die Entfernung eines beliebigen Aufpunktes von demjenigen Punkte, der zur Zeit t den Mittelpunkt des Elektrons bil- dete. Es ist 8-A0-*) ** *<*> (139a) 1-0 „ 1 = 1, g-A(I-A) „ l>l. Dabei stellen cß t und cß % die „alte" und die „neue" Ge- schwindigkeit vor; ihr Vorzeichen gibt an, ob die Bewegung parallel der positiven oder der negativen #-Achse erfolgt. Durch (139, 139a) wird jß als Funktion von x, y, z f ct = l und dem Latenswege X dargestellt Wir fassen einen Aufpunkt ins Auge, der zur Zeit * außer- halb des Elektrons liegt. Dieser Punkt liegt dann auch zur Zeittf außerhalb des Elektrons, wo X den kleinsten in c } Betracht kommenden Latensweg bezeichnet; in der Tat, ver- folgen wir die Bewegung des Elektrons rückwärts, indem wir gleichzeitig die Kugel vom Aufpunkt aus mit Lichtgeschwin- .§ 25. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 213 digkeit sich diktieren lassen, so findet zwischen Elektron und Engel zuerst äußere Berührung statt. Die Eugel überstreicht nun das Elektron, welches sich mit Unterlichtgeschwindigkeit bewegt, nur einmal; zur Zeit t tritt sie aus dem Elektron aus; X" ist dabei der größte in Betracht kommende Latensweg. Das skalare Potential im Aufpunkt ist nach (136) w (140) o = (gflg bei Flachenladung. Die Integrationsgrenzen sind nach (135a, b) (140a) l' = R-a, X" = B" + a. Denn zur Zeit t lag, wie wir sahen, der Aufpunkt außer- Cr halb des Elektrons; för die Bestimmung der oberen Integra- tionsgrenze X" ist es gleichgültig, ob er außerhalb oder inner- halb des Elektrons liegt. Die Integrationsgrenzen sind die gleichen, wenn es sich um Volumladung handelt; es liegt dann der Fall (b) des vorigen Paragraphen vor. Nach Gleichung (138) ist X" Q40b) - ^fö ja 2 - (B - V)*} bei Volumladung. Es sind nun drei Falle zu unterscheiden. (A) l < X' < X". Hier ist im ganzen Integrationsbereiche X größer als Z; es ist in (138) für £ der erste der Werte (139 a) zu setzen, mithin (141) B - B, - y( x ^ß 1 l + ß 1 xy + y' + 0\ Das skalare Potential und das Vektorpotential berechnen sich in diesem Falle so, als ob das Elektron seine alte Geschwin- digkeit H 1 dauernd behielte. (B) i > r > x\ Hier ist im ganzen Integrationsintervalle X kleiner als Z; für | ist der letzte der Werte (139 a) zu setzen, und daher für B (141a) B - B, - Y(x - ß s l + ß,X)> + y* + z\ 214 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 25. Die elektromagnetischen Potentiale entsprechen in diesem Falle der neuen Geschwindigkeit U 8 . (C) X' l + a das alte Feld, für Z + a>r>Z — a die Wellenzone, für r < l — a das neue Feld. Die beim Geschwindigkeitssprunge erregte Welle besitzt eine Breite, welche dem Durchmesser 2a des Elektrons gleich ist. Sie pflanzt sich von der Sprung- stelle des 'Elektrons aus mit Lichtgeschwindigkeit fort; außerhalb des äußeren Randes der Wellenzone § 25. Drittes Kapitel Die Mechanik der Elektronen. 217 herrscht das alte, innerhalb des inneren Randes das neue Feld. Unsere Entwickelungen beziehen sich auf einen Aufpunkt, welcher außerhalb des Elektrons liegt. Wenn wir zur Be- stimmung des in der Wellenzone herrschenden Feldes die Ausdrücke (142 c, d) heranziehen, so setzen wir dabei still- schweigend voraus, daß die Wellenzone über das Elektron bereits hinweggestrichen ist. Da die größte Entfernung eines dem Elektron angehörenden Punktes vom Koordinatenursprung gleich | n 2 1 1 + a — | ß 9 1 1 + a ist, so muß \ß 9 \l + a l*, l* - l-lft Dann hat die Wellenzone sich vom Elektron losgelöst und das elektromagnetische Feld der Welle wird durch (142 c) im Falle der Flächenladung, durch (142 d) im Falle der Volumladung gegeben. Wir wollen die Feldstarken der Wellenzone unter der Annahme bestimmen, daß die Entfernung derselben von der Sprungstelle des Elektrons bereits groß gegen den Radius des Elektrons geworden ist. Alsdann braucht man bei der Diffe- rentiation der Potentialausdrücke (142c, d) nach der Zeit und nach den Koordinaten nur diejenigen Terme zu berücksichtigen, welche durch die Differentiation der Integralgrenze (2 — r) entstehen; die übrigen Terme verschwinden gegen diese in dem Maße, wie die Entfernung vom Koordinatenursprung zu- nimmt. Es wird (146) (146 a) 5* c$ e e dl dr 2a* s 2a* 1 X X cft eßi dl dr 2 a«, 2 a*! bei Flächenladung. 218 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 26. Hier sind unter s lf s a die Werte zu verstehen, welche die Größen S x und S 9 annehmen, wenn h — l — r gesetzt wird; wir wissen nun, daß diesem Werte von h der Wert l von k und der Wert r von B sich zuordnet; es ist nach (143) (146b) s t = r(l — ß x cos qp), s 2 = r(l — fi % cos n "Ol — "10 a c ß "l- Da nun, nach (103), eß 1 G 1 ~2T t ist, und W t - W = Di + T t - U w so wird (vgl. 113 c) Im Falle der Volumladung sind die Ausdrücke (149d,e), wie die für W u W i9 G 1} G 2 geltenden, mit dem Faktor 6/5 zu multiplizieren. Bei instantaner Reflexion, wo A--A, <**--&» w a =w 1 zu setzen ist, erhält man aus (149 c) (149f) W lt =2cß 1 G 1 = 4T 1 § 26. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 223 und aus (149 b) (149g) fl^-0. Im Falle instantaner Reflexion ist der aus- gestrahlte Impuls gleich Null. Die ausgestrahlte Energie ist gleich der vierfachen magnetischen Energie des gleichförmig bewegten Elektrons. Man kann von vornherein zweifeln, ob ein plötzlicher Geschwindigkeitssprung überhaupt durch endliche Kräfte zu verwirklichen ist. Auch diese Frage ist von P. Hertz 19 ) in Unter- « suchung gezogen worden; es hat sich ergeben, daß die resul- tierende äußere Kraft Ä*, welche erforderlich ist, um das Elektron, von der Kühe aus, plötzlich auf die Geschwindig- keit &! zu bringen und in dieser zu halten, für ItoJ^c in jedem Momente eine endliche ist. Diese Kraft ist nicht, wie die Stoßkraft der gewöhnlichen Mechanik, eine unendliche Kraft, welche nur im Augenblick des Stoßes wirkt, sondern sie verteilt sich über das Zeitintervall ^ t ^ f*, wo £* der Zeitpunkt ist, wo das Elektron gerade aus der Wellenzone heraustritt. Diesen Zeitpunkt haben wir in (145) berechnet; er ist ( 15 °) *-7=fb wenn II — i x für t > 0. Daß die über jenes Intervall erstreckten Zeitintegrale der Kraft ft a und der Arbeitsleistung DA* endlich sind, folgt ohne weiteres aus den obigen Resultaten. Von der Zeit f* an ist das Elektron von dem stationären, der gleichförmigen Bewegung entsprechenden Felde umgeben, so daß zur Aufrechterhaltung der Bewegung keine Kraft mehr erforderlich ist. Von jetzt an sind Energie und Bewegungsgröße des Feldes konstant; sie haben die Werte Wt+Wot bzw. «!+«*, welche sich nach einiger Zeit in dem Felde des gleichförmig bewegten Elektrons und in der entsandten Welle vorfinden. 224 Erster .Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 25. Es folgt demnach, mit Rücksicht auf (148 h) (150a) J(t>«*) dt - W Ql + W t - W Die gesamte Arbeit bei plötzlicher Fortschleu- derung ist doppelt so groß, als wenn die Geschwindig- keit H t auf quasistationäre Weise erreicht worden wäre. Da in dem Zeitintervalle 0<*(|±£)-2} • Der Impuls und die Arbeit der äußeren Kraft haben beide einen endlichen Wert, wofern die Geschwindigkeit, die hervor- gerufen wird, kleiner als die Lichtgeschwindigkeit ist. Geht man nun zur Grenze der Lichtgeschwindigkeit über, so werden allerdings, den Gleichungen (150a, b) zufolge, die Zeitintegrale der Kraft und der Arbeit beide unendlich. Es ist aber zu beachten, daß dabei nach (150) die obere Grenze der Integrale, d. h. die Zeit, zu der die Welle das Elektron überstrichen hat, ins Unendliche wächst. Und hierdurch allein wird das Unendlichwerden der Zeitintegrale bedingt, wie P. Hertz gezeigt hat. Zu jeder endlichen Zeit nach dem Stoße bleiben auch bei Erreichung der Lichtgeschwindigkeit die Kraft, der Impuls und die Energie endlich. Unsere Dynamik des Elektrons schließt also keineswegs die Möglichkeit aus, daß in der Natur mit Lichtgeschwindig- keit bewegte Elektronen vorkommen, sei es, daß wir die An- §26. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 225 nähme der Flächenladung oder diejenige der Volumladung be- vorzugen. Freilich liegen in diesem singnlären Falle sehr verwickelte Verhältnisse vor. Da das Elektron sich mit derselben Geschwindigkeit bewegt wie die Wellen, die es bei Erreichung seiner Geschwindigkeit entsandt hat, so kann man hier die Wellenstrahlung von der Konvektionsstrahlung nicht sondern. Man muß beide gemeinsam betrachten und die Energie und die Bewegungsgröße des gesamten Feldes in Rechnung ziehen. — Auf den Fall der Überlichtgeschwindigkeit kommen wir weiter unten in § 27 zurück. § 26. Die innere Kraft eines beliebig bewegten Elektrons. Wir haben in § 24 die elektromagnetische Potentiale eines beliebig bewegten kugelförmigen Elektrons durch Integrale nach dem Latenswege dargestellt Der direkteste Weg zur Berechnung der inneren Kräfte wäre der, aus jenen Formeln das Feld und den Vektor 5 zu bestimmen , und durch Inte- gration über das Volumen des Elektrons die innere Kraft und Drehkraft zu ermitteln. Es ist A. Sommerfeld 66 ) gelungen, die Schwierigkeiten, die sich der Beschreitung dieses Weges ent- gegenstellen, zu überwinden. Die Verknüpfung des durch die Grundgleichung (V) ge- gebenen Vektors 5; der elektromagnetischen Kraft pro Einheit der Ladung, mit den elektromagnetischen Potentialen ist leicht zu finden. Nach (28) und (29) ist Führen wir ein Bezugsystem ein, welches die trans- latorische Bewegung des Elektrons mitmacht, so ist nach Bd. I, GL 116, S. 116: y . 8«./.™« die von diesem Bezugsystem aus beurteilte zeitliche Änderung des Vektors H. Da U , die Geschwindigkeit des Mittelpunktes des Elektrons, vom Orte überhaupt nicht abhängt, so folgt aus Kegel (v) der Formelzusammenstellung in Bd. I, S. 453 V(H «) = (|i V)«l+[lioCurl«]. Abraham, Theorie der Elektrizität. U. 2. Aufl. 15 226 Erster Abschnitt Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 86. Es ist demnach W = lT- V (*o*) + [»oCurl*]. Führen wir dieses in den Ausdruck des Vektors § ein und setzen an Stelle von t wieder die Variable l = et, so er- halten wir unter Beachtung der kinematischen Grund- gleichung (VII): (151) & V V _ ^ + i. [[„] onrl «] Der hier auftretende Skalar (151a) V _ *_!(*„«) geht bei gleichförmiger Translationsbewegung in das Kon- vektionspotential über, als dessen negativer Gradient sich bei einer solchen Bewegung der Vektor § darstellt. Wir wollen uns mit einer beliebigen rotationslosen Bewegung des Elektrons beschäftigen. Hier ergibt (151) d'% (151b) $ V3T- dl Im Falle gleichförmiger Volumladung bestimmt sich hieraus die innere Kraft ( 152 ) Ä - iSi/"»* folgendermaßen : (152a) -«-j^y* {*» + £}. Im Falle der Flächenladung muß man bei der Berechnung der inneren Kraft vorsichtiger zu Werke gehen; es sind nämlich die räumlichen und zeitlichen Differentialquotienten der Poten- tiale an der geladenen Fläche nicht stetig. Man berechnet daher zunächst die Kraft, welche das Elektron auf eine ge- ladene Kugel vom Radius b^a ausübt, und geht erst nach Auswertung dieser Kraft zur Grenze b =-» a über. Diese Ab- § 26. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 227 leitung der inneren Kraft eines flächenhaft geladenen Elektrons (152b) «-Iämj^JfM führt zu dem Ausdrucke (152c) - ft - Lim^JVf V W+ *£}• Wie wir wissen (vgl. § 24), lassen sich die elektro- magnetischen Potentiale des Elektrons durch einfache, nach dem Latenswege genommene Integrale darstellen. Wir wollen schreiben (153) Q = ef%dX. o Dann wird, bei reiner Translationsbewegung, 00 (153a) «-j/*»,-^, und gemäß (151a), (153b) W ^eJ x {l-^)dL Diese Ausdrücke sollen nun in (152 a, c) eingeführt werden, und es soll die Integration über das Volumen v, bzw. die Flache f vorgenommen werden. Es seien % t bzw. % % die Werte, welche der in (153) auftretenden Größe % im Falle der Flachen- ladung bzw. der Volumladung zuzuschreiben sind. Wir setzen dann (153c) i^^J^df ( 153d > U - Z^fz,d«. Diese Mittelwerte von % in (152a, c) einführend, erhalten wir im Falle der Flächenladung (154) - i • ft - Lim jdx{\ - *§=*} V,fc + Lim ±£ /Wrfi, 16« 228 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 26. hingegen im Falle der Volumladung (154a) - » . Ä -J, *x\ 1 - Mp} V,ä + 7 Ä/Wa ft • Hierbei verstehen wir unter % den Fahrstrahl, der von irgendeinem im Baume festen Punkte nach dem Mittelpunkte des Elektrons in seiner zur Zeit t = — eingenommenen Lage gezogen ist. Den in (154) und (154a) eingehenden Gradienten von % erhalt man, indem man die durch V T angedeutete Ver- rückung des Mittelpunktes vornimmt und dabei l und X kon- stant hält. Um diese Ausdrücke der resultierenden inneren Kraft aus- zuwerten, ist die in (153) eingehende Funktion % von X nach den Angaben des § 24 zu berechnen, und es sind die durch (153 c, d) angedeuteten Integrationen über die Ausdehnung des Elektrons auszuführen. Es kommen dabei nur solche Werte von X in Betracht, für welche die um den betreffenden Auf- punkt gelegte Kugel vom Radius X das Elektron in seiner zur l % Zeit eingenommenen Lage schneidet. Im Falle der Flächen- ladung ist die Bedingung hierfür die in (135) angegebene: Es muß eine Dreiecksbildung aus den drei Strecken R, X, a möglich sein. Nach (136) ist dann die in (153) eingeführte Größe % gleich ä~~ß5 s * e ^ gleich Null, wenn keine Dreiecksbildung aus jenen drei Strecken möglich ist. Nun kann ein und derselbe Aufpunkt für die früheren Lagen des Elektrons bald ein innerer und bald ein äußerer sein, so daß die Grenzen, innerhalb deren % von Null verschieden ist, durch (135b) bzw. durch (135a) gegeben werden. Auch sind alle zur Zeit t vom Elektron be- deckten Aufpunkte in Betracht zu ziehen. Hiernach wären zur Bestimmung von x bereits bei Flächenladung sehr umständliche Fallunterscheidungen notwendig; unter Annahme von Volum- ladung wären dieselben noch zahlreicher. Diese Fallunterscheidungen vermeidet nun Sommerfeld durch einen Kunstgriff; er stellt die verschiedenen Werte- § 26. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen* 229 möglichkeiten von % durch einen einheitlichen analytischen Ausdruck dar, nach Art des Dirichletschen diskontinuierlichen Faktors. Bekanntlich*) ist /■ sin s# — =» ± TT *& r x < 0. o Betrachten wir jetzt das Produkt 4 sin sa • sin s B • sin s X = sin s (a + B — X) + sin s(a — B + A) — sins(a + -R + Ä) — sins(a — JJ — X). Von den vier Größen a + B — X 7 a — B + X, — a — B — X, — a + B + X sind drei positiv und nur eine ist negativ, falls Dreiecks- bildung aus den drei Strecken a, B, X möglich ist; ist hin- gegen die Dreiecksbildung nicht möglich, weil eine der drei Strecken größer ist als die Summe der beiden anderen, so sind von den vier Größen zwei positiv und zwei negativ. Das Integral / sin sa • sin sB • sin sX • — o ist mithin gleich 7- oder gleich Null, je nachdem eine Dreiecks- bildung möglich ist oder nicht. Wir können daher im Falle der Flächenladung die Größe % durch dieses Integral aus- drücken: CO (155) fc-— Jamsa.smsl-^- T , so daß das skalare Potential (153) wird /ine \ ä 2 « A, | • • , einsBds (155a)

so wird im Falle der Volumladung W*V • - Sfn.h'^i sin #2? fsinsa — sacoasa\ds (sä) 1 J * In diesem Falle ist der Größe % der Wert zuzuschreiben 00 f< K _ s 6 C • - sinsJB f sinsa — 8aco88a\d* (155c) Zs --/8m^-^-{ w , ) T . In den drei in § 24 unterschiedenen Lagen des Auf- punktes muß e%idX die Werte (137), (138) und Null an- ♦ nehmen. Die gefundenen einheitlichen analytischen Ausdrücke gestatten es, ohne weiteres die zur Berechnung der Mittel- werte Xv fa erforderlichen Integrationen über die Oberfläche bzw. über das Volumen des Elektrons auszuführen. Wir verstehen unter N (Abb. 4) den Ort des Mittel- punktes des Elektrons zur Zeit t, unter M seinen Ort zur Zeit t — . l_ . |j m ff schlagen wir eine Eugel mit dem Radius b. Über diese Eugel ist % x zu integrieren, um den durch (153c) definierten Mittelwert zu berechnen. Es sollte 2 der von § 26. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 231 einem beliebig gewählten, aber dann festgehaltenen Baum- punkte aus nach N gezogene Fahrstrahl sein. Wir wählen M als diesen festen Punkt, so daß T> der Betrag von % } durch die Strecke M N vorgestellt wird. JR bezeichnet nach wie vor den Radiusvektor, der von M aus nach dem Punkte gezogen ist, für welchen O bzw. % berechnet werden soll; das ist hier ein Punkt P auf der Oberfläche der Kugel vom Radius b. Ist endlich g der Winkel, welcher in dem Dreieck aus den Strecken ü, T, b 7 der Seite B gegenüberliegt, so gut 2&Tcos£-T'+& 8 -2P. Schreitet man längs der Kugelfläche fort, so sind T und b konstant zu halten; es folgt bT sin %d% = RdR. Demnach ist der Flächeninhalt eines von zwei Breiten- kreisen g und t, + dl begrenzten Streifens df=* 2jr&*sin£tf£« ^ Da nun längs eines solchen Streifens nach (155) die Größe Xi konstant ist, so können wir für den Mittelwert (153 c) schreiben: r +6 (156) Zi-*TS m f* BdR \T-b\ Diese Grenzbestimmung gilt sowohl dann, wenn M inner- halb wie auch] dann, wenn M außerhalb der Kugel vom Radius b liegt. Aus (155) und (156) folgt jetzt wenn abkürzungsweise gesetzt wird r+6 [i — fdR sinsR — jjcoss (T - b) — coss (T + b) 1 ; ir-fti 232 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 26. es findet sich 2 iL — — • sin sT • sin sb, so daß man schließlich erhalt o / sins T ds (156a) % x = — g- / sin 5a sinsft y sin sX -,- • o Für nnser kugelförmiges Elektron läßt sich auch im Falle der Volumladung die durch (153 d) postulierte Mittelwerts- bildung ohne Schwierigkeit durchführen. In dem Ausdruck (155 c) von %t ist es nur der Faktor — ^— des Integranden, der für die verschiedenen Punkte des Elektrons einen ver- schiedenen Wert hat. Der Mittelwert dieses Faktors berechnet sich nun für das Volumen der Kugel in ganz ähnlicher Weise wie oben für die Kugelfläche. Es ist a T+r liii/n? dv - 2^rf rdr • J Bin sR dB \T-r\ a 3 sin sT C . -.3 sinsT fsinsa — sacoBsa) 5=8 — i m— • / sinsr • rar — =r- • { 7 — ^ } • o Demnach erhalten wir /*c/?t_\ - ' 18 | . - sinsT f sin ^a — 8aco88a\*d8 (156b) ^»—.jsmsA-^r-t ^ j - ? . Indem wir die so erhaltenen Mittelwerte (156 a, b) von % in die allgemeinen Ansätze (154) und (154a) für die innere Kraft einführen, gelangen wir zu den Sommerfeldschen Kraft- aasdrücken: ita (157) - B • « 2e 3 = Lim^ J dk{l L ^r A }y / ^ sin 5a sin s& sin 5 A ^ (^— ) /OD tfAto,_ 2 / -^ sinsasins&sinsA — =r- • § 26. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 233 Tta* 00 OD /7i fi *i*i-i\ £ /^«fsinsa — 8acoB8a\* . „ /flin«T\ o >„ * so erhält man (158b) y^sinsAAp^)- _„ für j3 1. § 27. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 235 Für ß < 1 ist die innere Kraft Null, sowohl im Falle der Flachenladung wie im Falle der Volumladung. Es folgt das uns bereits bekannte Resultat: Die gleichförmige gerad- linige Bewegung mit Unterlichtgeschwindigkeit ist eine kräftefreie Bewegung des Elektrons. Für ß > 1 hingegen folgt aus (158) und (158 b) für den Fall der Flächenladung (158c) -$*-£f±-Iimjf*!.«nsamR»b. Um das Integral nach s auszuwerten, teilen wir das Integrationsintervall in zwei Teile, < s < s und e < s < oo Es wird i ds . , / ds . . 7 I — sin 5a sin so — I — sinsasinsp J 8 J 8 c e Für die Differenz der beiden letzten Integrale folgt, nach Einfuhrung der Variabein p = 1 6 — a \ s bzw. p — « (b + a) s, X C dp 1 C dp 1 C dp «|6-a| «(& + <*) « | & — es | *(& + <*) *(6 + a) «(&+a) - i/? + i/(~» -»?-!«• (üiii) -/? ™'f • Durch Summation folgt / ysmsa sinsfc = - In (p & ]_ a ■ ) + / — sinsa sinsft -/ «(& + a) ** sin» * p 2 «|6-a| Diesem Ausdrucke proportional ist die Kraft, welche das flächenhaft geladene Elektron auf eine mitbewegte konzentrische, 236 Erster Abschnitt. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. § 27. mit derselben Ladung versehene Kugelfläche vom Radius b aus- übt. Indem wir die ganz beliebig zu wählende Größe s gegen Null konvergieren lassen, erhalten wir als Wert dieser Kraft (158d) «.-^.ff^i.*j 1 ,( T |±£ r ) für b^a. Die Kraft, welche die Kugel a auf die konzentrische Kugel b und umgekehrt auch die Kugel b auf die Kugel a bei gemeinsamer gleichförmiger Translation mit Überlichtgeschwindigkeit ausübt, wirkt stets der Bewegung entgegen. Ihr Betrag ist ein end- licher, falls die Radien der beiden Kugeln verschieden sind. Führt man indessen den Grenzübergang zum Falle zweier Kugeln von gleichem Radius aus, um die innere Kraft des flächenhaft geladenen Elektrons zu berechnen, so findet man, daß die Kraft logarithmisch unendlich wird. Man schließt hieraus: Die gleichförmige Bewegung eines flächen- haft geladenen kugelförmigen Elektrons mit Über- lichtgeschwindigkeit erfordert eine unendliche Kraft; sie ist somit physikalisch unmöglich. Zum Falle der Volumladung übergehend, erhalten wir aus (158 a, b) ^ a" ^ ß % — 1 Cds ( sinsa — sacoesa)* ~~ J? ' W Ä— F~ J T i (wo 1 I ' o Für das hier auftretende Integral nach s erhält man, nach Einführung der Variabein p — as, durch einige Umformungen ■ 1 i dp / . \ f sin» (sin p — pcoso)!* oo + X / ~? ( C0S .P ^P —P cos 2 p +p sin 2 ^>j o 00 1 | , /l sin 2» cos2o\ 1 fsin2pl -äJ *(*-?? — t) — -rl-«rl 1 f sin2p | Q0 _ 1 — o""T § 27. Drittes Kapitel. Die Mechanik der Elektronen. 237 Daher wird schließlich (158e) «—•.*. (i_£) die der Bewegung entgegenwirkende innere Kraft im Falle der Volumladung. Wir sehen also: Die gleichförmige Bewegung des mit gleich- förmiger Volumladung erfüllten Elektrons mit Über- lichtgeschwindigkeit ist zwar keine kräftefreie Be- wegung, aber die erforderliche äußere Kraft hat einen endlichen Betrag, so daß Bewegung mit Überlicht- geschwindigkeit bei Volumladung physikalisch denk- bar ist. Der Betrag der Kraft steigt mit wachsender Ge- schwindigkeit an und konvergiert gegen den Grenzwert 9 e* «I- 4 a I 7 derselbe ist gleich der Kraft, welche zwei ruhende Punkt- Die hier zutage tretende prinzipielle Verschiedenheit von Flächenladung und Volumladung des allseitig symmetrischen Elektrons ist um so bemerkenswerter, als bei Unterlicht- geschwindigkeit das Verhalten des Elektrons in beiden Fällen das nämliche ist. Bei quasistationärer Bewegung unter- scheiden sich die Massen in beiden Fällen nur durch einen Zahlenfaktor, und derselbe Zahlenfaktor tritt bei der Strahlung des unstetig bewegten Elektrons auf. Auch die Kraft, welche erforderlich ist, um das Elektron plötzlich auf Lichtgeschwindig- keit zu bringen und auf dieser zu halten, ist im Falle der Volumladung von derselben Größenordnung wie im Falle der Flächenladung. Aus dem Verhalten der Elektronen bei Unter- lichtgeschwindigkeit und bei Lichtgeschwindigkeit wird daher kaum ein Kriterium herzuleiten sein, welches zwischen diesen beiden Möglichkeiten entscheidet. Die Entscheidung wäre aber sofort gegeben, und zwar zugunsten der Volumladung, sobald man Elektronen beobachtet hätte, die sich mit Überlicht- geschwindigkeit bewegen. 238 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 28. Es ist allerdings kaum zu hoffen, daß es gelingen wird, die Elektronen, selbst wenn ihnen im Innern des Badiumatomes solche Geschwindigkeiten erteilt wären, auf Überlichtgeschwin- digkeit zu halten; denn die hierzu erforderliche Kraft ist eine so enorme, daß sie die Kräfte der experimentell herstellbaren Felder um das Billionenfache übersteigt. Was geschieht aber, wenn das einmal auf Überlichtgeschwindigkeit gebrachte Elek- tron aus dem Kraftfeld heraustritt? Auch diese Frage ist von A. Sommerfeld 66 ) und P. Hertz w ) erörtert worden. Es zeigt sich, daß im Falle der Volumladung jedem stetigen Kraftverlauf eine stetige Bewegung des Elektrons zuzuordnen ist. Zweiter Abschnitt. Elektromagnetische Vorgänge in wägbaren Körpern. Erstes Kapitel. Ruhende Körper. § 28. Ableitung der Hauptgleichungen aus der Elektronen- theorie. Im ersten Bande dieses Werkes (§ 65) haben wir die Hauptgleichungen der Maxwellschen Theorie für ruhende Körper entwickelt. Der dort eingenommene Standpunkt war derjenige der Phänomenologie, welche sich mit der Darstellung der be- obachteten Erscheinungen begnügt und ein Eingehen auf atomistische Vorstellungen ablehnt. Bei den meisten elektro- magnetischen Vorgängen im engeren Sinne, insbesondere bei denjenigen, die in ruhenden Körpern stattfinden, erweist sich die phänomenologische Behandlungsweise als ausreichend, und sogar durch ihre größere Einfachheit als der atomistischen Auffassung überlegen. § 28. Erstes Kapitel. Ruhende Körper. 239 Nun haben wir aber gewisse Erscheinungen der Konvek- tionsstrahlung kennen gelernt, welche sich nur vom atomistischen Standpunkte aus befriedigend haben deuten lassen. Wir haben gesehen, daß die negativen Elektronen, die wir in den Kathoden* und Radiumsstrahlen als bewegt annehmen, auch bei der Licht- strahlung der Körper eine Rolle spielen. Wir wollen uns in- dessen hiermit nicht begnügen; wir wollen versuchen, die elektromagnetischen und optischen Erscheinungen in ihrer Ge- samtheit auf Grund der Elektronentheorie zu begreifen. Wir müssen zu diesem Zwecke zunächst den Nachweis führen, daß die Hauptgleichungen der Elektrodynamik sich aus den Grund- gleichungen der Elektronentheorie ableiten lassen. Die Elektronentheorie kennt nur das elektromagnetische Feld im Äther, welches durch ruhende oder konvektiv bewegte Elektronen erregt wird. Sie nimmt an, daß dieses elektro- magnetische Feld auch im Innern der ponderablen Körper besteht, oder, wie man zu sagen pflegt, daß der Äther die ponderablen Körper durchdringt. Daß die elektrischen und magnetischen Eigenschaften der Körper von denjenigen des leeren Raumes abweichen, wird darauf zurückgeführt, daß Elek- tronen sich im Innern des Körpers befinden. Die Leitfähig- keit der Körper wird durch „Leitungselektronen" erklärt,, welche entweder wie in den Metallen frei beweglich oder wie in den Elektrolyten an neutrale Atom- oder Molekülgruppen gebunden sein können; diese wandern im Körper unter der Einwirkung elektrischer Kräfte über größere Strecken hin und bilden so einen elektrischen Leitungsstrom. Die elektrische Polarisation der Dielektrika wird auf negative Elektronen zurückgeführt, welche an die positiven gebunden sind und mit ihnen zusammen elektrische Dipole bilden. Die Bewegung dieser „Polarisationselektronen" in veränderlichen elek- trischen Feldern wird einen elektrischen Strom ergeben, welcher den auf die Materie entfallenden Anteil des Verschiebungs- stromes bildet. Führen die gebundenen negativen Elektronen ferner umlaufende Bewegungen um die positiven aus^ so geben sie zu einer Magnetisierung des Körpers Veranlassung und 240 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 28. werden dann als „Magnetisierungselektronen" zu bezeichnen sein. Es werden allerdings auch die freien Elektronen im mag- netischen Felde sich in gekrümmten Bahnen bewegen und so die Bolle von Magnetisierungselektronen spielen können. Die von den einzelnen Elektronen erregten Felder, auf welche sich die Grundgleichungen des § 4 (I bis IV) beziehen, weisen außerordentlich große räumliche Unregelmäßigkeiten auf. Hat doch das Feld des ruhenden Elektrons in den beiden Endpunkten eines Elektronendurchmessers die entgegengesetzte Richtung. Entsprechende starke zeitliche Schwankungen der Feldstärken werden den Grundgleichungen zufolge an einem im Baume festen Punkte auftreten, wenn ein Elektron sich über ihn hinweg bewegt. Wir erwähnten bereits in § 4, daß die Felder, deren Existenz die Grundgleichungen postulieren, der direkten Beobachtung unzugänglich sind. Es sind immer nur die Mittelwerte, auf welche die Beobachtungen sich be- ziehen. Die Mittelwertsbildung über die Felder der einzelnen Elektronen wird uns zu den Hauptgleichungen der Maxwell- scheu Theorie führen und wird uns zeigen, wie die dort auf- tretenden Vektoren mit den in den Feldgleichungen der Elek- tronentheorie auftretenden beiden Vektoren zusammenhängen. Wir wollen die Bezeichnungen % f> für die in den Haupt- gleichungen auftretenden Feldstärken der beobachtbaren Felder reservieren und daher, um Verwechselungen vorzubeugen, für die elektromagnetischen Vektoren, welche durch die Grund- gleichungen (I bis IV) der Elektronentheorie miteinander ver- knüpft sind, jetzt die Bezeichnungen e, Ij einführen. Jene Glei- chungen sind dann zu schreiben: (I) earil- i|5 + ?P», (II) «aiie — ±g, (IH) div e — 4jt(> ; (IV) div |=0. Aus diesen Feldgleichungen hat H. A. Lorentz 81 ) für den allgemeinen Fall eines bewegten Körpers die Hauptgleichungen § 28. Erstes Kapitel. Ruhende Körper. 241 der Elektrodynamik durch Mittelwertsbildung abgeleitet. Wir werden in diesem Paragraphen die entsprechenden Entwicke- lnden für ruhende Körper durchführen. Hier ergeben alle auf dem Boden der Nahewirkung stehenden Theorien dasselbe, während in der Elektrodynamik bewegter Körper, wie wir später sehen werden, zwischen den verschiedenen Theorien ge- wisse Abweichungen vorhanden sind. Wir bezeichnen mit H. A. Lorentz eine Strecke als „phy- sikalisch unendlich klein", wenn sie klein ist gegen die- jenigen Strecken, innerhalb deren eine merkliche Inhomogeni- tät des Feldes besteht, aber groß gegen den Abstand zweier benachbarter Elektronen oder Moleküle. Es hängt dieser De« finition gemäß wesentlich von der Inhomogenität des betreffen- den Feldes ab, ob eine Strecke als physikalisch unendlich klein zu bezeichnen ist oder nicht; in der Elektrostatik z. B. wird eine Strecke, die gleich einer Wellenlänge des roten Lichtes ist, noch physikalisch unendlich klein zu nennen sein; denn die Probekörper, die zur Untersuchung des elektrostatischen Feldes verwandt werden, sind viel zu groß, um eine etwaige Inhomogenität des Feldes auf dieser Strecke überhaupt zu be- merken. In der Optik hingegen, wo es sich nach den Vor- stellungen der elektromagnetischen Lichttheorie um Felder handelt, die auf einer Strecke von einer halben Wellenlänge die Richtung umkehren, wird jene Strecke keineswegs als physikalisch unendlich klein betrachtet werden dürfen. Anderer- seits legt die obige Definition eine gewisse, von der Zahl der Elektronen bzw. Moleküle abhängige untere Grenze für die physikalisch unendlich kleine Strecke fest. Sollen die beiden Bedingungen einander nicht widersprechen , so muß der mitt- lere Abstand zweier Moleküle verschwindend klein gegen die Wellenlänge sein, derart, daß in einem Würfel, dessen Kante etwa einem Hundertstel der Wellenlänge der betreffenden elektro- magnetischen Welle gleich ist, noch viele Millionen von Elek- tronen enthalten sind. Von physikalisch unendlich kleinen Gebietsteilen kann nur die Bede sein, wenn die Materie ent- sprechend dicht gelagert ist. Abraham, Theorie der Elektrizität IL 2. Aufl. 1 6 242 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 28. Um den Mittelwert irgendeiner skalaren oder Vektorgröße q in einem Punkte P des Raumes zu bestimmen, konstruieren wir um P eine Kugel, deren Radius physikalisch unendlich klein ist, und dividieren das über die Kugel erstreckte Volum- integral von q durch das Volumen v der Kugel: (159) f-Ö* 1 Bei der Vergleichung der Mittelwerte, welche zu zwei ver- schiedenen Zeiten in einem und demselben Punkte herrschen, ist selbstverständlich der Radius der Kugel konstant zu halten, so daß man. hat _ Es sind demnach Mittelwertsbildung und Diffe- rentiation nach der Zeit miteinander vertauschbare Operationen. Das gleiche gilt von den Operationen der Mittelwertsbildung und der Differentiation nach den Koordinaten. Hierbei handelt es sich um die Vergleichung der Werte von q , welche in zwei benachbarten Punkten P und P' des Raumes zu derselben Zeit bestehen. Es sind dabei die Mittelwerte q durch zwei um P und P' geschlagene physikalisch unendlich kleine Kugeln von dem gleichen Radius definiert. Demgemäß ist z - B - dg 8 fgdv dx dx v nichts anderes als die durch Verrückung der Kugel parallel der x- Achse bedingte Veränderung des Volumintegrales von q, dividiert durch das Volumen der Kugel. Diese Veränderung läßt sich darstellen als herrührend von den (positiven oder negativen) Beiträgen derjenigen Volumelemente, welche die Oberfläche f der Kugel bei der Verrückung bestreicht. Es folgt Ji = l Jqoos(nx)df. Andererseits ist der Mittelwert des Differentialquotienten von q nach x § - kfii dv - if (IHa) dive = 4*p, (IVa) div| = 0. Indem die Mittelwerte für physikalisch unendlich kleine Bereiche gebildet wurden, sind die raschen und regellosen raum- lichen Änderungen des Feldes, welche durch die atomistische Struktur der Elektrizität und der Materie bedingt sind, heraus- gefallen. Man kann daher bei der Berechnung des curl und der Divergenz der Vektoren t und 1} unter dx, dy, dz, statt mathematisch unendlich kleiner Strecken, auch physikalisch unendlich kleine Strecken verstehen. Ferner kann man die Mittelwertsbildungen, wie über den Baum, so auch über die Zeit erstrecken und unter dt ein „physikalisch unendlich kleines Zeitintervall" verstehen, das heißt ein solches, in welchem die Vektoren r, 1} verschwindend geringe zeitliche Ände- rungen erfahren. Wir betrachten zunächst den idealen Fall, daß der Körper nur Leitungselektronen enthält. Dann gilt (160) {?},-?; fti},-l Die beobachtbaren Dichten der Elektrizität und des Leitungs- stromes p, i sind dann einfach gleichzusetzen den Mittelwerten der Dichten der Elektrizität und des Konvektionsstromes, be- rechnet für physikalisch unendlich kleine Volumelemente. Nehmen 16* 244 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 28. wir eine Reihe verschiedener Elektronenarten an, von den La- dungen e^, e^ 7 Cj . . ., den auf die Volumeinheit berechneten Zahlen N lf JV 2 , N 3 . . ., und den mittleren Geschwindigkeiten t) 17 t) 8 , t) 8 , so hat man (160a) q = N& + N& + N 9 e s ... (160b) i-l?i«iii + yi%i f + - N fMf- Für einen idealen Leiter, der weder elektrisch polarisierbar noch magnetisierbar ist, erhält man die Hauptgleichungen der Maxweüschen Theorie, indem man % und 4#2) mit e, 8 und $ mit 1} identifiziert. Im allgemeinen Falle aber sind zwei Paare elektrischer und magnetischer Vektoren in den Haupt- gleichungen zu unterscheiden (Bd. I, § 65). Es kommt jetzt gerade darauf an, den Zusammenhang dieser Vektoren mit T und 1} richtig zu erfassen und den Unterschied zwischen wahrer und freier Elektrizität sowie wahrem und freiem Strome vom Standpunkte der Elektronentheorie aus zu verstehen. Im Hin- blick hierauf wollen wir die Anteile von q und (TB in Betracht ziehen, welche von den aneinander gebundenen positiven und negativen Elektronen herrühren. Für ein elektrisch neutrales Molekül ist die Gesamtladung Null. Auch bildet die fortschreitende Bewegung eines solchen Moleküles keinen Leitungsstrom. Dennoch kann die gegen- seitige Verschiebung der Elektronen im Molekül zu einer Ab- änderung des Mittelwertes q der räumlichen Dichte Veran- lassung geben, der ja durch eine im Räume feste, physikalisch unendlich kleine Kugel definiert war. Auch können die inneren Bewegungen der Elektronen sich durch eine Änderung des Mittelwertes pfi der Stromdichte bemerkbar machen. Wir nennen das über das Volumen eines Moleküles er- streckte Integral (161) J) =f Q tdv das elektrische Moment des Moleküles, indem wir unter X den von einem festen Punkte des Moleküles aus gezogenen Fahrstrahl verstehen. Hat man es mit einem aus zwei Punkt- § 28. Erstes Kapitel. Ruhende Körper. 245 ladungen bestehenden Dipole zu tun, so ist p das Moment des Dipols. Wir wollen indessen die allgemeinere Annahme machen, daß sich in jedem Moleküle n Elektronen, von den Ladungen e i> % • • • e %> befinden. Das elektrische Moment des Moleküles ist dann (161a) p - e 1 x 1 + ^t 2 + • - - + e n t n , wobei (161b) ^ + ^ + ... + ^-0 ist. Es mag N die auf die Volumeinheit berechnete Zahl der Moleküle sein. Wir betrachten ein im Räume festes, physikalisch unend- lich kleines Flächenelement df Welches wird die Elektrizitäts- menge sein, die bei der Herstellung der Momente der Moleküle durch das Flächenelement df tritt? Wir wollen zunächst voraus- setzen, daß alle_in einem physikalisch unendlich kleinen Be- reiche gelegenen Moleküle das gleiche Moment p besit zen; sollte diese Voraussetzung nicht er füllt sein, so könnejpuwir doch verschiedene Molekülgruppen von den Momenten p' y J)"- • • und den Molekülzahlen N' 9 N" • • • unterscheiden und die Mole- küle jeder Gruppe gesondert betrachten. Auf die betreffende Molekülgruppe bezieht sich dann dasjenige, was hier von der ganzen Schar der Moleküle ausgesagt wird. Wir wollen den Punkt des Moleküles, von dem aus die Radienvektoren t lf r 8 - • • t n gezogen sind, den Mittelpunkt des Moleküles nennen. Die Herstellung des Momentes p er- folgt, indem die Ladung e± von nach dem Endpunkte A 1 des Fahrstrahles t lf die Ladung e% von nach dem End- punkte A % des Fahrstrahles t 2 bewegt wird, usf. Soll nun die Ladung e t bei der Verschiebung von nach A x durch das im Räume feste, physikalisch unendlich kleine Flächenelement df hindurchtreten, so muß sich der Mittelpunkt des Mole- küles offenbar in dem schiefen Zylinder befinden, den man erhält, indem man von den Punkten des Flächenelementes df aus die Fahrstrahlen — t, konstruiert. Die Zahl der Moleküle, 246 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 28. deren Mittelpunkte innerhalb dieses Zylinders liegen, ist gleich der Zahl N der in der Volumeinheit enthaltenen Moleküle, multipliziert mit dem Bauminhalt des Zylinders, also gleich: Nt ln df. Diese Moleküle sind es, welche bei der Herstellung der Momente (161a) Elektronen erster Art durch df senden, und zwar im Sinne derjenigen Normalen, welche mit x x einen spitzen Winkel einschließt. Die gesamte, bei der Herstellung des Momentes mit den Elektronen erster Art durch df im Sinne der Normalen n tretende Elektrizitätsmenge wird durch Ne^Jf auch dem Vorzeichen nach richtig angegeben. Die Anteile der verschiedenen Elektronen summierend, erhalten wir NK*f- Wf für die gesamte, bei der Herstellung der Momente durch df tretende Elektrizität. Dabei stellt fy =* N$ die Vektorsumme der Momente aller in der Volumeinheit enthaltenen Moleküle dar. Das erhaltene Resultat gilt auch dann, wenn die in einem physikalisch unendlich kleinen Volumelement liegenden Mole- küle nicht alle das gleiche elektrische Moment besitzen. Man hat die Betrachtung dann auf jede Gruppe gleichartiger Mole- küle anzuwenden und die Anteile aller Gruppen zu summieren. In diesem allgemeineren Falle ist dann (i6ic) sp -jyy +#'>"+••• zu setzen. Dieser Vektor stellt die auf die Volumeinheit berechnete „elektrische Polarisation" dar. Indem die Elektronen- theorie die Polarisation eines Dielektrikums auf die Verschiebung der gebundenen Elektronen zurückführt, verleiht sie dem Vektor $P, der Bd. I, § 47 eingeführt wurde, eine konkrete physikalische Bedeutung. Die bei der Polarisation des Dielektrikums durch ein im Räume festes Flächenelement df hindurchtretende Elektrizität wird durch fy n df angegeben. Demnach ist § 28. Erstes Kapitel. Bähende Körper. 247 (162) { pü } dt der von den Polarisationselektronen herrührende An- teil der Stromdichte. Er stellt, den Vorstellungen der Elektronentheorie nach, den an der Materie haftenden Bestand- teil des Verschiebungsstromes dar. Bei der Herstellung der elektrischen Momente der Mole- küle ist die Elektrizitätsmenge ßp u df-fdiYfdv durch eine geschlossene Fläche herausgetreten. Vor Her- stellung des Momentes, wo die Ladungen e 17 % • • • e n alle in dem Mittelpunkte des Moleküles lagen, ging nach (161b) yon dem einzelnen Moleküle überhaupt kein Kraftfluß aus; die mittlere Dichte der Elektrizität in jedem physikalisch unend- lich kleinen Bereiche war gleich Null. Da nun bei Herstellung der Momente die soeben berechnete Elektrizitätsmenge aus dem Räume v herausgetreten ist, so erhalten wir für den von den Polarisationselektronen herrührenden Anteil der elektrischen Dichte: (162a) { und 8 andererseits zu- grunde legt. Die Symmetrie der elektrischen und magne- tischen Größen wird von der Elektronen theorie aufgegeben; in ihren Grundgleichungen, spielt bereits Ij eine andere Rolle wie e, was daher rührt, daß zwar Elektrizität und elektrischer Konvektionsstrom, aber keineswegs Magnetismus und magne- tischer Konvektionsstrom angenommen werden. Die Einführung der Definitionen (166) und (166 a) sowie des für die Stromdichte erhaltenen Mittelwertes (165a) in die erste Grundgleichung (Ia) ergibt curl» = i-|f + i?|? + *£* + 4* curlSt. c et e et c Die beiden ersten Glieder, der Verschiebungsstrom im Äther und der Polarisationsstrom im Körper, er- geben zusammen den Verschiebungsstrom der Maxwell- schen Theorie. Definiert man nun weiter die Vektoren S und $, wie folgt: (166b) 4*2) - @ + 4*SP, (166c) £ = 8 - 4*K, so wird die erste Hauptgleichung der Maxwellschen Theorie (Bd.I, Gl. 177a, S. 243) erfüllt. Aus (IHa) folgt schließlich mit Rücksicht auf (165) und (166 a, b) die von der Maxwell- schen Theorie geforderte Beziehung zwischen der elektrischen Verschiebung £ und der Dichte q der wahren Elektrizität. § 28. Erstes Kapitel. Buhende Körper. 253 Die Lorentzsche Theorie definiert die beobacht- baren elektromagnetischen Vektoren durch (166) und (166a, b, c) und gelangt so zu den Hauptgleichungen der Maxwellschen Theorie für ruhende Körper: (Ib) v c dt ' e (Hb) curl — JYJp.J. Auf den Fall verschiedener Elektronenarten kann man die Entwickelungen ohne Schwierigkeit ausdehnen. Die auf die Einheit der Ladung berechnete äußere Kraft ist (168 b) & a =e« + ^|>Ü .], wobei unter t a und lj a der elektrische und der magnetische Vektor des äußeren Feldes im Äther zu verstehen sind. Den § 29. Erstes Kapitel. Ruhende Körper. 257 zweiten Term in (168 b) pflegt man, wenn kein konstantes äußeres magnetisches Feld mitwirkt und nur das magnetische Feld der Lichtwellen selbst in Frage kommt, gegen den ersten zu vernachlässigen, indem man die Geschwindigkeit der schwin- genden Elektronen als klein gegen die Lichtgeschwindigkeit betrachtet. Es folgt aus (168) und (168 a, b): (169) W + 1c >$- Np .'l.^ Dabei ist unter t a ein Mittelwert des Vektors t a zu ver- stehen; derselbe ist jedoch keineswegs mit dem Mittelwert e « = 2, 12 = 1,48- 10 7 . Es sind also im ^-Moleküle zwei Polarisations- elektronen anzunehmen. Wir haben der Absorption des Lichtes bei Wellenlängen, welche den Eigenschwingungen der Polarisationselektronen entsprechen, nicht Rechnung getragen. Zur Darstellung der § 30. Erstes Kapitel. Ruhende Körper. 263 Absorption und auch zur genaueren Verfolgung der Dispersion durch den Absorptionsstreifen hindurch wäre die Einführung von Dämpfungsgliedern in die Schwingungsgleichung (168) notwendig. Man kann diese Einführung in verschiedener Weise vornehmen, entweder, indem man mit P. Drude eine der Ge- schwindigkeit proportionale Reibung ähnlich wie in der gewöhn- lichen Mechanik annimmt, oder indem man mit M. Planck auch hier die Dämpfungsglieder als Rückwirkung der Strahlung auffaßt, wobei diese der zweiten Ableitung der Geschwindig- keit nach der Zeit proportional werden (vgl. § 9, GL 58 b). In beiden Fällen erklärt sich das Auftreten derselben Linien im Emissionsspektrum und im Absorptionsspektrum auf Grund der allgemeinen Schwingungslehre; die Polarisationselektronen sprechen auf diejenigen Wellen an, welche mit ihren Eigen- schwingungen in Resonanz sind. Wir haben hier nur eine einzige Elektronenart und eine einzige Eigenschwingung angenommen. Man kann die mathe- matischen Entwicklungen ohne weiteres auf den Fall beliebig vieler Eigenschwingungen ausdehnen, indem man jede Eigen- schwingung einer anderen Elektronenart zuschreibt. Es ist aber die Frage, ob diese Darstellung der Wirklichkeit ent- spricht. Dieselben ungelösten Probleme, welche uns die Emissionsspektra darboten (vgl. § 9), treten uns auch in der Theorie der Absorptionsspektren entgegen. § 30. Magnetische Drehung der Polarisationsebene. In einem früheren Abschnitte (§ 10) hatten wir von den Veränderungen gesprochen, welche die Spektrallinien im mag- netischen Felde erfahren. Im einfachsten Falle des normalen Zeeman -Effektes werden parallel den magnetischen Kraft- linien zwei zirkularpolarisierte Wellen ausgesandt; der Unter- schied ihrer Frequenzen ist gleich der spezifischen Ladung der Elektronen, multipliziert mit der magnetischen Feldstärke (Gl. 60 d). Diese Veränderung der Eigenschwingungen der Elektronen, die sich in den Emissionsspektren zeigt, kommt nun auch in den Absorptionsspektren zur Geltung. An Stelle 264 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. §30. einer einzigen Linie des Absorptionsspektrums treten bei Ein- wirkung eines der Fortpflanzungsrichtung des Lichtes parallelen magnetischen Feldes deren zwei, in denen die rechts- bzw. links- zirkulare Welle absorbiert wird. Dem direkten Zeeman-Effekt der Emission tritt der inverse Zeeman-Effekt der Absorp- tion gegenüber. Die Theorie dieser Erscheinung ist von W. Voigt 64 ) im Anschlüsse an die Drudesche Theorie der Dis- persion entwickelt worden. Die dabei sich ergebenden Einzel- heiten des Phänomens hat die Beobachtung vielfach bestätigt Im vorigen Paragraphen haben wir gesehen, daß die Eigen- schwingungen der Elektronen auch außerhalb des Resonanz- bereiches von Einfluß sind, daß sie nämlich zu einer Dispersion des Lichtes Veranlassung geben. Beim Hinzutreten eines mag- netischen Feldes werden nun die Frequenzen der rechts- und linkszirkularen Eigenschwingungen der Elektronen in verschie- dener Weise abgeändert. Damit hängt es zusammen, daß parallel den magnetischen Kraftlinien die rechts- und linkszirkularen Komponenten des einfallenden Lichtes mit verschiedenen Ge- schwindigkeiten fortgepflanzt werden, und daß so eine Drehung der Polarisationsebene zustande kommt Die Theorie der magnetischen Drehung der Polarisationsebene wollen wir in diesem Paragraphen behandeln. Wir schließen Leitungselektronen und Magnetisierungs- elektronen aus. Die beiden Hauptgleichungen (Ib, Hb) des § 28 ergeben dann (171) curl$= ££, (171a) curie ||f, dabei ist nach (166 b) zu setzen (171b) 4*3) - « + 4*$. Dieses Gleichungssystem ist durch Einführung der Beziehung zu ergänzen, welche den Vektor f(J, die auf die Volumeinheit bezogene elektrische Polarisation, mit der elektrischen Feld- stärke (S verknüpft. Wir haben im vorigen Paragraphen, von i : § 30. Erstes Kapitel. Ruhende Körper. 265 der Schwingungsgleichung (168) ausgehend; diese Beziehung abgeleitet, wobei wir indessen von einer Einwirkung magneti- scher Kräfte auf die Elektronen abgesehen haben. Wir haben jetzt den Einfluß eines konstanten magnetischen Feldes auf die Elektronenschwingungen in Betracht zu ziehen; wir wollen dasselbe der e- Achse parallel annehmen und den Betrag der Feldstarke mit H bezeichnen, zum Unterschiede von der perio- disch veränderlichen Feldstärke $ der Lichtwellen. Die Differen- tialgleichungen, welche für die Komponenten von p gelten, gehen aus den Gleichungen (59 a, b, c) der Eigenschwingungen hervor, indem die äußeren elektrischen Kräfte in der im vorigen Paragraphen dargelegten Weise eingeführt werden. An Stelle der Gleichungen (169, 169a) treten dann die folgenden: "«■ + ,ir^ + wpL-^{«. + 4.(l + .)i B } f (171c) dt* dt (171d) ^ + ^fp, = ^ , { ej + 4Ä (I + s ) V .}. Wir wollen monochromatische transversale Lichtwellen be- trachten, welche sich parallel den Magnetkraftlinien fortpflanzen. Wir suchen demgemäß die Gleichungen durch Annahme homo- gener ebener Wellen zu erfüllen, in denen die Feldstärken von t und e in der Weise abhängen, wie es durch den komplexen Faktor e x 0/ zum Ausdruck gebracht wird. Die longitu- dinalen Komponenten $,, linkszirkularpolarisierten Wellen verstehen, welche sich im magnetischen Felde fortpflanzen. Bei Fortpflanzung parallel der i-Achse gilt (172a) $, = ± i$ x und daher (172b) e y = ±;@„ %-±i* m , wobei das obere Vorzeichen sich auf die rechtszirkulare, das untere auf die linkszirkulare Schwingung bezieht; erstere ent- spricht einer negativen, letztere einer positiven Drehung um die *-Achse. Die Einführung von (172) und (172b) in (171c) ergibt (w ,_i ) ^_ v . Tl; , jff ) == i^{i +(nS _i)(i +s )) oder ( 173 ) ^i + i + s = i^?{v- vi * v » s }- Diese erweiterte Dispersionsgleichung bestimmt die Brechungsindizes und somit die Geschwindig- keiten der beiden den Magnetkraftlinien parallel fortgepflanzten zirkularpolarisierten Wellen. Der Klammerausdruck auf der rechten Seite verschwindet für die- jenigen Frequenzen v der Lichtschwingungen, welche den durch das magnetische Feld abgeänderten Frequenzen der Eigen- schwingungen der Elektronen entsprechen (Gl. 60b). Da wir indessen die Absorptionsglieder der Schwingungsgleichungen gestrichen haben, so müssen wir uns ein Eingehen auf die inner- halb des Absorptionsstreifens zu beobachtenden Fortpflanzungs- geschwindigkeiten versagen und uns auf solche Schwingungs- zahlen beschränken, welche von denjenigen der Eigenschwingungen einigermaßen entfernt sind. Hier bedingt der Einfluß des magnetischen Feldes nur eine geringe Abänderung des Brechungs- index. § 80. Erstes Kapitel. Ruhende Körper. 267 Verstehen wir unter n die gemeinsame Geschwindigkeit der beiden Wellen vor Erregung des magnetischen Feldes, welche bestimmt ist durch so darf gesetzt werden Da andererseits aus (173a) folgt: dn d / 1 \ rt m dv dn\w 2 — 1/ so erhalten wir 2 d* 2 ' av Durch die Differenz der Brechungsindizes der rechts- und linkszirkularpolarisierten Welle bestimmt sich jetzt die Drehung der Polarisationsebene. Diese Ebene ist durch den magneti- schen Vektor # der Lichtwelle gegeben, welche durch Super- position zweier rechts- bzw. linkszirkularer Wellen gleicher Amplitude entsteht. Wir können mit Bücksicht auf (172a) und (173b) schreiben: *• " 2 ( e + e J = Äe C0S 1 2c P ^=-hß \ c /— te V °/ «4e \ c 'sin(— — — — M. Wir können demgemäß den Vorgang, der durch Super- position der beiden zirkularpolarisierten Wellen entsteht, auf- fassen als eine Fortpflanzung einer geradlinig polarisierten Welle mit der ursprünglichen, durch den Brechungsindex n gekennzeichneten Geschwindigkeit, verbunden mit einer Drehung 268 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 80. der Polarisationsebene. Die Polarisationsebene , die für = in die (xe) -Ebene fiel, ist nach Durchlaufung der Strecke e um den Winkel (173c) . - ^=^> in positivem Sinne um die z- Achse gedreht. Die sogenannte „Rotationskonstante" B, welche durch (174) cd - RzE definiert ist, folgt aus (173 b): (174a) *-£!£. Da sich im vorigen Paragraphen der Differentialquotient des Brechungsindex n nach der Frequenz v außerhalb des Absorptionsstreifens stets positiv ergeben hat, und da 17 eine positive den Betrag der spezifischen Ladung der negativen Elektronen anzeigende Eonstante ist, so findet die Drehung der Polarisationsebene in positivem Sinne um die mit der magne- tischen Feldrichtung zusammenfallende Fortpflanzungsrichtung des Lichtes statt. Es erfolgt also die Drehung der Pola- risationsebene im Sinne der elektrischen Ströme, welche den Elektromagneten erregen. Wird der Strom kommutiert, so daß die Richtung des magnetischen Feldes sich umkehrt und nun der Fortpflanzungsrichtung entgegen gerichtet ist, so kehrt sich auch der Drehsinn der Polarisationsebene um. Behält hingegen das magnetische Feld seine Richtung im Räume bei, während die Strahlrichtung durch Reflexion umgekehrt wird, so geht die Drehung im Räume in demselben Sinne weiter. Die obige Regel über den Drehsinn der Polarisationsebene gilt natürlich nur dann, wenn die Voraussetzungen zutreffen, aus der wir sie abgeleitet haben, d. h. wenn die magnetische Drehung wirklich auf die Schwingungen der negativen Elek- tronen allein zurückzuführen ist, und wenn Magnetisierungs- elektronen ausgeschlossen sind. Bei ferromagnetischen Körpern, z. B. bei Lösungen von Eisensalzen, gilt sie nicht immer. f 31. Erstes Kapitel. Buhende Körper. 269 Ebensowenig dürfte sie zutreffen, wenn die ultraroten Eigen- schwingungen der positiven Elektronen für die Drehung wesent- lich in Betracht kämen, was allerdings infolge ihrer geringen spezifischen Ladung kaum anzunehmen ist Wir können (174 a) auch schreiben (mb) * — f.4r Ist die Dispersionskurve gegeben, so kann hieraus die magnetische Drehung und ihre Abhängigkeit von der Wellen- länge ermittelt werden. Auf diesen Zusammenhang hat H. Becquerel 4 ) hingewiesen; er besteht in manchen Fällen wirk- lich, wie er sich denn auch aus der allgemeineren Theorie von W. Voigt 64 ) für den speziellen Fall eines einzigen Absorptions- streifens ergibt. Die von der Elektronentheorie geforderte Be- deutung der multiplikativen Eonstanten der Formel (174b) ge- stattet es, aus der beobachteten magnetischen Drehung die spezifische Ladung der schwingenden Elektronen zu berechnen. So findet L. H. Siertsema 64 ) z. B. für Wasserstoff den Wert (174c) n - 1,77 • 10 7 , welcher mit den aus der Ablenkbarkeit der Kathodenstrahlen und Becquerelstrahlen und aus dem Zeeman-Effekt ermittelten Werten der spezifischen Ladung noch besser stimmt als der im vorigen Paragraphen aus der Dispersion des Wasserstoffes abgeleitete Wert Für die anderen untersuchten Körper erhält allerdings Siertsema durchweg kleinere Werte von rj. § 31. Magnetisierung. Wie die Elektronentheorie die Beziehungen, welche zwischen der elektrischen Polarisation $ und der elektrischen Feld- stärke (8 bestehen, durch geeignete Annahmen über die Eigen- schaften der Polarisationselektronen zu veranschaulichen sucht, so muß sie bestrebt sein, die zwischen der Magnetisierung SR und der magnetischen Feldstärke § obwaltenden Beziehungen auf die Mitwirkung der Magnetisierungselektronen zurückzu- führen. Diese Magnetisierungselektronen sind nahe verwandt 270 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 82. den Molekularströmen, durch welche Ampfcre und Weber die magnetischen Eigenschaften der Körper zu erklären suchen. Ob wirklich der Paramagnetismus und der Diamagnetismus sich auf umlaufende oder rotierende Elektronen zurückfahren läßt, ist von W. Voigt 66 ) und P. Langevin* 6 ) untersucht worden. W. Weber hat den Diamagnetismus auf die Molekularströme zurückgeführt, welche beim Entstehen eines magnetischen Feldes in widerstandslosen Bahnen induziert werden sollen. Dem entsprechen nach P. Langevin die Umlaufsbewegungen der Elektronen, welche im Innern der Moleküle beim Entstehen magnetischer Felder erregt werden; dieselben ergeben stets eine diamagnetische Erregung. Größere Schwierigkeiten bietet die Erklärung des Paramagnetismus; hier sind die Stöße und die sonstigen Wechselwirkungen der Moleküle heranzuziehen, und es ist die mittlere Orientierung der Magnetisierungselek- tronen in einem gegebenen Felde nach den Methoden der Kine- tik zu behandeln; für diese Auffassung spricht der Umstand, daß, speziell für Gase, der Paramagnetismus von der Tempe- ratur abhängt, im Gegensatz zu dem von der Temperatur nicht beeinflußten Diamagnetismus. Zur Deutung mancher magnetooptischer Erscheinungen reicht die Einführung der Polarisationselektronen aus, wie wir im vorigen Paragraphen dargelegt haben. Gewisse magneto- optische Eigenschaften der ferromagnetischen Körper indessen, insbesondere diejenigen, welche der Magnetisierung parallel gehen, erfordern die Heranziehung der Magnetisierungselektronen. Was das Verständnis des Ferromagnetismus überhaupt anbelangt, so hat die Elektronenhypothese bisher leider keine Erfolge zu verzeichnen. Wir sind noch weit davon entfernt, die Anoma- lien der ferromagnetischen Körper vom Standpunkte der Elek- tronentheorie aus deuten zu können. § 32. Elektrische Leitung. Nach der Elektronentheorie beruht die Eigenschaft ge- wisser Körper, den elektrischen Strom zu leiten, auf der An- wesenheit von „Leitungselektronen", d. h. von elektrischen § 32. Erstes Kapitel. Buhende Körper. 271 Teilchen, welche unter der Einwirkung elektrischer Felder über größere Strecken hin wandern. Diese Elektronen können mit der Masse materieller Atome beladen sein wie bei Elektro- lyten, oder sie können frei, d. h. nur mit der ihnen eigenen, elektromagnetischen Masse behaftet sein. Gerade in den besten Leitern, den Metallen, wird man freie Elektronen als Strom- trager anzunehmen haben. Wie wir bereits mehrfach erwähnt haben, sind von E. Riecke 49 ) und insbesondere von P. Drude 9 ) Vorstellungen über die Bewegung der Elektronen im Metalle entwickelt worden, welche der kinetischen Theorie der Gase nachgebildet sind. Fehlen äußere elektrische Kräfte, so sollen die Elektronen sich regellos bewegen, ähnlich wie die Moleküle eines Gases; die mittlere lebendige Kraft eines Elektrons soll gleich derjenigen sein, welche einem Gasmoleküle bei der gleichen Temperatur zukommt. Wir bezeichnen mit a die mittlere lebendige Kraft eines Moleküls oder Elektrons bei der absoluten Temperatur % — 1 (Boltzmann-Drudesche Konstante) und setzen Die Elektronen sollen Zickzackbahnen beschreiben; der Stoß, durch den die Bewegungsrichtung geändert wird, kann entweder zwischen den Elektronen selbst erfolgen oder an den neutralen Molekülen, welche gewissermaßen das feste Ge- rüst des Metalles bilden. Welches wird nun der Einfluß eines elektrischen Felde» sein? Es wird die unregelmäßige Wärmebewegung der Elek- tronen ein wenig abgeändert werden, so daß im Mittel die- jenige Bewegungsrichtung überwiegt, nach der die Elektronen durch das Feld getrieben werden. Es sei to t die mittlere Ge- schwindigkeit der betreffenden Elektronengruppe, l t die mittlere freie Weglänge; beim Durchlaufen der freien Weglänge l x wird das elektrische Feld S einem Elektron von der Geschwindig- keit &! die zusätzliche Geschwindigkeit erteilen '%-•*> 0 = curl,4(fc^}, (182d) t -VdiT{^}-5{»^}. Lassen wir endlich die i-Achse mit der Achse des Dipols zusammenfallen, so erkennen wir, daß die erhaltenen Formeln durchaus identisch sind mit den Formeln (53, 53a, b) des § 9. Dort wird der periodische Wechsel des elektrischen Momentes des Dipols durch die Schwingungen eines Elektrons veranlaßt, hier durch den quasistationären Leitungsstrom in dem Drahte, welcher die Kondensatorplatten* verbindet. In Entfernungen, die groß sind gegen die Abmessungen des Systemes, kommt es, wie wir sehen, nicht auf die Konfiguration des System es im einzelnen, sondern nur auf das resultierende Moment an, Wir können die Formeln (53 c, d), durch welche wir dort das Feld darstellten, ohne weiteres auf den vorliegenden Fall über- tragen. Zusammenfassend können wir sagen: Das elektro- magnetische Feld des quasistationären Stromes in einem linearen Leiter, welcher die Platten eines Luft- 280 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 83. kondensators verbindet, läßt sich in Entfernungen, die groß gegen die Abmessungen des Leiters sind, er- setzen durch das Feld eines Dipols, dessen Achse der vom Anfangspunkt der Leitung direkt zum End- punkt gezogene Fahrstrahl und dessen Ladungen die Ladungen ±e der Eondensatorplatten sind. Wir dürfen unsere Formeln nur auf einen Luftkondensator anwenden, weil wir bei der Berechnung des Hertzschen Vektors in (179) nur den Leitungsstrom berücksichtigt hatten, aber nicht die von der Polarisation und der Magnetisierung der umgebenden Körper herrührenden Stromanteile. Wie ändern sich die Ergebnisse unserer Betrachtungen, wenn man an Stelle des Luftkondensators einen Kondensator setzt, der mit einem dielektrischen Körper gefüllt ist? Dann ist der an der Materie haftende Bruchteil des Verschiebungsstromes dem Leitungsstrome hinzuzufügen. Die elektrische Verschiebung ist nun von der mit der Ladung +e versehenen Platte durch das Dielektrikum nach der mit der Ladung — e versehenen gerichtet. Der Verschiebungsstrom ergänzt den Leitungsstrom im Drahte zu einer geschlossenen Strömung, er ist dem Strom- elemente, das von der Ladung — e nach + £ geht? u^d welches den Leitungsstrom hinsichtlich der Fernwirkung ersetzt, ent- gegen gerichtet. Würde der gesamte Verschiebungsstrom in Rechnung zu setzen sein, so würde seine Fernwirkung die- jenige des Leitungsstromes gerade aufheben. Da aber nur der Bruchteil 1 in Rechnung zu ziehen ist, so wird die Fern- c Wirkung nicht aufgehoben, sondern nur im Verhältnis 1 : e ver- ringert. Wir können das Ergebnis auch so ausdrücken: Ist der Raum zwischen den Kondensatorplatten mit einer dielektrischen Substanz erfüllt, so ist für die Fern- wirkung das Moment der freien Ladungen der Kon- densatorbelegungen maßgebend. Für die drahtlose Telegraphie ist die Kenntnis der Feld- stärken in der Wellenzone von Wichtigkeit; diese bildet sich in Entfernungen vom Schwingungskreis, die groß gegen die § 33. Erstes Kapitel. Buhende Körper. 281 Wellenlänge sind. Die Feldstarken des Dipols werden hier durch (54) gegeben; sie sind am größten in Richtungen senk- recht zur Achse des Dipols. Hier wird i«i-i»i-f-(3L/ Die elektrische Feldstärke ist dabei parallel, die magne- tische senkrecht zur Achse des Dipols gerichtet. Ist d der Abstand der Kondensatorplatten, d. h. der Abstand der einander gegenüberliegenden Enden der Leitung, so wird speziell für einfach harmonische Schwingungen von der Schwingungszahl v (in 2 7t Sekunden) (182e) |«|_|0|_£.£. Die Wellenamplitude ist proportional derLadungs- amplitude und dem Abstand der Kondensatorplatten sowie dem Quadrate der Schwingungszahl, umgekehrt proportional der Dielektrizitätskonstanten und der Entfernung. Man könnte nun daran denken, die Reichweite der funken- telegraphischen Signale dadurch zu vergrößern, daß man die Kapazität des Kondensators steigerte; denn die Ladungsamplitude e ist ja gleich dem Produkte aus der Spannungsamplitude, welche durch die Schlagweite der Funkenstrecke bestimmt ist, und aus der Kapazität. Nun ist aber, wie aus der Formel (Bd. I, Gl. 192c, S. 291) hervorgeht, bei gegebener Selbstinduktion der Leitung v* umgekehrt proportional der Kapazität K des Kon- densators. Vergrößert man die Kapazität, indem man d und e konstant hält, d. h. indem man die Fläche der Kondensator- platten vergrößert, so bleibt trotz der Vergrößerung der Ladungsamplitude die Wellenamplitude die gleiche. Erreicht man jedoch die Steigerung der Kapazität durch Verringerung des Plattenabstandes d oder durch Wahl eines Isolators von größerer Dielektrizitätskonstante e, so verkleinert man sogar die Amplitude der entsandten Wellen. Der Vergrößerung der im Schwingungskreise aufgespeicherten Energie entspricht mit- hin keineswegs eine Steigerung der ausgestrahlten Energie. 282 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 8.H. Überhaupt ist die Verwendung nahezu geschlossener Kreise und quasistationärer Ströme für die Zwecke der drahtlosen Telegraphie nicht günstig. Bei einer solchen Anordnung zer- stören sich, wie wir gesehen haben, die Beiträge der einzelnen Stromelemente fast vollständig, während im Gegenteil eine Verstärkung der von den einzelnen Stromelementen herrührenden Wellen anzustreben ist. Das Zusammenwirken der Wellen aller Stromelemente wird erreicht bei den geradlinigen Sen- deantennen, die man in der drahtlosen Telegraphie verwendet. Mit ihrer Theorie wird sich der nächste Paragraph beschäftigen. Wir wollen, um Mißverständnisse auszuschließen, nochmals betonen, daß die in den Gleichungen (182, 182a) vor- genommene Spezialisierung nur dann erlaubt ist, wenn die Abmessungen des nahezu geschlossenen Kreises klein gegen die Wellenlänge sind: nur in diesem Falle setzen sich die von den einzelnen Stromelementen erregten Wellen zu einer einzigen Welle zusammen, welche von der Lücke der Leitung auszugehen scheint. Hat man es hingegen mit einem nahezu geschlossenen Kreise zu tun, dessen Abmessungen nicht klein gegen die Wellenlänge sind (z. B. einem Hertzschen Resonator ohne ein- geschaltete Kapazität), so hat man den Hertzschen Vektor aus den allgemeineren Gleichungen (180, 180a) zu berechnen. Die Stromstärke J und ihr Zeitintegral q haben hier keineswegs für alle Querschnitte den gleichen Wert, da die Kapazität der Leitung nicht zu vernachlässigen ist. Auch haben die Bei- träge, die, von verschiedenen Stromelementen des Kreises ent- sandt, gleichzeitig in einem entfernten Aufpunkte eintreffen, in diesem Falle Latenswege zurückgelegt, deren Differenzen von der Ordnung der Wellenlänge sind; es sind demnach für die einzelnen Stromelemente verschiedene Schwingungsphasen in Betracht zu ziehen. Aus diesen Gründen ist es nicht gestattet, die Fernwirkung eines geschlossenen Schwingungskreises allgemein gleich Null zu setzen und die Fernwirkung einer ungeschlossenen Leitung stets von den Enden ausgehen zu lassen. Im all- gemeinen geht die Strahlung keineswegs von den Enden der Leitung, sondern von allen Stromelementen § 34. Erstes Kapitel. Ruhende Körper. 283 der Leitung aus. Auch ein geschlossener Ereis ent- sendet daher im allgemeinen; wenn er von schnell wechselndem Strom durchflössen ist, elektromagne- tische Wellen. Nur dann, wenn seine Abmessungen klein gegen die Wellenlänge sind, wird die Vektorsumme aller Strom- elemente gleich Null; aus diesem Grunde, und weil dieselbe Schwingungsphase für alle Stromelemente in Betracht kommt, verschwindet das Feld in entfernten Aufpunkten, und somit die Strahlung des geschlossenen Kreises. § 34. Die Strahlung von Sendedrähten. Wir denken uns einen geradlinigen Draht, von der Länge 2 A, frei im Räume befindlich. Es mögen, etwa durch den elek- trischen Funken, die elektrischen Eigenschwingungen dieses Drahtes erregt sein. Wir nehmen an, daß für die Fortpflanzung von Drahtwellen längs eines Einzeldrahtes, wenigstens an- genähert, dieselben Gesetze gelten, die wir für zwei Parallel- drähte bewiesen haben (Bd. I, §§79,81,82), d.h. daß die Ge- schwindigkeit der Fortpflanzung längs der Leitung der Ge- schwindigkeit c gleich ist, mit welcher die Wellen sich im Räume ausbreiten, und daß am freien Ende eine einfache Re- flexion der Stromwelle stattfindet. Treffen diese Voraussetzungen zu, so werden sich stehende Wellen längs des Drahtes aus- bilden, die an den freien Enden Stromknoten besitzen, während die etwa sonst noch vorhandenen Stromknoten in Abständen von je einer halben Wellenlänge aufeinander folgen. Dem ent- spricht der Ansatz (183) J — a • sin (vt) • cos (^fj , falls n eine ungerade ganze Zahl und (183a) ^ Ä = «f ist. Die hierdurch dargestellten ungeradzahligen Eigenschwin- gungen besitzen in der Mitte des Drahtes, bei 5 = 0, ein Maximum des Stromes; die Konstante a gibt die Stromampli- tude daselbst an. Stromknoten liegen bei 284 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 34, (183b) S~±--A, wo m 8,-^/|cos(^).(l-cosJ(i-r)> Die beiden anderen Komponenten von 8 verschwinden. Auf Grund von (181, 181 a) bestimmt sich hieraus das elektro- magnetische Feld in Entfernungen, die groß gegen die Ab- messungen des Drahtquerschnittes sind. Der von l = ct un- abhängige Teil des Ausdruckes (184) rührt von der anfäng- § 34, . Erstes Kapitel. Buhende Körper. 285 liehen Ladungsverteilung her und ergibt deren elektrostatisches Feld ^v~~ dydz> g% a a 8. Wir wollen diese Ausdrücke zur Ermittelung der vom Drahte ausgesandten elektromagnetischen Wellen verwerten. Wir wählen einen Aufpunkt, dessen Entfernung r vom Mittel- punkte des Drahtes groß sowohl gegen die Wellenlänge als auch gegen die Drahtlänge ist. Im Nenner des Integranden in (184a) kann dann r durch r ersetzt werden, hingegen im Argumente des im Zähler auftretenden Kosinus ist zu setzen r = r — £cos# , oder (185) r = r — £w, u = cos # , wobei # den Winkel anzeigt, welchen der vom Drahtmittel- punkte nach dem Aufpunkte hin gezogene Fahrstrahl r mit der Drahtachse einschließt. Die Unterschiede der Latenswege der von verschiedenen Punkten des Sendedrahtes entsandten und gleichzeitig im Aufpunkte eintreffenden Wellen kommen hier wesentlich in Betracht. Wir erhalten (185a) 3,= - ±J*t cos £J) cos { $Q - r ) + v -£] ■ -h 286 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern § 34. Nun ist offenbar + * f«t«.ß)*P3-o. infolge von (183 a) ergibt ferner eine einfache Rechnung +* J«~(7 t H(" ! )-V'»(V*)^ ) - -h Demnach erhalten wir als Wert der Hertzschen Funk- tion des Sendedrahtes in der Wellenzone: cos (isöb) &-■—;; u u ^ rinpD-^iy. Dieser Ausdruck entspricht der Hertzschen Funktion eines der £-Achse parallelen Dipols (vgL 53), doch ist f&r die ver- schiedenen, durch u bestimmten Richtungen ein verschiedenes Moment des Dipols in Rechnung zu setzen. Dies ist das Er- gebnis der Superposition der von den Stromelementen des Drahtes herrührenden Wirkungen, welche in verschiedenen Phasen im Aufpunkte eintreffen. Bei der Berechnung der Feldstarken aus (184b, c) braucht nur das Argument des von l und r abhängigen Kosinus differenziert !u werden, da in großen Entfernten die übrigen durch Differentiation nach den Koordinaten entstehenden Tenne fortfallen. Man erhält eine Orientierung der Vektoren (^)(l- M »)- 1 + 1 -1 + 1 a* C du /i v = — I r - r - (1 + cosjrnw). -l Da n eine ungerade ganze Zahl ist, können wir schreiben (186) -W = £- C »> wo abkiirzungsweise gesetzt ist + 1 titn (186a) 0,-/* *L(l - cos* M (l - «)) -J^(l - cos*). -1 Es handelt sich noch um die Berechnung dieses tran- szendenten Integrals. Wir zerlegen dasselbe in vier Integrale: %itn CO CO CO C = flu— f dx 4. CdrA—L- _ «?£\ 4. f<**°«8* n Jl+* J*Cl+») + ./ a *U(l+ dt ~ u Da ein Leitungsstrom nicht fließt, so folgt aus (189 c) und (Ic): (191b) curl8 = — Qto. Das bei Eichenwalds Versuchen erregte magne- tische Feld ist nach der Elektronentheorie, den Gl. (191a, b) gemäß, durch den Konvektionsstrom der freien Elektrizität bestimmt. Dieses war eben die Fest- stellung Eichenwalds. Nach der Hertzschen Theorie dagegen wäre der allgemeine Ausdruck der ersten Hauptgleichung für einen unmagnetisierbaren Körper 4tt f. , y% —•-"(»+^}i § 86. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 299 da nun in dem vorliegenden Falle die von dem bewegten Körper aus beurteilte zeitliche Änderung von 2) ebenso wie i verschwindet, so würde sich nach H. Hertz überhaupt keine magnetische Wirkung ergeben. Die Versuche von Eichen- wald zeigen demnach, daß nicht die Hertzsche, wohl aber die Lorentzsche Elektrodynamik bewegter Kör- per die erste Hauf>tgleichung für die hier in Frage kommenden langsamen Bewegungen unmagnetisier- barer Körper richtig formuliert. § 36. Die zweite Hauptgleichung. Die zweite Hauptgleichung der Elektronentheorie (II c) enthält überhaupt kein von der Bewegung der Materie oder der Elektrizität direkt abhängiges Glied. Sie lautet im Falle der Bewegung ebenso wie im Falle der Buhe (192) curKg»-.!*®. Diese Form der zweiten Hauptgleichung ist nichts anderes als das Induktionsgesetz, ausgesprochen für ein im Baume festes Flächenelement; denn es stellt ($ die Kraft auf einen ruhenden, mit der Einheit der Ladung versehenen Probekörper dar, während die auf der rechten Seite von (192) auftretende zeitliche Änderung von 8 auf einen festen Baumpunkt sich bezieht. Es entsteht nun aber die Frage, ob auch für bewegte Körper das Faradaysche Induktionsgesetz (Bd. I, S. 404 ff.), welches ja von der Erfahrung durchweg bestätigt wird, aus den Grundvorstellungen der Elektronentheorie sich ableiten läßt. Um dies zu zeigen, müssen wir auf die Grundgleichung (V) des § 4 zurückgehen, welche die elektromagnetische Kraft fj bestimmt; es ist in der jetzt angewandten Bezeichnungsweise die auf die Einheit der Ladung wirkende Kraft; 5 = e+|[ü|]. Wir betrachten eine Gruppe von Elektronen, welche sich mit der gemeinsamen Geschwindigkeit ö bewegen. Die Mittel- 300 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 36. wertsbildung über ein physikalisch unendlich kleines Gebiet ergibt dann für diese Elektronengrappe die elektromagnetische Kraft *-e+4-[»i]-«+4-[iB]. Wir setzen wieder wie im vorigen Paragraphen indem wir unter tu die Geschwindigkeit der Materie, unter &' die Geschwindigkeit der Elektronen relativ zur Materie ver- stehen. Dann wird WO (193) »] die Kraft auf eine mit der Materie bewegte Einheits- ladung ist. Der zweite Bestandteil des Vektors fj kommt beispiels- weise bei der Berechnung der mechanischen Kraft zur Geltung, die an einem stromdurchflossenen Drahte angreift. Uns interessiert indessen hier nur der erste Bestandteil des Vektors 5, den wir mit <$' bezeichnen; die Gleichung (193), die ihn bestimmt, berücksichtigt die Bewegung der Materie und formuliert das Gesetz der durch Bewegung induzierten elektromotorischen Kraft. In der Tat, nach den Vor- stellungen der Elektronentheorie ist — (* + 4*$, wobei, nach (HIc) und (188a), gilt: div 9 = q. Nur der an der Materie haftende Teil der elektrischen Verschiebung, d. h. die Verschiebung der Polarisationselektronen des Körpers wird durch den Vektor = « + (£- 1)«'. § 37. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 303 Wir wollen uns auf nicht magnetisierbare Dielek- trika beschränken. Für solche ist im Falle der Buhe 8 mit $ identisch. Welches im Falle der Bewegung der Zusammen- hang zwischen diesen beiden Vektoren ist, wissen wir nicht. Doch weichen sie gewiß, wenn überhaupt, so nur um Größen erster Ordnung in |to>|/c voneinander ab. Wir begehen also nur einen Fehler zweiter Ordnung — und ein solcher ist auch bei den vorhergehenden Entwickelungen zugelassen worden — ; wenn wir im Ausdruck (193) von r .g ± (._i).2:.|$|. Das zweite Glied wechselt bei Umkehrung des magnetischen Feldes das Vorzeichen. Ist h die Höhe des Zylinders und e die 304 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 37. Ladung seiner inneren Belegung, a und b die Querschnitts- radien der äußeren und inneren Belegung, so ist Da nun konzentrische Zylinder des Dielektrikums von der- selben Verschiebung e durchsetzt werden, so ergibt die Integra- tion von (194d) zwischen den Grenzen b und a: ••a-*»S)-«i-^±(i-7)£-l#l-( rf -^ oder (194e) £ = 9l - y t + W, wo K die Kapazität des dielektrischen Zylinders ist und (194f) js«_(i_I).«|$| (««_&•). Die Ladung der Innenseite des äußeren Zylinders ist — e* folglich ist + e die Ladung seiner Außenseite, des mit ihr ver- bundenen Quadranten des Elektrometers und des Leitungs- drahtes zusammen; der andere Quadrant ist zur Erde ab- geleitet. Ist K' die Kapazität dieses ganzen Systems, so hat man e ■j£ ~ V* ~~ Vv Hieraus und aus (194d) folgt (194g) ±E ^( (Pi - < p l ).^±^, so daß aus der gemessenen Potentialdifferenz der Quadranten und den Konstanten des Apparates die Größe E* sich ermitteln und so die experimentelle Prüfung der von der Elektronentheorie geforderten Beziehung (194f) sich durchführen läßt. Die messenden Versuche H. A. Wilsons bestätigen nun durchaus die Gültigkeit dieser Beziehung; mit der Hertzschen Theorie hingegen sind sie nicht zu vereinbaren (diese setzt in (194c) s an Stelle von 6 — 1, mithin in (194 f) 1 an Stelle § 38. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 305 von 1 V Wir können also aus den Versuchen von H. A. Wilson schließen, daß zwar die Lorentzsche, nicht aber die Hertzsche Elektrodynamik bewegter Körper die Beziehung zwischen den Feldstärken und der elektrischen Verschiebung für die hier in Frage kommenden langsamen Bewegungen nicht magnetisier- barer Körper richtig wiedergibt. § 38. Die allgemeinen Feldgleichungen für bewegte Körper. Wir haben uns bisher bei der Ableitung der Grundglei- chungen für die bewegte Materie auf nicht magnetisierbare Körper beschränkt. Es läge nun am nächsten, wie im Falle der Ruhe, so auch im Falle der Bewegung durch Einführung der Magnetisierungselektronen die Grundgleichungen zu ver- allgemeinern; dies war in der früheren Auflage, in Anlehnung an H. A. Loren tz 81 ), geschehen. Doch können wir uns nicht verhehlen, daß gerade die magnetischen Eigenschaften der Körper von der Elektronen- theorie bisher noch nicht befriedigend erklärt werden (vgl. § 31). Daher ist es gewagt, die elektronentheoretischen Vorstellungen von der Magnetisierung der Körper zur Begründung der elektro- dynamischen Feldgleichungen für bewegte Körper heranzuziehen. Hier scheint eine mehr phänomenologische Auffassung passen- der, wie sie neuerdings von H. Minkowski 38 ) und schon seit längerer Zeit von E. Cohn 8 ) vertreten wird. H. Minkowski behält auch für solche Körper, deren magneti- sche Permeabilität nicht gleich 1 ist, die Relationen (193), (193a) und (194b) bei: (195) i - 6 = £ (Illd) div S — ' Q, (IV d) div 8 = 0. Für den Fall (i — 1 folgt aas (195 c,d): 8 = £ -^[>,4jr$- «], während, nach (195 a, b), allgemein ist: ix% = 6 + (e - 1)«'+ Uta, » - §]. C Man begeht also nur einen Fehler von der Ordnung | tu 1 */c 2 , wenn man setzt: 4*r$ - « = 4*r$ = (s — 1)6' Die erste dieser Beziehungen war es, von der wir in § 37, bei der Theorie des Wilsonschen Versuches, ausgingen. Die zweite Beziehung zeigt, daß für langsame Bewegungen nicht magnetisierbarer Körper die Form (Id) der ersten Haupt- gleichung mit der in § 35 zugrunde gelegten Form (191) identisch ist, die dort zur Deutung der Versuche Eichenwalds über den Röntgenstrom diente. Die experimentellen Ergebnisse, § 38. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 307 von denen in den Paragraphen 35 bis 37 die Rede war, werden alle durch das aufgestellte Gleichungssystem erklärt. Um zu Feldgleichungen zu gelangen, welche allgemein die elektromagnetischen Vorgänge in langsam bewegten para- oder dia-magnetischen Körpern beschreiben, drücken wir auf Grund von (195 a— d), unter Elimination der Vektoren »], (VId) $_l8 + (i_ 1)10,4*»]. Die Einführung von (Vd) und (VId) in die Hauptglei- chungen (Ild) und (Id) führt zu Feldgleichungen für die Vek- toren $ und SB, welche, bei geeigneten Anfangs- und Grenz- daten, den Ablauf eines elektromagnetischen Vorganges für Dielektrika (i -» 0) eindeutig bestimmen. Für bewegte Dielektrika ist (Vd) bei dem Versuche von H. A. Wilson, (VId) bei dem Versuche von Eichenwald Gegenstand der experimentellen Prüfung. Hier ist der Einfluß der magnetischen Permeabilität entsprechend den Minkowskischen — und, wie wir sogleich sehen werden, auch den Cohnschen — Grundgleichungen zur Formulierung gelangt. An Stelle des Koeffizienten 1 bei E. Cohn und H. Minkowski Sil würde zu setzen sein 1 nach H. A. Lorentz, 1 nach H. Hertz. Während jene Experimente gegen die Hertzsche Elektrodynamik bewegter Körper entscheiden, reicht ihre Genauigkeit nicht aus, um die Entscheidung zwischen den Ansätzen von Cohn und Minkowski und denen von H. A. Lorentz zu geben; denn für Dielektrika 20* 308 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 88. ist ll so wenig von 1 verschieden, daß sich die Abweichung in den Werten der Koeffizienten der Beobachtung entzieht. Führt man in (Id) den auf mitbewegte Flächen bezogenen Verschiebungsstrom ein: ^ - ** + * div 5) + curl[$to], und entsprechend in (II d) den Induktionsfluß durch mit der Materie bewegte Flächen: ~ = ™ + to div » + curl[8to], und beachtet (ffld, IV d) sowie (195a, c), so ergibt sich eine andere Form der Minkowskischen Grundgleichungen: (Ie) ^•'- "\Yt (He) curl 6 = - c dt , (Ille) div 2) = q, (IV e) ' div 8 = 0. + i), Hier sind nun die Vektoren - Auch an der Oberfläche des idealen Leiters ist nach (II e) der Flächenwirbel von %', nach (IV e) die Flächendivergenz von 8 gleich Null. Da nun im Innern des Leiters kein Feld be- steht, so folgen für die Werte jener Vektoren an der Ober- fläche die Bedingungen (196b) [«'*] - 0, (196c) (8tl) = 0. Dieses sind die an der Oberfläche eines bewegten vollkommenen Spiegels vorzuschreibenden Grenz- bedingungen. § 39. Der Versuch von Fizeau. Über die Fortpflanzung des Lichtes in strömendem Wasser ist von Fizeau ein Versuch angestellt worden; von Michelson und Morley wiederholt, stellt dieser Versuch ein Experimen- tum crucis dar, welches' gegen die Hertzsche Optik bewegter Körper entscheidet. Wir wollen nicht versäumen, die Theorie dieses Versuches aus den Feldgleichungen des vorigen Para- graphen abzuleiten. Bei den Versuchen gelangten zwei Lichtbündel zur Inter- ferenz, welche zwei parallele Röhren durchsetzt hatten. Wurde das in den beiden Röhren enthaltene Wasser in entgegen- gesetzten Richtungen in Strömung versetzt, so erfolgte eine Verschiebung der Interferenzstreifen; aus dem Betrage der Ver- schiebung konnte die Veränderung der Fortpflanzungsgeschwin- digkeit des Lichtes infolge der Bewegung des Wassers er- mittelt und mit der Theorie verglichen werden. Es handelt sich also hier um Lichtwellen, welche parallel der Geschwindigkeitsrichtung, oder in dem entgegengesetzten Sinne sich fortpflanzen. Wir legen die #-Achse in die Be- In wegungsrichtung des Wassers, setzen - — • = ß und betrachten § 39. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 311 zunächst einen geradlinig polarisierten Lichtstrahl, in dem die elektrischen Schwingungen der #-Achse, die magnetischen der y-Achse parallel erfolgen. Die Hauptgleichungen (Ie, II e) ergeben für Nichtleiter (197) d$'y ±nz* x ae* 10'» v dz c dt ' dz c dt Dabei gelten, nach E. Cohn strenge, nach Minkowski bei Vernachlässigung Ton ß i , die Beziehungen (Ve, VIe): (i97a) 4*»„- ««: + £$;, (197b) 8 r -p$; + 0«. Wir verstehen unter v die Zahl der Lichtschwingungen, gemessen in einem Punkt des bewegten Wassers, unter w die gesuchte Geschwindigkeit des Lichtes relativ zum Wasser und bringen dementsprechend die Abhängigkeit der Feldkomponenten von t und e für einen Punkt des Wassers durch dem kom- plexen Faktor zum Ausdruck: ■i'-i) tr e (198) Da in (197) die Differentialquotienten nach der Zeit sich ebenfalls auf einen Punkt der bewegten Materie beziehen, so folgen, mit Rücksicht auf (197a, b), die in «]- § 40. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 317 Man überzeugt sich übrigens leicht davon, daß diese Vek- toren mit den in § 38 ebenso bezeichneten identisch sind; für den Fall e = 1, ft = 1 folgen aus den Relationen (195a — d) ebenfalls die in (203) angegebenen Ausdrücke von <§', £>'? und es folgt gleichzeitig: Aus (203) erhält man (203a) « identisch, wie wir soeben bemerkten. Da nun $„=o, [ so folgt (207b) 8*r--«-40?.j±j- Der Druck des senkrecht einfallenden Lichtes auf den ihm entgegen bewegten Spiegel wird hiernach (208) p ^± §L l±l rP .^±l. 320 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 41. Er wird durch die Bewegung des Spiegels im Verhältnis 1 + ß : 1 — ß gesteigert und wird unendlich, wenn der Spiegel sich mit Lichtgeschwindigkeit bewegt. Eine Bewegung des Spiegels mit Lichtgeschwindigkeit der auffallenden Strahlung entgegen erfordert unendliche Arbeits- leistung und ist daher physikalisch nicht realisierbar. Die Arbeitsleistung gegen den Druck der Strahlung bringt eine Steigerung der Amplituden des reflektierten Lichtes mit sich, welche durch (207) gegeben ist. Man überzeugt sich unschwer davon, daß die erhaltenen Ergebnisse mit dem Energiesatze und dem Impulssatze in Übereinstimmung sind. Wir wollen indessen hierauf an dieser Stelle nicht eingehen. Weiter unten (§ 42) werden wir das Problem der Licht- reflexion durch einen bewegten Spiegel für den allgemeineren Fall schiefer Inzidenz behandeln, und gerade die Impuls- gleichungen und die Energiegleichung werden dort an die Spitze gestellt werden. § 41. Der relative Strahl. In der elementaren Theorie der Aberration bestimmt man die Richtung des relativen Strahles bekanntlich folgender- maßen. Man denkt sich den Strahl durch eine Öffnung tretend, und, nach Durchlaufung der Strecke OP y im Aufpunkte P eintreffend. Der in P be- findliche Beobachter und der Schirm, dessen Öffnung ist, mögen die gemeinsame kon- stante Translationsgeschwindig- SP keit to besitzen. Dann ist die Öffnung zu der Zeit, wo das Licht in P eintrifft, bereits nach 0' gelangt (vgl. Abb. 5), und der Beobachter, der von der Bewegung keine Kenntnis besitzt, wird O'P als Strahlrichtung bezeichnen. Die Richtung des relativen Strahles ist hiernach diejenige des Vektors (209) r '= r — m, Abb. 5. §41. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 321 der die Relativgeschwindigkeit von Licht und Be- obachter darstellt. Schon Bradley erklärte durch diese vom Standpunkte der Emissionstheorie des Lichtes ohne weiteres einleuchtende Konstruktion die Aberration des Fixsternlichtes infolge der Umlaufsbewegung der Erde; der diese Umlaufs- bewegung darstellende periodische Teil der Erdgeschwindigkeit to gibt zu einem periodischen Wechsel der Richtung des relativen Strahles und damit zu einer jährlichen Periode der scheinbaren Orter der Fixsterne Veranlassung. Zunächst wollen wir einige Beziehungen ableiten, die sich aus dem Dreieck der Vektoren c, to, c' ohne weiteres ergeben. Der Betrag von c' ist (209a) c'=cVl + ß*-2ßcoBy, 0-UtL Auch hat man (209 b) - = cos£-/3cos#, (209c) ^^ = l-/Jcosg). Ist o der räumliche Oflnungswinkel eines in P sich ver- einigenden Strahlenbündels, so entspricht ihm im relativen Strahlengange der Oflnungswinkel o', der sich folgendermaßen bestimmt •o-i r\\ ©' d cos tp sin qp dtp ^ ' od dcosip sinop dip Das leuchtet sofort ein, wenn man P als Anfangspunkt eines Systemes von Polarkoordinaten betrachtet, dessen Achse durch die Richtung von to gegeben ist. Der Strahlenkegel der rela- tiven Strahlen liegt dann zwischen denselben Meridianebenen wie derjenige der absoluten Strahlen; er erscheint nur zwischen zwei andere Breitenkreise verlegt. Aus dem Dreieck der Abb. 5 folgt nun sin cp c sinap c ' ™ aB * % f folglich co c \ dty/ Abraham, Theorie der Elektrizität. II. 2. Aufl. 2 1 322 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 41. Da ferner sing = |», = n sini/> c ^ hier als Konstante zu betrachten ist, so gilt nach (209 b) 1 __ *JL = i _ ß C0B * — c ' dtf) r COSß CCOB%' und folglich (210a) ,- f a> c'* Der Begriff „Strahl" ist nicht nur ein geometrischer, sondern auch ein physikalischer; der Betrag des Strahlvektors oder die „Strahlung" wird gemessen durch die auf Zeiteinheit und Flächeneinheit bezogene Wärmeentwickelung in einer senkrecht zur Strahlrichtung gestellten schwarzen Fläche. Wir haben in diesem Werke bisher nur von der „absoluten Strahlung" S gesprochen, die durch eine ruhende, senk- recht zu @ (oder c) gestellte schwarze Flache definiert ist. Es bestimmt (vgl. § 5) — gleichzeitig die in der Sekunde auf den Quadratzentimeter fallende Bewegungsgröße des Lichtes oder die Kraft des Lichtdruckes auf die schwarze Fläche. Der absoluten Strahlung stellen wir jetzt die „relative Strah- lung" S' gegenüber; diese wird gemessen durch die Wärme- entwickelung, welche in der Sekunde im Quadratzentimeter einer zur relativen Strahlrichtung (d. h. zu c') senkrechten bewegten schwarzen Fläche stattfindet. Sie berechnet sich folgendermaßen : Die Energiemenge, die in der Sekunde durch die Flächeneinheit einer im Räume zu c' senkrechten, bewegten c (gedachten) Fläche hindurchtritt, ist S-— ; wir können diese auch (vgl. § 14) als „relativen Energiestrom" bezeichnen. Um die Wärmeentwickelung in der schwarzen Fläche zu be- stimmen, haben wir noch die Arbeitsleistung des Lichtdruckes zu subtrahieren. Die in der Sekunde auf die Flächeneinheit auffallende Bewegungsgröße ist — • — , ihre Richtung ist diejenige § 41. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 323 des absoluten Strahles; sie gibt die Druckkraft der Strahlung auf die schwarze Fläche an. Folglich ist die Arbeitsleistung des Strahlungsdruckes ifto©], und daher die relative Strahlung (211) S '_£ S _ *(„«). Da es sich hier um ebene Wellen handelt, bei denen @ parallel zu c ist, so wird mit Rücksicht auf (209) (211a) S'=£(c'©) = s£cosz. (211b) Auf Grund von (210 a) können wir auch schreiben 8' 8 c'*a>' c 4 od Verstehen wir jetzt unter dem „relativen Strahl e" einen Vektor 2>' ; dessen Richtung diejenige von c' und dessen Betrag die relative Strahlung S' ist, so erhalten wir aus (211a) ohne weiteres den für ebene Wellen gültigen Ausdruck von ©' (211c) ®'=£(t'®). Wir wollen dieser synthetischen Ableitung des relativen Strahles eine analytische gegenüberstellen, indem wir von dem allgemein gültigen Ausdruck von @' durch die elektromagne- tischen Vektoren ausgehen. Für ebene Wellen gelangen wir auf diesem Wege zur elektromagnetischen Begründung der obigen Konstruktion der relativen Strahlrichtung. Der absolute Strahl wird bestimmt durch den Poyntingschen Vektor (212) «_£[«$]. derselbe gibt den Energiestrom durch eine ruhende Fläche an« Der relative Energiestrom nach einer durch n gekenn- zeichneten Richtung ist (212a) * u - Wn *- {V+ p ]t 21* 324 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 41. er stellt die Energiemenge dar, welche in der Sekunde durch den Quadratzentimenter einer bewegten, senkrecht zu n gestellten (gedachten) Fläche im Baume hindurchtritt (vgL § 14, Glei- chung 76 b). Die auf die Flächeneinheit berechnete Kraft des Strahlungs- druckes ist durch (201a) gegeben. Handelt es sich um die relative Strahlung auf bewegte schwarze oder blanke Flächen, so ist die Arbeitsleistung der Flächenkraft %' von (212 a) zu subtrahieren. Da n jetzt nicht wie im vorigen Paragraphen der von der Fläche fortweisenden, sondern der nach ihr hin- weisenden Normale parallel ist, so ist die Arbeitsleistung des Strahlungsdruckes an der bewegten Fläche zu schreiben (212b) (toiT) = - i(2«,(w«) + %$„(*$) - »„(«' + §*) 21» 1 + ~f (»[«§]))• Die Differenz von (212a) und (212b) ist es, die sich als Wärmeentwickelung in einer senkrecht zu w gestellten, be- wegten schwarzen Fläche kundgibt. Wir verstehen unter der „relativen Strahlung" parallel der durch n gekennzeichneten Richtung eben diese Differenz: Wir können hiernach die relative Strahlung nach irgendeiner Richtung auffassen als Komponente des Vektors (213) r- C + ^(«(*«) + *(»*) - »(«* + S 2 ) Dieser Vektor ist der relative Strahl. Wir wollen an Stelle der Vektoren 6, g die durch (203) definierten Vektoren [» «] + ?[[»«![»«]■ Nach Regel (d) und (y) der Formelzusammenstellung in Bd. I, S. 452 ist: [«[*«]] -»«■-«(»«) c Deranach ergibt sich, wenn man (213 a) mit j- multi- pliziert, ein Vektor, der mit (213) identisch ist. Es ist also der allgemeine Ausdruck des relativen Strahles durch die elektromagnetischen Vektoren (213b) @'=£ [«'£']• Die Komponente dieses Vektors nach irgendeiner Richtung ergibt die Wärmeentwickelung in einer senk- recht zu dieser Richtung gestellten, mit beliebiger Geschwindigkeit bewegten schwarzen Fläche an. Die Normale derjenigen Stellung der schwarzen Fläche, welche maximaler Wärmeentwickelung entspricht, ist der physikalischen Definition des Strahles gemäß die relative Strahlrichtung. Wir haben den Nachweis zu erbringen, daß für ebene Wellen die zu Beginn dieses Paragraphen gegebene elementare Ableitung des relativen Strahles aus (213 b) hervorgeht. Für eine ebene, geradlinig polarisierte Welle bilden Ge- schwindigkeit r, elektrische und magnetische Feldstärke ein Tripel aufeinander senkrechter Richtungen. Man hat, da die Beträge der beiden Feldstärken einander gleich sind, $ = ^[c<8], «-^-[#e]. 326 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 41. Aue (203) und (209) folgt Demnach wird der relative Strahl was nach Regel (ä) und (y) in Bd. I, S. 452 übergeht in ®'-^^([§r']€)-^-^(e'[«#])) oder (213c) «'- £(•«). Damit sind wir, von der elektromagnetischen Definition (213 b) des relativen Strahles ausgehend, für ebene Wellen zu (211c) zurückgelangt. Wir sehen, daß @' parallel der Relativ- geschwindigkeit t des Lichtes gegen die auffangende Fläche ist, daß mithin die elementare Konstruktion der rela- tiven Strahlrichtung auch vom Standpunkte der auf den elektromagnetischen Feldgleichungen des § 38 fußenden Theorie gerechtfertigt ist. Gleichzeitig erhalten wir den Ausdruck (211a) bzw. (211) für die relative Strahlung ebener Wellen wieder. Die Konstruktion des relativen Strahlenganges beruht wesentlich auf der Voraussetzung, daß die Lichtfortpflanzung im Räume durch die Bewegung der Körper nicht beeinflußt wird. Die von dieser Konstruktion ausgehende Aberrations- theorie fußt demnach auf der Annahme „ruhenden Äthers". Die Annahme, daß der Äther sich nicht mit der Erde bei ihrem Umlauf um die Sonne mitbewegt, war es, die Fresnel der Aberrationstheorie zugrunde legte. Im Gegensatze hierzu nahm Stokes an, daß der Äther von der Erde mitgeführt wird; hier werden die Gesetze der Aberration des Fixsterulichtes nur durch äußerst komplizierte und willkürliche Hypothesen über die Bewegung des Äthers in der Umgebung der Erde gewonnen. Von den elektromagnetischen Theorien entspricht die Hertz- § 42. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 327 sehe der Stokesschen, die Lorentzsche der Fresnelschen. Die Erklärung der Aberration vom Standpunkte der Hertzschen Elektrodynamik bewegter Körper aus begegnet ähnlichen Schwierigkeiten wie die Stokessche auf der elastischen Licht- theorie fußende Erklärung. Vom Lorentzschen Standpunkte aus erklärt sich die Aberration ganz ungezwungen; es ist eben die Bewegung der Erde gegen ein durch die Isotropie der Licht- fortpflanzung gekennzeichnetes Bezugssystem, welche die jähr- liche Periode der relativen Strahlrichtungen bedingt. Anderer- seits gibt die Hertzsche Theorie ohne weiteres von der Tat- sache Rechenschaft, daß die elektromagnetischen und optischen Vorgänge, welche sich ausschließlich an der Erdoberfläche abspielen, genau so verlaufen wie in einem ruhenden Systeme. Die Grundvorstelluugen der Elektronentheorie hingegen legen die Vermutung nahe, daß die Umlaufsbewegung der Erde auch diese Erscheinungen beeinflußt, und daß es möglich sein sollte, durch elektrodynamische oder optische Versuche im Labora- torium die jeweilige Richtung der Erdbewegung festzustellen. Daß dies nicht der Fall ist, beruht nach H. A. Lorentz auf einer merkwürdigen Kompensation der Wirkungen; wir kommen später darauf zurück. § 42. Die Reflexion des Lichtes durch einen bewegten Spiegel. Wir behandeln in diesem Paragraphen das Problem der Reflexion des Lichtes durch einen in gleichförmiger Trans- lationsbewegung begriffenen, vollkommen blanken Spiegel 2 ). Wir könnten dabei in ähnlicher Weise vorgehen, wie es im § 40 für den Fall senkrechter Inzidenz geschah, wo neben den Gesetzen der Lichtfortpflanzung im Räume die an der spiegelnden Fläche vorgeschriebene Grenzbedingung herangezogen wurde. Wir ziehen es indessen vor, die allgemeinen Impuls- sätze und den Energiesatz zugrunde zu legen. Auf diese Weise treten die Voraussetzungen, auf denen die gegebene Lösung beruht, deutlicher hervor: Es ist erstens die Grund- hypothese der Elektronentheorie, daß die Lichtfortpflanzung 328 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 42. im Räume durch die Bewegung der Körper (hier des Spiegels) nicht beeinflußt wird. Zweitens die Annahme einer Bewegungsgröße der Lichtwellen, welche der Rich- tung nach durch den absoluten Strahl bestimmt, dem Betrage nach dem Quotienten aus der Energie und der Geschwindig- keit des Lichtes gleich ist; diese Annahme kommt schon bei der Ableitung des Lichtdruckes auf ruhende Flächen ins Spiel. Drittens endlich die Eigenschaft des idealen Spiegels, die in § 40 abgeleitet wurde, keiner scheerenden Druckkraft des Lichtes ausgesetzt zu sein. Diese dritte Voraussetzung kann, wie sich zeigen wird, auch durch das Huyghenssche Prinzip ersetzt werden. Wir legen die (yjgf)-Ebene in die Spiegelebene, die #-Achse weise nach außen. Es bezeichnen ß x , ß y7 ß g die durch c ge- teilten Komponenten der Translationsgeschwindigkeit des Spiegels. Es seien — c^ und + cc 2 die Kosinus der Winkel, welche die absoluten Strahlrichtungen der einfallenden und der reflektierten Welle mit der a?-Achse einschließen. Das Licht sei mono- chromatisch, und es seien v t bzw. v 2 die Schwingungszahlen der einfallenden und reflektierten Wellen an einem im Räume festen Punkte; v' hingegen sei die Schwingungszahl an einem Punkte des bewegten Spiegels. Dem Dopplerschen Prinzip (§ 14) zufolge sind die Schwingungszahlen v und v' der an einem festen und einem bewegten Punkte gezählten Lichtwellen durch die allgemeine Beziehung verknüpft (214) v -=\-ß cos 7 = i — ß cos?» § 42. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 329 und daher bestimmt sich die Schwingungszahl des reflektierten Lichtes folgendermaßen: (214 b) ^ = Iz^£!*i. Es sind S 1 und £ 2 die absoluten Strahlungen des einfallen- den und des reflektierten Lichtes, d. h. die Energiemengen, die in der Sekunde durch die Flächeneinheit ruhender, zur ab- soluten Strahlrichtung senkrechter Flächen treten. Für schief gestellte und bewegte Flächen ist die durch die Flächeneinheit tretende Energiemenge der zur Fläche normalen Komponente der ßelativgeschwindigkeit proportional Die Normalkompo- nenten der Relativgeschwindigkeit sind für die einfallenden bzw. reflektierten Wellen in der gewählten Bezeichnung C Ol + Ar) DZW ' C («2 — Ar)' Demnach sind die auf den Spiegel fallenden bzw. von ihm ausgesandten Energiemengen, berechnet auf Flächeneinheit und Zeiteinheit: SiK + A.) bzw. S,(o,-ß x ) und die Vektoren der auffallenden bzw. entsandten Bewegungs- größe: *■ fo + ß x ) bzw. St (o, - ß x ). Die am Spiegel angreifende Flächenkraft des Strah- lungsdruckes ist gleich der vektoriellen Differenz der in der Sekunde einfallenden und reflektierten Bewegungsgröße (215) r- f («, + ß x ) - f («, - ß x ). Da eine Wärmeentwicklung nach der Definition des voll- kommenen Spiegels ausgeschlossen ist, so kann Energie an den Spiegel nur in Form von Arbeitsleistung des Strah- lungsdruckes abgegeben werden. Man erhält demnach (215a) (uT) - 8,(0, + ß x ) - 8,(0, - ß x ). Nach (215) ist aber (»SC) - S^ooan (o, + ß x ) - 8,ß cofup, (o, - ß x ). 330 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 42. Man erhält also (215b) S^a, + ßj(l - ß coscjp,) -$(«,- ftXl - cos

0. Infolgedessen gestattet es die Identität (i + ß m *y (i - o - (i - &«,)* (i - o = («i + «,)[*ß. - 2ß*i bzw. # 2 gegenüberliegenden Seiten gleich c sind, so findet sich % t = # 2 , d. h. der Winkel, den der relative und absolute Strahl miteinander ein- schließen, ist der gleiche für das einfallende und das reflektierte Licht. Dabei ist, wenn die Bewegung des Spiegels in Richtung der äußeren Normalen erfolgt, der Einfallswinkel im relativen Strahlengange um % t kleiner als im absoluten, und der Reflexionswinkel im absoluten Strahlen- gange um % 2 kleiner als im relativen, so daß der Reflexions- winkel im absoluten Strahlengange um Xi + Z* = 2 Xi kleiner ist als der Einfallswinkel. Erfolgt dagegen die Be- wegung* des Spiegels in entgegengesetztem Sinne, so ist im absoluten Strahlengange der Reflexionswinkel um 2% x größer als der Einfallswinkel. Bewegt sich der Spiegel schief zu seiner Ebene, so kann man den reflektierten absoluten Strahl in derselben Weise bestimmen, indem man nur den zur Spiegel- ebene senkrechten Bestandteil von to berücksichtigt. Dagegen der unter Berücksichtigung des gesamten Öl bestimmte relative Strahlengang befolgt in diesem allgemeinen Falle keine einfach auszusprechende Regel; der Reflexionswinkel ist hier im all- gemeinen nicht gleich dem Einfallswinkel. Nur im Falle einer Bewegung parallel der Spiegelebene liegt die Sache wieder sehr einfach; wie im absoluten, so ist auch im relativen Strahlengange in diesem Falle der Reflexionswinkel dem Einfallswinkel gleich. Handelt es sich um ein einfallendes Lichtbündel, dessen Strahlenkegel im absoluten Strahlengange den körperlichen Winkel co 1 einschließt, so bestimmt sich der Offhungswinkel co 2 des gespiegelten Strahlbündels am einfachsten aus (220 a). Man findet a^ ___ dc^ _ / <*» — fcA * <°i ~~~ doc i ~~~ W + ßx' 9 was nach (220 b) und (217) ergibt (221) a = £)-. § 48. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 335 Die von einem absolut ruhenden Beobachter wahr- genommenen Öffnungswinkel des einfallenden und des gespiegelten Strahlbündels verhalten sich wie die reziproken Quadrate der beobachteten Schwingungs- zahlen. Aus (219) folgt übrigens durch Einführung von (217) und (220b) Die absoluten Strahlungen verhalten sich wie die Quadrate der Schwingungszahleu. Infolge der genannten Relationen geht (218) über in oder, gemäß (220 a), in Dies ist der Betrag des normalen Strahlungs- druckes bei schiefer Inzidenz des Lichtes. Bei senk- rechter Inzidenz wird die Gleichung (208) des § 40 wieder erhalten. Auch bei schiefer Inzidenz wird der Strah- lungsdruck unendlich für ß x = 1, d.h. wenn der Spiegel sich senkrecht zu seiner Ebene mit Lichtgeschwindig- keit bewegt. Fällt auf die Vorderseite des Spiegels eine noch so geringe Strahlung, so kann sich der Spiegel senkrecht zu seiner Ebene nicht mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Be- merkenswert ist der Gegensatz zum Falle des bewegten starren Elektrons, wo Bewegung mit Lichtgeschwindigkeit keineswegs auszuschließen war. § 43. Die Temperatur der Strahlung. Die strahlende Wärme ist für die Ökonomie des Weltalls von der größten Bedeutung; sind es doch die Sonnenstrahlen, die alle Bewegung und alles Leben auf der Erde unterhalten. Wenn anders die Hauptsätze der mechanischen Wärmetheorie 336 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 43. überhaupt eine allgemeine Gültigkeit besitzen, so müssen sie nicht nur auf die in dem materiellen Körper enthaltene, sondern auch auf die strahlende Wärme Anwendung finden. Daher hat schon R. Clausius bei der Begründung der Thermodynamik die thermischen Wirkungen der Strahlung in Betracht ge- zogen, und G. Kirchhoff ist bei seinen für die Strahlungs- theorie grundlegenden Untersuchungen von der Gültigkeit des Carnot-Clausiusschen Prinzipes für die Licht- und Wärme- strahlung ausgegangen. Wir wollen in diesem Paragraphen einige Folgerungen entwickeln, welche sich aus der Anwendung der Thermodynamik auf die Wellenstrahlung ergeben. Wir denken uns ein Bündel unpolarisierten Lichtes von dem kleinen Offhungswinkel a>. Durch eine senkrecht zur Achse des Bündels gestellte Fläche messen wir die Strahlungs- intensität S] bei Lichtstrahlen im engeren Sinne könnten wir die Lichtstärke photometrisch messen, wir denken uns hier jedoch stets die Strahlungsintensität bolometrisch, d. h. durch ihre thermische Wirkung gemessen. 8 ist bereits auf die Ein- heit der auffangenden Fläche berechnet; es erweist sich ferner als zweckmäßig, sie auf die Einheit des körperlichen Winkels zu beziehen und die Strahlung spektral zu zerlegen. Wir nennen '.-ß (224) £ - I Hdv die „gesamte Helligkeit" des Strahlbündels und H die Helligkeit der spektral zerlegten Strahlung oder die „Hellig- keit" schlechtweg. Beobachtet man ein monochromatisches Lichtbündel oder auch ein aus verschiedenfarbigem Lichte zusammengesetztes in verschiedenen Entfernungen von der ent- sendenden Fläche, so nimmt die Strahlungsintensität S um- gekehrt proportional dem Quadrate der Entfernung von der leuchtenden Fläche ab; in demselben Maße aber nimmt der körperliche Winkel o ab, unter welchem die leuchtende Fläche gesehen wird. Die Helligkeit jeder Farbe und auch ihr über das ganze Spektrum erstrecktes Integral ändert sich bei der freien Fortpflanzung des Lichtes im Räume nicht. § 43. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 337 Mit M. Planck 48 ) werden wir den Vorgang der ungestörten Lichtfortpflanzung im Räume, da er sich durch passend ge- wählte Hohlspiegel oder Linsen rückgängig machen läßt, als umkehrbaren Vorgang im Sinne der Thermodynamik betrachten. Da bei einem umkehrbaren, ohne Arbeitsleistung verlaufenden Vorgange die Temperatur sich nicht ändert, so erscheint es sachgemäß, einer bestimmten Helligkeit monochromatischer Strahlung in eindeutiger Weise eine bestimmte Temperatur zuzuordnen. Es können hiernach zwei Lichtquellen, z. B. die Sonne und eine Öllampe, dieselbe Lichtstärke ergeben, während die „Helligkeiten", entsprechend den verschiedenen Öffhungs- winkeln der Lichtbündel, ganz verschiedene sind. Der weit größeren Helligkeit des Sonnenlichtes entspricht eine weit höhere Temperatur. Dabei brauchen die Temperaturen der einzelnen im Lichtbündel vertretenen Farben im allgemeinen nicht die gleichen zu sein. Die Temperatur jeder einzelnen Farbe aber bleibt bei der freien Fortpflanzung des Lichtes konstant. Es erscheint hiernach unzulässig, thermodynamische Be- trachtungen auf streng ebene Wellen anzuwenden; denn für verschwindenden Offhungswinkel co wird bei endlicher Strah- lungsintensität die Helligkeit nach (224) unendlich. In der Tat würde ja eine endliche Strahlung pro Flächeneinheit eine unendliche Gesamtemission der unendlich entfernten Licht 4 - quelle voraussetzen, was wir ausschließen müssen. Es kann zwar der Offhungswinkel co sehr klein, aber niemals gleich Null angenommen werden. Ebensowenig ist es vom Stand- punkte der Thermodynamik aus gestattet, von streng mono- chromatischem Lichte zu reden; denn eine endliche Strahlungs- intensität in einem verschwindenden Intervalle von Schwingungs- zahlen würde unendliche Helligkeit H, d. h. unendliche Tempe- ratur ergeben; unendliche Temperatur bedeutet aber in der Thermodynamik freie Verwandelbarkeit in Arbeit. Auf die Energie streng periodischer elektrischer Wellen ist demnach der zweite Hauptsatz der Thermodynamik, welcher die Ver- wandelbarkeit in Arbeit einschränkt, Überhaupt nicht an- Abraham, Theorie der Elektrizität, n. 2. Aufl. 22 338 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 43. zuwenden. Von den rein periodischen langen Wellen sind die kurzen, durch ihre leuchtende und wärmende Wirkung sich kundgebenden Wellen gerade dadurch unterschieden, daß sie nicht streng monochromatisch sind. Jede „natürliche" Strah- lung, z. B. diejenige einer Spektrallinie, erfüllt ein zwar kleines, aber doch von Null verschiedenes spektrales Intervall von Schwingungszahlen. Gerade die Anwesenheit einer großen Zahl von Partialwellen, welche in regelloser Weise miteinander interferieren, ist nach M. Planck diejenige Eigenschaft der „natürlichen Strahlung", welche die Anwendung der Thermo- dynamik ermöglicht. Wenn wir im folgenden von „mono- chromatischem Lichte" reden, so verstehen wir darunter stets solches, dessen Schwingungszahlen ein kleines, aber doch von Null verschiedenes Intervall dv erfüllen. Um nun den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik für die Ermittelung der Beziehung zwischen Helligkeit und Tempe- ratur fruchtbar zu machen, müssen wir einen reversibeln, mit Arbeitsleistung verbundenen Vorgang angeben, bei welchem die Helligkeit der Strahlung verändert wird. Ein solcher Vor- gang ist der im vorigen Paragraphen behandelte, nämlich die Reflexion eines Lichtbündels durch einen bewegten voll- kommenen Spiegel; wir überzeugen uns unschwer davon, daß derselbe umkehrbar im Sinne der Thermodynamik ist. Wir stellen zu diesem Zwecke zwei Vorgänge einander gegenüber. Bei dem ersten sei 8 t die absolute Strahlung, co l der kleine Offnungswinkel des einfallenden monochromata- tischen Lichtbündels, dv x sei die Breite des Intervalles der Schwingungszahlen; c^ sei der Kosinus des Winkels, welchen die Achse des Bündels mit der Spiegelnormale einschließt. Durch (224 a) 8 1 =H 1 (o 1 dv 1 ist sodann die Helligkeit H t des einfallenden Bündels definiert. Bei dem ersten der betrachteten Vorgänge soll nun ß x positiv sein, d. h. der Spiegel soll sich dem einfallenden Lichte ent- gegen bewegen. Dabei wird von äußeren Kräften gegen den Strahlungsdruck eine gewisse Arbeit geleistet. Aus (216 b) § 43. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 339 bestimmt sich der Kosinus a 2 des Reflexionswinkels; der Re- flexionswinkel ist kleiner als der Einfallswinkel. Nach (217) wird die Schwingungszahl des Lichtes bei der Reflexion ver- größert und gemäß (222) die absolute Strahlung im Verhältnis des Quadrates der Schwingungszahlen verstärkt. Da nach (221) der Offnungswinkel des Bündels im umgekehrten Verhältnis des Quadrates der Schwingungszahlen verringert wird, so ist w $£-!•?- £)'• Dabei ist, wie aus (217) hervorgeht, das Verhältnis v 2 :v t bei gegebener Bewegung des Spiegels ein konstantes, so daß man hat Demgemäß wird « i - ©*■ Die Helligkeiten der beiden Bündel verhalten sich wie die dritten Potenzen der Schwingungszahlen. Dem soeben betrachteten Vorgange, bei dem a^ der Ko- sinus des Reflexionswinkels war, stellen wir jetzt einen zweiten Vorgang gegenüber; hier soll der Einfallswinkel denjenigen Wert besitzen, den vorher der Reflexionswinkel besaß. Wie der Wert von a 2 , so sollen jetzt auch die Werte von v 2 , S i} H 2 und cd 2 , die bei dem ersten Vorgange dem reflektierten Bündel zukamen, jetzt dem einfallenden Bündel zugeschrieben werden. Gleichzeitig soll die Bewegung des Spiegels in ent- gegengesetzter Richtung vor sich gehen, derart, daß ß x einen dem Betrage nach gleichen, dem Vorzeichen nach aber entgegen- gesetzten Wert annimmt. Setzen wir dementsprechend — ß x an Stelle von ß x und den Index 2 an Stelle des Index 1, so bleibt (216 b) erfüllt, wenn a t jetzt der Kosinus des Reflexions- winkels ist. Wie der Reflexionswinkel des zweiten Vorganges gleich dem Einfallswinkel des ersten ist, so ist nach (217) die kleinere Schwingungszahl v x jetzt diejenige des reflektierten Bündels. Folglich sind nach (219) die in der Sekunde um- 22* 340 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 43. gewandelten Mengen strahlender Wärme die gleichen wie vor- her; die Umwandlung geschieht indessen in entgegengesetztem Sinne. Die gleiche Arbeit, die vorher gegen den Strahlungs- druck geleistet wurde, wird nunmehr von ihm geleistet. Im thermodynamischen Sinne gesprochen macht also der zweite Vorgang den ersten rückgängig. Die Reflexion eines Licht- bündels durch einen bewegten vollkommenen Spiegel ist ein reversibler Prozeß. Den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik auf die in der Sekunde umgewandelten Wärmemengen anwendend, erhalten wir (227) ^(5_+W = Sl&VzlW . Dabei sind & t und # 2 die Temperaturen der beiden monochromatischen Lichtbündel, gemäß der thermo- dynamischen Definition der absoluten Temperatur. Aus (227) in Verbindung mit der aus dem Dopplerschen Prinzip und der Energie- und Impulsgleichung abgeleiteten Relation (219) folgt (227a) » t : # 2 = v 1 :v 2 . Die Temperaturen der beiden Lichtbündel ver- halten sich wie ihre Schwingungszahlen. Hieraus und aus (226) ergibt sich (227 b) JV.2^- »i 8 '- V- Die Helligkeiten der beiden monochromatischen Bündel verhalten sich wie die dritten Potenzen der absoluten Temperaturen. An Stelle von (225) aber können wir schreiben (227 c) H t dv x : H 2 dv 2 = &* : # 2 4 - Wir forderten oben, daß einem jeden monochromatischen Lichtbündel eine Temperatur zugeordnet werde, welche ein- deutig durch seine Farbe und Helligkeit bestimmt ist. Diese Zuordnung muß, wie für jedes Lichtbündel, so auch für die beiden hier betrachteten gelten. Die Relationen (227 a, b) § 43. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 341 schränken die Form dieser universellen Beziehung ein; die allgemeinste, ihnen genügende Bestimmung der Temperatur ist: (228) *-"-f(g), wo f eine willkürliche Funktion ist. Wir können dafür auch schreiben (228a) H=& s -g(^)- Damit haben wir das thermodynamische Gesetz der Wellenstrahlung erhalten. Die beiden Relationen (227 a) und (227 b), aus denen das Gesetz sich ergibt, mögen als Verschiebungsgesetz und Verstärkungsgesetz bezeichnet werden. Das Verschiebungs- gesetz (227 a) ordnet bei der Vergleichung der Helligkeiten, die zwei verschiedenen Temperaturen entsprechen, zwei ver- schiedene Farben einander zu, deren Schwingungszahlen im Verhältnis der Temperaturen stehen. Das Verstärkungsgesetz (227b) besagt sodann, daß die Helligkeiten der einander so zugeordneten Farben sich verhalten wie die dritten Potenzen der absoluten Temperaturen. Ist für eine gegebene Temperatur empirisch die Helligkeit in ihrer Abhängigkeit von der Schwingungszahl gegeben, so ist diese Abhängigkeit durch das thermodynamische Strahlungsgesetz (228 a) für jede andere Temperatur bestimmt. Das Verstärkungsgesetz hat zuerst L. Boltzmann 5 ) ab- geleitet, indem er einen von Bartoli angegebenen Kreisprozeß verwandte und den Maxwellschen Lichtdruck einführte. Er erhielt es nicht in der Form (227 b), sondern in derjenigen Form, die aus (227 c) hervorgeht, wenn man zwei Lichtbündel • betrachtet, in denen alle Farben die gleiche Temperatur ^ bzw. <9g besitzen. Es wird gestattet sein, solches Licht, in welchem alle Farben vertreten sind, und zwar mit der gleichen Temperatur, als „weißes Licht" zu bezeichnen. Vergleicht man die Gesamthelligkeiten zweier weißer Lichtbündel, so wird OD QO (228b) fH t d Vl :fH i dv t = «/ : » s * . 342 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 43. Die gesamten Helligkeiten zweier Bündel weißen Lichtes verhalten sich wie die vierten Potenzen ihrer absoluten Temperaturen. Das ist das Gesetz, welches zuerst von Stefan als empirisches Gesetz aufgestellt und dann, wie erwähnt, von Boltzmann theoretisch begründet wurde. Die Gleichung (227 c) überträgt das Stefan-Boltzmannsche Gesetz auf zwei monochromatische Lichtbündel. Das Verschiebungsgesetz wurde zuerst von W. Wien angegeben. 68 ) Doch vermochte dieser Autor es nicht, den Zu- sammenhang desselben mit dem Dopplerschen Prinzip und dem Strahlungsdrucke in einwandsfreier Weise zu formulieren. Das gelingt in der Tat nur dann, wenn man von einer präzisen Lösung des Problemes der Lichtreflexion durch einen bewegten Spiegel ausgeht. Auf dem hier verfolgten, zuerst vom Ver- fasser dieses Werkes eingeschlagenen Wege 2 ) erhält man das Verschiebungsgesetz und das Verstärkungsgesetz mit einem Schlage; ihr Zusammenhang mit den Prinzipien der elektro- magnetischen Mechanik tritt bei dem gegebenen Beweise deut- lich hervor. Wir durften uns nicht mit der Lösung des Keflexionsproblemes für den Fall senkrechter Inzidenz ebener Wellen begnügen, weil die Kenntnis des Verhältnisses der OfFnungswinkel der beiden Lichtbündel zur Ermittelung des Verhältnisses der Helligkeiten erforderlich war und das Ver- hältnis der OfFnungswinkel (221) durch Differentiation von <% nach «j erhalten wird. Um diese Differentiation ausführen zu können, muß das Reflexionsproblem für den Fall schiefer Inzidenz gelöst sein. Wie man sieht, ergibt sich das thermodynamische Gesetz der natürlichen Strahlung aus den allgemeinen Eigenschaften der elektromagnetischen Strahlung auf Grund des thermo- dynamischen Temperaturbegriffes. Das Gesetz ist auf jede be- liebige natürliche Licht- und Wärmestrahlung anzuwenden, wie sie auch immer entstanden sein mag. Die so bestimmte Temperatur der Strahlung ist aber im allgemeinen durchaus nicht mit der Temperatur des strahlenden Körpers identisch. Wir müssen die Beziehungen, die zwischen der Temperatur § 43. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 343 des emittierenden Körpers und der Temperatur der entsandten Strahlung bestehen, hier kurz erläutern, da auf ihnen die Ver- gleichung der strahlungstheoretischen und der gewöhnlichen gastheoretischen Temperaturskala beruht. Natürliches Licht kann auf zwei wesentlich verschiedene Weisen entstehen: Durch reine Temperaturstrahlung und durch Luminiszenz. Die reine Temperaturstrahlung ist ein rein thermischer Vorgang. Die Energie der Wellen entstammt dem Wärmevorrat des emittierenden Körpers und ist durch seine Temperatur bestimmt; chemische und elektrische Vor- gänge spielen bei dieser Art der Emission nicht mit. Bei der Luminiszenz hingegen spielen Vorgänge nicht thermischer Natur mit, und demgemäß ist die entsandte Strahlung nicht aus- schließlich durch die Temperatur der Lichtquelle bedingt. Daher kann bei den Vorgängen der Luminiszenz von einer allgemein gültigen Beziehung zwischen den Temperaturen der Lichtquelle und der ' Strahlung keine Rede sein. Man hat ge- funden, daß zu den auf Luminiszenz beruhenden Vorgängen die Emission der Linienspektra gehört. Die Temperatur des Lichtes der Spektrallinien gestattet daher durchaus keinen Rückschluß auf die Temperatur des entsendenden Körpers. Für die reine Temperaturstrahlung lassen sich Be- ziehungen zur Temperatur des leuchtenden Körpers aus der Thermodynamik ableiten. Man denke sich einen Hohlraum, dessen Wände reine Temperaturstrahler sind; diese Wände seien auf einer gegebenen Temperatur # gehalten. Nach dem Clausiusschen Axiome müssen sich in diesem Systeme, da andere als rein thermische Vorgänge ausgeschlossen sind, die Temperaturen ausgleichen; es muß sich schließlich ein ther- mischer Gleichgewichtszustand herstellen, bei welchem alle Teile des Systemes die gleiche Temperatur # besitzen. Das gilt nicht nur von der Temperatur der materiellen Körper, die man etwa in den Hohlraum bringen mag, sondern auch von der Temperatur der den Hohlraum erfüllenden Strahlung selbst. Die Temperatur der Hohlraumstrahlung ist gleich der Temperatur der Wände. Ein im Innern des Hohlraumes 344 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 43 befindlicher Beobachter würde von allen Seiten Licht der gleichen Helligkeit und der gleichen spektralen Zusammen- setzung empfangen. Die Helligkeit muß sich der Temperatur des Hohlraumes so zuordnen, wie es das thermodynamische Strahlungsgesetz (228 a) fordert. Die Temperatur aller Farben muß die gleiche sein, so daß das Licht als „weiß" in dem oben angegebenen Sinne zu bezeichnen ist. Könnte man sich in das Innere eines Hohlraumes begeben, dessen Wände so stark erhitzt sind, daß sie infolge ihrer Temperatur leuchten, so könnte man das thermodynamische Strahlungsgesetz experi- mentell prüfen, wenigstens in demjenigen Temperaturbereiche, in welchem eine auf der gastheoretischen Skala beruhende Temperturmessung möglich ist. Da es nun aus naheliegenden Gründen unmöglich ist, sich in einen derartig erhitzten Hohlraum hineinzubegeben, so hat man einen Kunstgriff angewandt; derselbe war nicht so selbstverständlich, wie er uns jetzt erscheinen mag; er besteht darin, daß man in die Wand des Hohlraumes ein kleines Loch bohrt und durch dieses hineinblickt. Dieser Gedanke ist zuerst von L. Boltzmann 5 ) ausgesprochen und später von 0. Lummer und W. Wien 35 ) durchgeführt worden. Ist die Öffnung des Hohlraumes hinreichend klein, so stört sie die Herstellung des thermischen Gleichgewichtes im Hohlräume nicht; die ent- sandte Strahlung ist dann diejenige „weiße Strahlung", welche der Temperatur des Hohlraumes entspricht. Die experi- mentelle Untersuchung der Hohlraumstrahlung durch 0. Lummer und E. Pringsheim 36 ) hat sowohl das auf die Gesamtstrahlung bezügliche Stefan-Boltzmannsche Verstärkungsgesetz, als auch das Verschiebungsgesetz durchaus bestätigt. Von einer Bestätigung kann natürlich nur so weit die Bede sein, als die auf den Gasgesetzen be- ruhende Temperaturskala sich realisieren läßt. Bei Tempera- turen oberhalb 1200° C stößt die Anwendung der gastheore- tischen Skala auf Schwierigkeiten. Hier ist diese Skala durch die strahlungstheoretische Temperaturskala zu ersetzen, welche sich auf das thermodynamische Strahlungsgesetz gründet. — -i § 43. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 345 Die experimentelle Untersuchung der aus dem Hohlräume heraustretenden Strahlung hat nicht nur zur Bestätigung des thermodynamischen Strahlungsgesetzes (228 a) geführt, sondern auch zur Bestimmung der dort noch willkürlich gelassenen Funktion der Variabein (— 1. Die Messungen, an denen haupt- sächlich 0. Lummer und E. Pringsheim, H. Rubens und F. Kurl- baum sowie F. Paschen Anteil haben, sind von M. Planck 48>y durch die Formel zur Darstellung gebracht worden: 2hv 8 (229) H c* ' ** > c *^ — l mit den Werten der Eonstanten k und h: (229 a) k = 1,346- 10 " 16 -^ (229b) h - 6,55- 10- 27 ergsec. Was die theoretische Begründung des Planckschen Strahlungsgesetzes anbelangt, so mag auf die einschlägigen Arbeiten von M. Planck, insbesondere auf seine „Vorlesungen über die Theorie der Wärmestrahlung" verwiesen werden 48 ). Von Wichtigkeit ist insbesondere die Bedeutung der univer- sellen Konstanten £; dieselbe steht in Beziehung zu der so- genannten Boltzmann-Drudeschen Eonstanten a, d. h. der mittleren Eraft eines Moleküls bei der absoluten Tem- peratur 1. Es gilt nämlich nach Planck: 2 ' grad Mit der Boltzmann-Drudeschen Konstanten ist der Wert der Masse eipes Wasserstoffatoms eng verknüpft, und dieser wieder hängt mit dem elektrischen Elementarquantum zu- sammen (vgl. § 1). So kann denn aus der Eonstante k der Strahlungsformel der Wert des elektrischen Elementarquantums ermittelt werden. Es ergibt sich nach Planck (230) e«4,69.10- 10 346 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 44. elektrostatische Einheiten, was nicht so sehr von dem in § 1 angegebenen, auf ganz verschiedenem Wege gefundenen Werte (2) abweicht. Wie Je, so muß auch die Konstante h der Strahlungs- formel eine universelle Bedeutung haben; da die einzige elektro- magnetische Eonstante des Äthers die Lichtgeschwindigkeit c ist, so muß es sich um eine Eonstante handeln, welche von den Eigenschaften der ponderablen Materie oder der Elektronen abhängt; es muß aber eine von den individuellen Eigenschaften des Eörpers unabhängige Größe sein. Merkwürdigerweise fällt für sehr hohe Temperaturen, bzw. für sehr lange Wellen die Eonstante h aus der Strahlungs- formel heraus, und es wird die Helligkeit proportional der Eonstanten k und damit der Boltzmann-Drudeschen Eonstanten a; denn (229) geht, für hinreichend große Werte von — , über in c* 3 c* Eine direkte Ableitung dieser Formel aus der Elektronen- theorie der Metalle hat H. A. Lorentz 84 ) gegeben. Doch führt der von ihm eingeschlagene Weg nicht zu dem allgemeinen Planckschen Strahlungsgesetze. Das Verständnis dieses Ge- setzes auf Grund anerkannter Prinzipien der Elektrodynamik und Einetik scheint einstweilen noch nicht möglich zu sein. Damit hängt auch die Frage nach der Bedeutung der uni- versellen Eonstanten h zusammen. § 44. Dynamik des bewegten Hohlraumes. Wie wir im vorigen Paragraphen erwähnt haben, stellt sich im Innern eines Hohlraumes, dessen Wände eine und die- selbe Temperatur besitzen, ein stationärer Stranlungszustand her. Dabei ist die unter einem Oflnungswinkel oj einfallende Strahlung S dem Offiaungswinkel co proportional, d. h. es ist der Quotient K = — , die sogenannte „spezifische Strahlungs- intensität" von der Richtung des Strahles unabhängig. Dies § 44. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 347 gilt unter der Voraussetzung, daß der Hohlraum ruht, in be- zug auf ein Koordinatensystem, in welchem die Geschwindig- keit c des Lichtes von der Richtung unabhängig ist, und daß die Strahlung von einer gleichfalls ruhenden Fläche aufgefangen wird. Wie liegt nun die Sache, wenn der Hohlraum gegen jenes Bezugssystem und damit gegen die auffangende Mäche in Be- wegung begriffen ist? Auch dann wird sich, wenn die Tem- peratur der Wände allerseits die gleiche ist, bei gleichförmiger Bewegung ein stationärer Strahlungszustand herstellen. Es wird aber sehr wohl die mit Hilfe der ruhenden Fläche gemessene spezifische Strahlungsintensität bei gegebenem Quotienten ß aus Betrag der Geschwindigkeit | m | und Lichtgeschwindigkeit c, noch von dem Winkel

' } ß) identisch mit der- jenigen, die auch ohne Anbringung des Spiegels im Hohlräume, in Richtungen, welche mit seiner Bewegungsrichtung den Winkel cos y K( ist die Energiedichte der Strahlung zu multiplizieren mit der zum Spiegel senkrechten Komponente der Relativgeschwindigkeit c — m, d. h. mit c(cosy — /3); je nachdem dieselbe positiv oder negativ ist, hat man es mit einem reflektierten oder mit einem einfallenden Strahle zu tun. Es wird daher: (231c) Pß = ^r f d

P)J(l-ßcoB 1t 2 8 n n TT ( n fi\ C^y 8 i n( P cosg? F A Vä'"// (l-fScosy) 4 ' Die Integrale lassen sich ausrechnen; man erhält 40 ): (282.) „.^K^.Lt^, (232b) in-^xg,/)).^, und nach (232): (232c) ,-gjrg,,).^. Im Falle der Buhe wird die Energie eines Hohlraumes vom Volumen V (233) W = w V = £ 2T F. Der Druck wird in diesem Falle gleich dem dritten Teile der Energiedichte: (233a) p = }w = ^K . Die elektromagnetische Bewegungsgröße ist gleich Null, wenn der Hohlraum ruht; bewegt er sich langsam, so folgt aus (232), unter Beschränkung auf die zu ß proportionalen Glieder, für die Bewegungsgröße: (233b) öo=lBol^=|K+i>o)F=3^TT |»»|. Denkt man sich nun eine quasistationäre Bewegung des Hohlraumes, d. h. eine solche, bei der die Strahlungs- verteilung jeweils der Geschwindigkeit entspricht, so wird eine Zunahme der Geschwindigkeit einen Zuwachs an Bewegungs- größe erfordern und damit eine der Beschleunigung propor- tionale äußere Kraft. Es wird also der strahlungserfüllte Hohl- raum ähnlich wie das Elektron eine elektromagnetische § 44. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 351 Masse besitzen. Bei langsamer Bewegung, wo die Unter- scheidung der longitudinalen und der transversalen Masse nicht notwendig ist, folgt aus (233 b) als Wert der Masse (233c) m - j| = ± W . Es ist das Verhältnis der elektromagnetischen Masse des Hohlraumes zu seiner Energie im Falle der Buhe genau das gleiche wie für das Elektron. Die Existenz einer trägen Masse der Hohlraumstrahlung ist zuerst von F. Hasenöhrl 18 ) behauptet worden. Ihr Wert ist im Verhältnis zur materiellen Masse der Wände leider so gering, daß ein experimenteller Nachweis einstweilen zu schwierig erscheint. Es ist jedoch das Problem, die strenge Abhängig- keit der Masse von der Geschwindigkeit für den bewegten Hohlraum zu ermitteln, von großem theoretischem Interesse. Die Methoden der Thermodynamik gestatten es, wie M. Planck 45 ) gezeigt hat, dieses Problem auf Grund der obigen Besultate zu lösen; sie bestimmen wenigstens für quasistationäre Vor- gänge die mechanischen und thermischen Eigenschaften des Hohlraumes. Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik ist der Energiezuwachs des Hohlraumes gleich der Summe aus der von äußeren Kräften geleisteten Arbeit A und der zugeführten Wärme Q: (234) dW=A+ Q. Die äußere Arbeit setzt sich zusammen aus der Beschleunigungs- arbeit und der Kompressionsarbeit. Erfolgt die Beschleunigung quasistationär, d. h. so allmählich, daß die Strahlung Zeit hat, den der betreffenden Geschwindigkeit entsprechenden Gleich- gewichtszustand anzunehmen, so ist die bei der Beschleunigung zu leistende Arbeit gleich dem Produkt aus der Geschwindig- keit und dem Zuwachs der Bewegungsgröße. Andererseits ist die Kompressionsarbeit, wenn das Volumen des zylindrischen Hohlraumes durch langsame Verschiebung einer der beiden zur Bewegungsrichtung senkrechten Grundflächen gegen den 352 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 44. Druck p verringert wird, gleich dem Produkt aus Druck und Volumabnahme. Die gesamte Arbeit der äußeren Kräfte wird somit: (234a) A-ßcdG-pdV. Nach dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik ist weiter die zugeführte Wärme gleich dem Produkt aus der Temperatur <& und der Zunahme der Entropie 8 des Hohlraumes: (234b) Q - frdS. Es wird somit der Zuwachs der elektromagnetischen Energie der den Hohlraum erfüllenden Strahlung bei einer quasistatio- nären Zustandsänderung: (235) dW =>ßcdG-pdV+frdS. Man erreicht für die Dynamik des Hohlraumes ähnliche Vorteile wie für die Dynamik des Elektrons durch Einführung der Lagrangeschen Funktion , wenn man sich des sogenannten „kinetischen Potentiales" bedient; welches definiert wird durch: (236) E = &S + ßcG- W. Der Zuwachs des kinetischen Potentiales bei einer beliebigen quasistationären Zustandsänderung des Hohlraumes, bei der die drei unabhängigen Variabein, nämlich die Temperatur #, die Geschwindigkeit cß und das Volumen V, gewisse Änderungen erfahren, wird, mit Rücksicht auf (235): (236 a) dS= Sdfr + Gcdß + pdV. Man kann folglich, durch Differentiation des kinetischen Potentiales nach den Unabhängigen #, ß und V, Entropie, Bewegungsgröße und Druck ableiten: (236b) a_|* ö . !!*,_§* Wie Bewegungsgröße, Energie und Entropie, so wird, gemäß (236), auch das kinetische Potential dem Volumen des Hohl- raumes proportional sein; mithin wird der Ansatz zutreffen: (237) H= V.h(» f ß). § 44. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 353 Aus (236) and (236 b) folgt (237 a) h-4> d £ + ßc\i\-w (237b) «lll-fj» *-*• Zieht man noch die aus den Mosengeilschen Gleichungen (232a,b ; c) folgenden Beziehungen heran: (237 c) «l«' *' 40 8 + p s > (237 d) p_„.|^JJ, so kann man die Funktion h in ihrer Abhängigkeit von <& und ß bestimmen. Was zunächst die Abhängigkeit von ß anbelangt, so er- gibt sich aus (237 b, c ? d): dp i-ß* Diese partielle Differentialgleichung wird integriert durch (238) Ä = B wo & eine zunächst noch willkürliche Funktion der Temperatur & ist. Aus (237b) erhält man: (238 a) *-(T=?y' 40 (238 b) 1 c (1 — p*) 8 ' und aus (237 c) oder (237 d): (238c) «; = ©• t + f * (i-ß*)> Aus (237 a) folgt demnach die zur Bestimmung der Tem- peraturfunktion 0(d) dienende Gleichung . d0 Art Abraham, Theorie der Elektrizität. IL 2. Aufl. 23 354 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 44. Die Integration ergibt (238 d) ®-f#S wobei a eine Integrationskonstante darstellt. Auf Grund von (237) und (238) ergibt sich jetzt der Ausdruck des kinetischen Potentiales 45 ): (239) #=V *' V 3 (i_ ß*)*i hieraus leiten sich die Werte der Bewegungsgröße, Energie und Entropie des bewegten Hohlraumes und des auf die Grundflächen des Zylinders wirkenden Druckes ab: (239a) (f-^F ß 3c ' (1 — ß*)*> (239b) W=^d*V 3 + ß * (239 c) S = 3 " (1 — ß*)* 4a &*V a fr 4 (239d) i»- 3 (i-^. Die zwischen diesen Größen bestehende Beziehung (239e) G=$-(W + pV) hätte auch unmittelbar aus (232) abgeleitet werden können 18 ). Für den Fall der Ruhe ist die elektromagnetische Energie der Hohlraumstrahlung (239 f) TF = a^F; hieraus ergibt sich die physikalische Bedeutung der Konstanten a; dieselbe ist eng mit der Konstanten des Stefan-Boltzmannschen Gesetzes (§ 43) verknüpft. Die Theorie der elektromagnetischen Strahlung ist, wie wir sehen, in der Lage, aUe für die Dynamik und Thermo- dynamik des bewegten Hohlraumes in Betracht kommenden Größen zu berechnen. Insbesondere interessiert die elektro- § 44. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 355 magnetische Masse der Hohlraum Strahlung; die transversale Masse ist: (240) „>-*-« -"fo-^w + pn Die bei longitudinaler Beschleunigung in Rechnung zu setzende Masse ist erst dann völlig bestimmt, wenn man angibt, in welcher Weise die Zustandsänderung erfolgen soll. Werden Temperatur & und Volumen V konstant gehalten, so wird die „isotherm-isochore Masse 40 )": Wird indessen, außer dem Volumen, die Entropie konstant gehalten, so berechnet sich aus (239 c) die Temperatur und dann aus (239a) die Bewegungsgröße: 3S 4 \y ß G=s 7'{üTr) (l - ß*>* Es drückt sich somit die transversale Masse durch 8 und V folgendermaßen aus: i " i (240b) mr _ _ ( ) ~ V \ p (1 — ßT ! während der Wert der „longitudinalen, adiabatisch-iso- choren Masse" wird 40 ): (240c) I(||) — ^•*)T_l=i£. (i — PI Die Abhängigkeit von der Geschwindigkeit ist hier genau die gleiche wie bei der transversalen und der longitudinalen Masse des Buchererschen Elektrons (§ 22). Werden drittens Entropie und Druck konstant gehalten, so sind Temperatur und Volumen aus (239 c,d) zu berechnen, und es ergibt sich für die Bewegungsgröße der Ausdruck: i S /3p\T ß «-!») ei - §*? 28' 356 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 45. Durch 8 und p drückt sich folglich die transversale Masse so aus: i G S /3p\T 1 («od, ^-s-ser während als Wert der „longitudinalen, adiabatisch-iso- bar e Masse" sich ergibt 45 ): Die in (240d,e) erhaltene Abhängigkeit von der Geschwindig- keit ist ganz dieselbe wie bei dem Lorentzschen Elektron (§ 22). Während aber hier beim Hohlraum der Energiezuwachs zum Teil durch Kompressionsarbeit gegen den konstanten Strahlungsdruck bedingt ist, bleibt beim Lorentzschen Elektron der entsprechende Teil des Energiezuwachses unerklärt. § 45. Der Lichtweg in einem gleichförmig bewegten System. Wir hatten in § 41 die Aberration des Fixsternlichtes er- klärt, indem wir zeigten, daß nach der Lorentzschen Theorie die Richtung des von einem mit der Geschwindigkeit to be- wegten Beobachter wahrgenommenen relativen Strahles durch den Vektor bestimmt ist (öl. 209): ..... . c =c- to, d. h. durch den Vektor der Relativgeschwindigkeit von Licht und Beobachter. Unter to war dabei die Geschwindigkeit der Erde zu verstehen. Berücksichtigt man nur die Umlaufs- bewegung um die Sonne, indem man eine gemeinsame Be- wegung des gesamten Sonnensystemes zunächst außer acht läßt, so ist | to | nahezu konstant; es ist /j_i*Uix-ßl, Y=y,Z=*t } wenn unter x } y, z die Komponenten von r, unter (241b) J — | r | — c* der im absoluten Strahlengang zurückgelegte Lichtweg ver- standen wird. Da Z t = t-, c' so kann (241) auch geschrieben werden: (241c) tt = (t - »)I = c'f Es wird demnach die Richtung des relativen Strahles durch den von der gleichzeitigen Lage der Lichtquelle aus gezogenen Fahrstrahl angezeigt, d. h. in einem gleichförmig bewegten Systeme sieht man die Lichtquelle dort, wo sie sich gerade befindet. Die gemeinsame Bewegung von Lichtquelle und Beobachter ist demnach durch Beobachtung der Strahlrichtung durchaus nicht festzustellen. 358 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 45. Dagegen sollte man vermuten, daß die Erdbewegung durch Messung des Lichtweges sich feststellen ließe. Denn die durch P gehende Fläche konstanten absoluten Lichtweges ist eine Kugel um 0; der Punkt 0' jedoch, von welchem die relativen Strahlen ausgehen, liegt exzentrisch zu dieser Kugel. Somit würden sich einer gegebenen Länge l des absoluten Lichtweges verschiedene Längen 12 des relativen Lichtweges O'P zuordnen, je nach der Richtung des Fahrstrahles O'P. Es fragt sich, ob auf Grund dieses Umstandes durch Interferenz- messungen ein Einfluß der Erdbewegung festzustellen sein könnte. Die Untersuchung dieser Frage wird durch die folgen- den geometrischen Betrachtungen vorbereitet. Aus dem Dreieck OO'P (Abb. 6), mit den Seitenlangen ßl, R, l, folgt: p «. fi*P + jß* + 2ßlR cos^; somit bestimmt sich, bei gegebenem relativem Lichtweg 22, der absolute Lichtweg l aus der Gleichung zweiten Grades ZV - 2ßlR cos^ - J2 2 , Für das stets positive l erhält man oder (242) * l = -* + Vi? + ** + &• Wir ordnen jetzt dem Fahrstrahl W mit den Komponenten X, Y, Z einen Fahrstrahl t' zu, mit den Komponenten (242a) rr'-f, y'=Y, ,'~Z. Während die ursprünglichen Koordinaten x, y, z sich auf ein im Räume festes Achsensystem bezogen, waren die in (241 a) eingeführten Koordinaten X, Y, Z in einem mitbewegten Be- zugssystem gemessen zu denken. Die nunmehr durch (242 a) eingeführten Koordinaten x', y' e' sind diejenigen eines mate- J § 45. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 359 riellen Systemes, welches aus dem gegebenen Systeme durch eine Streckung parallel der Bewegungsrichtung im Verhältnis 1 : x — 1 : l/T^/F hervorgeht. Es ordnet sich somit einem Heaviside- Ellipsoide des ursprünglichen Systemes £ im ge- streckten Systeme 2J f eine Kugel zu: (242b) |/J* + r* + z* = Vx'*± y '* + z'* = r. Jetzt wird Gl. (242) zu: (243) xl = r + ßx'; dabei ist V der relative Lichtweg in dem Systeme 2J\ Die absoluten Koordinaten eines Punktes in 2 und die relativen Koordinaten des entsprechenden Punktes in 2' stehen, gemäß (241a), (242 a), in dem Zusammenhange (243a) xx'=x- ßl, y'=°y, z'=z. Aus (243) und (243a) folgt umgekehrt: (243 b) *l'=l-ßx, (243c) xx-x'+ßV, y = y\ z = z. Wir sind jetzt imstande, die Frage zu erörtern, ob durch Messung des Lichtweges ein mit der Erde bewegter Beobachter die Erdbewegung festzustellen vermag. Dabei kommen für Interferenzmessungen im bewegten Systeme nur geschlossene relative Lichtwege in Betracht. Wir denken uns Licht, im relativen Strahlengang, von 0' nach P gesandt, von dort reflektiert und nach 0' zurück- kehrend. Der zum Fahrstrahl 9t gehörige absolute Lichtweg \ li-l^ + ßx'*- 1 , wobei x' und l[ durch (242a, b) den Komponenten des Fahr- strahles 9t sich zuordnen. Wird nun im relativen Strahlengang der umgekehrte Weg, längs des Fahrstrahles PO' oder — 8t, zurückgelegt, so entspricht ihm der absolute Lichtweg l 2 = l' 2 x~ — ßx'x" • ist, nach (243): 7 ,, _i , a , _i 360 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 45. Die Summe der beiden absoluten Lichtwege ist demnach (244) k + h-Ql + Q*- 1 . Wir denken uns, um 0' als Mittelpunkt, eine Kugel vom Radius R geschlagen. Für alle die Punkte P dieser Kugel wäre, im Falle der Ruhe, der Lichtweg O'PO' der gleiche. Anders im Falle der Bewegung; in diesem Falle bestimmt sich, wie (244) besagt, der zu O'PO' gehörige absolute Lichtweg nicht durch den im Systeme 27 gemessenen Abstand O'P, sondern durch den im gestreckten Systeme £' gemessenen Ab- stand V. Dieser aber ist, wie in (242 b) gefunden wurde, nicht auf Kugeln, sondern auf Heaviside-EUipsoiden des Systemes 2J konstant. So kommt es, daß den relativen Lichtwegen O'PO' des Systemes 27, bei gleicher Länge, je nach der Richtung von O'P, verschiedene absolute Lichtwege entsprechen. Ist O'P parallel der Bewegungsrichtung, so wird, nach (242a) Ist dagegen O'P senkrecht der Bewegungsrichtung, etwa parallel der y-Achse, so hat man K + K-9'i+ti-Ti+T*- Demnach sind, gemäß (244), die zugehörigen absoluten Lichtwege (244a) x l +x i = (X 1 + XJ x" », (244b) y 1 + y i = (Y 1 +T i )xrK Bei gleichem relativem Lichtwege wäre hiernach der abso- lute Lichtweg L im ersten Falle im Verhältnis 1 : x größer als im zweiten Falle. Der Unterschied der beiden Lichtwege beträgt (244c) AX-Z{(l-/f)-i-l}-i/J»Z, wenn Größen vierter und höherer Ordnung in ß gestrichen werden. Auf die Entdeckung dieser zuerst von Maxwell aus der Annahme ruhenden Äthers abgeleiteten Differenz der Licht- § 45. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 361 wege, welche zwei parallel bzw. senkrecht zur Erdbewegung gerichteten relativen Strahlen entsprechen, zielte der Versuch von A. Michelson 87 ) hin. Es wurden zwei Lichtstrahlen zur Interferenz gebracht, welche, von derselben Lichtquelle aus- gehend, längs zweier zueinander senkrechter Arme O'P und O'Q sich fortgepflanzt hatten und dort durch Spiegel zurückgesandt waren. Indem jedes Lichtbündel mehrmals hin und her reflektiert wurde, konnte die Länge L des Lichtweges auf 22 Meter gebracht werden. Es wurde nun zuerst der Arm O'P in Richtung der Erdbewegung gestellt und dann durch Drehung des Apparates um einen rechten Winkel der Arm O'Q in diese Lage gebracht. Dabei wäre eine Verschiebung der Interferenz- streifen zu erwarten gewesen. In Bruchteilen der Wellenlänge des verwandten Natriumlichtes gemessen, beträgt die für die Verschiebung maßgebende doppelte Differenz der beiden Licht- wege (244d) 2AX^_ io-». 22 -io' v ' 11 5,9. 10" 5 Die erhaltenen Verschiebungen der Interferenzstreifen aber waren kleiner als 0,02 des Streifenabstandes. Das negative Ergebnis des Michelsonschen Interferenz- versuches spricht gegen die Vorstellungen über die Licht- fortpflanzung im leeren Baume, die den Ausgangspunkt unserer Betrachtungen bildeten, falls die bei der Ableitung von (244 a, b) stillschweigend gemachte Voraussetzung zutrifft, daß die Ab- messungen der festen Körper auf der bewegten Erde die gleichen sind, die sie auf der ruhenden Erde wären. Läßt man die Möglichkeit einer Dimensionsänderung infolge der Erdbewegung zu, so sind die Betrachtungen entsprechend ab- zuändern. In der Tat haben Fitzgerald und H. A. Lorentz das negative Ergebnis des Michelsonschen Versuches erklärt, indem sie zur Hypothese der Kontraktion der Materie infolge der Erdbewegung ihre Zuflucht nahmen: Es sollen die Körper infolge der Erdbewegung eine Kontraktion im Verhältnis x parallel der Bewegungsrichtung er- fahren, derart, daß die Punkte, die auf der ruhenden 362 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 45. Erde auf einer Kugel liegen würden, auf der bewegten Erde auf einem Heaviside-Ellipsoid liegen. Daß durch diese Hypothese das negative Ergebnis des Michelsonschen Versuches ohne weiteres erklärt wird, folgt aus den oben abgeleiteten Beziehungen. Denn nach der Kontrak- tionshypothese liegen die Punkte P, die im Falle der Ruhe auf einer Kugel um 0' lagen, im Falle der Bewegung auf einem Heaviside-Ellipsoide des Systemes 2. Diesem entspricht nun, nach (242b), im System 27' wiederum eine Kugel um 0\ Folglich sind jetzt die in 2' gemessenen Lichtwege l[ + 1' 2 die gleichen, welches auch die Richtung des Fahrstrahles O'P sein mag; dann besagt (244), daß auch die entsprechenden absoluten Lichtwege die gleichen sind. Nach der Fitzgerald-Lorentzschen Hypothese ist demnach ein positives Ergebnis des Interferenzversuches ausgeschlossen, nicht nur, was Größen zweiter Ordnung, sondern auch, was Größen beliebiger Ordnung anbelangt. Wird der Arm O'Q statt O'P beim Michelsonschen Versuch der Richtung der Erd- bewegung parallel gestellt, so wird O'Q im Verhältnis x ver- kürzt, O'P im Verhältnis x" 1 verlängert, und die hierdurch bedingte Veränderung der Lichtwege kompensiert gerade die infolge der Bewegung der Erde stattfindende, so daß keine Ver- schiebung der Interferenzstreifen zu erwarten ist. Man könnte nun einwenden, daß die Dimensionsänderungen fester Körper, wenn sie auch sehr klein sind, der Messung zugänglich sein müßten. Das wäre aber nur dann möglich, wenn man die Abmessungen der Körper durch „absolut ruhende" Maßstäbe messen könnte. Wir sind aber auf solche Maßstäbe angewiesen, die sich mit der Erde bewegen; diese erfahren nach der Kontraktionshypothese bei der Bewegung der Erde dieselbe Längenänderung wie die zu messenden Körper; eine Kugel des irdischen Maßstabes ist der Kontrak- tionshypothese zufolge ein Heaviside-Elllipsoid des „absolut ruhenden" Maßstabes. Mit irdischen Maßstäben kann man diese Behauptung weder bestätigen noch widerlegen. Auch wenn man zur Längenmessung optische Methoden verwendet, § 45. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 363 ist es selbstverständlich unmöglich, die behauptete Eontraktion der Materie festzustellen. Man würde dann die Länge eines Stabes durch den Lichtweg messen, während beim Michelson- schen Versuch der Lichtweg durch die Länge eines festen Stabes gemessen wird. Der Einfluß der Erdbewegung auf Lichtweg einerseits und Länge des Stabes andererseits kompen- siert sich aber gerade so, daß sie auf der bewegten Erde gleich erscheinen, wenn sie auf der ruhenden gleich wären; eine optische oder elektrische Messung kann also niemals die be- hauptete Anisotropie der Körper auf der bewegten Erde fest- stellen. Die zur Erklärung des Michelsonschen Versuches ein- geführte Eontraktionshypothese erscheint zunächst bedenklich. H. A. Lorentz hat indessen versucht, sie plausibel zu machen, indem er von der Vorstellung ausging, daß die Molekular- kräfte, welche die Form fester Körper bestimmen, elektrischer Natur sind. An jedem Moleküle des ruhenden Eörpers halten sich, dieser Vorstellung zufolge, die von den übrigen Molekülen herrührenden elektrostatischen Eräfte das Gleichgewicht. Wird nun der Eörper in eine gleichförmige Translationsbewegung versetzt, so werden die Molekularkräfte abgeändert, indem zu dem elektrischen Felde ein magnetisches tritt. Wie in § 18 dargelegt wurde, entspricht dem Gleichgewichte der elektro- statischen Eräfte im ruhenden Systeme ein Gleichgewicht der elektromagnetischen Eräfte in einem bewegten Systeme, wel- ches aus jenem durch eine Eontraktion im Verhältnis % parallel der Bewegungsrichtung hervorgeht. In dem bewegten kontra- hierten Systeme würde also an jedem Moleküle Gleichgewicht der Molekularkräfte bestehen, wenn es in dem ruhenden Systeme bestand. Es erscheint die Annahme nicht ungerecht- fertigt, daß das System der Moleküle, in Bewegung gesetzt, von selbst die neuen Gleichgewichtslagen annimmt; dann er- fährt der Eörper gerade die Lorentzsche Eontraktion. Betrachtet man die Molekularkräfte in ruhenden Eörpern als elektrostatische Eräfte, und läßt man die Wirkungen der regellosen Molekularbewegungen außer acht, so erscheint es 364 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 46. hiernach plausibel, daß ein fester Körper, in Bewegung ge- setzt, sich der Bewegungsrichtung parallel im Verhältnis x kontrahiert. Allerdings dürfen wir uns nicht verhehlen, daß wir noch weit davon entfernt sind, die Molekularkräfte in ruhenden Körpern auf Grund der elektrischen Auffassung be- friedigend gedeutet zu haben. § 46. Die Ortszeit. Wir wollen uns in diesem Paragraphen auf den Stand- punkt der Kontraktionshypothese stellen. Dann verstehen wir, wie es kommt, daß bei der Messung des Lichtweges die durch die Bewegung des Systemes gegebene Vorzugsrichtung dem mitbewegten Beobachter entgeht. Es empfiehlt sich, mit den Koordinaten x', y y z' des Hilfssystemes 2? zu rechnen, welches aus dem gegebenen materiellen System durch eine Streckung parallel der Bewegungsrichtung, im Verhältnis 1 : x, hervor- geht. Denn, wenn das System aus der Ruhe in den Zustand der Bewegung übergeht, werden die relativen X-Koordinaten gemäß der Kontraktionshypothese im Verhältnis x:l kleiner; die zugehörigen s'-Koordinaten jedoch sind im Falle der Be- wegung die gleichen wie im Falle der Buhe. Mit den Koor- dinaten x y y' y z des Systemes £' und dem in diesem Systeme gemessenen Lichtwege V stehen die auf räumlich feste Achsen bezogenen Koordinaten x, y, z und der absolute Lichtweg l in- dem durch (243, 243 c) bzw. durch (243 a, b) formulierten. Zusammenhange. Einem mitbewegten Beobachter, der in dem Systeme If seine Messungen vornimmt, scheint das Licht nach allen Seiten hin mit der gleichen Geschwindigkeit fortzuschreiten; wir wollen diese Geschwindigkeit mit c bezeichnen und zulassen,, daß sie von dem Betrage der Geschwindigkeit des bewegten Systemes abhänge, mithin von der durch ruhende Beobachter gemessenen Lichtgeschwindigkeit c verschieden sei. Da der Lichtweg jedesmal das Produkt der Lichtgeschwindigkeit und Lichtzeit ist, so kann Gl. (243) geschrieben werden: (245) xct-c't' + ßx'. § 46. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 365 Die Zeit t' } d h. den Quotienten aus Lichtweg V und Lichtgeschwindigkeit c' im bewegten System 2?, nennt H. A. Lorentz die „Ortszeit". Diese Zeit ist es, nach der mit- bewegte Beobachter ihre Uhren stellen, wenn sie sich zur Ver- gleichung des Ganges der Uhren elektrischer oder optischer Mittel bedienen. Dies kann etwa folgendermaßen geschehen. 46 ) In den Punkten 0' und Ä des bewegten Systemes mögen sich zwei synchrone Uhren befinden. In dem Augenblick, wo die Uhr in 0' die Zeit Null anzeigt, werde von 0' aus ein Lichtzeichen gegeben; bei seinem Eintreffen in Ä soll der Zeiger der dortigen Uhr auf diejenige Zeit eingestellt werden, die sich als Quotient aus dem mit einem mitbewegten Maß- stabe gemessenen Lichtwege ö Ä und der im bewegten Systeme 2? gemessenen Lichtgeschwindigkeit c' ergiebt. Die so gestellte Uhr zeigt die Ortszeit t' des Punktes Ä an. Ihren Zusammenhang mit der „allgemeinen" d. h. der von ruhenden Beobachtern festgestellten Lichtzeit t gibt (245) an; dabei ist x die Projektion des Lichtweges 0' Ä auf die Bewegungs- richtung des Systemes. Wir wollen annehmen, daß wie x so auch der Quotient c : c nur um Größen zweiter Ordnung in ß von eins verschieden sei. Dann wird (245) bei Vernachlässigung von Größen zweiter Ordnung (245a) t = t' + ^. Es geht also in einem Punkte Ä des bewegten Systemes die auf Ortszeit gestellte Uhr nach oder vor gegen die allge- meine Zeit, je nachdem die ^'-Koordinate des Punktes Ä po- sitiv oder negativ ist; dabei ist die Identität der allgemeinen Zeit t und der Ortszeit t' im Koordinatenursprung 0' willkür- lich festgesetzt worden. Der Gangunterschied - — zweier nach Ortszeit Ü bzw. nach allgemeiner Zeit t gestellter Uhren er- fahrt einen entsprechenden Zuwachs, wenn man, durch ein Lichtzeichen von Ä aus, in der oben erläuterten Weise eine in S befindliche Uhr reguliert; dieser Zuwachs ist jeweils 366 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 46. proportional der Projektion des im Systeme If zurückgelegten Lichtweges auf die Bewegungsrichtung des Systemes. Wenn man, unter Einschaltung einer Reihe von Stationen, eine Uhr im bewegten Systeme durch Lichtzeichen einstellt, so gelangt man zu derselben Zeigerstellung, als wenn es durch direkte Zeichen von 0' aus geschehen wäre. Die Ortszeit ist dem- nach in der Tat nur eine Ortsfunktion im bewegten Systeme. Wir sind jetzt imstande, zu beurteilen, unter welchen Um- ständen die Beobachtung einen Einfluß der Erdbewegung auf die Lichtzeit und damit auf die Lichtgeschwindig- keit entdecken könnte. Es kommt offenbar darauf an, durch welche Mittel die Stellung der Zahnrader, Spiegel oder son- stigen Vorrichtungen reguliert wird, deren man sich zur Messung der Lichtzeit bedient. Geschieht die Regulierung auf elektrischem oder optischem Wege, so kommt es auf dasselbe heraus, als wenn die Lichtzeit durch die Differenz der Orts- zeiten des Empfangers und Senders gemessen wird. Dann ist es, nach der Definition der Ortszeit, selbstverständlich, daß die gemessene Lichtzeit und daher auch die Lichtgeschwindigkeit unabhängig von der Richtung des Strahles gegen die Be- wegung der Erde wird. Um einen Unterschied der Geschwin- digkeit zweier, parallel bzw. entgegen der Bewegung der Erde gerichteter Strahlen festzustellen, bedürfte es einer mechanischen Regulierung der Zahnrader oder rotierenden Spiegel, wobei Fehler gleich dem Bruchteil 10 -~ 4 der Lichtzeit vermieden sein müßten. Eine so genaue mechanische Regulierung würde, wenn sie überhaupt theoretisch als möglich angesehen wird, doch praktisch nicht durchführbar sein. So spricht es denn keineswegs gegen die Grundannahmen der hier entwickelten Theorie, wenn ein derartiger Einfluß der Erdbewegung nicht entdeckt worden ist. Dabei kommt, da es sich hier nur um Größen erster Ordnung in ß handelt, die Hypothese der Kon- traktion bewegter Körper zunächst nicht ins Spiel. Das ist erst dann der Fall, wenn Größen zweiter und höherer Ordnung in ß berücksichtigt werden und dement- sprechend die Ortszeit t' durch (245) definiert wird. Trifft § 46. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 367 die Kontraktionshypothese zu, so ist auch jetzt noch eine jede elektrische oder optische Regulierung einer Messung der Zeit durch die Differenz der Ortszeiten äquivalent. Dann bleibt einem mitbewegten Beobachter, selbst wenn er Größen zweiter oder höherer Ordnung messen kann, die durch die Erd- bewegung bedingte Vorzugsrichtung verborgen, wenn er mit dem Lichte irdischer Lichtquellen Lichtzeiten oder Licht- geschwindigkeiten bestimmt. Wir denken uns jetzt die Dauer irgendeines Vorganges das eine Mal in allgemeiner Zeit t gemessen, das andere Mal in der Skala der Ortszeit f. Aus (245) folgt (246) xcA^ = c'Af; dabei ist A£ das mit der ruhenden Uhr gemessene Zeitintervall, At' das entsprechende Zeitintervall, gemessen in der Ortszeit- skala an einem bestimmten Punkt des bewegten Systemes. Man ist also gezwungen, wenn man für die Lichtfort- pflanzung im Baume die hier zugrunde gelegten Annahmen macht, entweder die Lichtgeschwindigkeit c } gemessen im be- wegten Systeme Z', als verschieden von der Lichtgeschwindig- keit c in einem ruhenden Systeme anzunehmen, oder einen Unterschied in der Zeitdauer eines Vorganges, wenn sie das eine Mal auf die Skala der allgemeinen Zeit, das andere Mal auf die Ortszeitskala eines mit dem Systeme bewegten Beob- achters bezogen wird, zuzulassen. A. Einstein 11 ) stellt die Forderung auf, daß die Licht- geschwindigkeit denselben Wert haben soll, sei es, daß sie im ruhenden oder im bewegten Systeme gemessen wird: c = c. Diese Forderung führt ihn dazu, zu verlangen, daß die Dauer irgendeines, etwa periodischen Vorganges eine ver- schiedene sei, je nachdem sie in der Skala der allgemeinen Zeit oder in der Skala der Ortszeit eines bewegten Beob- achters gemessen wird: (246a) r=Tyi-/9 s . 368 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 46. Würde es eine Uhr geben, welche, aus dem Znstande der Ruhe in den der Bewegung versetzt, ihren Gang nicht änderte, so würde es hiernach prinzipiell als möglich erscheinen, jene Veränderung der Skala der durch Lichtzeichen regulierten Zeit festzustellen und damit einen Einfluß zweiter Ordnung der Bewegung eines Systemes zu erhalten. Anders, wenn die Ge- schwindigkeit, mit welcher der Zeiger der Uhr vorrückt, durch die Bewegung gerade in dem Verhältnis x verringert wird; dann mißt sie im Falle der Ruhe die Zeitintervalle in allgemeiner Zeit; dagegen in ein bewegtes System eingefügt, mißt sie die Zeitintervalle in der Ortszeitskala. Eine solche Uhr würde nicht dazu dienen können, einem mitbewegten Be- obachter die Bewegung des Systemes anzuzeigen. Indem nun Einstein zu dem obigen Postulate der „Eonstanz der Licht- geschwindigkeit" noch das Postulat der „Relativität" hinzu- nimmt, welches eine Feststellung der gleichförmigen Trans- lationsbewegung eines abgeschlossenen Systemes durch mitbe- wegte Beobachter ausschließt, gelangt er zu der Forderung, daß eine Uhr — und jeder periodische Vorgang kann als Uhr be- trachtet werden — ihren Gang infolge der Bewegung in dem durch (246 a) gegebenen Verhältnis x verlangsamt. Diese Forderung führt, wie Einstein selbst bemerkt, zu höchst sonderbaren Konsequenzen. So würde von zwei sonst gleich beschaffenen Unruhuhren, von denen die eine am Äqua- tor, die andere an einem der Pole der Erde sich befindet, die erste infolge der Umfangsgeschwindigkeit der Erde um einen kleinen Betrag langsamer laufen als die zweite; der Gang- unterschied würde nach Verlauf einer Zeit T betragen: bei Vernachlässigung von Größen der Ordnung /J 4 . Ebendasselbe würde stattfinden, wenn die eine Uhr in einem Punkte A ruhen, die andere, im Falle der Ruhe mit ihr synchrone, nach Durch- laufung eines geschlossenen Weges, wieder in A anlangen würde. Diese Konsequenzen erscheinen, obwohl die Gangunter- schiede unter der Grenze der Meßbarkeit liegen, als nicht an- § 47. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 369 nehmbar; sie machen es notwendig, die Einsteinsche Zeitdefi- nition abzulehnen. Wir stellen ihr die Forderung entgegen, daß die Dauer irgendeines Vorganges die gleiche sei, ob sie nun in der Skala der allgemeinen Zeit oder in der Ortszeit- skala gemessen wird. Dann müssen wir allerdings das Postulat der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit fallen lassen; denn dann folgt aus (246): (246 b) c - c ]/l - ß\ Die Lichtgeschwindigkeit, gemessen auf der Erde mit dem Lichte irdischer Lichtquellen, wäre hiernach infolge der Be- wegung der Erde im Sonnensystem etwas kleiner als die astro- nomisch gemessene Lichtgeschwindigkeit, und zwar um c-c'-c {1 -]/l-/3 2 } =i/3*c. Diese Abweichung liegt ebenfalls innerhalb der Grenze der Fehler der Beobachtung. Ein Einfluß der Bewegung des Systemes auf den Gang einer, Uhr würde nach dieser Auffassung nicht anzunehmen sein. Vielmehr würde das Postulat der Relativität auf Grund von (246b) gerade die Unabhängigkeit des Ganges einer Uhr von ihrer Bewegung verlangen. Es bezieht sich überhaupt, wie aus den Entwickelungen der folgenden Paragraphen noch deutlicher hervorgehen wird, das sogenannte „Theorem der Relativität" keineswegs auf Zeiten, sondern auf Längen, d. h. auf Produkte aus Geschwindigkeiten und Zeiten. So können denn auch die beiden soeben dargelegten Auffassungen zu- sammengefaßt werden in der Formel: (246c) cT = cT yi - ß\ § 47. Die Lorentzsche Transformation. Wir verstehen unter x, y, z, l Koordinaten und Lichtweg, bezogen auf ein im Räume festes Achsensystem. Diesem ur- sprünglich gegebenen Systeme 2J von vier Größen wurde durch die Gleichungen (243 a, b) ein anderes System JE" von vier Größen x' } y', z', V zugeordnet: (247) xl' = l — ß x , xx' = x — ßl, y' = y, z = z. Abraham, Theorie der Elektrizität. II. 2. Aufl. 24 370 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 47. Diese Größen haben, für einen Körper, welcher in Rich- tung der x- Achse mit der Geschwindigkeit cß bewegt wird, die Bedeutung von Koordinaten und Lichtweg, bezogen auf mitbewegte Achsen, aber nicht in dem bewegten materiellen Körper selbst gemessen, sondern in dem Hilfskörper, welcher durch eine Streckung parallel der x- Achse, im Verhältnis l:x=l:yT-/5 2 , aus ihm entsteht. Durch x y y y z y V drücken sich, gemäß (247), die ursprünglich gegebenen Größen folgendermaßen aus: (247a) xl.= l' + ßx' y xx — x' + ßV, y = y' y z = e\ Die durch (247), bzw. durch (247 a) gegebene Trans- formation der Koordinaten und des Lichtweges nennen wir mit H. Poincare 47 ) eine „Lorentzsche Transformation". Wir beschränken uns auf den Fall ß < 1, da für ß > 1 die Trans- formation zu imaginären Werten führen würde. Aus (247) folgt, wenn wir x y y, e, l als Unabhängige be- trachten: (247V) — = - ^-— £ ^ = — £ ?ij. ^ ' dl %' dx x* dl %' dx x' Entsprechend folgt aus (247 a), wenn x' y y' } z' y V Unab- hängige sind: (9A1A £1-1 ll-£ £?_£ ^tf- 1 ^* 4 W dl'~~%' dx'~~%> dl'~~ x' dx'~~%' Aus jedem dieser Gleichungssysteme kann man schließen, daß die Determinante der Lorentzschen Transformation gleich 1 ist. Wir denken uns jetzt einen — materiellen oder elek- trischen — Punkt, der sich in vorgegebener Weise bewegt. In dem ursprünglichen Systeme 2 wird seine Bewegung dar- gestellt, indem seine Koordinaten x } y y z als Funktionen der Zeit t und damit des vom Lichte in der Zeit t zurückgelegten Weges et = Z angegeben werden: (248) x=x(l), y = y(T), z = z(fi. § 47. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 371 Ist II der Geschwindigkeitsvektor des Punktes, so werden die Geschwindigkeitskomponenten, wenn man sie auf die Licht- geschwindigkeit als Einheit bezieht: Man gehe nun zu dem transformierten Systeme U' über; die durch (249) *' = *'(0, y'=y'{i'), *'=*'(0 gegebene Bewegung in U' mag der durch (248) gegebenen Bewegung in U entsprechen, mithin die Geschwindigkeits- komponenten in Z', bezogen auf die Lichtgeschwindigkeit c' in 2T als Einheit: den durch (248 a) gegebenen Geschwindigkeitskomponenten in 2J. Es ist die Aufgabe, die Regeln festzustellen, nach denen die Geschwindigkeiten in 2 und £' vermöge der Lorentzschen Transformation einander zuzuordnen sind. Aus (247) folgt, wenn, gemäß (248), x als Funktion von l betrachtet wird: (250) «Sr-i-4r-i-*., dx d x Q Durch Division der beiden letzten Gleichungen ergibt sich , dx q x —ß (250a) dt l — ßq a In entsprechender Weise erhält man für die y- Kompo- nente von t|' , dy' dy dl dl ^y^W^Jidr^ ^vdT aus Gl. (250) den Ausdruck xq y (250b) <-r£fc, 24' 372 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 47. und für die «-Komponente Durch eine leichte Rechnung leitet man aus (250 a, b, c) für den Betrag von q' die Formel ab: -ffm-nn (250d) i_|,'|»_y (i-Pn)* Ein Punkt, der sich in JE? mit Lichtgeschwindigkeit bewegt, bewegt sich auch in J2' mit Lichtgeschwindigkeit; denn \t\— e, |(] = 1 entspricht nach (250d) ('=1, |»'| = c'. Ebenso ersieht man, da /) ä < 1, ohne {weiteres aus dieser Formel: Unterlichtgeschwindigkeit in JE? entspricht Unterlichtgeschwindigkeit in JE?', Überlichtgeschwin- digkeit in JE? entspricht Überlichtgeschwindigkeit in Zf. Aus den Gleichungen (250a bis d), denen gemäß sich die Komponenten und der Betrag Ton (' durch die Komponenten ron q ausdrücken, erhält man die Formeln, nach denen sich umgekehrt (' in q transformiert: (251a) (251b) . aL (251c) (251 d) 1 l.lt ('-Md-h'l") 1 1 ' 1 (14- »£>• Wir machen, bevor wir weitergehen, von den obigen Transformationsformeln eine Anwendung auf die folgende Frage: In einem materiellen Systeme (etwa dem Planetensysteme) soll eine Uhr (man mag dabei an einen umlaufenden Jupitermond denken) ihren Ort ändern. Dem Systeme und der Uhr werde ferner eine gemeinsame Translationsbewegung im Räume ge- geben. Wird ein mitbewecter Beobachter diese Bewecunc des System es durch Uhr feststellen kon; § 47. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 373 feststellen kann, falls die Lorentzsche Kontraktionshypothese zutrifft, und falls der Gang einer im bewegten Systeme festen Uhr durch die Bewegung in dem Verhältnis (246 c) abge- ändert wird, wie wir am Schlüsse des vorigen Paragraphen forderten. Wir betrachten zunächst das durch den Weltenraum bewegte System; der in ihm feste Beobachter bewegt sich mit der Geschwindigkeit cß parallel der rr-Achse, die Uhr mit der Geschwindigkeit cq in beliebiger Richtung. T sei die Zeit eines Zeigerumlaufes (Mondumlaufes), welche ein mit der Uhr (dem Jupiter) bewegter Beobachter wahrnehmen würde, ge- messen in der „allgemeinen" Zeitskala. Unser Beobachter, der sich mit einer anderen Geschwindigkeit bewegt, nimmt jedoch eine andere „allgemeine" Zeit des Umlaufs T* wahr. Diese bestimmt sich aus dem Dopplerschen Prinzip; dabei ist die Formel (75 c) des § 14 anzuwenden, welche sich auf den all- gemeinen Fall bezieht, wo sowohl die Lichtquelle wie der Beobachter sich bewegt. Sie ergibt, bei entsprechend geän- derter Bezeichnung: (252) T *=T. l ^f x . Der Kontraktionshypothese zufolge ist das Körpersystem 27 infolge seiner Bewegung parallel der Bewegungsrichtung im Verhältnis x : 1 kontrahiert. Geht man nun mit Hilfe der Lorentzschen Transformation zum System 2J f über, so bedeutet dies eine Streckung parallel der Bewegungsrichtung, im Verhält- nis 1 : x. Hierdurch gelangt man zu derjenigen Konfiguration zurück, welche dem Systeme bei fehlender Translationsbewegung im Weltenraume zukommen würde. Das System 2J' ist also mit dem materiellen Systeme im Falle der Ruhe identisch. Ln Systeme Z' ruht nun der Beobachter, wahrend die Uhr sich mit der Geschwindigkeit c'q' bewegt. Hier ergibt die Anwendung des Dopplerschen Prinzips: (252 a) r*'«r'-^X Dabei ist T' die Umlaufszeit des Zeigers der bewegten Uhr, 374 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wftgbaren Körpern. § 47. bezogen auf deren Ortszeitskala, T*' die vom Beobachter wahr- genommene Umlaufszeit, gemessen in seiner Ortszeitskala. Durch Division von (252 a) und (252) folgt, mit Rück- sicht auf den in (247) angegebenen Ausdruck von V: Aus (247) und (250a, b, c) leitet man die Formel ab: V «'*' *(! — **) mit deren Hilfe (252b) übergeht in: Unter T' und T haben wir ein bestimmtes Zeitintervall verstanden — die Dauer eines Umlaufes des Zeigers der bewegten Uhr (des Jupitermondes), beobachtet von einem mit der Uhr (dem Jupiter) bewegten Punkte aus — welches wir das eine Mal auf die Ortszeitskala der bewegten Uhr, das andere Mal auf die Skala der allgemeinen Zeit bezogen haben. Das Ver- hältnis T': T ist daher identisch mit dem durch (250) be- stimmten Verhältnis zweier einander entsprechender Zeitele- mente in 2J f und H\ d£ __ c_ d£ __ c_ 1 — ß q x dt c' dl c i/i ßt Aus (252 d) r = c l-m. folgt aber gemäß (252 c) das Verhältnis der vom Beobachter wahrgenommenen Umlaufszeiten, das eine Mal in der Skala des Systemes ZT, das andere Mal in der allgemeinen Zeitskala des Systemes 2J gemessen: (252 e) ^.^Tzrp. Wie am Schlüsse des vorigen Paragraphen dargelegt wurde, ist dies das Verhältnis, nachdem sich die Dauer irgendeines § 47. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 375 periodischen Vorganges ändert, wenn man ihn zuerst in der Skala der allgemeinen Zeit und sodann in der Ortszeitskala eines mit der Geschwindigkeit ß parallel der #-Achse bewegten Beobachters mißt. Es ist dies ferner, wie wir gemäß dem Postulate der Relativität in (246c) forderten, die Änderung der Umlaufsgeschwindigkeit des Zeigers einer Uhr, welche aus dem Zustande der Ruhe in den der Bewegung versetzt wird. Nach der Annahme von Einstein (c' = c) stimmt das Verhält- nis (252 e) mit (246 a) überein, während es nach unserer Auf- fassung gemäß (246 b) gleich eins wird. Welche von beiden Auffassungen man auch bevorzugt, der Einfluß der Bewegung des ganzen Systemes entzieht sich der Beobachtung, da der mit dem Systeme bewegte Beobachter mit seiner Uhr dieselbe Umlaufszeit des Zeigers der relativ zu ihm bewegten Uhr fest- stellt, als wenn das ganze System im Raum ruhte. Wir gehen jetzt zur Transformation des Beschleuni- gungsvektors über. Wir setzen (253) * = § = ^, ( 253a ) * ' = dt = ?* W > und erhalten durch Differentiation von (250 a) ., dl d t q x -ß \ H * dl'dlXl — ßqj * und hieraus, mit Rücksicht auf (250) 1* !_|8, l!_p,/t- (l-p,J«p mithin x _ q** s (253b) q; = ^ oder (l-^) 8> (253c) V-3£— + Ahnlich erhalten wir aus (250 b) durch Differentiation ., dl d \ xq y v x d f %q y i *i ~~ MmT^~ßq x ~l~~l--ßq x dl U - ßt\J 376 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 48. folglich und entsprechend für die #- Komponente (Jode) q, (i-*I,>* + (i -*!.)■ Die Formeln (253 c, d, e) können wir noch einfacher schreiben, wenn wir zur Abkürzung den Vektor einführen ** 8 , IM.« 8 dann lauten sie nämlich (254a) ^-*„ My-#,> Mi-*.- Betrachten wir insbesondere einen — materiellen oder elektrischen — Punkt, der sich gerade mit der Geschwindig- keit des Systemes bewegt, aber nicht mit konstanter, sondern mit variabler Geschwindigkeit. Die Regeln, nach denen die Beschleunigungskomponenten aus dem System U in das System 2' umzurechnen sind, gehen aus (253b, d, e) hervor, indem gesetzt wird 1x-ß, %-°7 *.-0; dann folgt: (255) fc- *.*-•, fc-M,*- 1 , i-i*" 1 - Diese Ergebnisse werden weiterhin von Nutzen sein. § 48. Das Theorem der Relativität. Die im vorigen Paragraphen erörterte Lorentzsche Trans- formation steht, wie wir gesehen haben, in enger Beziehung zu den Gesetzen der Lichtfortpflanzung im Räume. Da diese Gesetze, der Theorie der elektromagnetischen Strahlung zufolge, sich aus den Feldgleichungen der Maxwellschen Theorie ab- leiten, so kann man erwarten, die Lorentzsche Transformation mit diesen Feldgleichungen verknüpft zu finden. In der Tat ist H. A. Lorentz 82 ) von den Feldgleichungen seiner Theorie ,§ 48. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 377 aus zu jener Transformation und zu dem nunmehr abzuleiten- den „Theorem der Relativität" gelangt. Von den Autoren, die, dem von Lorentz eingeschlagenen Wege folgend, das Fehlen eines merklichen Einflusses der Erdbewegung mit diesem Theorem in Verbindung gebracht haben, sind H. Poin- care 47 ), A. Einstein 11 ), M. Planck 45 ) und H. Minkowski 88 ) zu nennen. Wir verstehen, indem wir uns der Schreibweise des § 28 bedienen, unter e und 1) die elektromagnetischen Vektoren, die in den ursprünglichen Feldgleichungen der Elektronen- theorie auftreten; diese lauten, wenn man et = l } U = cq setzt: (I) curllj -^«4*011, (II) curle + |f = 0, (III) dive = 4#p, (IV) divlj-O. Welche Form nehmen diese Feldgleichungen an, wenn man, statt der Unabhängigen x, y, z, l durch die Lorentzsche Trans- formation (247) die neuen Unabhängigen x' y y\ 8, V einführt? Wir transformieren zunächst die 4 partiellen Differential- gleichungen (III) und (I), indem wir die Regeln (247b) beachten; sie ergeben dann: dt x dx' 1 dt x ß dty x dV x "f" dy ,dt, ^ de' = 4« 9 , d_h dy dh de'' dt x 1 i dV % "^ Z J*L dx' x = 4nQq x d\ x dt dx* x " r " dl' x dty 1 dV x "*" dty ß dx' % = 4atpq y) ^1 dx % d% ß dt X dy' dt, 1 , dl' X ^ dt, ß dx' x -4xQq,. Man setze nun: (256) *x v x? Vx "xf x% = *y— ß%,} xt',= t. + ß\\ \.-ß*y Dann erhält man aus den ersten beiden jener Differential- 378 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 48« gleichungen, indem man die eine, mit - ß multipliziert, zur anderen addiert: während die beiden letzten Differentialgleichungen sich schreiben: Wx W. d€y A m d% d% dt?, _ . dx' dy' dX ~~ * n Transformiert man ferner die Dichte der Elektrizität ge- mäß der Festsetzung (257) « 9 '- 9 (l-ßnJ, und dementsprechend die Dichte des Konvektionsstromes ; mit Rücksicht auf (250 a ; b, c), folgendermaßen: (257 a) *Q'<.-9b.-fi, (257b) ?Y,-?v 9%-m., so lautet das System der transformierten Feldgleichungen (I) und (III) in leicht verständlicher Symbolik: (HT) div'e'=43t(.', (T) curl'i'-U-4*p',\ Aus (III) und (I) gehen (IV) und (II) hervor, indem man 1) statt e, — e statt tj schreibt und q gleich Null setzt. Da die Formeln (256) hierbei ungeändert bleiben, wofern zugleich |' an Stelle von e' ; — e' an Stelle von Ij' tritt, so lauten offenbar die transformierten Feldgleichungen (IV) und (II): (IV) div'lj'-O, (IT) curl'e'+|£ = 0. Es entsprechen also die auf das System 2' transformierten Feldgleichungen durchaus den Feldgleichungen des Ursprung- §48. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 379 liehen Systemes 27, falls die Dichte der Elektrizität gemäß (257), und falls die Feldstärken gemäß (256) transformiert werden. Wir wollen zunächst auf die Bedeutung der Relation (257) genauer eingehen. Die Vergleichung mit (250) ergibt für das Verhältnis der elektrischen Dichten in einander entsprechenden Punkten von 2J und 2': q' dl' q dl (258) Andererseits ist aus dem im vorigen Paragraphen bereits erwähnten Umstände, daß die Funktionaldeterminante der Lorentz- schen Transformation gleich 1 ist: dv dV dV dv di dx dy dz dx' dx' dx' dx dl dx dy dz dy' dy' dy' dy' dl dx dy dz dz' dz' dz' dz' dl dx dy dz p % x 10 1 = 1 die bemerkenswerte Folgerung zu ziehen: Einander entsprechende Bereiche in den vierdimensionalen Mannigfaltigkeiten der Größen (x y z X) und {x' y' z V) haben die gleiche Ausdehnung: dx' dy' dz' dl' = dx dy dz dl . Demnach ergibt (258): (258 a) q' dx' dy' dz' = q dx dy dz, d.h. einander entsprechende Raumelemente in27und27', ersteres zu einer gegebenen allgemeinen Zeit t y letzteres zu der entsprechenden Zeit t' y haben die gleiche elektrische Ladung. Wir können demnach das Resultat der obigen Ent- wickelungen so zusammenfassen: Geht man von dem Systeme £ durch eine Lorentzsche Transformation (247) zum Systeme 2' über, indem man die elektrischen Ladungen entsprechender Volumelemente zu entsprechenden Zeiten einander gleich setzt, so bleiben die Feld- 380 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 48. gleichungen der Elektronentheorie ungeändert, wo- fern man die Feldstärken e, lj in U und e', \ in 2J' durch (256) einander zuordnet. Diesen mathematischen Satz nennen wir mit H. Minkowski 88 ) das „Theorem der Relativität". Dieses Theorem gestattet es, jedes Problem, welches sich auf ein in gleichförmiger Translationsbewegung begriffenes elektromagnetisches System 27 bezieht, in ein anderes Problem zu transformieren, welches ei n ruhend es, parallel der Bewegungs- richtung im Verhältnis 1 : j/1 — ß* gestrecktes System 27' be- trifft. Diese Abbildung auf ein ruhendes System ist uns keines- wegs neu; wir hatten sie bereits in § 18 auf das Feld eines gleichförmig bewegten Elektrons angewandt und sie in § 45 bei der Erörterung des Versuches von Michelson herangezogen. Wir wissen auch, daß das System 27', wofern man keine be- sondere Hypothese hinzunimmt, im allgemeinen von dem ur- sprünglichen Systeme im Falle der Ruhe verschieden sein wird, und daß dann die Bewegung des Systemes auf die elektro- magnetischen Vorgänge in demselben einen Einfluß zweiter Ordnung äußern wird. Die Hypothesen, durch welche man dem Postulate der Relativität Genüge leisten kann, sind jetzt auf Grund des obigen, aus den Feldgleichungen abgeleiteten Theorems folgender- maßen zu formulieren: Das ruhende System 27', welches aus dem gleichförmig bewegten Körpersysteme 27 durch die Lorentzsche Transformation hervorgeht, soll — geometrisch wie elektromagnetisch — mit demselben Körpersysteme im Falle der Ruhe identisch sein. Diese Forderung enthält in sich die Kontraktionshypothese sowie die in § 46 aufgestellte Hypothese, die sich auf den Gang einer bewegten Uhr bzw. auf die Lichtgeschwindigkeit in einem bewegten Systeme bezieht. Zu diesen Annahmen tritt nun eine weitere, welche die Dichte der Elektrizität betrifft; da die elektrische Ladung eines Raumelements bei der Kontraktion ungeändert bleiben soll, so muß die Dichte q' in dem ruhenden Systeme 27' entsprechend kleiner sein als in dem bewegten •§ 48. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 381 kontrahierten Systeme 27; in der Tat ergibt (257), wenn man q x — ß setzt: (258 b) g'^eYr^ß*. Diese Forderung ist eng mit der auf den Lichtweg be- züglichen Forderung (246c) verknüpft; denn elektrische Dichte und Lichtweg sind im Sinne des Relativitätstheorems durch die allgemeine Beziehung (258) miteinander verbunden. Findet nun in dem bewegten Systeme U, infolge einer gewissen Bewegung der Elektrizität, ein elektromagnetischer Vorgang statt, gemäß den Feldgleichungen (I) bis (IV), so wird ein im Räume fester Beobachter die Feldstärken e, lj feststellen. Der mitbewegte Beobachter jedoch, mit seiner nach der Orts- zeitskala gestellten Uhr und seinem kontrahierten Maßstabe, wird der abgeänderten Dichte der Elektrizität und des Kon- vektionsstromes, den Feldgleichungen (T) bis (IV) entsprechend, die Feldstärken e', lj' zuordnen. Alsdann wird er die gleich- förmige Bewegung des abgeschlossenen Systemes nicht wahr- nehmen können, wie es das Postulat der Relativität verlangt; denn der elektromagnetische Vorgang verläuft für ihn genau so, als ob das System ruhen würde. So ist denn für ihn der Einfluß der absoluten Bewegung eliminiert, obwohl er in den ursprünglichen Feldgleichungen enthalten war. Den Einfluß der absoluten Bewegung ganz zu beseitigen, gelingt indessen nicht. Er muß von Bedeutung werden, sobald man die Beobachtungen eines mitbewegten Beobachters mit denen eines solchen vergleicht, der sich an der Bewegung nicht beteiligt. Ein solcher würde, wenn er über hinreichend genaue Apparate verfügte, festzustellen imstande sein, ob die Ver- änderung (246 a) im Gange einer Uhr, welche Einstein behauptet, der Wirklichkeit entspricht; er würde, indem er seine Messung der Lichtgeschwindigkeit mit denjenigen vergleicht, die im be- wegten System gewonnen sind, den von uns angenommenen Ein- fluß zweiter Ordnung der Bewegung auf die Lichtgeschwindigkeit (246 b) prüfen können. Die eine oder die andere Größe muß von der absoluten Bewegung des Systemes abhängen, wofern 382 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 49. die Maxwellschen Feldgleichungen für den leeren Raum zu- treffen. Die Lorentzschen Feldgleichungen führen, auf Grund des Relativitätspostulats, weiter dazu, einen Einfluß der Bewegung .auf die Dichte der Elektrizität anzunehmen, entsprechend der Forderung (258 b). Hiernach würde sich ein Elektron, in Be- wegung gesetzt, derart kontrahieren, daß seine Dichte im Ver- hältnis 1 : ]/l — ß* zunimmt. Diese Eontraktion würde einem mitbewegten Beobachter entgehen, aber nicht einem an der Bewegung des Elektrons unbeteiligten. Nun stehen wir gerade bei der Beobachtung der Kathoden- und der Becquerel-Strahlen auf dem Standpunkte des ruhenden Beobachters. Die Messung der Ablenkung der in diesen Strahlen mit Geschwindigkeiten von der Ordnung der Lichtgeschwindigkeit bewegten Elektronen kann daher zur Prüfung jener aus dem Relativitätspostulat abgeleiteten Hypothesen dienen. Obwohl wir schon in § 22 gesehen haben, daß das Ergebnis der Versuche bisher jener Hypothese ungünstig gewesen ist, wollen wir dennoch die Dynamik des Elektrons vom Standpunkte des Relativitäts- postulates noch einmal erörtern. § 49. Anwendung des Belativitätstheorems auf die Dynamik des Elektrons. Wir denken uns ein Elektron von der Ladung e in gleich- formiger geradliniger Bewegung begriffen, falls es von dem Bezugssystem J£ aus beobachtet wird; das System 2f bestimmen wir so, daß seine x- Achse mit der Bewegungsrichtung des Elektrons übereinstimmt, und daß q'=*0 ist. Dann wird die Geschwindigkeit in J£: 1.-0! 1,-0, 1.-0. Beim Übergange von Z" zu 2J wird, gemäß (258 b), die elektrische Dichte infolge der Kontraktion im Verhältnis 1 : ]/l — ß 2 vergrößert, während die Ladung entsprechender Volumelemente, mithin auch die gesamte Ladung des Elektrons ungeändert bleibt: (259) e'-e. § 49. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 383 Da im System 27' das Elektron ruht, so wird die an ihm angreifende äußere Kraft Ä' in diesem System gegeben durch den Vektor fy'= e ' t ' wofern t', die von den übrigen Elektronen herrührende Feld- starke, in dem vom Elektron eingenommenen Bereiche als homogen betrachtet wird. Auf Grund von (256) und (259) findet man für die Komponenten von ft' die Beziehungen (260) , x«; - e\ty = e(t y - ß) z ) = Ä„ x«,' - e'xe,' = e(t. + ßf) y ) - «,. Der Vektor St ist die am Elektron angreifende äußere Kraft, bezogen auf das System 27; es ergibt sich aus dem in § 4, S. 18 zugrunde gelegten allgemeinen Ausdruck (V) für die elektromagnetische Kraft. Wir denken uns nun, ausgehend von dem oben an- genommenen Zustande — der Ruhe in 27', der gleichförmigen Bewegung in 27 — , dem Elektron eine kleine Beschleunigung erteilt. Unter Annahme quasistationärer Bewegung wird dann in 27' die Bewegungsgleichung bestehen (vgl. 253 a): (260a) Jf «'=M ^ = ^ = ft', wo M eine Konstante bedeutet. Von hier aus kann man, auf Grund der Transformationsgesetze (255) für die Be- schleunigungskomponenten und (260) für die Kraftkompo- nenten, sofort zu den Bewegungsgleichungnn in 27 übergehen; sie werden (M x-*q x = ® z (260 b) • Jfo*- 1 *,-*" 1 «,, Dieses sind die Bewegungsgleichungen des Elek- trons für quasistationäre Bewegung, welche dem Re- lativitätspostulate genügen. Setzt man (260o) lH-Mf-KV-fft. *■ ' I.Jf,- JH.*-»- im -/)•)-*, 384 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 49. so haben, gemäß (253), die Größen (260d) m.-$ m r -$ die Bedeutung der longitudinalen bzw. der transversalen elektromagnetischen Masse. Aus diesen Beziehungen folgt, daß die Masse bei langsamer Bewegung in 27 einen anderen Wert hat als in 27', falls, wie wir zuließen, die Lichtgeschwindig- keit in den beiden Systemen nicht genau den gleichen Wert hat; dann ergibt sich nämlich mit Rücksicht auf (260a): (260e) m c 2 — M - m^ c' 2 Für die Kaufmannschen Versuche kommt indessen nicht sowohl die Masse m als vielmehr das Produkt aus Masse und Quadrat der Lichtgeschwindigkeit in Frage. In der Tat geht, wie aus GL (122a) des § 21 zu ersehen ist, die Masse nur in der Verbindung ein: c w c*' diese Größe aber hat auch dann, wenn c und c' verschieden sind, in 27 und 27' den gleichen Wert; -denn aus (259) und (260 e) folgt (260f) e *' Man wird auch auf dem hier eingeschlagenen Wege, vom Relativitätspostulate ausgehend, wiederum auf die Lorentzschen Formeln (125) und (125 a) für die Masse des Elektrons ge- führt. In der Tat gelangt man, wenn man mit Lorentz das Elektron im Ruhezustande als kugelförmig betrachtet, durch die obige Transformation zu einem Heaviside-Ellipsoid in 27, d. h. zum Lorentzschen Elektron; für ein solches hat ja Lorentz, wie wir in § 22 dargelegt haben, den Ausdruck (124e) der elektromagnetischen Bewegungsgröße abgeleitet, den wir auch schreiben können: ~~ c' x > ^ ° ~~ 3 a ' § 49. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 385 und aus dem sich die obigen Formeln für die elektromagnetische Masse ergeben. Unter Annahme eines im Falle der Ruhe kngel- formigen Elektrons besteht also Übereinstimmung zwischen dem Relativitätspostulate und dem Impulssatze. Aber mit dem gleichfalls aus den Feldgleichungen und dem elektromagnetischen Kraftausdrucke abzuleitenden Werte der elektromagnetischen Energie lassen sich, wie wir in § 22 gezeigt haben, die Lorentz- schen Formeln für die Masse nicht vereinbaren, ohne dem Elektron eine neue, nicht elektromagnetische Form der Energie zuzuschreiben. Nun ist allerdings der Gedankengang, durch den wir auf Grund des Relativitätspostulates zu den Formeln für die Masse gelangt sind, unabhängig von der Annahme der Kugelgestalt im Falle der Ruhe. Man könnte in £' die Gestalt des Elek- trons beliebig lassen, stets fordert das Relativitätspostulat, daß beim Übergange zu £ die Kräfte und Beschleunigungen sich entsprechend der Lorentzschen Transformation ändern, und hieraus resultieren die Transformationsformeln (260 c). Die anscheinend größere Allgemeinheit dieses Gedankenganges könnte indessen nur dann zur Hebung der erwähnten Schwierig- keit dienen, wenn eine andere Ruhegestalt des Elektrons in £' angegeben würde, die beim Übergänge zu 2? Werte des Im- pulses und der elektromagnetischen Energie ergäbe, welche sich (vgl. § 22) folgendermaßen aus der Lagrangeschen Funk- tion L ableiten lassen: W-73§' w-'ß\m-L- Man gelangt nun zu den obigen Formeln für die Masse, wenn man setzt (261) L = - M yi - /3», mithin (261a) , Ä I 1 iL M t ß |W| c d'ß CK ' (261 b) Abraham, Theorie der Elektrizität. II. 2. Aufl. 25 386 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 49. Dann müßte M identisch sein mit der elektrostatischen Energie des ruhenden Elektrons (261c) Jtfo— W , und somit die Masse bei langsamer Bewegung, nach (260 e), den Wert besitzen (261 d) »»o=5- Dies ist die von A. Einstein 11 ) und M.Planck 46 ) an- genommene Beziehung zwischen der Masse und der Energie eines Körpers, Nun erhält man aber für das Lorentzsche Elektron, wie oben bemerkt wurde, M gleich 4 / 8 der elektrostatischen Energie, und es steht der Nachweis aus, daß es irgendeine Ruhegestalt des Elektrons gibt, für welche die Relation (261c) gilt. Bis er erbracht ist, wird man es als zweifelhaft bezeichnen müssen, ob sich überhaupt die elektromagnetische Dynamik des Elektrons mit dem Relativitätspostulat vereinbaren läßt. Verzichtet man aber überhaupt auf eine elektromagnetische Begründung der Dynamik des Elektrons, so fallt jeder Grund für die Anwen- dung des Relativitätstheorems fort, welches ja eben auf den Differentialgleichungen des elektromagnetischen Feldes beruht. Dann entfällt um so mehr die Berechtigung, das Relativitäts- theorem auf die Mechanik wägbarer Körper anzuwenden. Auch stimmen, wie wir gesehen haben, die Konsequenzen des Relativitätspostulats keineswegs mit den Messungen der Ablenkbarkeit der Becquerelstrahlen überein. Man darf daher der Anwendung der Lorentzschen Transformation auf die ein- einzelnen Elektronen einstweilen skeptisch gegenüberstehen. Indessen gibt es viele Aufgaben der Dynamik des Elektrons, bei denen es auf die Gestalt desselben nicht ankommt, sondern wo es genügt, es als eine Punktladung zu betrachten. Bei diesen Aufgaben bringt die Anwendung des Theorems der Relativität oft eine Vereinfachung der mathematischen Behand- lung mit sich. § 49. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 387 Von diesem Standpunkte aus wollen wir das in § 15 be- handelte Problem, die Reaktionskraft der Strahlung zu finden, wieder aufnehmen. Wir wollen zeigen, daß durch An- wendung des Relativitätstheorems sich der allgemeine Ausdruck (87) der Reaktionskraft ergibt, falls für langsame Bewegung die in Gl. 58 des § 9 angegebene Formel zutrifft, die wir mit Rücksicht auf (253a) schreiben können: (262) r'-}£g£-}«r» $-{'**•• Dies mag der Ausdruck der Rückwirkung der Strahlung in dem System U' sein, welches aus dem bewegten Elektron auf Grund der im Eingang dieses Paragraphen angegebenen Transformation entsteht. Beim Übergang zu 2 ist zu bedenken, daß nach (259) die elektrische Ladung ungeändert bleibt, und daß jede elektromagnetische Kraft den Transformationsformeln (260) genügen muß. Auf Grund dieser Überlegung erhalten wir in 27 für die Reaktionskraft der Strahlung den Ausdruck (262a) «._»«•.*{$}, wo p eben der in Gl. (254) des § 47 eingeführte Vektor ist, dessen Komponenten durch (254 a) mit denen des Vektors q' verknüpft sind. Es handelt sich also nur noch um die Be- rechnung des Vektors dl'" dl' dn(l-pqJ2 + (l-pq x )»!' für den sich durch Ausführung der Differentiation und mit Rücksicht auf Gl. 250 ergibt qV qpfr> 4 MW,« 4 Mffr 4 (i - ß K y + (i - ßn y + (i - ßny + (i - ß^ x f • Hier ist nun, wie im Eingange dieses Paragraphen an- gegeben worden ist, zu setzen %* - ß> % - f. ä °; dann W 25* 388 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 49. Dieser Ausdruck für die Reaktionskraft der Strahlung zeigt sich, mit Rücksicht auf (253), mit dem früher yon uns in § 15 angegebenen Ausdruck (87) als identisch. Das Theorem der Relativität erspart uns den dort fortgefallenen Eindeutigkeitsbeweis. Aus der Reaktionskraft der Strahlung ergeben sich nun, wie dort gezeigt worden ist, durch Integration nach Zeit und Weg und durch partielle Integration der so entstehenden Inte- grale, für die von einer bewegten Lichtquelle entsandte Energie und Bewegungsgröße die Beziehungen (82 b) und (83), die wir jetzt zu schreiben haben: (263) - w = ! «W*" 4 + (qq)'*"«}, (263a) - ^ = | e*c{?*-* + (qq)**- 6 } = & Den letzten Ausdruck, der die in der Sekunde von der Lichtquelle emittierte Energie angibt, haben wir gleich E ge- setzt. Der erste bestimmt die in der Sekunde emittierte Be- wegungsgröße und führt zu der Bewegungsgleichung der Licht- quelle : (263b) £{ m „}__IjB__».|. Die emittierte Wellenstrahlung übt eine der Be- wegung der Lichtquelle entgegengerichtete Kraft auf diese aus. Wirken keine sonstigen Kräfte, so muß dem- nach entweder die Geschwindigkeit oder die Masse der Licht- quelle abnehmen. Die erstere Möglichkeit ist auszuschließen, wenn man das Relativitätspostulat erfüllen will. Denn beim Übergang zu E' würde die Geschwindigkeit to und mithin die Reaktionskraft (263 b) gleich Null werden, während der Ge- schwindigkeitsänderung in 27, wie in § 47 gezeigt wurde, auch eine Geschwindigkeitsänderung in 27' entspricht. Das Relativi- tätspostulat führt somit, wie A.Einstein 11 ) und M. Planck 45 ) bemerkt haben, zu einer Massenabnahme eines leuch- § 50. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 389 tenden Körpers, die gleich seiner Emission, dividiert durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit, ist: (263c) -f = |. Dieselbe ist natürlich zu klein, um der Beobachtung zugänglich zu sein. § 50. Die allgemeinen Feldgleichungen für rasch bewegte Körper. Die Bedeutung der Lorentzschen Transformation beruht darauf, daß sie die elektromagnetischen Feldgleichungen für den leeren Baum in sich selbst überführt. Die Schwierigkeiten, welche in der Dynamik der Elektronen der Erfüllung des Re- lativitätspostulats entgegenstehen, rühren daher, daß die Dynamik der Elektronen nicht auf den Feldgleichungen allein beruht, sondern daneben noch auf kinematischen Bedingungen. Diejenigen elektrischen und optischen Vorgänge dagegen, welche sich im Innern der wägbaren Körper abspielen, sind in ihrem Verlaufe vollkommen durch das System der Feldglei- chungen bestimmt. Wird diesen Feldgleichungen für den Fall rascher Bewegungen eine Form gegeben, welche durch eine Lorentzsche Transformation in die Feldgleichungen für den Fall der Ruhe überzuführen ist, so ist das Relativitätspostulat ohne weiteres erfüllbar. In dieses Gebiet fallen die meisten der Versuche über den Einfluß der Erdbewegung, deren nega- tives Ergebnis der Erklärung bedarf: Die Experimente von Lord Rayleigh 48 ) und D. B. Brace 6 ), welche die Entdeckung einer durch die Erdbewegung bedingten Doppelbrechung zum Ziele hatten; ferner die Messungen von F. T. Trouton 68 ) und A. 0. Rankine, welche den Widerstand eines Drahtes be- trafen, der das eine Mal parallel, das andere Mal senkrecht zur Richtung der Erdbewegung gespannt ist. Diese Versuche be- anspruchen eine so große Genauigkeit, daß Größen zweiter Ord- nung in ß hätten beobachtbar sein müssen. Wie wir in diesem Paragraphen sehen werden, erklären die in § 38 aufgestellten Feldgleichungen — sowohl diejenigen von H. Minkowski als 390 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 50. auch diejenigen von E. Cohn — die Ergebnislosigkeit dieser und vieler ähnlicher Versuche. Die Grundgleichungen von Minkowski lauten, wenn l=* ct 7 tn = cq gesetzt wird: (Id) curl$ -^»_4*{,,+ i), (II d) corl«+ — -0, (Hld) div 4jt$ — 4jrp, (IV d) div 8 =0. Hierzu treten zwei Bedingungen, welche die Vektoren ß,#, $,© im bewegten Körpersystem 2 miteinander verknüpfen. Sie er- geben sich, indem man aus den Gl. (15 a — d) die dort mit ($'$' bezeichneten Vektoren eliminiert: (Vd) **» + [*»]- «{« + [*»]}> (VId) »-fo«Q-*»{*-h4*»]}. Wir vergleichen dieses System von Differentialgleichungen mit den Feldgleichungen der Elektronentheorie, die wir in § 48 in Lorentzscher Weise transformiert haben. Die Gleichungen (II d, IV d) entsprechen durchaus den Feldgleichungen (II, IV), nur daß an Stelle von e und ]} dort, hier die Vektoren (S und © treten, die in § 28 als die Mittelwerte jener definiert worden waren. Aus der formalen Identität folgt ohne weiteres, daß die transformierten Gleichungen jetzt lauten: (Il'd) curl'«' + ^-0, (IV'd) div' »' - 0, wofern die Vektoren entsprechen. Es liegt somit nahe, diese Vektoren beim Übergang zu 27' folgendermaßen zu transformieren: | 4*2>;=4,r2> t , x4xty-4x3>-ߧ i9 x4*»;=4*», + /J§ y ; Nimmt man dies an, so gehen die Gleichungen (Id, III d) durch die Lorentzsche Transformation in die Grundgleichungen für ruhende Körper über: c> (I'd) curl'§'- ^^-=,4* (ni'd) div'4*$' = 4*p', falls beim Übergang von dem gleichförmig bewegten System 27 zum ruhenden System 27' sich noch die Größen q, pq+ — i' in q', — so umrechnen, wie gemäß (257, 257 a, b) in §48 die Größen q und q(\ in q' und p'q' sich transformierten: (266) V-P -/»(«. + 7), (266a) < = cpq, + i»-c?^ (266b) i; = C(M , y + i y , i;-^,, + i.; da das ganze System 27 sich mit der Geschwindigkeit c^ x = cß parallel der x- Achse bewegt, so kann man einfacher schreiben: (26?) i,-xi;, \ y = \ y , i, = i;, (267 a) XQ = 9 ' + ß l f. In dem ruhenden System 27' gelten nun die Feldgleichungen, die aus (I'd bis IV d) durch Einführung der Beziehungen (268) 4*2> , = *e / , 8' = fig', i'=ö®' hervorgehen. Die ersten beiden dieser Beziehungen ergeben 392 Zweiter Abschnitt. Vorgänge in wägbaren Körpern. § 60. sich nun wirklich aus den Relationen (Vd, VId), wenn man, ge- mäß (264) und (265), vom bewegten Systeme H zum ruhen- den Systeme Z' übergeht. Hieraus erzielt man, zunächst für Isolatoren: Die Minkowskischen Feldgleichungen für ein in gleichförmiger Translationsbewegung begriffe- nes System gehen durch die Lorentzsche Transfor- mation in die Maxwell-Hertzschen Feldgleichungen für ruhende Körper über. Sie sind also geeignet, auf Grund der in den letzten Paragraphen erörterten Hypothesen, das Postulat der Relativität zu erfüllen. Damit dies auch für Leiter gelte, muß, wie aus der letzten der Relationen (268) im Verein mit (264) und (267) hervor- geht, im bewegten System 2 sein: (269) <.-%*«., i, = ^(6,-08,)> «.-£{«. + /*»,)• Die Komponenten der Dichte des Leitungsstromes sind also jeweils proportional den Komponenten der elektromagnetischen Kraft, d. h. des Vektors * doch wird durch die Be- wegung die Leitfähigkeit für parallel der Bewegungsrichtung fließenden Strom im Verhältnis x : 1 kleiner, dagegen für Ströme, die senkrecht zur Bewegungsrichtung fließen, im Verhältnis 1 : x größer als im Falle der Ruhe. Daß so das negative Ergebnis des Versuchs von Trouton und Rankine seine Deutung findet, ist klar 63 ). Die Kontraktion des Drahtes, die parallel seiner Längsrichtung stattfinden soll, wenn er der Erdbewegung parallel gespannt ist, würde eine Widerstandsabnahme zur Folge haben; diese wird durch jene Abnahme der spezifischen Leitfähigkeit kompensiert. Ist hin- gegen der Draht senkrecht zur Bewegungsrichtung der Erde gespannt, so würde die Lorentzsche Kontraktion eine Abnahme des Querschnitts, mithin eine Widerstandszunahme im Verhält- nis 1 : x im Gefolge haben, deren Kompensation gerade in jener Zunahme der Leitfähigkeit für senkrecht zur Bewegungsrichtung fließenden Strom liegt. Die Minkowskischen Feldgleichungen für bewegte Körper stehen, wenngleich sie nicht aus den Feldgleichungen der § 60. Zweites Kapitel. . Bewegte Körper. 393 Elektronentheorie auf Grund von Hypothesen über die mole- kularen Vorgänge abgeleitet sind, doch mit dieser Theorie in engem Zusammenhange; es wurde bei ihrer Aufstellung das aus den Feldgleichungen der Elektronentheorie gewonnene Theorem der Relativität als heuristisches Prinzip benutzt. Die Feldgleichungen der Elektrodynamik bewegter Körper hingegen , die von E. Cohn 8 ) herrühren, sind auf einem von der Elektronentheorie unabhängigen, induktiven Wege ge- wonnen. Sie lauten, wie wir bereits in § 38 angegeben haben: (Ie) «nrif-4*{*»+;j, '(He) curl «' = d% , (Hie) div$ = q, (IV e) dir 8 = 0, (Ve) 4*2) + w\ = « 1 y =0 > 1. Ä °> so kann man die zur Umrechnung von curl und div dienenden Regeln symbolisch so schreiben: d curl — curl' — f"q -^\ , div - div'- ($' = 0, wobei q' die Bedeutung hat: (270a) ?'=e-ft,. Hier ist also — bei fehlendem Leitungsstrom i — die Dichte der Elektrizität im bewegten System 27 die gleiche wie in dem auf Ruhe transformierten System 27', während in der Lorentz-Minkowskischen Theorie, entsprechend der Kontraktion der bewegten Materie und Elektrizität, gemäß (267 a) die Dichte § 50. Zweites Kapitel. Bewegte Körper. 395 der Elektrizität im Verhältnis 1 : x beim Übergang zum be- wegten Systeme zu ändern ist. In beiden Theorien beeinflußt, wie aus (267a) bzw. (270a) hervorgeht, ein der Bewegungs- richtung paralleler Leitungsstrom die Beziehung zwischen den Dichten der Elektrizität in 2J und 2'. H. A. Lorentz spricht in diesem Falle von einer „Kompensationsladung" des strom- führenden Drahtes, da jene Ladung die in 2 vom Magnetfeld des Stromes auf mitbewegte elektrische Ladungen ausgeübte Kraft gerade aufhebt. Die Feldgleichungen (I'e bis IV e), welche aus den Cohn- schen Feldgleichungen durch die Transformation (270) hervor- gehen, stimmen nun in der Tat mit den Maxwell-Hertzschen Feldgleichungen für ruhende Körper überein. Es genügt also die Theorie von E. Cohn dem Postulate der Rela- tivität, ohne daß sie eine Deformation der bewegten Körper anzunehmen hat, oder eine Änderung im Werte der Lichtgeschwindigkeit oder gar ein spezifisches Zeitmaß im bewegten Systeme. Hier findet also das nega- tive Ergebnis der Versuche, welche über den Einfluß der Erd- bewegung auf die elektromagnetischen und optischen Erschei- nungen angestellt worden sind, eine in mancher Hinsicht ein- fachere Deutung als in der Lorentzschen Theorie. Die Cohnschen Feldgleichungen für bewegte Körper gehen nicht wie die Minkowskischen dadurch in die Feldgleichungen für den Äther über, daß man £=1, /ß = 1, tf = setzt. Dieser Umstand bringt Schwierigkeiten mit sich, wenn es sich um Vorgänge handelt, bei deren Deutung man von dem Einfluß der wägbaren Materie abzusehen pflegt. Hierher gehört der Versuch von Michelson, dessen Theorie wir, vom Lorentzschen Standpunkte aus, in § 45 gegeben haben. Dabei wurde von dem Einfluß der atmosphärischen Luft abgesehen und nur von der Lichtfortpflanzung im leeren Räume gesprochen; das nega- tive Ergebnis des Versuches wurde durch die Kontraktion der Materie erklärt. m Nach E. Cohn dagegen soll eine Kontraktion der Steinkonsole, welche die Spiegel trägt, nicht stattfinden. Es soll der Einfluß der Luft es bedingen, daß hier nicht die 396 FormelzusammenstelluDg. Feldgleichungen für den leeren Raum, sondern eben die Feld- gleichungen (Ie bis VIe) für bewegte Dielektrika Anwendung finden. Das negative Versuchsergebnis findet so seine Erklärung; in der Tat werden einem Beobachter, der sich mit der Erde bewegt, die Vorgänge gemäß den Feldgleichungen (I'e bis IV e) zu verlaufen scheinen, d. h. genau so, als ob die Erde ruhte. Hiernach würde jedoch ein positives Ergebnis des Michelsonschen Versuches zu erwarten sein, wenn man ihn im luftleeren Räume ausführen würde. Ferner fehlt der Theorie von Cohn der Zusammenhang mit der Dynamik der Elektronen; sie umfaßt nicht diejenigen elektromagnetischen Vorgänge, die man an den Kathodenstrahlen und den Radiumstrahlen beobachtet. Hier kann nur eine atomistische Theorie Erfolge erzielen; der Gohnschen Theorie bleiben, ihrem rein phänomenologischen Standpunkte ent- sprechend, diese feineren Vorgänge verschlossen. Sie ist in ihrer Anwendung auf diejenigen Vorgänge beschränkt, die sich in den wägbaren Körpern abspielen. Allerdings scheint es, als ob die auf dem Relativitäts- postulate fußende Weiterbildung der Lorentzschen Elektro- dynamik ebenfalls auf die Vorgänge in wägbaren Körpern beschränkt ist ; denn ihre Anwendung auf die freien Elektronen begegnet den mehrfach erörterten Schwierigkeiten. Es wäre auch sehr wohl denkbar, daß das Relativitätspostulat für die Bewegung der wägbaren Materie zuträfe, aber nicht auf die Bewegung der freien Elektronen anwendbar wäre. Freilich scheint, wenn man diese Auffassung annimmt, das Band zwischen den Vorgängen der Konvektionsstrahlung und denen, die sich im lichtaussepdenden Moleküle abspielen, gelöst zu sein. Die Verknüpfung zwischen diesen Vorgängen aber ist eine wert- volle Errungenschaft der Elektronentheorie, Sie kein Physiker leichten Herzens aufgeben möchte. Bedenkt man jedoch, wie gering die Ergebnisse der Elektronentheorie in der Erklärung der Spektralgesetze und der anomalen Zeeman-Effekte noch sind, so wird man gerade hier noch am ehesten eine Lücke in dem Weltbilde der Elektronentheorie vermuten. Es ist sehr I. Feld u. Bewegung einzelner Elektronen. 397 wohl möglich; daß die Elektrizität im Timern der wägbaren Körper ein anderes Verhalten zeigt als bei der Konvektions- strahlung, wo sie sich losgelöst von der Materie bewegt. So einfach, wie es die Theorie des normalen Zeeman-Effektes an- nimmt, ist die Verknüpfung von Elektrizität und Materie sicher nicht. Unserer Unkenntnis der zwischen den Atomen der Materie und der Elektrizität wirkenden Kräfte würde es entsprechen, wenn man die elektromagnetischen und optischen Vorgänge in bewegten Körpern mehr phänomenologisch durch ein System von Feldgleichungen beschreiben würde, welches dem Relativitäts- postulate genügt, sei es durch die Gohnschen oder die Lorentz- Minkowskischen. So würde für die Dynamik der Elektronen der Weg freigehalten, welcher dem Fortschritte der experimen- tellen Forschung auf dem Gebiet der Kathoden und Radium- Strahlung zu folgen hat. («) Formelzusammenstellung. I. Feld und Bewegung einzelner Elektronen. Grundgleichungen der Elektronentheorie: (§ 4 S. 17, 18) I) curl£---^ =4*1 = 4»9-, II)curie+i^ = 0, EI) div @ = 4ä(>, IV) div § = 0, (elektromagnetische Kraft pro Einheit der Ladung). Dichte der elektromagnetischen Bewegungsgröße: (fi) 8 C dh[«$] (Gl. 18 S. 26) 398 Formelzusammenstellung. 00 (*) (•) (0 Lösung der Grundgleichungen: £> = curl & • • • • «~™-45 • • * . (Gl. 28 S. 36) . (Gl. 29 S. 36) Es sind die elektromagnetischen Potentiale: $=*fxdxfda>Q(X, l-X) (Gl. 50 S. 56) o V =JXdxfda>t(X, l- X) (GL 50a S. 56) o Dabei ist l=*ct, X ist der Latensweg, X*d(D das Flächen- element einer mit dem Radius X um den Aufpunkt ge- schlagenen Kugel. Lösung mit Hilfe des Hertzschen Vektors: %=fxdxfd =» curl dl ~ 8 ~, Gl. 48c, d S. 54) yi — ß*, t' Zeit des Entsendens, t Zeit des Eintreffens im Aufpunkte, x, t x Fahrstrahl vom Orte des Entsendens zum Aufpunkte bzw. entsprechender Einheitsvektor: edf # = *- '(-5) et) rc (-5) r dt ~~ rc~di . . . (Gl. 63, 64, 65, § 11) #=[t x «] (Gl. 72, 73, S. 95) I. Feld und Bewegung. einzelner Elektronen. 399 00 (») (0 oo w ö») Ausgestrahlte Energie and Bewegungsgröße: 2 "•--{S-HS+SS?) 2 •b-IS/HS+SS?) (GL 82, 83, S. 116) Reaktionskraft der Strahlung: «■- !?{ p + 3? + t# + W <«• 8 <- s - » 9 > Elektromagnetische Massen des Elektrons. All- gemeine Formeln: d\® m '-dli m r=tä longitudinale Masse transversale Masse . (GL 115, 115 a, S. 174) Starres kugelförmiges Elektron (m Masse bei lang- samer Bewegung): S zO»)-^{-J ^6=9 + 1^} (gl ii", a 180) 8 w »r = w »0-T*(/J); .♦W-pIP^^fiiS)- 1 ) • (G1-11^>S.180) Lorentzsches Elektron: m r = m o • * -3 -l (Gl. 125, 125a, S. 191) Bucherersches Elektron: m r — w • x -^j (GL 130c, d, S. 197) 400 Fonnekusammengtellung. II. Vorgänge in wägbaren Körpern. II. Elektromagnetische Vorgänge in wägbaren Körpern. Grundgleichungen der Elektronentheorie nach H. Minkowski (§§ 38 und 50) : (Id) curl$= £(|» + ,* + !) (?) m (Ild) curl <$ = l dB, c dt > (nid) div $ = Q> (IVd) div 8 - 0; 8-±[»€0-f»(*-|[»4*3]}. Relativer Strahl: @' = ^[«'#1 (Gl. 213b, S. 325) , (GL 203, S. 316) Flächenkraft für die Flächeneinheit einer im Baume bewegten Fläche: (GL 204, S. 317) Thermodynamisches Gesetz der Wellenstrah- lung: (*) H=&*g(^ (Gl. 228, S. 341) bestimmt die Helligkeit H der Strahlung von der Tempe- ratur # und der Schwingungszahl v. Plancksche Formel: W ** = — • j^— m L 229, S. 345) [k und h sind universelle Konstanten}. Literaturregister. 401 Literaturregister. 1) Abraham, M. Gott. Nachr. 1902, S. 20. Ann. d. Phys. 10, S. 105, 1903. 2) — . Boltzmann-Festflchrift, S. 85. Ann. d. Phys. 14, S. 236, 1904. 3) — . Ann. d. Phys. 66, S. 435, 1898; Physik. Ztschr. 2, S. 329, 1901. 4) Becquerel, H. C. R. 125, S. 679, 1897. 6) Boltzmann, L. Ann. d. Phys. 22, S. 35, 291, 1884. 6) Brace, D. B. Phil. Mag. 7, S. 317, 1904. 7) Bncherer, A. H. Mathem. Einf. in die Elektronentheorie S. 58, 1904. 8) Cohn, E. Ann. d. Phys. 7, S. 29, 1902. Berl. Ber. 1904, S. 1294, 1404. 9) Drude, P. Ann. d. Phys. 48, S. 636, 1893; 14, S. 677, 1904. Lehr- buch d. Optik 1906. 10) — . Ann. d. Phys. 1, S. 566; 3, S. 369, 1900. 11) Einstein, A. Ann. d. Phys. 17, S. 891; 18, S. 639, 1905. 12) Haga, H. u. Wind, C. H. Akad. v. Wet. te Amsterdam 7, S. 387 u. 500, 1899; 11, S. 350, 1902. Ann. d. Phys. 68, S. 884, 1899. 13) Hasenöhrl, F. Ann. d. 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Phys. 12, S. 226, 1903. 42) Planck, M. Ann. d. Phys. 60, S. 677, 1897. Vorl. über d. Theorie der Wärmestrahlung, S. 100 ff., 1906. 43) — . Ann. d. Phys. 1, S. 69, 719; 8, S. 764, 1900; 4, S. 663, 664; 6, S. 818, 1901. Vorl. über die Theorie der Wärmestrahlung, 1906. 44) — . Berl. Ber. 1902, S. 470. 45) _. Verh. d. Physik. Ges. 4, S. 136, 1906. Berl. Ber. 1907, S. 642. 46) Poincare*, H. Arch. Neuland. 5 (Lorentz-Festschriffc) S. 262, 1900. 47) — . Rendic. Circ. mat. Palermo 21, S. 129, 1906. 48) Rayleigh, Phil. Mag. 4, S. 678, 1902. 49) Riecke, E. Ann. d. Phys. 66, S. 363, 645, 1199, 1898. 50) Runge, C. u. Paschen, F. Berl. Ber. 1902, S. 380, 720. 51) Schwarzschild, K. Gott. Nachr. 1903, S. 132. 52) Searle, G. F. C. Phil. Trans. A. 187, S. 675, 1896, Phil. Mag. 44, S. 329, 1897. 63) Simon, S. Ann. d. Phys. 69, S. 689, 1899. 64) Siertsema, L. H. Akad. v. Wet. te Amsterdam 11, S. 499, 1902. 65) Sommerfeld, A. Physik. Zeitschr. 1, S. 106; 2, S. 56, 1900. Zeit- schr. f. Math. u. Phys. 46, S. 11, 1901. 56) — . Gott. Nachr. 1904, S. 99, 363; 1905, S. 201. 67) Stettenheimer, A. Ann. d. Phys. 24, S. 384, 1907. 68) Thomson, I. I. Phil. Mag. 11, S. 229, 1881. 59) — . Phil. Mag. 46, S. 528, 1898; 48, S. 547, 1899; 5, S. 346, 1903. 60) — . Phil. Mag. 44, S. 293, 1897. 61) — . Phil. Mag. 45, S. 172, 1898. 62) Townsend, I. S. Phil. Mag. 45, S. 125, 1898. Phil. Trans. 198, S. 129, 1899. 63) Trouton, F. T. u. Rankine, A. 0. Lond. Roy. Soc. Proc. A. 80, S. 420, 1908. 64) Voigt, W. Ann. d. Phys. 67, S. 346, 1899. Magneto- und Elektro- optik, 1908. Sachregister. 403 65) Voigt, W. Ann. d. Phys. 9, S. 116, 1902. 66) Wiechert, E. Gott. Nachr. 1898, 5. 87, 260. Ann. d. Phys. 69, S. 739, 1899. 67) — . Arch. ne*erland. 5 (Lorentz-Festschrift), S. 649, 1900. 68) Wien, W. Berl. Ber. 1893, S. 66, Ann. d. Phys. 52, S. 132, 1894. 69) Wilson, H. A. Phil. Mag. 5, S. 429, 1903. 70) — . Phil. Trans. A. 204, S. 121, 1904. 71) Zeeman, P. Akad. v. Wet. te Amsterdam 5, S. 181, 242, 1896. Phil. Mag. 43, S. 226; 44, S. 255, 1897. Sachregister. a- Strahlen 13. Antenne 292. /S- Strahlen 13, 185. Bewegungsgleichungen des Elek- trons 136. Boltzmann - Drudesche Konstante 271, 345. Bucherersches Elektron 197. Cohnsche Elektrodynamik bewegter Körper 308, 393. Dipol, elektrischer 65, 110. Dispersion 260. Dopplersches Prinzip 102. dynamische Grundgleichungen 129. Eichenwalds Versuch 298, 307. elektromagnetische Bewegungs- größe 26. — Kraft 18, 129. — Masse des Elektrons 126, 169. — Masse des Hohlraumes 351, 355. Elektron, starres, kugelförmiges 130, 132, 180. — , Lorentzsches 191, 384. — , Bucherersches 197. elementare elektrodynamische Kraft 97. Elementarquantum, elektrisches 1, 345. Energiestrom 19. Energiestrom, relativer 106, 322. Erdbewegung 356, 389. Feld elektrischer Schwingungen 277. — einer gleichförmig bewegten Punktladung 86. — einer ungleichförmig bewegten Punktladung 90. — eines beliebig bewegten Elek- trons 204. Fizeaus Versuch 310. Fresnelscher Fortfuhrungskoeffi- zient 312. y-Strahlen 16, 117. Grundgleichungen der Elektronen- theorie 16, 240, 377. — für bewegte Körper 305, 389. Hauptgleichung, erste 297. — , zweite 299. Heaviside-Ellipsoid 89. Helligkeit 336. Hertzsche Funktion 61, 285. Hertzscher Vektor 64, 276. Hohlraum 343. — , bewegter 346. Ionen 1, 4. Impuls, elektromagnetischer 29. Impulsmoment, elektromagnetisches 36. 26* 404 Sachregister. Jupitermond 372. Kanalstrahlen 13. Kathodenstrahlen 5, 182. kinematische Grandgleichung 130. Kompensationsladung 395. Kontraktionshypothese 361. Konvektionspotential 89, 150. Konvektionsstrahlung 12. Kraftansdrücke , Sommerfeldsche 232. Lagrangesche Funktion 145, 177. Latenszeit 50. Leitungselektronen 239, 243, 270. Lichtdruck 31, 313, 335. Lichtweg in bewegtem System 360. Lorentzsches Elektron 188, 384. Lorentz-Lorenzsches Gesetz 260. Lorentzsche Transformation 369. magnetische Drehung 268. Magnetisierung 250, 269. Magnetisierungselektronen 240, 248. Marconi-Sender 292. Maxwellsche Spannungen 25. Michelsons Versuch 361, 396. Minkowskische Elektrodynamik be- wegter Körper 306, 390. Moment, elektrisches 244. — , magnetisches 248. Ortszeit 365. physikalisch unendlich klein 241. Plancksche Strahlungsformel 346. Polarisation, elektrische 246. Polarisationselektronen 239, 247, 256 quasielastische Kraft 66, 354. quasistationäre Bewegung 171, 198. Radium-Strahlen s. a-, /?-, y-Strah- len. Radius des Elektrons 180. Reaktionskraft s. Rückwirkung. Relativitätspostulat 368, 380. Relativitätstheorem 380. retardierte Potentiale 57. Röntgenstrahlen 15, 116. Röntgenstrom 298. Rückwirkung der Strahlung 69, 117, 387. scheinbare Masse s. elektromagne- tische Masse. schwarze Fläche 314. Spektrallinien 66, 68, 77. spezifische Ladung des Elektrons 8, 11, 76, 188, 262, 269. Spiegel, vollkommener 309, 314. — , bewegter 327. Strahl, absoluter 323. — , relativer 320, 325. Strahlung 11. — , absolute 322. — , relative 322. — einer Punktladung 115. — eines Sendedrahtes 290. Strahlungsdruck s. Lichtdruck. Strahlungsgesetz , thermodynanii- sches 341. Temperatur der Strahlung 335. Temperaturstrahlung 343. Überlichtgeschwindigkeit 234, 372. unstetige Elektronenbewegung 212. Verschiebungsgesetz 342. Verstärkungsgesetz 34 1 . Wellenstrahlung 12. Wellenzone 62, 99, 216. Wilsons Versuch 303, 307. X-Strahlen s. Röntgenstrahlen. Zeeman- Effekt 71. — , anomaler 77. — , inverser 264. — -A Verlag von B. G. TEUBNER in LEIPZIG und BERLIN I Encyklopädie der Mathematischen Wissenschaften mit Ein8chluB ihrer Anwendungen. Herausgegeben im Auftrage der | Akademien der Wissenschaften zu Göttingen, Leipzig, München und Wien i sowie unter Mitwirkung zahlreicher Fachgenossen. i I In 7 Bänden zu je 6 — 8 Heften, gr. 8. Geheftet und in Halhfrz. geb. i I. Arithmetik und Aiffbra, S Teile, redigiert von W. Fr. Meyer. II. Analyst», 2 Teile, redigiert von H. Burkhard! und W. Wirtinger. m. Geometrie, 3 Teile, redigiert von W. Fr. Meyer, IV. Jleotianlk, 4 Teilbändo, redigiert von F. Klein und 0. H. Malier. Y. Physik, 3 Teile, redigiert von A. Sommerfeld. VI. l. Geodäsie tind Geophysik. 2 Teilbände, redigiert von Ph. Furtwängler und B. Wieohert. 2. Astronomie, red. von K. Schwarz« achild, YIL Gesohichte, Philosophie, Didaktik. (In Vorbereitung.) Aufgabe der Encyklopädie ist es, in knapper, au rascher Orientierung geeigneter 1 Form, aber mit möglichster Vollständigkeit eine Gesamtdarstellung der mathematischen \ Wissenschaften naoh ihrem gegenwärtigen Inhalt an gesicherten ^Resultaten «u geben 1 und sugleioh durch sorgfältige Literaturangaben die geschichtliche Entwicklung der mathematischen Methoden seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts nachzuweisen. Sio beschränkt sich dabei nicht auf die sogenannte reine Mathematik, sondern berücksichtigt > auch ausgiebig die Anwendungen auf Mechanik und Physik, Astronomie und Geodäsie, die verschiedenen Zweige der Teohnik und andere Gebiete, und zwar in dem Sinne, daß sie einerseits den Mathematiker darüber orientiert, welche Fragen die Anwendungen an ihn stellen, andererseits den Astronomen, Physiker, Teohniker darüber, welche Antwort die Mathematik auf diese Fragen gibt. In sieben Bänden zu je etwa 640 Druckseiton sollen die einzelnen Gebiete in einer Beihe saohlioh geordneter Artikel behandelt - . werden; der letzte Band soll ein ausführliches alphabetisches Begister enthalten. Auf die Ausführung von Beweisen der mitgeteilten Sätze * muß natürlich verzichtet werden. Die Ansprüche an die Vorkenntnisse der Leser sind so gehalten, daß das Werk auch demjenigen nützlich sein kann, der nur über ein bestimmtes Gebiet Orientierung sucht. ! ***** des sciences mathematiques pures et appliquees. Publiee sous les auspices des Academies des sciences de {föttifigue, de Leipzig, de Munich et de Vienne . avec la collaboration de nombreux savants. • l Edition fran^aise, L redigäe et publice d'apres l'^ditiou allemande sous la direction de Jules Molk, professeur ä l'universite de Nancy. En sept tomes. gr. 8. Geheftet. Durch die günstige Aufnahme veranlaßt, welche die deutsche Ausgabe dieses monu- mentalen Werkes in Fachkreisen gefunden hat, und auf vielfache Anregungen hat sich die Verlagsbuchhandlung entschlossen, «sie Encyklopädie der Mathematischen Wissenschaften in Gemeinschaft mit der Firma Gauthier-Villars in Paris auch in französischer Sprache erscheinen zu lassen. Das Werk wird, wie schon die ersten Lieferungen, zeigen, seitens der deutschen Bearbeiter viele Änderungen und Zusätze erfahren, und auoh die französischen Mitarbeiter, sämtlich Autoritäten auf ihren Gebieten, haben eine gründliche Umarbeitung vorgenommen. Zum ersten Male dürfte somit wohl hier der Fall eingetreten sein, daß sich bei einem sq großen Werke die ersten deutschen und französischen Fach- gelehrten zu gemeinsamer Arbeit verbunden haben. l •*»-.. tr .* * Verlag von B.G. Teubner in Leipzig und Berlin % Repertorium der höheren Mathematik von Dr. Ernst pasoai, o*d Professor an der Universität Neapel. In 2 Teilen: Analysis und (reo- metrie. 2. neubearbeitete Auflage, gr. 8. . I. T«Ä: Die Analysis. Unter Mitwirkung von E. Pascal sowie Ph. Furtw&ngler, A. Guldbery, H. Hahn, £. Jahnice, H. Jung, A. Loewy, H. E. Timer- ding hrsg. von Dr. P. Epstein, Privatdozenten an der Universität Stras- burg i. E. [ca. 700 8.] 1909. In Leinwand geb. ca. n. Jl. IS.— [Erscheint Ostern 1909] IL — Die Geometrie. Unter Mitwirkung von E. Pascal sowie L. Berzolari, R. Bonola, E. Ciani, M. Dehn, Fr. Dingeldey, F. Enriques, P. Ep- stein, G. Gir&ud, H. Grassmann, G. GuareBchi, L. Heffter, W. Jacobs - thal, H. Liebmann, J. Mollerup, J. Neuberg, U. Perazzo, O. Staude, E. Steinita, H. Wieleitner und K. Zindler hrsg. von Dr. H. E. Timer- ding, Professor an der Universität Strasburg i. E. [ca. 800 S.] 1909. In Lein- wand geb. ca. n. M. H.— [Erscheint im Sommer 1909.] Bei der Bearbeitung der «weiten Auflage werden die Herausgeber in erster Linie bestrebt sein, dem Buche seine Vorzüge zu erhalten. Daneben aber erfährt es formell und inhaltlich so durchgreifende Änderungen, daß es in vieler Beziehung als ein neues Werk gelten kann. Zunächst muß im ersten Teile (hrgb. von P,. Epstein) den in den letzten .Tabren erzielten Fortschritten Rechnung getragen werden, neue Methoden (z. B. in der Variationsrechnung) und neu eröffnete Gebiete wie die Integralgleichungen, die moderne Punktioneutheorio , die algebraischen Zahlen fordern eine nicht unbeträchtliche Er- weiterung des Stoffes, ganz besonders aber haben es die Bearbeiter nach Möglichkeit ver- mieden, eine große Menge von Einzelheiten lose aneinander zu reihen, sondern haben vielmehr auf eine zusammenhängende und in sich geschlossene Darstellung Wert gelegt. Dieselben Grundsätze werden dann auch im 2. Teile (hrgb. von H. E. Timer- ding) befolgt werden/ Es soll nicht bloß eine Übersicht über das weite Gebiet der, Geo- metrie im einzelnen, sondern auch eine Daliegung ihrer allgemeinen Prinzipien und Methoden gegeben und von dem gegenwärtigen Stand der Auffassungen Rechenschaft erteilt werden. VOCablllaire Mathematiqiie, fra^ais-allemand et ällemand- fran9ais. Mathematisches Vokabularium, französisch- deutsch und deutsch- französisch. Enthaltend die Kunstatisdrücke aus der reinen und an- Eewandten Mathematik. Von Professor Dr. Felix Müller. [XV u. 316 S.] ex.-8. 1900/1901. In Leinw. geb. n. JL 20.— Wurde in 2 Lieferungen ausgegeben: I. Lieferung. [IX u. 132 S.] 1900. Geh. n. JL 8. — LI. Lie- ferung. |S. IX— XV u. 133-316.] 1901. Geh. n. JL 11.— Das Vokabularium enthält in alphabetischer Folge mehr als 12000 Kunstausdrucke ans der reinen und angewandten Mathematik in französischer und deutscher Sprache und soll in erster Linie eine Ergänzung der gebräuchlichen Wörterbücher für die beiden genannten Sprachen sein. Da das Vokabularium zugleich als Vorarbeit zu einem Mathe- matischen Wörterbuche dienen soll, so sind auch zahlreiche Nominalbenennungen auf- genommen, deren Anführung aus rein sprachlichem Interesse überflüssig erscheinen dürfte. Z. B. Gaußsche Abbildung (einer Fläche auf eine Kugel) (Gauß 1827) [inf. Geom.] representa'tion de Gauss; Glairauts Satz (über die geodätischen Linien auf Umdrehungs- flächen) (Clairaut 1733) [inf. Geom.] theoreine de Clairaut. Aus den beigefügten Zusätzen ist zu ersehen, daß das Vokabularium mehr bietet, als der Titel erwarten läßt. Vorlesungen Über Geschichte der Mathematik, von Moritz Cantor. In 4 Bänden, gr. 8. Mit zahlreichen Figuren und Tafeln. In Halbfranz geb. I.Band: Von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1*200 n.Chr. 3. Auflage. [Vi u. 911 S.] 1007. n. Jl. 26.— II. — - Vom Jahre 1200 bis zum Jahre 1668. 2. verm. Auflage. [XII u. 943 S.] 1900. n. JL 28. IIL — Vom Jahre 1668 bis zum Jahre 1758. 2. verm. Auflage. [X u. 923 SJ 1901. n. JL 27.— IV. — Vom Jahre 17 5 9 bis zumJahre 179 9. Herausgegeben unter Mitwirkung der Herren V. Bobynin, A. v. Braunmühl, F. Cajori, S. Günther, V. Kommereil, G. Loria, E. Netto, G. Vivanti und C. R. Wallner von M. Cantor. [VI u. 1113 S.] 1908. n. JL 35.— ,,Mit rastlosem Fleiß, mit nie ermüdender Gectuld, mit der unverdrossenen " Liebe des Sammlers, der auch das scheinbar Geringe nicht vernachlässigt, hat M. Cantor dies kolossale Material gesammelt, kritisch gesichtet, durch eigene Forschungen ergänzt, nach einheitlichen Grundsätzen und einheitlichem Plan zu einem Ganzen verschmolzen, und indem er in seltener Unparteilichkeit bei strittigen Fragen, deren die Geschichte der Mathomatik so viele hat, auch die abweichenden Ansichten zu Wort kommen ließ, hat er ein Werk geschaffen, das die reichste Quelle der Belehrung, der Anregung für einen jeden ist, der sich über einen geschichtlichen Fragepunkt Rat holen, der an der Geschichte der Mathematik mitarbeiten will . . , u (Aus den Göttingischen gelehrten Anzeigen,)